Im Blickfeld

Viel Lärm um nichts

Szeneviertel sind beliebt - bei Mietern, Wohnungseigentümern und Investoren. Sie sind aber auch laut. Vor allem abends ist der Geräuschpegel hoch. Und andauernder Lärm wiederum führt zu Wertminderungen. Nach Studien des Bundesumweltamtes nimmt pro Dezibel über 50 der Wert eines Wohngebäudes um 0,5 Prozent ab. In angesagten Stadtteilen sind es vor allem die Clubs und Straßenlokale, die Anwohnern den Schlaf rauben.

Mitunter kommt es zu teuren und langwierigen Rechtstreitigkeiten - allerdings mit fraglichen Erfolgen, auch für die Mieter und einzelnen Wohnungseigentümer. Denn auch wenn die Bewohner gern ruhig schlafen, so haben sie sich meistens ganz bewusst für einen lebendigen Kiez entschieden.

Beispielsweise haben hinzugezogene Mieter und Eigentümer im Berliner Szeneviertel Prenzlauer Berg vordergründig erfolgreich geklagt: Zahlreiche Clubs sind hier während der letzten Jahre verdrängt worden. Doch ist dies kein Ergebnis, das für die Kläger Grund zu ungetrübter Freude sein kann. Denn letztlich sind das kulturelle Leben in Metropolen wie Berlin und das lebendige Umfeld vor Ort ein maßgeblicher Standortfaktor, der anziehend auf Mieter wie Käufer wirkt.

Lärm allein ist kein Faktor, der gegen eine Investitionsentscheidung spricht. Investoren sollten diesen Aspekt allerdings unbedingt in ihre Kaufentscheidung einbeziehen. Wer sich im Vorfeld darüber klar ist, ob ihm primär an einer wirklich ruhigen Wohnlage gelegen ist oder ob er lieber in einem lebendigen und damit auch bisweilen lauten Umfeld investiert, der wird hinterher keine bösen Überraschungen erleben. Das gleiche gilt für Mieter bei der Wahl des Wohnortes. Insofern wird beim Thema Ruhestörung viel Lärm um nichts gemacht.

Die Entscheidung zwischen ruhiger Wohnlage und Szeneviertel zu treffen, ist allerdings nur der erste Schritt. Der - entscheidende - zweite Schritt ist dann, den Standort sorgfältig daraufhin zu überprüfen, ob er mit den Anforderungen tatsächlich übereinstimmt. Denn die meisten Ruhestörungen sind vorhersehbar: Ein Beispiel bietet die Berliner Halbinsel Stralau. Von drei Seiten von Wasser umgeben gilt das Wohngebiet zwar als mittlere und damit ruhige Wohnlage.

Doch das stimmt nur tagsüber. Denn in den Abend- und Nachstunden wird die vorbeifließende Spree häufig von Partyschiffen belebt. Sie sind für nächtliche Lärmpegel von bis zu 95 Dezibel verantwortlich. Die Anwohner können sich kaum dagegen wehren. Auch wer in einem Szeneviertel wohnt oder investiert, muss damit rechnen, dass es durch Kneipen, Cafés und Diskotheken in der unmittelbaren Umgebung abends lauter wird.

Solche "Ruhestörungen" sind typische Beispiele, über die sich so manch ein Investor oder Mieter im Nachhinein aufregt, obwohl er sich bereits im Vorfeld darüber hätte klar werden können. Ergo: Investoren sollten im Vorfeld eine gründliche abendliche Standortprüfung und Risikoeinschätzung vornehmen und die Ergebnisse dann transparent an potenzielle Wohnungskäufer und Mieter kommunizieren. Auf diese Weise tragen sie bestmöglich dazu bei, spätere Konflikte zu vermeiden.

Einar Skjerven, Geschäftsführer, Industrifinans Real Estate GmbH, Frankfurt am Main

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