Schwerpunkt Immobilien-Spezialfonds

Einzelhandel im Umbruch des Internetzeitalters

Es ist kaum 15 Jahre her, da galten Investitionen in Einzelhandelsimmobilien, insbesondere in Shoppingcenter oder Fachmarktzentren noch als volatile Immobilienanlage. Zu viele Mieter, eher kürzere Mietvertragslaufzeiten und vor allem eine vermeintliche hohe Anfälligkeit der Cashflows bei Konjunkturschwankungen, schienen diese Ansicht zu stärken. Die Erfahrungen der letzten Jahre haben jedoch gezeigt, dass Einzelhandelsimmobilien durchaus eine hohe Stabilität bei den Objektrenditen aufweisen können. Heute haben nahezu alle größeren Investoren auch Einzelhandelsimmobilien im Portfolio - nicht zuletzt wegen den im Vergleich zu Büroimmobilien meist spürbar höheren Renditen.

Konkurrenz durch Online-Händler

Doch die Welt hat sich weitergedreht und die allgemein positive Einschätzung gegenüber Einzelhandelsimmobilien ist heute einem sehr heterogenen Bild gewichen. Neben der Entwicklung auf den Büromärkten ist eine der entscheidenden Ursachen dafür der stark wachsende Online-Handel. Seit dem Start des World Wide Web Mitte der neunziger Jahre haben sich immer mehr digitale Shops etabliert. Zu den bekannten Branchengrößen in Deutschland zählen Amazon, Zalando, Conrad und die zahlreichen Einzelanbieter auf Ebay. In einigen Segmenten, wie der Unterhaltungselektronik, bei Büchern, Tonträgern und der Bekleidung ist der Wettbewerbsdruck übermächtig geworden und die Online-Umsätze haben in diesen Bereichen gegenüber dem stationären Handel die Marktführerschaft übernommen oder werden diese in absehbarer Zeit übernehmen.

Die Entwicklung durch die Konkurrenz der Online-Händler trifft nicht nur den Einzelhandel der Innenstadtlagen, sondern auch die Fachmärkte. So hat beispielsweise der Elektronikhändler Conrad im Jahr 2013 über 370 Millionen Euro Umsatz alleine im Online-Handel generiert und erzielt damit bereits rund 40 Prozent seiner Gesamtumsätze im Internet, wobei darauf hingewiesen werden muss, dass Conrad auch im klassischen Kataloghandel eine starke Stellung hatte. Neue Filialen von Elektronikhändlern werden aus diesem Grund in Deutschland kaum noch eröffnet. Viele Fachgeschäfte sind auf dem Rückzug und können sich des digitalen Wettbewerbes nicht mehr erwehren: Zwar gehen Kunden wegen der Beratung zum Fachgeschäft; eingekauft wird dann aber der neue Flachbildschirm zu günstigsten Preisen oft über das Internet.

Shopping als Erlebnis gestalten

Der innerstädtische Einzelhandel kann sich in den exklusiven Haupteinkaufsstraßen (High Streets) meist noch gut halten. Besonders, wenn es um Luxusgüter geht. Hier zählt offenbar im besonderen Maße auch das Einkaufserlebnis. Unter Renditegesichtspunkten stehen diese in der Regel der teuren Lagen aber bei den Investoren nicht hoch im Kurs.

Shoppingcenter können weiter eine gute Alternative sein. Hier gilt es jedoch inzwischen stark zu unterscheiden, denn die Zahl schlecht laufender Einkaufszentren hat in den letzten Jahren zugenommen. Das ist teilweise eine Folge überholter Konzepte. Die wichtigste Rolle spielt aber die hohe Marktsättigung.

Gab es vor rund 20 Jahren noch bescheidene rund 100 Shoppingcenter in Deutschland, so ist die Zahl inzwischen auf 450 gestiegen. Infolge des Verdrängungswettbewerbs, falsch eingeschätzter Lagen und ungenügender Ausrichtung auf die inzwischen fünfte und damit jüngste Generation der Shoppingcenter als Erlebnis- und Freizeitwelt, ist das Risiko von Fehlinvestitionen bei Shoppingcenter so hoch wie nie zuvor.

Resistenz des Einzelhandels im Nahversorgungsbereich

Ein Segment des stationären Einzelhandels ist jedoch vom Trend zum Online-Handel relativ unberührt: Der Einzelhandel für den täglichen Bedarf. Dazu zählen speziell der Lebensmittelbereich, aber auch Drogerieprodukte und einfache Konsumgüter. So konnten Supermärkte beispielsweise entgegen des seit Jahren rückläufigen Trends im stationären Einzelhandelsumsatz ihre Umsätze von 2008 bis heute um fast 25 Prozent steigern. Auch Discounter haben sich mit sehr stabilen und teilweise steigenden Umsätzen trotz der digitalen Einkaufswelt stark positioniert.

Für diese offenbar starke Resistenz des stationären Lebensmitteleinzelhandels gegenüber den Online-Shops gibt es nachvollziehbare Gründe. Die wahrnehmbare Frische und auch die Inaugenscheinnahme der Lebensmittel, sind offenbar vielen Verbrauchern sehr wichtig. Dieses Einkaufserlebnis, die Prüfung der Qualität, der Reife, des Aussehens und des Geschmackes, fehlen in der digitalen Welt beispielsweise bei den Frischeprodukten. In diesem Zusammenhang ist zudem besonders darauf hinzuweisen, dass beim Online-Versand mit Lebensmitteln die sehr aufwendige Kühlkette praktisch kaum darstellbar ist.

Hinzukommen hohe Markteintrittsbarrieren durch eine erhebliche Dichte von Supermärkten und die geringen Margen in diesem Bereich sowie die bei durchschnittlichen Einkaufssummen im Vergleich höheren Transportkosten für den letzten Kilometer zum Kunden.

Das Tankstellenprinzip gilt auch für Supermärkte

Auf lange Sicht als besonders aussichtsreich bieten sich damit Investitionen in Einzelhandelsimmobilien mit starker Stellung des Lebensmittelangebotes an, wie beispielsweise Nahversorgungsimmobilien. Der Grund für diese positive Einschätzung ist einfach: Es gilt das Tankstellenprinzip. Die Kunden kommen, weil sie tanken wollen, kaufen bei dieser Gelegenheit aber auch Backwaren, Getränke, Zeitschriften und Genussmittel.

Nahversorgungszentren funktionieren ähnlich. Der Lebensmittelhandel ist der Magnet für die Kunden. Andere angeschlossene Einzelhändler profitieren davon. Aus Investorensicht bilden Investitionen in Nahversorgungsimmobilien deshalb ein vergleichsweise geringes Risiko gegenüber der Gefahr durch die Online-Shops aus dem Internet. Sie haben zehn bis 15-jährige Mietverträge mit überwiegend sehr bonitätsstarken Einzelhandelsketten und erwirtschaften attraktive Renditen. Entscheidend ist aber auch hier, wie bei allen Immobilienanlagen, dass die Lage stimmen muss. Bei nicht optimalen Lagen muss man leider immer wieder feststellen, wie schnell ein 15-Jahres-Mietvertrag vorüber ist.

Keine Frage, im Einzelhandel werden gerade die Karten neu gemischt. Es war selten zuvor so gefährlich, auf das falsche Einzelhandelssegment zu setzen. Doch es gibt beispielsweise mit Nahversorgungsimmobilien durchaus eine zukunftsfähige Alternative, die der Internet-Konkurrenz trotzen wird.

Noch keine Bewertungen vorhanden


X