Im Blickfeld

Richtige Entscheidung 2

Bausparkassen dürfen für die Darlehensauszahlung eine Gebühr erheben. Einstimmig und ohne mündliche Verhandlung hat der 10. Zivilsenat des Hanseatischen Oberlandesgerichts (OLG) am 24. Mai 2011 unter dem Aktenzeichen 10 U 12/09 die Berufung der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen gegen ein entsprechendes Urteil des Landgerichts Hamburg (Aktenzeichen 324 O 777/08) zurückgewiesen und die Revision vor dem Bundesgerichtshof ausgeschlossen. Beklagte war die Deutscher Ring Bausparkasse, weil sie in ihren Allgemeinen Bedingungen für Bausparverträge (ABB) die Klausel führt: "Mit Beginn der Darlehensauszahlung wird eine Darlehensgebühr in Höhe von zwei Prozent des Bauspardarlehens fällig und dem Bauspardarlehen zugeschlagen (Darlehensschuld)."

Nach Ansicht der Verbraucherschützer steht diesem erhobenen Entgelt jedoch keine Dienstleistung der Bausparkasse für den Kunden gegenüber. Das sahen die Hamburger Richter in erster und zweiter Instanz anders. Sie beanstandeten es nicht, wenn eine Bausparkasse laufzeitunabhängige Kosten wie zum Beispiel die Bearbeitungsaufwendungen für die Darlehensgewährung vom Kunden verlangt. In seiner Urteilsbegründung verweist das Oberlandesgericht vielmehr auf die Besonderheiten eines "klassischen" Bauspardarlehens, dass im Gegensatz zu Festzinshypotheken von Banken jederzeit ganz oder teilweise zurückgezahlt werden kann, ohne dass dafür eine Vorfälligkeitsentschädigung zu entrichten wäre. Die dadurch bei der Bausparkasse anfallenden Kosten dürfen deshalb mit einer Darlehensgebühr abgegolten werden.

Damit folgt das Hanseatische OLG dem vorinstanzlichen Landgericht. Dieses hatte bereits anerkannt, dass mit einem Bausparvertrag nicht nur ein Darlehen vereinbart wird, sondern verschiedene, ineinandergreifende Komponenten. Das Landgericht Hamburg hatte die Darlehensgewährung als eine Kernleistung des Bausparens aufgefasst, für die die Bausparkasse bei Inanspruchnahme auch ein Entgelt vom Bausparer verlangen kann. Dies könne nach Überzeugung der Richter in Form von Einzelpreisen wie Zinsen oder einer einmaligen Pauschalgebühr oder einer Kombination aus beiden geschehen.

Die Bausparkassen nehmen die Hamburger Entscheidung mit Wohlwollen auf, gestattet sie ihnen doch mehr Gestaltungsfreiheit bei ihren Tarifen. Allerdings hat dieses Entgelt eine weit geringere systemische Bedeutung für das Bausparen als die Abschlussgebühr, die der Bundesgerichtshof bereits für zulässig erklärt hat. Während alle Bausparkassen bei Vertragsabschluss eine Abschlussgebühr zwischen 1,0 und 1,6 Prozent der Bausparsumme berechnen, erheben nur einige Bausparkassen in ausgewählten Tarifen eine Darlehensgebühr in Höhe von 1,0 bis 3,0 Prozent der Darlehenssumme.

Im Übrigen verneinen die Richter des Hanseatischen OLG ausdrücklich eine Gleichsetzung der Darlehensgebühr mit der laufzeitabhängigen Kontoführungsgebühr für Darlehensverträge, die sich nur auf die bankinterne Buchungsdokumentation bezieht. Dabei folgte das Gericht einem erst im Februar dieses Jahres ergangenen Urteil des Oberlandesgerichts Karlsruhe. Dieses hatte die einmalige Bearbeitungsgebühr oder ein Disagio bei der Kreditvergabe für zulässig und für nicht vergleichbar mit einer Kontoführungsgebühr für ein Darlehenskonto erachtet. In diesem Zusammenhang hat der Bundesgerichtshof (BGH) gerade klargestellt, dass eine Gebühr für das Führen des Darlehenskontos unzulässig ist (siehe vorangehende Meldung).

Bemerkenswert ist das Hamburger Urteil auch im Hinblick auf den noch beim Bundesgerichtshof anhängigen Streit zwischen der Verbraucherzentrale Nord-rhein-Westfalen und der LBS Westdeutschen Landesbausparkasse. Statt einer Darlehensgebühr berechnet die Bausparkasse aus Münster bei Beginn der Darlehensauszahlung ein Agio von zwei Prozent des Bauspardarlehens. Dieses wird dem Bauspardarlehen zugeschlagen und erhöht damit die zu verzinsende Darlehensschuld, obwohl dem Bausparer nur 100 Prozent seines Bauspardarlehens zur Verfügung gestellt werden. Auch in diesem Fall klagen die Verbraucherschützer auf Unterlassung. Allerdings unterlagen sie sowohl vor dem Landgericht Dortmund (Aktenzeichen 8 O 319/08) als auch mit der Berufung vor dem OLG Hamm (Aktenzeichen 31 U 130/09). Letzteres sieht in der Agio-Klausel ebenso wie das Hamburger Gericht ein zulässiges Preiselement für die Darlehensinanspruchnahme. Allerdings wurde die Revision wegen Rechtsgrundsätzlichkeit und zur Fortbildung des Rechts zugelassen. Noch steht die höchstrichterliche Entscheidung dazu aus. Vieles spricht jedoch dafür, dass die bisherige Praxis Bestand haben wird. L. H.

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