Aufsätze

Auswirkungen der neuen Basel-III-Kennzahlen auf die Liquiditätssteuerung: Liquidity Coverage Ratio

Als Reaktion auf die Finanzkrise wurde im Dezember 2010 seitens des Baseler Ausschusses für Bankenaufsicht die endgültige Version "International framework for liquidity risk measurement, standards and monitoring" als Teil von Basel III veröffentlicht. Damit werden zukünftig auch Liquiditätsrisiken auf europäischer Ebene quantitativ in Form der Liquidity Coverage Ratio (LCR)und der Net Stable Funding Ratio (NSFR) reguliert.1) Beide Kennziffern müssen frühestens ab dem 1. Januar 2012 an die Aufsichtsbehörden gemeldet werden (Beobachtungsphase). Die LCR ist ab dem 1. Januar 2015 verbindlich einzuhalten, die NSFR ab dem 1. Januar 2018. Betroffen sind alle Banken, die bereits heute Basel II erfüllen müssen.

Die Umsetzungspläne können den Betrachter zum Schluss (ver-)führen, dass dem deutschen Bankensektor noch ausreichend Zeit bleibt. Operationelle Auswirkungen in Form geänderter Datenanforderungen und Prozessabläufe sowie strategische Auswirkungen in Form höherer Liquiditätspreise und geänderter Investorenpräferenzen, müssen aber frühzeitig analysiert werden, um optimale Lösungen aufgrund von Zeitrestriktionen nicht verwerfen zu müssen.

Konzept

Das LCR leitet die Mindestgröße der Liquiditätsreserve aus einem 30 Tage Liquiditätsstressszenario her. Wie aus Abbildung 1 hervorgeht, setzt sich die Kennziffer aus drei Komponenten zusammen: den Abflüssen, den Zuflüssen und dem eigentlichen Puffer. Der Liquiditätspuffer muss mindestens so groß sein, wie der für die Stressperiode unterstellte Netto-Abfluss. Das impliziert ein LCR von 100 Prozent oder höher. Das vom Regulator angenommene Szenario enthält sowohl institutsspezifische wie auch marktweite Stressfaktoren, welche zu hohen Abflüssen, niedrigen Zuflüssen und niedrigen Marktwerten der Liquiditätsreserve führen.

Insbesondere wird unterstellt, dass das Institut um drei Ratingstufen herabgestuft wird, teilweise seine Einlagen verliert und trotzdem wie gewohnt Kredite verlängern muss, am unbesicherten Interbankenmarkt keine und am besicherten Interbankenmarkt nur gegen hochwertige Sicherheiten Mittel aufnehmen kann, für derivative Positionen zusätzliche Sicherheiten fällig werden sowie eine Vielzahl von Sonderzahlungen aus vertraglichen und nicht-vertraglichen Positionen wie Kreditlinien, ABS, SIVs und Liquiditätslinien erfüllen muss.

Die LCR basiert dabei auf den folgenden zentralen Prinzipien:

1. Bei unbesicherten Einlagen und Krediten sowie außerbilanziellen Verbindlichkeiten ist die Kundenkategorie wichtig. Es werden die Kategorien "Privatkunden", "Klein- und Mittelstand", "Unternehmen aus dem Nichtfinanzsektor, Staaten, Zentralbanken und öffentliche Hand" (USZÖ) sowie Finanzunternehmen unterschieden.

2. Liquide Mittel werden in die Liquiditätsklassen 1 (hoch liquide) und 2 (liquide) unterteilt. Barmittel, Zentralbankguthaben und Staatsanleihen mit sehr geringem Ausfallrisiko gehören zur Klasse 1. Andere Staatsanleihen, Unternehmensanleihen und Covered Bonds mit geringem Ausfallrisiko bilden die Klasse 2. Klasse 1 und 2 bilden den Liquiditätspuffer.

Bestimmung der LCR

Die Bestimmung der LCR erfolgt in drei Schritten: der Berechnung der Abflüsse, der Zuflüsse und des Liquiditätspuffers. Die Abflüsse resultieren aus dem Abzug von Einlagen, der Rückzahlung fälliger beziehungsweise potenziell kündbarer verbriefter Verbindlichkeiten, Nachschusspflichten bei derivativen Handelspositionen beziehungsweise bei Positionen mit Down-grade-Triggern sowie der Ziehung von Kredit- und Liquiditätslinien.

Bei den unbesicherten Einlagen und außerbilanziellen Verbindlichkeiten werden Abzugsfaktoren angesetzt, die mit der Kundenkategorie variieren. Bei den besicherten Einlagen und Handelspositionen variieren die Abzugsfaktoren beziehungsweise Nachschussquoten mit der Qualität der Sicherheiten (Klasse 1, Klasse 2).

Die Zuflüsse resultieren aus fälligen Krediten und Wertpapieren sowie Forderungen aus Derivaten. Bei fälligen Krediten werden Prolongationsquoten unterstellt, die bei unbesicherten Krediten mit der Kundenkategorie und bei besicherten Krediten mit der Qualität der Sicherheiten (Klasse 1, Klasse 2, Sonstige) variieren.

Der Nettoabfluss ist die Differenz aus Abflüssen und Zuflüssen, wobei die Zuflüsse regulatorisch nur bis 75 Prozent der Abflüsse anrechenbar sind, um einen Minimumpuffer von 25 Prozent der Abflüsse zu erzwingen.

Neben der verbindlichen Gruppen-Kennziffer, konsolidiert über alle Einheiten und Währungen hinweg, muss die Bank für bedeutende Währungen (Verbindlichkeiten in dieser Währung >/= 5 Prozent aller aggregierten Verbindlichkeiten) separate LCRs berechnen und berichten.

LCR und deutsche Banken

Die Liquiditätsrisiken deutscher Banken werden seit einigen Jahren mit einer 30-Tages-Kennziffer reguliert, die hier mit LKZ (Liquiditätskennziffer) abgekürzt werden.2)Im Unterschied zum LCR werden die beiden Komponenten "Liquiditätspuffer" und "Zuflüsse" in einer einzigen Kategorie "Zahlungsmittel" zusammengefasst. Ähnlich dem LCR, muss die Summe der Zahlungsmittel die Summe der Zahlungsverpflichtungen innerhalb der ersten 30 Tage3)übersteigen, das heißt der Quotient muss größer als 1 sein.

Trotz der konzeptionellen Ähnlichkeit, unterscheiden sich beide Kennzahlen deutlich in der Kalibrierung: die LKZ wird für den normalen, ungestörten Geschäftsbetrieb, das LCR für den Stressfall kalibriert.

Im Folgenden werden die Unterschiede zwischen LCR und LKZ in der Kalibrierung sowie die Auswirkungen für einzelne Positionen in den Kategorien (1) Abflüsse, (2) Zuflüsse und (3) Liquiditätspuffer diskutiert.

Abflüsse

Abflüsse haben ihren Ursprung in bilanziellen Verbindlichkeiten und außerbilanziellen Eventualverbindlichkeiten. Die bilanziellen Verbindlichkeiten werden in (a) unbesicherte Einlagen, (b) besicherte Einlagen, (c) verbriefte Verbindlichkeiten und (d) Verbindlichkeiten aus Handelspositionen (vor allem Derivate) eingeteilt.

a) Unbesicherte Einlagen: Unbesicherte Einlagen in Form von Sicht-, Spar- und Termineinlagen sind die ersten Positionen, die bei Zweifeln an der Kreditwürdigkeit der Bank abgezogen werden. Die LCR-Annahme ist, dass der Einlagenabzug je nach Einlegertyp und Produkt variiert.

Das angenommene Abzugsverhalten fasst Abbildung 3 zusammen. Generell wird für unbesicherte Einlagen der vollständige Abzug (= 100 Prozent) unterstellt. Je nach Produktart, Einlegertyp und Produktgestaltung werden gemäß Abbildung 3 verringerte Sätze angenommen. Kritische Verzweigungen im Entscheidungsbaum sind für die Diskussion nummeriert. Die Diskussion beginnt mit den (A) Termineinlagen und geht über die (B) Sichteinlagen zu den (C) Spareinlagen.

Termineinlagen (A), welche vertraglich erst nach den 30 Tagen Modellhorizont fällig werden (Verzweigung 1), müssen wie Sichteinlagen behandelt werden, wenn (i) für die vorzeitige Verfügung keine hohe Vorfälligkeitsentschädigung anfällt4), (ii) Kündigungsoptionen seitens des Einlegers bestehen oder (iii) die Bank ihre Prolongationsoptionen aufgrund von Reputationsrisiken im Stressfall nicht ausüben kann.

Sichteinlagen (B) von natürlichen Personen (= Privatkunden) werden a priori mit einem Abzugsfaktor von 10 Prozent angesetzt. Innerhalb dieser Kategorie kann der Faktor auf 5 Prozent gesenkt werden, falls die Einlagen als "stabil" gelten (Verzweigung 2). Einlagen sind stabil, wenn sie unter eine Einlagensicherung fallen und von Mehrproduktkunden gehalten werden beziehungsweise es sich um Gehaltskonten handelt. Banken wird damit ein natürlicher Anreiz gegeben, stabile Einlagen zu identifizieren beziehungsweise Einlagen durch Produktanpassungen stabil zu machen.

Beispielrechnung

Ein Projekt mit Kosten von 100000 Euro, welches stabile Einlagen in Höhe von 400 Millionen Euro identifiziert, hat sich bei angenommenen Reservekosten von 50 BP bereits nach einem Jahr amortisiert. Bei den juristischen Personen werden klein- und mittelständische Unternehmen (SME) wie Privatkunden behandelt (Verzweigung 3).

Für funktionale Einlagen, das heißt Einlagen die aufgrund von Cash Manage-ment-, Clearing- oder Verwahrfunktionen gehalten werden, gilt ein verringerter Abzugsfaktor von 25 Prozent (Verzweigung 4). Für Unternehmen aus dem Nichtfinanzsektor, Staaten, Zentralbanken beziehungsweise öffentlichen Stellen (USZÖ) wird ein 75-prozentiger Abzugsfaktor angenommen (Verzweigung 5).

Für alle übrigen Einleger, welche größtenteils dem Finanzsektor angehören, bleibt es beim 100-Prozent-Abzugsfaktor, es sei denn, es handelt sich um Einlagen von Mitgliedsbanken bei ihrer Verbandszentralbank (Verbandseinlagen)5) (Verzweigung 6). In diesem Fall wird der Abzugsfaktor auf 25 Prozent gesenkt.

Spareinlagen (C) sind nur dann mit 0 Prozent anzusetzen, wenn die Vorfälligkeitsentschädigung über die entgangenen Zinsen hinausgeht und diese von der Bank auch in Rechnung gestellt wird. Anderenfalls werden sie wie Sichteinlagen behandelt. Gegenwärtig stellen viele deutsche Banken Vorschusszinsen in Höhe von einem Viertel des Guthabenzinses für Spareinlagen mit dreimonatiger Kündigungsfrist in Rechnung.

Steigende Vorfälligkeitsentschädigungen

Die Vorfälligkeitsentschädigung ist deshalb nicht wesentlich höher als der Guthabenzins und dürfte von der BaFin nicht als "harte Abzugshürde" bei einem Vertrauensverlust anerkannt werden. Damit müsste die Mehrheit der heutigen Spareinlagen wie Sichteinlagen behandelt und mit einem Abzugsfaktor von 5 Prozent belegt werden. Es ist daher zu erwarten, dass die Vorfälligkeitsentschädigungen steigen und Spareinlagen mit längeren bindenden Kündigungsfristen und höheren Guthabenzinsen entstehen. Die höheren Zinsen könnten zum Teil aus der "gesparten" Liquiditätsreserve "finanziert" werden.

Der Vergleich zum LKZ fällt gemischt aus: Mit der Unterkategorie "stabile Einlagen" gibt es eine Erleichterung (von 10 Prozent auf 5 Prozent) für Privatpersonen und SMEs. Die Abzugsfaktoren für Einlagen von USZÖ und Finanzinstituten haben sich dagegen drastisch erhöht (von 10 Prozent auf 75 Prozent für USZÖ beziehungsweise von 40 Prozent auf 100 Prozent für Finanzinstitute). Folgerichtig entfallen auf diese beiden Kategorien zirka 50 Prozent (= 16,3 Prozent plus 34,3 Prozent) der gesamten Abflüsse in der 2010 durchgeführten Auswirkungsstudie (nachfolgend QIS).

b) Besicherte Einlagen: Für besicherte Einlagen mit Fälligkeit innerhalb der nächsten 30 Tage wird angenommen, dass diese grundsätzlich nicht verlängert werden können. Ausnahmen bilden bestehende Repos mit Collateral der Klasse 1 & 2 beziehungsweise Repos mit speziellen Akteuren wie Staaten, Zentralbanken oder öffentliche Stellen. Für Repos mit Collateral der Klasse 1 wird eine vollständige Prolongation angenommen (Abzugsfaktor 0 Prozent). Repos mit Collateral der Klasse 2 werden zu 85 Prozent (Abzugsfaktor 15 Prozent), Repos mit speziellen Akteuren zu 75 Prozent (Abzugsfaktor 25 Prozent) prolongiert. Besicherte Einlagen waren für zirka 8 Prozent der Gesamtabflüsse in der Auswirkungsstudie verantwortlich.

Für deutsche Banken stellt das eine Erleichterung gegenüber der LKZ dar, weil bisher von "Nicht-Prolongation" ausgegangen wird (Abzugsfaktor 100 Prozent). Es ist zu erwarten, dass sich für Repos die Sicherheiten zu Klasse 1- und 2-Wertpapiere verschieben wird. Repos mit anderen Sicherheiten dürften unattraktiver werden.

c) Verbriefte Verbindlichkeiten: Neben Einlagen kann sich eine Bank vor allem durch die Emission von Wertpapieren refinanzieren. Das betrifft alle fälligen Wertpapiere der Bank, aber auch die verbundener konsolidierter und nicht konsolidierter Finanzierungsvehikel (SPVs, Conduits, et cetera). Darüber hinaus müssen alle Wertpapiere identifiziert werden, die nicht in den nächsten 30 Tagen fällig werden, aber Kündigungsrechte seitens der Investoren enthalten. Die zusätzliche Einbeziehung der nicht konsolidierten Finanzierungsvehikel stellt für deutsche Banken eine datentechnische Herausforderung dar. Der Anteil von verbrieften Verbindlichkeiten am Gesamtabfluss im Rahmen der QIS betrug 11,7 Prozent und ist von ähnlicher Größenordnung wie der Abfluss aufgrund von besicherten Einlagen.

d) Verbindlichkeiten aus Handelspositionen (insbesondere Derivate): Handelspositionen können über drei Kanäle zu Liquiditätsabflüssen führen: erstens aufgrund der vertraglichen Zahlungsströme (zum Beispiel Zahlungsverpflichtung aus einem Zinsswap). Zweitens aufgrund von Nachschusspflichten für Collateral/Margins. Drittens über die Wertänderung der Handelsposition.

Im ersten Fall müssen im LCR 100 Prozent der Netto-Zahlungsverpflichtungen (verrechnet mit den Forderungen) aus Handelspositionen der nächsten 30 Tage erfasst werden.

Für den zweiten Fall muss von einem Nachschuss von 20 Prozent auf alle Nicht-Klasse-1-Collateral ausgegangen werden. Die Berücksichtigung von Sicherheitennachschüssen stellt eine Verschärfung bezüglich der bestehenden LKZ dar.

Für den dritten Fall werden nationale Aufsichtsbehörden Faktoren festlegen, um die Liquiditätsauswirkungen schwankender Handelspositionen infolge höherer Volatilitäten zu simulieren.

Neben den bilanziellen Verpflichtungen stellen außerbilanzielle Verpflichtungen, und hier vor allem Kredit- und Liquiditätslinien, eine besondere Herausforderung für das Liquiditätsmanagement dar. Die Anrechnungsquoten für Letztere fasst Abbildung 4 zusammen.6)

Diese lässt sich mit drei Aussagen zusammenfassen: Erstens können erhaltene Linien nicht mehr angesetzt werden, selbst wenn sie zugesagt ("committed") sind. Zweitens sind die Anrechnungsquoten an die von unbesicherten Einlagen angelehnt: Es werden sowohl die gleichen Kundenkategorien unterschieden als auch ähnliche Quoten für Privatkunden/SME und Sonstige (vor allem Finanzinstitute) angesetzt.

Drittens wird nur bei USZÖ zwischen Kredit- und Liquiditätslinien7) unterschieden. Dass gegenwärtig noch signifikante Volumina an Kredit- und Liquiditätszusagen mit Anrechnungsquoten von 100 Prozent bestehen, lässt sich am hohen Anteil dieser Positionen in der QIS ablesen: 15,8 Prozent des Gesamtabflusses entfielen auf Kredit- und Liquiditätslinien.

Neben den vertraglich begründeten Linien müssen potenzielle Abflüsse auch für reputierlich begründete Liquiditätsverpflichtungen angenommen werden. Das sind Linien, bei denen die Bank (gewollt oder ungewollt) als Garantiegeber wahrgenommen wird - unabhängig davon, ob es eine vertragliche Grundlage dafür gibt oder nicht. Die Höhe dieser Anrechnungsquoten ist ebenfalls vom nationalen Aufseher festzulegen.

Schließlich sind alle Produkte mit Down-grade-Trigger zu identifizieren (Handels-, Settlementpositionen, besicherte Einlagen) und der zusätzliche Sicherheitenbedarf im Falle eines 3-Notch-Downgrades zu bestimmen.

Zuflüsse

Die Zuflüsse stammen im Wesentlichen aus drei Forderungskategorien: (i) Buch-, (ii) Wertpapier- und (iii) Derivateforderungen.

Abbildung 5 fasst die Zuflussquoten für Buchforderungen zusammen, wobei die größten Änderungen zum LKZ grau hervorgehoben sind. Grundsätzlich wird 50 Prozent unterstellt; mit Ausnahme der Finanzinstitute (100 Prozent) und funktionalen Einlagen (0 Prozent). 50 Prozent ergibt sich als Summe aller fälligen Forderungen reduziert um 50 Prozent Prolongationen und Neukreditgeschäft. Da das (statische) LKZ bisher weder Neugeschäft noch Prolongationen berücksichtigte, stellen alle Zuflussquoten, die kleiner als 100 Prozent sind, für deutsche Banken eine Verschärfung dar.

Analog zu den besicherten Einlagen, wird bei den besicherten Forderungen auf die Art der Besicherung abgestellt: für Klasse-1-Sicherheiten wird von 100 Prozent (unfreiwilliger) Prolongation ausgegangen. Für Klasse-2-Sicherheiten von 85 Prozent. Für alle anderen Sicherheiten wird von vollständiger Rückzahlung ausgegangen konform mit der Annahme, dass bilaterale Repos mit diesen Sicherheiten nicht mehr möglich sind.

Die größten Posten der Zuflüsse aus Buchforderungen entfallen gemäß der QIS auf die Zuflüsse aus unbesicherten Forderungen (Finanzinstitute 36,4 Prozent, restliche: 12,5 Prozent), gefolgt von besicherten Krediten (18,8 Prozent).

Fällige Wertpapiere und Forderungen aus Handelspositionen (vor allem Derivate) werden wie im LKZ mit 100 Prozent angesetzt. Bezüglich der Größenordnung haben sich die Zuflüsse aus Derivaten (25,5 Prozent) in der QIS fast vollständig mit den Abflüssen aus Derivaten aufgehoben.

Wie im LKZ auch, dürfen nur die nicht ausfallgefährdeten Forderungen als Basis der Zuflüsse verwendet werden. Aus Symmetriegründen müssen Zuflüsse der Finanzierungsvehikel berücksichtigt werden, deren Abflüsse bereits berücksichtigt wurden. In der QIS beträgt dieser Anteil 6,7 Prozent aller Zuflüsse.

Liquiditätspuffer

Der Netto-Abfluss muss durch den vorhandenen Liquiditätspuffer gedeckt werden, dessen Zusammensetzung und Anforderungen in Abbildung 6 dargestellt sind.

Wie eingangs erwähnt, sind nur Klasse-1- und Klasse-2-Wertpapiere zulässig. Zu den Positionen erster Klasse gehören Barmittel und Zentralbankguthaben sowie ein eng definierter Kreis an handelbaren Wertpapieren. Diesem gehören Wertpapiere an, die ein Risikogewicht von 0 Prozent (Hauptbedingung) im Kreditrisiko-Standardansatz (KSA) erhalten und von Staaten, Zentralbanken, öffentlichen Stellen, BIS, IMF, Europäischer Kommission und internationalen Entwicklungsbanken (Emittentenkreis) emittiert wurden.

Darüber hinaus müssen diese Wertpapiere liquide Repo- und Spotmärkte haben sowie "gesuchte Wertpapiere"8) in Krisenzeiten sein. Wenn statt des 0-Prozent-Gewichtes ein 20-Prozent-Gewicht gilt, sind die Wertpapiere der Klasse 2 zuzuordnen. Der enge Kreis der 0-Prozent-Risikogewichtspapiere wurde erweitert um Staatsbeziehungsweise Zentralbankpapiere in nationaler Währung, die eine Bank hält, weil die Abflüsse in dieser Währung erfolgen oder in Fremdwährung, wenn es sich um den Heimatstaat beziehungsweise die Heimatzentralbank handelt. Zur Klasse 2 gehören zusätzlich Unternehmensanleihen von Nichtbanken und Covered Bonds mit einem Rating (oder äquivalenter PD) von AA- oder besser, die darüber hinaus auch noch hoch liquide sind, das heißt liquide Spot- und Repo-Märkte haben und "gesuchte Papiere" in einer Krise sind. Alle anderen Wertpapiere beziehungsweise Forderungen werden nicht als Liquiditätsreserve anerkannt.

Teilweise Nichtanrechnung von Covered Bonds und Unternehmensanleihen

Deutsche Banken hielten Ende 2009 laut QIS einen 80-20 Mix (80 Prozent Klasse 1, 20 Prozent Klasse 2) der LCR-Puffer zulässigen Wertpapiere, wobei die größten Positionen auf Wertpapiere mit 0 Prozent Risikogewicht entfielen (59 Prozent), gefolgt von Zentralbankguthaben (19 Prozent) und Wertpapieren mit 20 Prozent Risikogewicht (8 Prozent) sowie Covered Bonds (7 Prozent).

Die größte Verschärfung entsteht für deutsche Banken durch die Nichtanrechnung von Unternehmensanleihen und Covered Bonds mit einem Rating schlechter als AA- und von ungesicherten Bankemissionen. Unter dem LKZ konnten diese Wertpapiere - sofern an einem geregelten Markt handelbar - zum Marktwert angesetzt werden.

Die Zusammenstellung der per heute zulässigen Positionen (Schritt 1) ist nur der Ausgangspunkt auf dem Weg zur endgültigen Puffergröße. Abbildung 7 stellt die sich anschließenden Schritte 2 bis 4 vor.

30-Tage-Sicht auch bei Sicherheiten

Im zweiten Schritt werden die Sicherheiten miteinbezogen, die in den nächsten 30 Tagen frei beziehungsweise geblockt werden. Dies führt zum adjustierten Bestand. Da neben den Formalkriterien auch Verfügbarkeitskriterien erfüllt sein müssen, muss der formal zulässige Bestand an Klasse-1- und Klasse-2-Positionen auf ihre tatsächliche Verfügbarkeit untersucht werden. Tatsächlich verfügbar sind Positionen nur, wenn ...:

1. ... sie nicht bereits als Sicherheit hinterlegt sind.

2. ... ihre Verwendung zur Liquiditätserzeugung weder rechtlich noch vertraglich ausgeschlossen wurde.

3. ... sie intern exklusiv der Liquiditätserzeugung dienen (und zum Beispiel nicht als Hedge für Handelspositionen gekauft wurden oder laufende Kosten decken sollen).

4. ... sie der liquiditätssteuernden Einheit (normalerweise Treasury) zugeordnet sind.

5. ... sie regelmäßig zur Liquiditätserzeugung eingesetzt werden.

Der Klasse-2-Bestand, der diese Bedingungen erfüllt, wird um (mindestens) 15 Prozent Haircut gekürzt und auf zwei Drittel des Klasse-1-Volumens begrenzt. Klasse-1-Bestände dürfen unbegrenzt und ohne Haircut angesetzt werden. Der endgültige Liquiditätspuffer ist die Summe aus den Klasse-1- und Klasse-2-Volumina.

Produkte und Kapitalmärkte

Werden LCR und LKZ auf die gleiche Bankbilanz angewendet, kommt es im LCR zu einer Erhöhung des Nettoabflusses (Nenner) und aufgrund der engeren Definition und konservativeren Bewertung zu einer Verringerung der Liquiditätsreserve (Zähler). Bei der Auswirkungsstudie lag das LCR - gemittelt für die großen deutschen Banken - bei niedrigen 66 Prozent, wogegen das LKZ über 100 Prozent liegt. Den Rückgang müssen Banken bis spätestens 1. Januar 2015 durch strukturelle Änderungen in den Produkten und der Liquiditätsreserve kompensieren.

Das LCR wirkt ähnlich wie die Mindestreserve bei der Geldschöpfung als Entflechtungsfaktor zwischen Banken: Weder ist es attraktiv für Banken, unbesicherte Anleihen anderer Banken zu halten, da sie nicht anrechnungsfähig sein werden, noch ist es attraktiv, kurzfristige Interbankenliquidität

Deutliche Renditeunterschiede

Auf dem Kapitalmarkt dürften noch deutlichere Renditeunterschiede zwischen reservefähigen Wertpapieren (Klasse 1 und Klasse 2) und nicht reservefähigen zu beobachten sein. Um Investoren für die Nicht-Reservefähigkeit zu kompensieren, werden die Emittenten Illiquiditätsprämien zahlen müssen. Profitieren dürften zuerst Zentralbanken, Staaten und die öffentliche Hand, deren Anleihen zu besseren Konditionen begeben werden können, wobei die Konsolidierungsbemühungen der einzelnen EU-Länder bezüglich ihrer Haushaltsdefizite als auch unterschiedliche Ratings zu einer stärkeren Spreaddifferenzierung beitragen werden.

Dynamisch betrachtet, werden Emittenten ihre Wertpapiere - sofern möglich - so gestalten, dass sie Klasse-1- beziehungsweise -2-fähig sind. Weil deutsche Pfandbriefemittenten mehrheitlich mit einem besseren Rating als AA- ausgestattet sind, gibt es für diese Emittentengruppe keine Änderungen.9) Unbesicherte Bankanleihen sind nicht reservefähig. Um den (Illiquiditäts-) Aufschlag zu vermeiden, dürften Banken in besicherte Emissionen wechseln, sofern die erforderliche Deckungsmasse vorhanden ist. Corporate Bonds mit einem Rating von AA- oder besser werden hingegen eine nachgefragte Anlageklasse bleiben, allerdings weisen einige der Unternehmensanleihen heute ein schlechteres Rating auf und bieten potenziellen Investoren somit nur ein begrenztes Investitionsvolumen.

Des Weiteren wird das LCR zu einem verstärkten Wettbewerb deutscher Banken um Einlagen von Nichtbanken führen. Dieser Wettbewerb wird über attraktivere Zinsen und Zukäufe im Privatkundengeschäft (siehe Kauf der Postbank durch die Deutsche Bank) ausgetragen werden. Dass dieser Kostenanstieg im Niedrigzinsumfeld an die Kreditkunden weitergegeben werden kann, ist unwahrscheinlich.

Zusammengefasst wird das LCR zu niedrigeren Zinsmargen, sinkenden Bilanzvolumina sowie steigenden Liquiditätsspreads deutscher Banken führen. Die notwendigen Anpassungen in den IT-Systemen, ein verbessertes internes Pricing10) des Liquiditätsrisikos, erhöhte Reportingpflichten sowie erhöhte Mitarbeiterressourcen mit entsprechendem Know-how werden für zusätzlichen Kostendruck im Bankensektor sorgen. Das LCR ersetzt keine internen Liquiditätsmodelle, da es weder bank- noch produktspezifisches Kundenverhalten berücksichtigen kann. Da das LCR eine Untergrenze für die Liquiditätsreserve definiert, sind die LCR-Abzugsquoten Mindestabzugsquoten und die LCR-Zuflussquoten Maximumzuflussquoten. Für das interne Transferpricing muss deshalb der größere Wert aus regulatorischem und internem Run-off-Faktor für die Abflüsse beziehungsweise der niedrigere Wert für die Zuflüsse angesetzt werden.

Komfortables Polster notwendig

Wie jeder Minimumkennziffer, die permanent eingehalten werden muss, haftet auch dem LCR ein Manko an: Der Liquiditätspuffer soll einerseits eine Vorsorge für Stress sein und andererseits immer eingehalten werden - also auch im Stressfall. Konkret wird nicht zwischen "Vorsorge"-Periode, in der der Puffer gehalten wird und "Stress"-Periode, in der der Puffer aufgebraucht wird, unterschieden.

Oder anders ausgedrückt: Wenn ein Einlagenabfluss von 10 Prozent eintritt (genauso wie ihn das LCR erwartet), wird dieser durch Aufbrauchen des Liquiditätspuffers gedeckt. Für die verbleibenden Einlagen müssen aber wieder 10 Prozent Reserve gehalten werden. Deshalb müssen Banken das Ratio immer mit einem komfortablen Polster einhalten und dieses durch konservativere interne Limite garantieren.

* Die Auswirkungen des NSFR diskutieren die Autoren in einem weiteren Beitrag, der unter http://www.kreditwesen.de/zeitschriften/zeitschrift-fur-das-gesamte-kreditwesen/2011/08/Auswirkungen der neuen Basel-III-Kennzahlen auf die Liquiditätssteuerung: Net Stable Funding Ratio als PDF heruntergeladen werden kann.

Fußnoten

1) Wettbewerbsverzerrende Impulse durch die eventuelle Nichtanwendung der BCBS-Kennzahlen - insbesondere im asiatischen und amerikanischen Bankensektor - werden in diesem Beitrag nicht thematisiert.

2) Diese Kennziffer ist in der Liquiditätsverordnung (LiqV) beschrieben. Die Liquiditätsverordnung erlaubt es auch, abgenommene interne Modelle für das aufsichtsrechtliche Reporting zu verwenden. Bis Ende 2009 wurde allerdings erst ein internes Modell abgenommen (siehe BaFin-Jahresbericht 2009, S.154).

3) Die Laufzeitbänder 2 bis 4 (größer 1 Monat bis 12 Monate) der LKZ sind aktuell ebenfalls als sogenannte Beobachtungskennzahlen zu melden.

4) Eine "hohe" Vorfälligkeitsentschädigung muss über die entgangenen Zinsen hinausgehen.

5) Hiervon werden in Deutschland insbesondere der Sparkassenverband sowie die Volks- und Raiffeisenbanken profitieren.

6) Weitere wesentliche Eventualverbindlichkeiten sind Bürgschaften und Garantien. Weil diese vom Kunden nicht "frei gezogen" werden können, sondern nur bei genau definierten Kreditereignissen zu Liquiditätsabflüssen führen, sind sie nur in kombinierten Kredit-/Liquiditätsstresstests relevant. Diese sind vom Baseler Ausschuss nicht vorgegeben, sondern an die nationalen Aufsichtsbehörden delegiert worden. Die gegenwärtige Anrechnungsquote für Bürgschaften und Garantien bei Ermittlung der LKZ beträgt 5 Prozent.

7) Liquiditätslinien sind Backup-Linien für Emissionsprogramme von Unternehmenskunden. Sie können nur in dem speziellen Fall gezogen werden, in dem Emissionen nicht mehr platziert werden können.

8) Im Gegensatz zu Wertpapieren, die unter Verkaufsdruck geraten.

9) Siehe "Global Covered Bond Characteristics And Rating Summary" von Standard & Poor's, Sept. 2010

10) Gemäß der MaRisk (3. Novelle, BTR 3.1, Satz 5) müssen Banken die Liquiditätskosten und -risiken bei der Geschäftssteuerung berücksichtigen. Ein Liquiditätstransferpricing wurde in Heidorn/Schmaltz (ZfgK 3-2010) vorgestellt.

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