Im Blickfeld

Wildern bei Wettbewerbern

Für die LBS sind Hessen und Thüringen ein schwieriges Terrain. Zumindest gelingt es der öffentlich-rechtlichen Bausparkasse, in diesem Geschäftsgebiet die Marktführerschaft zu halten und gegen die genossenschaftliche Bausparkasse Schwäbisch Hall zu verteidigen, doch liegt der Marktanteil der LBS Hes-sen-Thüringen mit knapp 33 Prozent wichtige sechs Prozentpunkte unter dem Durchschnitt der öffentlich-rechtlichen Schwesterinstitute. Um das zu ändern, haben sich die Stäbe in Offenbach eine kühn anmutende Vertriebsoffensive überlegt. Sie wollen erstens neue Bausparvertriebsprofis anwerben und diese dann - zweitens - in den Sparkassen vor Ort platzieren.

Der LBS-eigene Außendienst ist zwar emsig unterwegs, wie die Absatzzahlen vor allem bei den Finanzierertarifen und außerkollektiven Finanzierungen regelmäßig zeigen, doch muss er das größtenteils außerhalb des Kundenbestands der Sparkassen tun. Allenfalls geben die verkaufsorientierten Sparkassenberater die aufwendige, aber wenig einträgliche Betreuung der Bausparkunden an die LBS-Vermittler ab. Speziell vor dem Hintergrund der Einführung von Wohn-Riester, der aus Sicht der Bausparkassen vor allem deshalb attraktiv ist, weil er die Loyalität der Kunden erhöht, mag es ratsam sein, die Bausparkassenmitarbeiter näher am Bankschalter zu positionieren. Schließlich werden über die Beratertische tagtäglich Kapitalanlagen, Vorsorgeverträge und eben auch Riesterprodukte verkauft. Dabei hin und wieder die Aufmerksamkeit der Berater auch auf Wohn-Riester zu lenken, kann dem Bausparabsatz zumindest nicht schaden.

Damit die Sparkassenberater Bausparen und Wohn-Riester stärker als bislang "auf dem Schirm" haben, um die Produkte im Kundengespräch auch immer wieder anzusprechen, erhöhen die Landesbausparkassen ihre physische Präsenz in den Sparkassenfilialen. Unter dem Stichwort "Gemeinschaftsgeschäft" sitzen die LBS-Mitarbeiter bei den Sparkassen und vermitteln gemeinsam mit diesen Bausparen und Baufinanzierungen. Für beide Seiten soll sich das am Ende des Tages lohnen. In Hessen und Thüringen haben sich von 50 Sparkassen immerhin 38 Institute zum Gemeinschaftsgeschäft mit der LBS entschlossen. Das Betreuungsmodell gestartet haben im vergangenen Jahr 18 Sparkassen, ihre Zahl erhöhte sich bis Mitte April auf 29. In deren Zweigstellen rückten rund 40 LBS-Außendienstler als Bezirksleiter Bausparen ein. Bis zum Jahresende soll diese Vertriebsmannschaft auf 70 Personen anwachsen.

Das in die Sparkassen entsandte Vertriebspersonal holt sich die LBS Hessen-Thüringen jedoch nicht aus den eigenen Reihen, sondern will sie hauptsächlich bei der Konkurrenz abwerben. Gefragt sind erfahrene Bausparprofis, um die sich freilich auch private Bausparkassen bemühen. Mit ihrem margenarmen Geschäft können die Bausparkassen aber allein mit der Provision pro Vertragsabschluss kaum gute Verkäufer gewinnen. Zu groß sind die Risiken, sich dabei nicht-nachhaltiges Geschäft hereinzuholen, das weder die Bausparkasse noch den Kunden glücklich macht. So ist der Sprecher der Geschäftsleitung der Landesbausparkasse Hessen-Thüringen, Peter Marc Stober, überzeugt, dass das große, aber für das Bausparen bislang noch zu wenig erschlossene Kundenpotenzial der beteiligten Sparkassen genügend Anreiz liefert, bei der LBS anzuheuern.

Allerdings sollte die LBS gut wählen. Denn die hohe Fluktuation in den Bausparaußendiensten ist heikel. Zwar dürfte dadurch die angestrebte Personalstärke tatsächlich erreicht werden, doch können diese Vertriebsmitarbeiter ebenfalls relativ schnell durch ein aussichtsreicheres Angebot aus dem Markt zum erneuten Wechsel ihres "Arbeitgebers" motiviert werden. Zudem wird es entscheidend sein, zwischen den Beteiligten ein Vertrauensverhältnis zu schaffen, damit die Sparkasse bereit ist, ihr wertvollstes Asset - die eigenen Kunden - an den Bausparprofider LBS heranzulassen. Schon manche gute Idee ist an atmosphärischen Störungen auf zwischenmenschlicher Ebene gescheitert.

Gelingt der Coup und das Gemeinschaftsgeschäft mit den Sparkassen entwickelt sich wie gewünscht, erwartet die LBS Hessen-Thüringen in diesem Jahr ein Neugeschäft von 2,6 bis 2,8 Milliarden Euro. Gegenüber 2009 wäre das ein beachtliche Steigerung. Denn nach dem besonders guten Bausparjahrgang 2008 vermochte sich auch die LBS in Hessen und Thüringen erwartungsgemäß nicht dem Markttrend zu entziehen und verzeichnete einen deutlichen Neugeschäftsrückgang: Rund 82 400 abgeschlossene Verträge über eine Bausparsumme von 2,24 Milliarden Euro bedeuten einen Rückgang in der Stückzahl um 29,1 Prozent und in der Bausparsumme um 16,5 Prozent. Dieses Minus erklärt die Bausparkasse auch mit Kapazitätsengpässen im Zuge der Anfang 2009 erfolgten Umstellung der EDV bei den Sparkassen auf OS Plus.

Die durch die Neuregelung der Wohnungsbauprämie erzeugte Abschlusswelle zum Jahresende 2008 kam größtenteils erst 2009 zur Einlösung. Deshalb lag das Netto-Neugeschäft mit 83 900 Verträgen und einer Bausparsumme von 2,17 Milliarden Euro "nur" um 18,4 beziehungsweise 10,3 Prozent unter dem Vorjahr. Gleichzeitig erhöhte sich die durchschnittliche Bausparsumme um 17,9 Prozent auf 27 000 Euro, da mehr Finanzierer- und Riesterverträge abgeschlossen wurden. Die Altersvorsorgeverträge hatten mit rund 7 800 Stück und einer Bausparsumme von 242 Millionen Euro einen Anteil am Gesamtabsatz von 9,4 respektive 10,8 Prozent.

Dass das Bauspargeschäft ausgesprochen risikoarm ist, bestätigte sich in der Finanzmarktkrise. Die Risikovorsorge blieb mit 1,2 Millionen Euro stabil. Der Anteil der leistungsgestörten Kredite ging sogar zurück und gemessen am Gesamtkreditbestand lagen die Forderungsausfälle bei 1,7 Promille. Aufgrund des "Turnaround" genannten Kostensenkungsprogramms verbesserte sich die Cost-Income-Ratio von 79 auf 77 Prozent und die Eigenkapitalrentabilität stieg um 0,1 Prozentpunkte auf 5,1 Prozent. Das Betriebsergebnis nach Risikovorsorge und Bewertungen übertraf mit 12,1 Millionen Euro das Vorjahresergebnis um 1,4 Prozent und der Jahresüberschuss belief sich auf rund sieben Millionen Euro. Die Bilanzsumme blieb mit 4,1 Milliarden Euro nahezu unverändert. L. H.

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