Schwerpunkt Wohnungs- und Städtebaupolitik

Populismus löst keine wohnungspolitischen Probleme

Die Weichen für die deutsche Wohnungs- und Immobilienwirtschaft werden am 22. September dieses Jahres gestellt. Alle Parteien haben im Wahlkampf die Wohnungspolitik für sich entdeckt. Erstaunlich ist das nicht, denn 54 Prozent der Haushalte in Deutschland wohnen zur Miete. Schnellschüsse wie die "Mietpreisbremse" beherrschten vor wenigen Wochen die Schlagzeile. Die Auswirkungen dieses Eingriffs wurden vielfach nicht hinterfragt.

Vorgeschlagene Ansätze "unbrauchbar"

Dabei drängt sich die Frage auf: Konterkarieren die Parteien mit ihren Vorschlägen die eigenen Ziele, die Mieter vor drastisch steigenden Mieten zu schützen und eine soziale Durchmischung der Innenstädte zu gewährleisten? Im Auftrag des ZIA hat das IW Köln daher die Ideen von CDU/CSU, FDP, SPD und Bündnis 90/Die Grünen untersucht und aus ökonomischer Sicht bewertet. Das ernüchternde Fazit: Die Vorschläge der Parteien sind kontraproduktiv.

Die Studie "Immobilienpolitik 2013" belegt, dass die angekündigten regulatorischen Eingriffe die Wohnungsmärkte erheblich belasten würden. Statt die Versorgung mit Wohnraum zu verbessern, würden etliche Forderungen der Parteien zu einer Verknappung des Wohnungsangebots führen - und damit weitere Mietpreisanstiege auslösen. Prof. Dr. Michael Voigtländer, IW-Leiter des Kompetenzfelds Immobilienökonomie, bewertet die Konzepte insgesamt als "unbrauchbar".

Einzig die Positionen der FDP werden in weiten Teilen positiv bewertet. Diese lehnt eine Begrenzung der Neuvertragsmieten ab, wohingegen sich SPD, Grüne und inzwischen auch die Union für eine Mietpreisbremse aussprechen. Neuvertragsmieten sollen demnach nicht mehr als zehn Prozent oberhalb der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen. Die IW-Forscher warnen in ihrem Gutachten ausdrücklich vor einer Begrenzung: "Eine solche Regulierung würde dazu führen, dass das Wohnungsangebot mangels Anreizen zum Neubau nicht ausgeweitet wird."

Gefahren für Wohnungsneubau und Sanierung

Zwar will keine Partei Mietobergrenzen für die Erstvermietung neu errichteter Wohnungen einführen - das genügt allerdings nicht, um Wohnungsunternehmen die nötige kalkulatorische Sicherheit zu bieten. Sobald der Erstmieter auszieht, würde automatisch die Begrenzung der Höhe der Neuvertragsmiete greifen. Bei der Zweitvermietung würden dann die Mieteinnahmen erheblich niedriger liegen als bei der Erstvermietung. Für Immobilien- und Wohnungsunternehmen birgt dies nicht absehbare Risiken.

Geringere Mieteinnahmen als kalkuliert hätten zur Folge, dass die für den Wohnungsneubau aufgenommenen Kredite möglicherweise nicht mehr bedient werden könnten. Dies wiederum würde bedeuten, dass Banken Neubauvorhaben nur noch finanzieren würden, wenn die Unternehmen deutlich mehr Eigenkapital einbrächten als heute. Angesichts der dünnen Eigenmitteldecke der Immobilien- und Wohnungsbranche hätte dies automatisch eine massive Drosselung des Neubauvolumens zur Folge - die Schieflage am Wohnungsmarkt würde sich dadurch verschlimmern und die Mieten weiter steigen.

Neben der Mietpreisbremse planen die Grünen, die zulässige Erhöhung der Wohnungsmieten bei Modernisierungsmaßnahmen von heute elf auf neun Prozent der Modernisierungskosten zu beschränken und an die Energieersparnis der Maßnahmen zu koppeln. Die SPD legt sich in dieser Frage nicht fest und schreibt vage, dass die Kosten für Sanierungen "nicht einseitig den Mieterinnen und Mietern" aufgebürdet werden dürften. Die CDU/CSU plant keine Änderung der gegenwärtigen Mietregelung bei Sanierungsvorhaben.

Die Ökonomen des Kölner Instituts der Deutschen Wirtschaft sprechen sich gegen eine Verringerung der Umlage der Modernisierungskosten aus. Eine Kopplung der Umlagegrenze an die tatsächlichen Energieeinsparungen, wie von Bündnis 90/Die Grünen vorgeschlagen, wird hingegen als sinnvoll bewertet. Dies könnte die Eigentümer von Wohnimmobilien zusammen mit den Mietern "dazu motivieren, in den ökologischen Umbau der Gebäude zu investieren", so das IW Köln.

Eine insbesondere für die Wohnungs- und Immobilienwirtschaft einschneidende Forderung ist die Wiedereinführung der Vermögensteuer, denn Immobilien zählen naturgemäß in erheblichem Umfang zum volkswirtschaftlichen Vermögen. Die SPD diskutiert intensiv eine Abgabe in Höhe von einem Prozent, wobei die Vermögensteuer bei Privatpersonen erst ab einem Vermögen von mehr als zwei Millionen Euro (bei Ehepaaren bei mehr als vier Millionen Euro) greifen soll.

Damit wäre zwar ein großer Teil der privaten Kleinvermieter von der 1997 abgeschafften Vermögensteuer ausgeklammert - Wohnungsunternehmen wären jedoch voll betroffen: Für Aktiengesellschaften und GmbHs wäre eine Vermögensfreigrenze von nur 200 000 Euro vorgesehen. Die Grünen plädieren für eine (zunächst) auf zehn Jahre befristete Abgabe von 1,5 Prozent für Privatpersonen mit einem Vermögen von mehr als zwei Millionen Euro sowie für Unternehmen. Die daraus resultierenden Einnahmen sollen gezielt zum Abbau von Staatsschulden verwendet werden. Gleichzeitig befürwortet die Partei aber auch die generelle Wiedereinführung der Vermögensteuer - auch über den zeitlich begrenzten Rahmen einer Dekade hinaus. CDU/CSU und FDP hingegen lehnen die Wiedereinführung der Vermögensteuer ab.

Laut IW Köln würde die Vermögensteuer wie eine "schlecht ausgestaltete Unternehmensteuer" wirken. Weil sich die Abgabe nicht an der tatsächlichen Höhe der Erträge orientiert, wäre sie "mal unverhältnismäßig hoch, mal unverhältnismäßig niedrig". Dies würde den Wohnungsneubau dämpfen, die Wohnungsknappheit in den Ballungszentren verschärfen und die Attraktivität von Investitionen insgesamt verringern.

Höhere Mieten in angespannten Märkten

Auch aus einem anderen Grund dürfte die Vermögensteuer die Mieten besonders in Ballungszentren und Metropolen spürbar in die Höhe treiben. Um die zusätzliche fiskalische Belastung auszugleichen, würden Wohnungsunternehmen in stabilen Wohnungsmärkten die Vermögensteuer "langfristig zu einem Großteil auf die Mieten umlegen", warnen die IW-Ökonomen. Nach Berechnungen des IW Köln würde eine solche Steuer in knappen Wohnungsmärkten zu Mietsteigerungen "in der Größenordnung von 15 bis 25 Prozent" führen, denn in dieser Höhe würde die Vermögensteuer die Vermietungserträge reduzieren.

Dagegen würde eine Vermögensteuer in schwachen Märkten mit hohen Leerständen und schrumpfenden Mieten Immobilienunternehmen unter Verkaufsdruck bringen. Da eine zusätzliche steuerliche Belastung aus den Mieteinnahmen häufig nicht zu decken wäre, dürften viele Unternehmen gezwungen sein, Teile ihrer Wohnungsbestände zu veräußern, um die Abgabenlast zu reduzieren. Damit würden die Wohnungspreise in schwachen Märkten weiter unter Druck geraten und Investitionen in die energetische (oder altersgerechte) Sanierung unmöglich machen. Denn nach den kommenden Basel-III-Regularien könnten Banken Finanzierungen für Modernisierungsmaßnahmen an Orten mit kontinuierlich sinkenden Immobilienwerten nur noch zur Verfügung stellen, wenn die Eigentümer in hohem Umfang Eigenkapital vorweisen - wovon in schwachen Märkten meist keine Rede sein kann.

Intendierte wohnungspolitische Ziele werden unterlaufen

Das Gutachten "Immobilienpolitik 2013" und insbesondere dessen ökonomische Bewertung untermauern die Positionen der Immobilien- und Wohnungswirtschaft und deren Forderungen an die Politik. Umfangreiche regulatorische Ansätze lösen die Probleme der Wohnimmobilienmärkte nicht, im Gegenteil - sie belasten diese Märkte zusätzlich. Der intendierte Schutz der Mieter, besonders der Mieter mit kleinen oder mittleren Einkommen, würde durch die sogenannte "Mietpreisbremse" klar unterlaufen, weil sich das Wohnraumangebot weiter verknappen würde.

In Ballungszentren und angespannten Wohnungsmärkten würde der Nachfragedruck weiter zunehmen und Wohnungsneubau an Attraktivität verlieren. Leidtragende dieser Entwicklung wären aufgrund ihrer Marktposition untere und mittlere Einkommensschichten, die gerade von der Politik geschützt werden sollten. Einer Gentrifizierung der Innenstädte und der Entstehung von Schattenmärkten würde jedenfalls keinesfalls Einhalt geboten.

Die Auswirkung der Vermögensteuer auf Immobilien- und Kapitalmärkte macht deutlich, dass auch die Umsetzung dieser politischen Forderung negative Folgen für Mieter und Vermieter hätte. In strukturschwachen Regionen mit entspannten Wohnungsmärkten würde eine Vermögensteuer zu geringeren Modernisierungsmaßnahmen sowie zu verstärkten Immobilienverkäufen führen und damit den Preisverfall von Immobilien beschleunigen.

In Ballungszentren und engen Wohnungsmärkten würde die Vermögensteuer dagegen aufgrund der zusätzlichen fiskalischen Belastung langfristig auf die Wohnungsmieten umgelegt werden, was ein steigendes Mietniveau insgesamt nach sich ziehen würde. Die Vermögensteuer würde den Neubau von Wohnraum in Großstädten deutlich begrenzen. Sollte die Vermögensteuer zusammen mit der Mietpreisbremse umgesetzt werden, könnte das Neubauvolumen in den kommenden Jahren sogar massiv einbrechen.

Aus Sicht der Immobilien- und Wohnungswirtschaft führen nur verbesserte und dauerhaft verlässliche politische und ökonomische Rahmenbedingungen dazu, dass wieder verstärkt in Wohnungsneubau investiert wird und ausreichender Wohnraum für untere, mittlere und höhere Einkommensschichten zur Verfügung gestellt werden kann. Auch Bund, Länder und Gemeinden sind aufgefordert, eine aktive Liegenschaftspolitik zu betreiben, um Flächen für den Wohnungsbau bereitzustellen und so den Neubau anzukurbeln.

Zudem sollte die Politik auf allen Ebenen auf weitere Belastungen für Bauwillige wie etwa weitere Grunderwerbsteuererhöhungen verzichten und die energetischen Anforderungen an Neu- und Umbau überdenken. Um für alle Einkommensschichten in Ballungszentren ausreichend Wohnraum bieten zu können, sollte die Förderung von Neubau oberste Priorität haben.

Dr. Andreas Mattner , Präsident , ZIA Zentraler Immobilien Ausschuss e.V.
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