Schwäbisch Hall: Nicht gewöhnlich

Bausparkassen haben es derzeit nicht leicht: Die Verbraucherschützer und Anwälte wettern gegen die vermeintlich unzulässige Kündigung von Altverträgen - hoffentlich bringt hier ein höherinstanzliches Urteil bald mehr Klarheit für alle Beteiligten. Die Aufsicht äußert sich immer wieder besorgt über die fehlende Ertragsstärke des Geschäftsmodells in Zeiten niedriger Zinsen und will die Institute in diesem Jahr sehr viel enger begleiten. Die verantwortlichen Vorstände müssen sich gegen die Vorverurteilungen zur Wehr setzen, Strategien entwickeln und vor allem Kosten sparen, nicht immer zur Freude der eigenen Mitarbeiter. Und die Kunden: Die finden Bausparen einfach gut. Denn betrachtet man sich die Neugeschäftszahlen, liest man auch für 2015 wieder von Rekorden oder zumindest zweitbesten Ergebnissen in Unternehmensgeschichten. Offensichtlich ist von den Warnungen der Verbraucherschützer und Aufsichtsbehörden nichts oder nur wenig bei den Kunden angekommen. Diese vertrauen auf Altbewährtes und finden sparen für Immobilien immer noch attraktiver als manch andere Form der Vorsorge.

Bei der Bausparkasse Schwäbisch Hall, dem unangefochtenen Marktführer, heißt das in Zahlen: 2015 wurden rund 900 000 neue Verträge mit einem Volumen von 35 Milliarden Euro abgeschlossen, was einem Zuwachs gegenüber dem Vorjahr von stolzen 12,8 Prozent entspricht und das zweitbeste Ergebnis der Unternehmensgeschichte nach 2013 darstellt. Damit liegt das Neugeschäft zum fünften Mal in Folge deutlich über der unternehmenseigenen Zielmarke von 30 Milliarden Euro, und damit konnten der Marktanteil auch 2015 wiederum ausgebaut werden, er liegt nun klar bei über 30 Prozent. Klar, dass die Verantwortlichen damit "sehr zufrieden" sind. Erfreuliches gibt es auch aus dem zweiten Geschäftsfeld, der Baufinanzierung zu berichten: Im abgelaufenen Geschäftsjahr wurden 14,4 Milliarden Euro an Krediten neu zugesagt, natürlich ein Rekordwert. Hinzu kommen noch einmal gut sechs Milliarden Euro an Baufinanzierungen der Genossenschaftsbanken, die mit einem Bausparvertrag hinterlegt sind.

Eine Stärke von Schwäbisch Hall ist nicht nur die enge Einbindung in den genossenschaftlichen Finanzverbund, sondern auch das Auslandsgeschäft. Jenseits deutscher Grenzen wurden 2015 insgesamt 566 000 Bausparverträge im Volumen von 9,4 Milliarden Euro abgeschlossen und Kredite in Höhe von 2,7 Milliarden Euro ausgegeben. Wichtiger als für das Neugeschäft ist das Ausland mit offensichtlich besseren Margen für die Ergebnisrechnung, denn mit 147 Millionen Euro kamen im vergangenen Jahr rund 43 Prozent des kumulierten Vorsteuerergebnisses des Konzerns in Höhe von 341 Millionen Euro aus dem Ausland. Daneben zahlt sich das im vergangenen Jahr begonnene Kostensparprogramm aus: Die Verwaltungskosten sind um 44 Millionen Euro auf 444 Millionen Euro gesunken. Insgesamt soll ein Einsparungseffekt von brutto 50 bis 80 Millionen Euro erzielt werden. Trotzdem müssen auch die Haller einen Ergebnisrückgang von rund 10 Prozent hinnehmen, der aus dem Altgeschäft und der Wiederanlage resultiert. Das Neugeschäft in der Baufinanzierung hilft hier zwar, kann die Auswirkung der niedrigen Zinsen aber nicht kompensieren.

Das neue Bauspargesetz wertet der Vorstandsvorsitzende Reinhard Klein "positiv", auch wenn man sich "immer mehr im Leben wünschen kann". Aber es enthalte verbesserte Rahmenbedingungen und viele Erleichterungen, man dürfe schließlich nicht erwarten, dass Geschenke verteilt würden. Und auch wenn es derzeit so aussehe, da fast nur noch außerkollektives Kreditgeschäft gemacht würde, man sei keine gewöhnliche Bank, betonte er. Mit drehenden Zinsen würden Bausparkassenkassen sich auch wieder wie solche verhalten, da dann auch wieder Bauspardarlehen in Anspruch genommen würde. P.O.

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