Forderungsmanagement und Bewertungsfragen

JLL-Immobilien-Transparenz-Index bringt dem Markt den Durchblick

Hela Hinrichs

Immer mehr Immobilienmärkte werden immer transparenter. Und das hat - so der neunte Global Real Estate Transparency Index konkrete Auswirkungen auf Marktentscheidungen. So nehmen beispielsweise die Kapital-Allokationen zu. Und: Direktinvestitionen aus dem Ausland steigen, je durchschaubarer der Markt ist. Auch der deutsche Markt rückt erstmals in die Gruppe "sehr transparenter Märkte" auf Platz neun auf und zeigt im Vergleich zu der Analyse von 2014 Verbesserungen in fast allen Kategorien. JLL rechnet in den nächsten Jahren mit der Entstehung einer neuen Kategorie: "hyper-transparent". Doch muss man da die Frage stellen, was denn genau transparenter als transparent ist. Es drängt sich die Frage auf, ob die Kategorie "sehr transparent", die schon existiert, überhaupt noch valide gesteigert werden kann. Denn auch bereits in dem bestehenden Index gibt es für zahlreiche Länder immer noch ein großes Aufholpotenzial. Die Länder/Märkte werden einer von fünf Transparenzstufen zugeordnet: sehr transparent, transparent, semi-transparent, wenig transparent und undurchsichtig. Warum sollte der Weg bis ganz nach oben also noch höher werden? Red.

Zwei Drittel der Immobilienmärkte weltweit haben in den vergangenen zwei Jahren Fortschritte in Bezug auf ihr Transparenzniveau gemacht. Zu diesem Ergebnis kommt der neunte Global Real Estate Transparency Index (GRETI) 2016 von JLL und Lasalle Investment Management, der weltweit 109 Märkte analysiert. Auf die zehn vom GRETI als "sehr transparent" eingestuften Länder, darunter Deutschland, entfallen 75 Prozent des globalen Investitionsvolumens in Gewerbeimmobilien.

Das zeige nach Angaben der Autoren deutlich, welch großen Einfluss Transparenz auf Immobilien-Investitionsentscheidungen hat. Eine Reihe wichtiger Faktoren liegt den vom GRETI identifizierten Fortschritten zugrunde. Sie bilden den Rahmen für weitergehende Fragen, die durch hohe oder geringe Transparenz aufgeworfen werden: Kapital-Allokationen in Immobilien nehmen zu.

JLL prognostiziert, dass innerhalb der nächsten zehn Jahre mehr als eine Billion US-Dollar in diesen Sektor investiert werden, gegenüber aktuell 700 Milliarden US-Dollar. Diese Zunahme ist gleichbedeutend dem Drängen der Investoren nach weiteren Verbesserungen der Immobilienmarkttransparenz. Sie erwarten quasi selbstverständlich eine Parität der Standards gegenüber anderen Assetklassen. Eine Verbesserung geht generell mit einer Zunahme von Direktinvestitionen aus dem Ausland und der Nutzeraktivitäten einher. Investoren und Unternehmen haben zur Beschleunigung von Transparenz-Reformen in vielen Ländern beigetragen.

Technologie als Motor der Digitalisierung

Nationale Regierungen haben erkannt, dass eine geringe Transparenz Auswirkungen auf ausländische Investments, langfristige Wachstumsaussichten und nicht zuletzt die Lebensqualität der Bürger hat. Zunehmend wird erkannt, dass Transparenz in der Immobilienpraxis eine wichtige Rolle bei der Kapitalbildung, der Finanzierung kommunaler Projekte, aber auch für die Verbesserung der Lebensqualität in vielen Kommunen spielt. Darauf basieren die Sicherheit der Eigentumsrechte an Grundstücken und Immobilien, sichere Wohngebiete und Arbeitsstätten und das Vertrauen darauf, dass Vermittler ehrlich und professionell handeln.

Die Technologie ist einerseits der Motor für die Digitalisierung von vielerlei Immobiliendaten, andererseits macht sie es möglich, dass diese Daten verbreitet und analysiert werden können. Verbesserte Datenerfassungstechniken ermöglichen eine feinere und aktuellere Bewertung von Immobilienmärkten. Die Ergebnisse des GRETI 2016 zeigen die steten Fortschritte, die die Immobilienbranche weltweit macht.

Zu den Verbesserungen der Markttransparenz in vielen Ländern haben zahlreiche Faktoren beigetragen: Initiativen zur Vertiefung der Verfügbarkeit und der Qualität von Marktdaten und der Performance-Maßstäbe, der Erlass neuer Rechtsvorschriften in einigen Ländern, die Einführung höherer ethischer Standards und eine stärkere Verbreitung von Vorschriften und von Instrumenten zum ökologischen Bauen.

"Anglosphäre" dominiert weiter die Liste

Auf den oberen vier Rängen dominiert die "Anglosphäre": Großbritannien, Australien, Kanada und die USA.

-> Die Kernländer Kontinentaleuropas holen gegenüber der Anglosphäre auf. Frankreich (Rang 5) festigt seine Position im oberen Segment.

-> Deutschland (Rang 9) rückt erstmals in die Gruppe "sehr transparenter" Märkte auf und zeigt dabei gegenüber der Analyse von 2014 Verbesserungen in fast allen Kategorien. Herauszuheben sind die Verfügbarkeit von Fundamentaldaten (längere Datenreihen, breitere Sektorenabdeckung), Informationen zum Kreditmarkt (mehr veröffentlichte Daten zu Finanzierungskonditionen und Kreditengagements der Banken). Der Listed Sector ist stark gewachsen: Die Marktkapitalisierung der börsennotierten Immobiliengesellschaften hat sich seit 2014 mehr als verdoppelt und mit Vonovia ist erstmals ein Immobilienunternehmen in den Dax aufgestiegen. Aufstrebend ist in Deutschland der Prop-Tec-Sektor unter anderem mit Unternehmen aus den Bereichen Property Management, Crowdsourcing und Datenlieferung.

-> Weitere 20 Länder wurden als "transparent" eingestuft, die Kategorie, auf die 20 Prozent der globalen Immobilieninvestitionen entfallen. Vierzehn dieser 20 Länder liegen in Europa. Polen (Rang 13) ragt in dieser Gruppe heraus und steht kurz davor, in die Gruppe der "sehr transparenten" Länder aufzurücken. Singapur (Rang 11) und Hongkong (Rang 15) liegen weiterhin Kopf an Kopf im Rennen um die Spitzenposition in Asien, während Taiwan (Rang 23) erstmals in die Kategorie "transparenter" Länder vorgerückt ist. Auch Japan (Rang 19) hat sieben Plätze gutgemacht.

-> Die schnellsten Fortschritte wurden in den 37 Märkten verzeichnet, die die Kategorie "semi-transparent" ausmachen. Nichtsdestotrotz gibt es eine deutliche Diskrepanz zwischen dem Vorhandensein von Vorschriften und deren Umsetzung, insbesondere in Bezug auf die Raumordnung, Vertragsgestaltungen und die Bauvorschriften. Mexiko und die "Alpha-Städte" Chinas stehen an der Schwelle zum Aufstieg in die Kategorie "transparent", Indien hat sich auf Grundlage regulatorischer Reformen verbessert. Slowenien, Serbien und Bulgarien sind erstmals in die Kategorie "semi-transparent" aufgerückt.

-> Obwohl es in den Kategorien "wenig transparent" und "intransparent" einige Fortschritte gab, haben viele dieser Länder es schwer, voranzukommen.

Die Zukunft der Immobilien-Transparenz

Der Index zeigt stetige Fortschritte, die auf Bemühungen der Branche und der nationalen Regierungen zurückzuführen sind. Nichtsdestotrotz gibt es noch immer zu viele Beispiele intransparenter und korrupter Praktiken, von schlechter Unternehmensführung und des Scheiterns bei der Durchsetzung von Vorschriften mit ernsthaften Folgen für die Gesellschaft, die Unternehmensaktivitäten und die Investitionen. Investoren und Mieter werden Länder meiden, die solchen Versäumnissen nicht beikommen können und werden stattdessen in transparentere Märkte ausweichen.

Der Report unterstreicht eine Reihe von Faktoren, die die Immobilientransparenz in den nächsten Jahren beeinflussen werden:

-> Die Panama-Papiere im Frühjahr 2016 haben zu einem steigenden Druck auf das Niveau der Immobilien-Transparenz geführt und den Kampf gegen die Korruption maßgeblich auf die internationale politische Agenda gehievt. Verfahren zur Offenlegung des wirtschaftlichen Eigentümers und gegen die Geldwäsche werden im größeren Rahmen und rigoroser umgesetzt. In den nächsten Jahren werden wir wahrscheinlich bei vielen Ländern deutliche Fortschritte bei ihren Bestrebungen nach größerer Transparenz von Unternehmens- und Immobilien-Eigentum sehen.

-> Mit der Zunahme der Kapitalallokation in Immobilien steigt auch die Erwartung auf eine verbesserte Transparenz im Wettbewerb mit anderen Assetklassen. JLL rechnet in den nächsten Jahren mit der Entstehung einer neuen Kategorie: "hyper-transparent". Zwar qualifiziert sich gegenwärtig noch kein Land für diese Stufe, aber geplante Verbesserungen bei Performanceindices und Bewertungen zeigen in diese Richtung.

-> Durch die zunehmende Nicht-Duldung von Korruption in den wachsenden Mittelschichten der Welt wird die Geschwindigkeit, in der sich Veränderungen vollziehen, zunehmen, insbesondere in den semi-transparenten Ländern. Die sozialen Medien werden dabei helfen, die Aufmerksamkeit auf dieses Thema zu lenken.

-> Die Technologie wird weiter voranschreiten und es einigen Ländern ermöglichen, auf dem traditionellen Weg zur Transparenz Stufen zu überspringen. Wir beobachten bereits, wie dies in Ländern wie Kenia, Ghana und Ecuador geschieht.

-> Regulatorischen Reformen wird mehr Bedeutung beigemessen, genauso auch deren Umsetzung, insbesondere in semi-transparenten Märkten, wo derzeit die größte Diskrepanz herrscht.

Der globale Immobilien-Transparenz-Index beruht auf einer Kombination aus quantitativen Marktdaten und Informationen aus einer Umfrage des globalen Unternehmensnetzwerks von JLL und Lasalle Investment Management.

139 Faktoren werden beurteilt

Für jeden Markt werden mittels Datensammlung und anhand von Fragen, die von lokalen Researchteams in Zusammenarbeit mit führenden Wirtschaftsprüfungs- und Anwaltskanzleien beantwortet wurden, insgesamt 139 separate Faktoren beurteilt.

Diese Faktoren werden in 13 Themenbereiche gruppiert und weiter in fünf Sub-Index-Kategorien unterteilt:

a) Performance-Messung,

b) fundamentale Marktdaten,

c) Steuerung börsennotierter Vehikel,

d) rechtliche und behördliche Rahmenbedingungen,

e) Transaktionsprozesse.

Aus der gewichteten Benotung der 139 Faktoren wird für jeden Markt ein Index erstellt. Die Benotung reicht von 1,0 bis 5,0. Ein Land oder ein Markt mit der Note 1,0 verfügt über eine "vollständige Immobilien-Transparenz", 5,0 bedeuten "vollständige Immobilien-Intransparenz". Die Länder/Märkte werden einer von fünf Transparenzstufen zugeordnet: sehr transparent, transparent, semi-transparent, wenig transparent und undurchsichtig.

Für Investoren bietet der Index ein Werkzeug zum Risiko-Management, indem er vergleichbare Informationen über verschiedene geografische Lagen liefert und globale/regionale Investitionsstrategien und Zielallokationen nach Ländern ermöglicht. Mithilfe des Index können Nutzer das unterschiedliche Umfeld für den Betrieb von Immobilien überall auf der Welt besser einschätzen.

Transparente Märkte erlauben eine leichtere Vergleichbarkeit der Nutzungskosten, bieten mehr Spielraum für strategische Maßnahmen (beispielsweise die Durchführung von Sale-and-Lease-Back) und erhöhen die Effizienz von Transaktionen und des Facility Management.

Die Autorin

Hela Hinrichs National Director, JLL EMEA Research, London

Noch keine Bewertungen vorhanden


X