Leitartikel

Eigenheimrente: Gesetzgeber gefragt

Im Eigenheim wohnen und es gleichzeitig zu Bargeld zu machen, das ist die Idee der Eigenheimrente. Während das Modell vor allem in angelsächsischen Ländern einigen Erfolg hat, harrt es in Deutschland noch auf seinen Durchbruch. Dabei mangelt es hierzulande weder an der Akzeptanz noch an den Interessenten für das Produkt, wenn man der Handvoll Anbieter glaubt, die sich derzeit an der Eigenheimrente versuchen. Was in den Augen des Bundesverbandes Öffentlicher Banken Deutschlands (VÖB) fehlt, ist ein Gesetz. Bislang klempnerten die deutschen Finanzdienstleister ihre sogenannten Umkehrhypotheken mehr schlecht als recht zusammen, weil der vorhandene gesetzliche Rahmen einer Eigenheimrente in vielen Punkten entgegensteht.

Die Probleme fangen schon bei der begrifflichen Klarheit an. Da eine klare gesetzliche Definition dafür fehlt, was eine Eigenheimrente ist, spielen auch Fonds munter mit dem Begriff oder mit Synonymen wie zum Beispiel Immobilienrente. Zudem bieten teilweise schon seit Jahrzehnten privatrechtliche Institutionen wie die Stiftung Liebenau Leibrentenmodelle an, die jedoch keiner staatlichen Aufsicht unterliegen. Eine Zuständigkeit der BaFin ergäbe sich aber, wenn die Umkehrhypothek als Bankprodukt klassifiziert werden würde. Für die Banken und Versicherungen wäre die staatliche Beaufsichtigung ein willkommenes Qualitätsargument im Vertrieb.

Allerdings kann als Bankprodukt nur anerkannt werden, was zeitlich befristet ist. Das Wesen der Eigenheimrente ist jedoch, dass ihre Laufzeit nicht vorab begrenzt sein soll. Es müsste also es eine Sonderregelung für Umkehrhypotheken geschaffen werden. Eine weitere Ausnahme wünschen sich die Anbieter beim Zinseszinsverbot. Die Umkehrhypothek ist per se ein Hypothekendarlehen, das jedoch in monatlichen Raten ausgezahlt und erst nach Auszug oder Tod des Kunden aus dem Erlös des Immobilienverkaufs getilgt wird. Die für diesen Kredit fälligen Zinsen werden jedoch gestundet, sodass die Darlehensschuld sukzessive wächst. Nach derzeitiger Rechtslage dürfen die gestundeten Zinsen jedoch nicht erneut verzinst werden.

Ein weiteres Problem sieht der VÖB in der Regelung, dass ein Bankprodukt zehn Jahre nach seiner Vollauszahlung vom Kunden gekündigt werden kann. Doch was passiert, wenn der Kunde vor Ablauf dieser Frist zum Beispiel in ein Pflegeheim umziehen muss? Ist die Bank dann immer noch an die lebenslange Auszahlung des Darlehens gebunden? Und wäre sie das auch dann noch, wenn die Auszahlungen den Erlös aus dem Immobilienverkauf überschreiten? Solange diese Fragen nicht gesetzlich geregelt sind, haben es die Anbieter im Kundengespräch schwer. Diese Unklarheiten erschweren zudem die Berechnung der Refinanzierungskosten. Entsprechende Risiken müssen in die Produktkalkulation eingepreist werden, was das Produkt aus Kundensicht weniger attraktiv macht.

Hinzu kommt mangelnde Preistransparenz. Vor allem die Berechnung des effektiven Jahreszinses bereitet Schwierigkeiten. Bei einem Produkt mit begrenzter Laufzeit ist diese Kalkulation einfacher als bei einem zeitlich unbegrenzten Produkt. Bei Letzterem müsste zusätzlich das Langlebigkeitsrisiko abgesichert werden. Doch ist dieses auch im Effektivzins zu berücksichtigen? Aber auch bei der Besteuerung der "Einkünfte" aus der Immobilienrente bestehen noch Unklarheiten. Zwar bessern die Auszahlungsraten das Einkommen der Senioren auf, doch sind sie eigentlich nur Teilauszahlungen eines Darlehens. Folglich dürften sie bei der Berechnung der Einkommensteuer nicht berücksichtigt werden. Eine gesetzliche Regelung würde hier sicherlich für Eindeutigkeit sorgen. Gleiches gilt auch für die Anrechnung auf Transferleistungen. Von ihrer Struktur her ist die Eigenheimrente vor allem für Senioren mit niedrigem Einkommen, aber schuldenfreiem Wohneigentum interessant. Werden die Raten aus der Eigenheimverrentung mit möglichen Ansprüchen auf staatliche Leistungen verrechnet?

In einem Gesetz praxistaugliche Antworten auf all diese Fragen zu finden, ist ein schwieriges Unterfangen. Die Probleme beginnen schon bei der Zuständigkeit. Ist das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend oder das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz verantwortlich - oder hat doch nur das Bundesministerium der Finanzen die Kompetenzen? Es ist noch ein weiter Weg, bis die Eigenheimrente ein transparentes und verlässliches Produkt ist. Die Finanzwirtschaft hat im Rahmen ihrer bisherigen Möglichkeiten den "technischen" Teil dazu beigetragen. Jetzt gilt es, die Politik vom sozialen Nutzen der Eigenheimrente zu überzeugen.

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