Aufsätze

Aktien, Anleihen oder Gold: Anlageperformance in Krisenzeiten

Das Finanzsystem scheint wieder zu funktionieren. Zumindest ist wieder Vertrauen zurückgekehrt. Aktienkurse, Preise von Staats- oder Bankenanleihen ebenso wie Immobilienpreise stehen wieder da, wo sie sich vor Ausbruch der Krise befanden. Dieser Vertrauensentzug, der sich nach dem Zusammenbruch von Lehman im Jahr 2008 zuspitzte, hatte das Finanzsystem in erhebliche Bedrängnis gebracht. Ausgehend von der Diagnose einer über viele Jahre zu hohen Kreditentwicklung ganzer Sektoren verschiedener Volkswirtschaften führte er zu Runs, denen ein Finanzsystem mit Fristentransformation und ohne 100-prozentige Reservehaltung nicht gewachsen ist. Zwar konnte ein flächendeckender Run auf Endverbraucherebene verhindert werden, allerdings kam es zu ähnlichen Phänomenen auf institutioneller Ebene.

Die größten geld- und finanzpolitischen Gegenmaßnahmen der Finanzgeschichte

Diese Finanzkrise war jedoch gleichzeitig Anlass für die größten geld- und finanzpolitischen Gegenmaßnahmen der Finanzgeschichte. Die Finanzpolitik sorgte durch Konjunkturprogramme in Höhe von 4,5 Prozent des weltweiten Bruttoinlandsprodukts für eine Stabilisierung der realwirtschaftlichen Einbrüche. Das Verschwinden des Geldmarktes wurde durch eine exorbitante Erhöhung der Reserven des Bankensystems bei den Notenbanken ausgeglichen. Darüber steuerten die Notenbanken über klassische Instrumente wie Zinssenkungen sowie neue, unkonventionelle Instrumente wie Assetkäufe das Zinsniveau extrem herunter, um über negative Realzinsen und steigende Vermögenspreise zu einer Korrektur der extrem schlechten Erwartungen bei den Wirtschaftsteilnehmern beizutragen.

Nominalzinsen nahe der Null-Grenze verschafften den Schuldnern Luft beim Schuldendienst und den Volkswirtschaften somit Zeit, notwendige Strukturänderungen in die Wege zu leiten. Darüber hinaus ermöglichten die Notenbanken durch Ankäufe von Staatsanleihen dem größten wirtschaftspolitischen Akteur, dem Staat, die notwendige Bewegungsfreiheit für seine antizyklische Politik. Im Extremfall der Europäischen Zentralbank wurde der Notenbank auch noch der Ausgleich für irrige Währungsinstitutionen aufgebürdet. Vor diesem Hintergrund ist die Diagnose verständlich, dass man mittlerweile von einer Zentralbankwelt sprechen kann.

Das Instrument der Geldproduktion ist sehr mächtig, solange die Nebenwirkungen eines Inflationsanstiegs ausbleiben, wie das bislang der Fall gewesen ist. Insofern ist der Kriseneinsatz der Geldpolitik im keynesianischen Sinne einer Stabilisierung des Wirtschaftskreislaufs (bislang) erfolgreich gewesen. Die Möglichkeit der Einflussnahme auf gesamtwirtschaftliche Schwankungen ist nicht umsonst ein Grund für die Einführung von staatlichen monopolisiertem Kreditgeld (fiat money), wie es heute von allen Staaten verwendet wird.

Krise eingedämmt

Insgesamt ist sieben Jahre nach Beginn diese Krise zwar nicht als gelöst, aber doch als eingedämmt zu bezeichnen. Aus europäischer Sicht ordnet sich - bei allen Eigenheiten - der Krisenverlauf irgendwo zwischen dem Desaster der Weltwirtschaftskrise des vergangenen Jahrhunderts und der Schnellheilung von ähnlichen Bankenkrisen, wie sie etwa im Fall der nordischen Länder in den neunziger Jahren zu beobachten gewesen ist. Inwieweit Euroland einen ähnlichen Kurs steuert wie das japanische Wirtschafts- und Finanzsystem, muss sich noch erweisen.

Als Zwischenfazit für die Geldanlage ist allemal interessant, sich die Reaktion der Renditen einzelner Assetklassen auf eine solche Stabilisierungspolitik von Geld- und Fiskalpolitik anzuschauen. Angenommen, man hätte vor der Finanzkrise, also zu Beginn des Jahres 2007, gewusst, was auf die Finanzmärkte zukommt. Wie hätte man positioniert sein müssen, um möglichst gut abzuschneiden? Welche Anlageformen kommen besonders gut oder besonders schlecht durch eine solche eingedämmte Krise?

Die Antwort mag überraschen. Entgegen der heute verbreiteten Klagen über das Niedrigzinsumfeld waren die Gesamtrenditen der vergangenen Jahre gar nicht so schlecht. Eine negative nominale Gesamtrendite ist nur bei einer Anlageform festzustellen, nämlich bei Rohstoffen. Fast alle herkömmlichen Assetklassen weisen bis heute in Euro gerechnet "anständige" Gesamterträge von jährlich fünf bis zehn Prozent auf, bei deren Betrachtung heute man nicht unbedingt auf die Idee kommt, was an dramatischen Ereignissen alles dazwischen liegt. Allerdings stellt dies eine reine Total-Return-Betrachtung zwischen zwei Zeitpunkten, Anfang 2007 und Ende 2013 dar. Diese ignoriert sowohl die Schwankungen der Anlage als auch die weiteren Aussichten bei der fortgesetzten Anlage.

Das erfolgreichste Investment in der Finanz- und Eurokrise seit 2007 ist Gold, das damit seinem Ruf als klassischer sicherer Hafen in schwierigen Zeiten des Geldsystems gerecht wird. Um 89 Prozent hatte der Goldpreis bis Ende 2013 zugenommen. Wenn man mit den Hochpunkten der Krise die Weltrezession (2009) nach dem Lehman-Zusammenbruch sowie die akuten Ängste um den Euro ab 2011 identifiziert, dann ergaben sich für den Goldpreis aus diesen Ängsten um das Geldsystem in Euro gerechnet jeweils neue Rekordstände, bis hin zu einer Performance von mehr als (180 Prozent) im September 2011. Umgekehrt allerdings ging der Goldpreis seit Anfang 2013 mit dem Abflauen der Krisensymptome abrupt zurück, was das Dilemma der Goldanlage verdeutlicht: Die Krise muss schon weiter gehen, damit die Wertzuwächse erhalten bleiben. Die Einstellung zu den Möglichkeiten der Reparatur und der Reform des teilgedeckten Papiergeldsystems bestimmt, ob Gold auch weiterhin seinen prominenten Platz im Anlageportfolio haben darf.

Rohstoffe am anderen Ende

Am anderen Ende der Wertentwicklungsskala stand eine dem Gold auf den ersten Blick ähnliche Anlagegattung, die Rohstoffe (außer Edelmetalle). Eine Anlage, die sich parallel zu einem breiten Rohstoffindex verhalten hat, war in Euro gerechnet am Ende der Referenzperiode knapp 30 Prozent weniger wert. Anders als beim Gold ist bei Rohstoffen die Nachfrage aus dem Wertaufbewahrungsmotiv gering ausgeprägt. Die Preise der Nicht-Währungsrohstoffe sind viel stärker von solchen Angebots-/Nachfragefaktoren abhängig, die sich aus dem realwirtschaftlichen Geschehen ableiten.

Zwar ist weltweit nach der konjunkturellen Erholung auch eine Stabilisierung der Rohstoffnachfrage eingetreten. Aber die Weltwirtschaft sieht sich nach der Finanzkrise einem deutlich niedrigeren Wachstumspfad gegenüber als dies noch bis Mitte des letzten Jahrzehnts angenommen worden war. Dies liegt nur teilweise an den Altlasten, welche die Kreditkrise in den entwickelten Volkswirtschaften zurückgelassen hat. Auch in den von der Finanzkrise generell gering infizierten Emerging Markets sind die am niedrigsten hängenden Wachstumsfrüchte mittlerweile mehr und mehr abgeerntet, und auch diese Länder müssen sich mit einer Veränderung ihres Entwicklungsmodells von zweitstelligen Wachstumsraten verabschieden. Dies zusammen mit den enormen Angebotskapazitäten, die etwa im Bereich von Stahl, Erzen oder Energiestoffen während des Superzyklus der Rohstoffe bis 2007 aufgebaut worden sind, führte dazu, dass sich die Rohstoffpreise nicht wieder von ihrem anfänglichen Einbruch erholt haben und auch für die unmittelbare Zukunft keine großen Steigerungen erwarten lassen.

Ein gespaltener Ruf der Staatsanleihen

Staatsanleihen, aus deutscher Sicht der Volkswagen unter den Wertpapieren, hatten zuletzt einen gespaltenen Ruf. Während sich Bundesanleihen von einem Renditetief zum nächsten hangelten, stiegen die Renditen europäischer Peripherieanleihen im Verlauf der Eurokrise zunächst steil an, um ab Herbst 2012 mit der Wirkung des "Zauberspruchs" der Europäischen Zentralbank, notfalls mit Anleihekäufen die Refinanzierung der Euroland-Staaten sicherzustellen, wieder fast auf den Ausgangspunkt zurückzufallen. Mit einer einfachen Buy-and-Hold-Strategie, das heißt ohne aktive Portfolioanpassungen, war trotzdem mit AAA-Staatsanleihen eine Rendite von insgesamt 50 Prozent oder etwa sechs Prozent per annum zu machen.

Das widerspricht den Klagen über die "renditefreie Sicherheit", die über Bundesanleihen zurzeit geführt werden. Es wird allerdings dann nachvollziehbar, wenn man bedenkt, dass es sich hier um eine Total-Return-Entwicklung handelt, die weitgehend bis Mitte 2012 abgeschlossen war und sich bis dahin hauptsächlich aus Kurssteigerungen aufgrund des sinkenden Zinsniveaus speiste. Seitdem ist an Performance kaum mehr etwas hinzugekommen - und es müsste schon in das deflationäre Szenario hineingehen, wenn sich hieran in den nächsten Jahren etwas ändern sollte. Mit Anleihen bonitätsmäßig schlechterer Staaten lag man noch Ende 2013 mit 49 Prozent leicht unter den Ergebnissen für sichere Staaten. Mittlerweile ist allerdings das Anlageuniversum hier wieder gerade gerückt: (Anfang Mai 2014 hat die Performance von BBB-Anleihen die der besten Bonitäten wieder deutlich überholt.) Wer nach dem Ausbruch der Eurokrise ein breit gestreutes europäisches Staatsanleihenportfolio besaß und seitdem nicht verändert hat, dem haben Peripherieanleihen zwar jede Menge Volatilität beschert, am Ende - mit Ausnahme von Griechenlandanleihen - jedoch keine Verluste.

Sichere Staatsanleihen haben zwar über den gesamten Krisenverlauf gesehen bis heute durchaus Performance gebracht, diese Zeiten dürften aber nun erst einmal auf absehbare Zeit vorbei sein. Wohin also fliehen? Den besten Anlageerfolg nach Gold haben seit dem Jahr 2007 High-Yield-Unternehmensanleihen gebracht. Hier lag die kumulierte Performance bei 75 Prozent oder mehr als acht Prozent pro Jahr. Besser geratete Unternehmensanleihen brachten es auf 38 oder knapp fünf Prozent jährlich.

Wie bei Staatsanleihen ist es weniger der Kupon als vielmehr die mit sinkendem Zinsniveau steigende Kursentwicklung, die hierzu beigetragen hat. Hier wirkt sich die realwirtschaftliche Stabilisierung in Form sehr geringer Ausfälle auf Unternehmensseite aus. Im Gegensatz zu Staatsanleihen lag zumindest bei Hochzinsanleihen die Volatilität über den gesamten Zeitraum höher. Die weiteren Aussichten hängen hier sehr stark von der realwirtschaftlichen Entwicklung ab. Konjunkturelle Einbrüche würden die Risikoprämien bei Unternehmensanleihen wieder in die Höhe schnellen lassen.

Aktien - das Stiefkind der deutschen Anleger

Apropos Volatilität: Aktien, das Stiefkind der deutschen Anleger, machten im letzten Jahr wieder von sich reden. Mit neuen Höchstständen feierten deutsche und US-amerikanische Aktienmärkte ein eindrucksvolles Comeback. Die Aktienmärkte der europäischen Problemländer setzten zur Aufholjagd an. Aktien zählen als Sachwert am Ende ebenfalls zu den Gewinnern, wenn es dem Finanzsystem an den Kragen geht. Denn das Produktivkapital löst sich selbst bei tiefsten Krisen nicht in Luft auf und kann nach Überwindung dieser Krisen reaktiviert werden und damit wertmäßig wieder steigen. Allerdings gilt dies nur für ein breit diversifiziertes Portfolio, denn einzelne Gesellschaften kommen in turbulenten Zeiten schon einmal unter die Räder.

In dieser eingedämmten Krise haben deutsche Aktien bis Ende letzten Jahres eine Gesamtperformance von 43 Prozent erzielt. Das entspricht mit etwa fünf Prozent pro Jahr nicht dem langjährigen Durchschnitt. Auch muss man die enormen Schwankungen hierbei berücksichtigen, die der deutsche Aktienmarkt seit 2007 erlebt hat, mit einem langen Rückgang im Jahr 2008 und dem eher kurzlebigen, trotzdem heftigen Einbruch in der zweiten Jahreshälfte 2011.

Immobilien als klassische Sachwerte erfreuten sich in der Krise des Finanzsystems zunehmender Beliebtheit. Egal ob Wohn- oder Gewerbeimmobilien, überall schien man sich der Tatsache zu erinnern, dass Immobilien in den schwersten Krisen nach Gold der zweitbeste Wertspeicher gewesen ist. Die Folge waren stark ansteigende Immobilienpreise nach der Überwindung des konjunkturellen Einbruchs im Jahr 2009. In fast allen europäischen Zentren - mit Ausnahme der von Finanzkrise und wirtschaftlicher Schrumpfung weiter betroffenen periphären Standorte - lagen die Preise für Gewerbeimmobilien wieder in den Regionen, wo sie vor Beginn der Finanzkrise zu finden waren. Umgekehrt gaben die Renditen stark nach, da die Mietentwicklung mit den Transaktionspreisen nicht mithalten konnte. Kumuliert erbrachten europäische Gewerbeimmobilien seit 2007 jedoch auch einen Gesamtertrag von 24 Prozent (etwa drei Prozent per annum), und das mit der für Immobilien üblichen Eigenschaft der geringen Schwankungen. Das traurigste Anlagekapitel hat in den letzten Jahren natürlich der Geldmarkt geschrieben. Die Nullzinspolitik der großen Zentralbanken übersetzte sich nahtlos in Zinssätze für Bankeinlagen und andere Geldmarktprodukte. Die Bundesbank weist für Sichteinlagen im April 2014 noch einen durchschnittlichen Einlagenzinssatz von 0,38 Prozent aus. Nicht nur aufgrund der hohen Verschuldung, sondern auch angesichts ultraniedriger Inflationsraten am Rande der Deflation und schrumpfender Kreditaggregate gibt es nach herkömmlicher geldpolitischer Philosophie keine Alternative zu diesem Zinskurs. Aufgrund der zunächst noch höheren Einlagenmarktsätzen über einem Prozent bis etwa 2011 ergeben sich insgesamt im betrachteten Zeitraum Gesamterträge von elf Prozent. Der einzige Haken daran ist: Die Inflation war in dieser Zeit schneller, mit einer gesamten Geldentwertung von 13,7 Prozent.

Krisenverlauf kaum absehbar

Systemische Banken- und Finanzkrisen müssen nicht zwangsläufig in den finanziellen Untergang von Staaten und Volkswirtschaften führen, sondern können mittels substanzieller staatlicher Eingriffe - manche Beobachter sprechen in diesem Fall sogar von finanzieller Repression - eingedämmt werden. Im günstigsten Fall gelingt es, die "reale" Wirtschaft von den Problemen des Finanzsektors abzuschirmen. Realwirtschaftliches Wachstum zusammen mit finanzieller Umverteilung kann dann langfristig einen Weg aus bestehenden Schuldenüberhängen weisen. Allerdings dauert dieser Weg viele Jahre, wenn nicht sogar Dekaden an.

Aus der Perspektive der Investoren ist eine Orientierung an Sachwerten oder an Anlageformen, die eng mit dem wirtschaftlichen Erfolg von Unternehmen verbunden sind, die richtige Strategie für eine solche Situation. Es sei denn, man gibt eine Buyand-Hold-Strategie zugunsten eines Total-Return-Ansatzes auf, um in Zeiten großer Kursbewegungen die Performance eines Gesamtvermögens zu verbessern. Allerdings hat sich auch in den zurückliegenden Jahren gezeigt, dass Interpretation und Vorhersage des Krisenverlaufs alles andere als trivial ist.

Dr. Ulrich Kater , Chefvolkswirt , DekaBank - Deutsche Girozentrale, Frankfurt am Main
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