Aufsätze

Risikoberichterstattung nach IFRS 7 - Umsetzung der Kreditrisikoangaben durch deutsche Großbanken

IFRS 7 war für das Geschäftsjahr 2007 erstmals verpflichtend für die nach IFRS rechnungslegenden Kreditinstitute anzuwenden. Dies schließt auch die Risikoberichterstattung für Kreditrisiken mit ein. Nach den Vorgaben des IFRS 7 ist die Risikoberichterstattung grundsätzlich auf Basis der internen Risikosteuerung des jeweiligen Kreditinstituts vorzunehmen (Management Approach). Aufgrund der Verschiedenheit der jeweiligen internen Systeme war auch eine Heterogenität der Ausgestaltung der Risikoberichterstattung innerhalb der Vorgaben des IFRS 7 zu erwarten.

Platzierung weitestgehend im Risikobericht

Die Banken haben die Risikoangaben weitestgehend im Risikobericht innerhalb des Lageberichts gemacht. Lediglich die Dresdner Bank hat den Risikobericht als unabhängiges Dokument erstellt. Bereits eine Sichtung des bloßen Umfangs der Angaben gemessen an der Seitenanzahl zeigt deutliche Unterschiede. So reicht das Volumen von acht Seiten (Landesbank Baden-Württemberg) bis zu 18 Seiten (Dresdner Bank), was aber natürlich nicht ohne Weiteres auf die Qualität der Angaben schließen lässt. Zu berücksichtigen ist ferner, dass Risikoangaben teilweise auch im Anhang gemacht werden (Deutsche Bank, Dresdner Bank, Commerzbank); zuweilen finden sich identische Angaben doppelt in Anhang und Lagebericht (Deutsche Bank). Eine besonders saubere Trennung ist bei der Landesbank Baden-Württemberg und der DZ Bank zu finden.

Aus diesem Ergebnis ist bereits zu entnehmen, dass sich möglicherweise die Effizienz der Berichterstattung, gegebenenfalls auch in anderen Bereichen der Berichterstattung, noch optimieren ließe. So könnte eine systematische Durchforstung und Eliminierung von Doppelinformationen sowie eine Optimierung der Struktur der Berichterstattung bereits zu mehr Transparenz und Wirtschaftlichkeit der Finanzberichterstattung führen.

Angabe des Betrags des maximalen Kreditrisikos

Zunächst ist der Betrag des maximalen Kreditrisikos anzugeben, und zwar für jede Klasse von Finanzinstrumenten. In welcher Weise die Klassen gebildet werden, ist von der jeweiligen Bank selbst bestimmbar. Die Umsetzung durch die untersuchten Banken ist aus der Tabelle ersichtlich:

Die mit Abstand wichtigste Entscheidung für die Banken war zunächst, nach welchen Kriterien die "Klassen" gebildet werden, da auch zahlreiche weitere Angaben prinzipiell gegliedert nach diesen Klassen zu machen sind. Bei der Klassenbildung herrscht, wie aus der Tabelle ersichtlich, in der Praxis die Orientierung an der Bilanzgliederung vor. Dies entspricht auch der Praxis anderer großer europäischer Banken. So haben sich vier der fünf (gemessen an der Bilanzsumme) größten Banken im Jahr 2007 ebenfalls an der Bilanzgliederung orientiert (UBS, HSBC, BNP, Credit Agricole). Lediglich Barclays gliedert nach anderen übergeordneten Kriterien.

Durchgängige Orientierung am Begriff des Exposure at Default

Bei der Definition des maximalen Kreditrisikos ist bemerkenswert, dass sich die Commerzbank abweichend von den anderen Banken durchgängig am bankaufsichtsrechtlichen Begriff des Exposure at Default (EaD) orientiert. Dies ist beachtenswert, da so insbesondere für Finanzgarantien und Kreditzusagen nicht die eigentlich geforderten Nominalwerte angegeben werden [vergleiche IFRS 7. B10 c) und d)], sondern die mit Konversionsfaktoren gewichteten Beträge. Die Vorgehensweise stellt allerdings nach der von der Commerzbank gegebenen Begründung die beste Schätzung dar. Und sie ermöglicht überhaupt erst systematisch konsistente Angaben über alle Klassen auf Basis der internen Risikosteuerung (auch nachfolgender Angaben wie "Kreditqualität" - bei Commerzbank für alle Klassen als "Risikodichte" angegeben) im Sinne des Management Approachs.

Gemäß IFRS 7 ist auch gefordert, dass eine Überleitung zu den in der Bilanz ausgewiesenen Posten möglich ist. Diesbezüglich bietet die Landesbank Baden-Württemberg eine quantitative Überleitung zur externen Rechnungslegung, bei der DZ Bank ist eine verbale Überleitung bezüglich der Unterschiede des internen Kreditvolumen zum Bilanzausweis enthalten. Die Commerzbank liefert als Überleitung lediglich eine Darstellung und Erläuterung der erwarteten Kreditausfälle (Expected Loss) zu den tatsächlichen Ausfällen (Run Rate).

Bestimmte Informationen für jede Klasse von Finanzinstrumenten

Der Standard sieht für jede Klasse von Finanzinstrumenten die Beschreibung erhaltener Sicherheiten und sogenannter Credit Enhancements (zum Beispiel Arten, Konzentrationen, Bewertung, Management) vor, wobei eine umfassende Angabe der Zeitwerte der Sicherheiten ausdrücklich nicht erforderlich ist. Hier tut sich die Praxis offenbar schwer. Eine systematische Beschreibung in Bezug auf Sicherheiten je Klasse findet sich bei keiner Bank. Eine Angabe je Klasse dürfte - je nach Abgrenzung der Klassen - zuweilen auch nicht immer für Informationsgewinne sorgen, da die Sicherheiten für verschiedene Klassen häufig ähnlich sind.

Überwiegend finden sich aber lediglich recht allgemein gehaltene Darstellungen und Beschreibungen über verschiedene Arten von Sicherheiten insgesamt. Die Dresdner Bank macht immerhin Angaben zur relativen Bedeutung einzelner Sicherheitenarten.

Der Standard verlangt Angaben über die Kreditqualität der "unproblematischen" (weder überfällig noch wertgemindert) finanziellen Vermögenswerte ohne diesbezüglich weitere zwingende Vorgaben zu machen. In diesem Zusammenhang werden jeweils auch anzugebende Informationen über Risikokonzentrationen dargestellt. Hierzu werden Angaben typischerweise in Form von Branchengliederungen und geografischen Aufgliederungen sowie nach Ratinggruppen gegeben, was dem Grunde nach auch mit den Anforderungen der MaRisk (wenngleich dort mit typischerweise abweichendem Konsolidierungskreis) korrespondiert (BTR 1 Tz. 7a).

Bemerkenswert ist aber, dass bei vielen Darstellungen keine Darstellung je Klasse erfolgt beziehungsweise die Angaben nur für Teile des gesamten Kreditexposures erfolgt sind. So hat beispielsweise die Deutsche Bank zwar für den weitaus größten Teil des klassischen Kreditgeschäfts, das Firmenkundenengagement, eine Aufgliederung nach externen Ratinggruppen publiziert, in dem aber das weitaus umfangreichere Kreditengagement aus zum Fair Value bewerteten finanziellen Vermögenswerten überwiegend nicht enthalten ist.

Interessant ist weiterhin, dass die Aufgliederungen in der Regel in der Abgrenzung des übergeordnet definierten "maximalen Kreditrisikos" erfolgen, mit Ausnahme der Dresdner Bank, welche die Angaben in der davon abweichenden Abgrenzung des "Gesamtexposures" macht.

Die Commerzbank stellt ausführlich die "Risikodichte" (das heißt den erwarteten prozentualen Ausfall bezogen auf das bestehende Kreditrisiko) je Geschäftssegment und Sub-Segmente dar und gibt ausführliche Erläuterungen dazu. Commerzbank, Dresdner Bank und DZ Bank bieten daneben umfassende Erläuterungen zu ihren internen Ratinggruppen, wobei sich diese für die Commerzbank teilweise auch im Anhang befinden.

Angaben zu den nicht unproblematischen Vermögenswerten

IFRS 7 verlangt zunächst die Angabe des Buchwerts finanzieller Vermögenswerte mit geänderten beziehungsweise neu verhandelten Vertragsbedingungen (zur Vermeidung einer Wertminderung beziehungsweise Überfälligkeit).

Diese Angabepflicht korrespondiert dem Grunde nach ebenfalls mit den Anforderungen der MaRisk in Bezug auf Problemkredite (BTR 1 Tz. 7b). Bei der Deutschen Bank sind Angaben zu "notleidenden Kredite im Prozess der Restrukturierung" sowohl in Risikobericht und Anhang aber nicht ohne Weiteres ineinandergreifend zu finden. Bei Commerzbank und Landesbank Baden-Württemberg ist eine diesbezügliche Angabe an erwarteter Stelle nicht ersichtlich. Bei der Dresdner Bank ist das Volumen der Restrukturierungskredite genannt, DZ Bank gibt hierzu an, dass "nachverhandeltes Volumen" von untergeordneter Bedeutung sei.

Vor diesem Hintergrund ist anzumerken, dass auch für die Angabepflichten des IFRS 7 der allgemeine Grundsatz der Wesentlichkeit gilt, wie er in IAS 1 niedergelegt ist. Das heißt, ob und in welchem Umfang Angaben unter Berücksichtigung der Wesentlichkeit gemacht werden, steht zunächst im Ermessen des bilanzierenden Instituts. Allerdings dürfte gerade in Bezug auf nicht unproblematische Kreditrisiken ein erheblich gesteigertes Informationsinteresse der Abschlussadressaten bestehen, sodass der Wesentlichkeitsgedanke äußerst restriktiv auszuüben wäre. Es wäre beispielsweise eine Teilmenge von 0,1 Prozent bei einem Kreditexposure von 500 Milliarden Euro grundsätzlich sicherlich nicht wesentlich. Handelt es sich dabei aber gerade um problematische beziehungsweise ausfallbedrohte Bestände sieht es natürlich anders aus, da ein Verlust von 500 Millionen Euro sicherlich nicht unwesentlich wäre.

Bestimmte Angaben sind für jede Klasse von Finanzinstrumenten hinsichtlich der überfälligen sowie der wertgeminderten finanziellen Vermögenswerten zu machen. Für die überfälligen ist eine Analyse der Altersstruktur vorzunehmen, ohne dass zwingende Zeitbänder vorgegeben sind. Für die einzeln wertgeminderten Vermögensgegenstände ist eine Analyse vorzunehmen (ohne dass diesbezüglich nähere zwingende Vorgaben bestehen), und es sind die für die Bildung von Wertberichtigungen bestehenden Kriterien zu nennen. Sowohl hinsichtlich der überfälligen als auch der wertgeminderten Vermögenswerte ist eine Beschreibung der hierfür bestehenden Sicherheiten als auch die Angabe der entsprechenden Fair Values der Sicherheiten anzugeben, sofern durchführbar.

Unterschiedliche Definition der Zeitbänder

Für die Angaben zur Altersstruktur wurden von den einzelnen Banken überwiegend Angaben in Bezug auf Forderungen beziehungsweise das klassische Kreditgeschäft gemacht. Inwieweit auch bei Finanzinstrumenten anderer Klassen wie Wertpapieren oder Derivaten Überfälligkeiten bestehen, wird nicht ausdrücklich angegeben. Die einzelnen Zeitbänder sind bei den angebenden Banken zum Teil unterschiedlich definiert, es findet sich jedoch durchgängig die 30 Tage/Ein-Monats- und 90 Tage/ Drei-Monatsgrenze:

Deutsche Bank: Es werden Überfälligkeiten > = 90 Tage angegeben, zusätzlich im Anhang die überfälligen < 30 Tage, < 60 Tage, < 90 Tage und > = 90 Tage (Angabe in Bezug auf zu Anschaffungskosten bewertete Kredite).

Dresdner Bank: Es erfolgt eine Aufgliederung überfälliger Kredite nach 29, 59, 89 und > = 90 Tage (Angabe in Bezug auf Forderungen).

Landesbank Baden-Württemberg: Aufgliederung nach Überfälligkeiten von < ein Monat, bis drei Monate, bis sechs Monate, bis neun Monate, bis zwölf Monate und > zwölf Monate (Angabe in Bezug auf Forderungen).

DZ Bank: Aufgliederung nach Überfälligkeiten von bis fünf Tage, bis ein Monat, bis zwei Monate, bis drei Monate, > drei Monate (Angaben in Bezug auf das "klassische Kreditgeschäft").

Commerzbank: Hier ist zumindest im Rahmen der Risikoberichterstattung keine Angabe zur Altersstruktur überfälliger, aber noch nicht wertgeminderter Positionen ersichtlich. Es ist lediglich eine Angabe des 90 dpd (Days Past Due) Volumens im Default-Bestand zu finden.

Die Analyse der wertgeminderten Positionen erfolgt auf recht unterschiedliche Weise. Die Deutsche Bank und die Landesbank Baden-Württemberg beschränken sich auf eine Aufgliederung der Buchwerte der wertgeminderten Forderungen während die anderen Banken eine Darstellung auch des Risikovorsorge- beziehungsweise Sicherheitenabdeckungsgrades mit darstellen.

Auch in Bezug auf die Beschreibung der Sicherheiten ist die Umsetzung recht heterogen. Während die Deutsche Bank etwa eine Gliederung nach finanziellen und physischen Sicherheiten präsentiert, wartet die Dresdner Bank mit der Angabe des relativen Anteils einzelner Sicherheitenarten auf. Die Fair Values der Sicherheiten werden von Deutsche Bank, Commerzbank und DZ Bank angegeben, Dresdner Bank und Landesbank Baden-Württemberg geben keine Fair Values zu den Sicherheiten an.

Hinsichtlich der überfälligen beziehungsweise wertgeminderten Positionen wäre es aus Sicht der Abschlussadressaten sicher wünschenswert, im Sinne einer verbesserten Transparenz noch etwas ausführlichere Erläuterungen zu sehen.

IFRS 7 sieht Angaben zu Vermögenswerten vor, die durch risikomindernde Vereinbarungen erhalten wurden (Art, Buchwerte, beabsichtigte Verwendung). Bei der Deutschen Bank sind entsprechende Angaben im Anhang zu finden. Commerzbank und Landesbank Baden-Württemberg machen ebenfalls entsprechende Angaben zu Rettungserwerben. Bei der Dresdner Bank findet sich lediglich eine generelle Beschreibung zum Thema "Optimierung Sicherheitenerlöse". Die DZ Bank macht die Angabe, dass übernommene Sicherheiten eine zu vernachlässigende Rolle spielen. Hinsichtlich des auch hier geltenden Wesentlichkeitsgedanken wird auf die gemachten Ausführungen verwiesen.

In Anlehnung an die bilanzielle Gliederung

Beachtenswert ist zunächst, dass die zu definierenden "Klassen" weitestgehend in Anlehnung an die bilanzielle Gliederung erfolgen. Interessant wäre sicherlich zu überlegen, ob mittelfristig andere Abgrenzungen (zum Beispiel basierend auf Geschäftssegmenten oder bankaufsichtsrechtlichen Vermögensklassen) nicht eine effektivere (noch transparentere Darstellung der Risiken) und effizientere (Nutzung von intern ohnehin bereits vorhandenen Reportings) Berichterstattung ermöglichen.

In einzelnen Bereichen sind die Angaben der Banken noch recht allgemein gehalten, beispielsweise bei der "Beschreibung der Sicherheiten, die "je Klasse" gefordert ist. Daneben werden Angaben in Bezug auf die Kreditqualität, zumindest was die Ratingstruktur betrifft, häufig nur für Teilbestände und nicht "je Klasse" gemacht. Vermutlich sind für viele Angaben die relevanten Daten in der benötigten Form und an erforderlicher Stelle (noch) nicht verfügbar.

Ein Grund liegt auch hier möglicherweise darin, dass die einzelnen "Klassen" bisher überwiegend in Anlehnung an die Bilanzposten definiert und abgegrenzt wurden, die interne Steuerung und Überwachung aber nach ganz anderen Abgrenzungen erfolgt und entsprechende Daten daher vermutlich auch nur in diesen Abgrenzungen verfügbar/vorhanden sind.

Durch die Basel II-Anforderungen sind jedoch in den letzten Jahren systematisch vielfältige Datenbestände zur Risikosteuerung generiert worden, die mit vertretbarem Aufwand sicherlich zunehmend auch für die IFRS 7-Berichterstattung herangezogen werden können. Durchgeführte Analysen haben gezeigt, dass die regulatorischen und IFRS-Anforderungen für viele Teilaspekte weitgehende Kompatibilität aufweisen.

Noch kein Standard für wertgeminderte Bestände

Art und Umfang der Analyse wertgeminderter Bestände weist eine sehr große Heterogenität auf, ein Branchenstandard hat sich hier bisher noch nicht herausgebildet. Die Angabe von Sicherheitenwerten für diese Bestände wird teilweise offenbar als nicht durchführbar angesehen. Dies sollte aber für große Banken durchaus im Bereich des Möglichen liegen, wenn auch bestimmt nicht mit allen Sicherheitenwerten punktgenau zum Bilanzstichtag geglänzt werden kann. Recht knapp fallen generell auch die Erläuterungen in Bezug auf Restrukturierungskredite und im Zusammenhang mit dem Kreditgeschäft übernommene Sicherheiten aus.

Gerade vor dem Hintergrund der aktuellen Vertrauenskrise könnte mehr Transparenz eigentlich nur ein Gewinn und ein positives Signal an die verschiedenen Stakeholder sein. Investoren und andere Adressaten der Finanzberichterstattung haben ein dickes Fell bekommen, was schlechte Finanzmarktnachrichten betrifft. Möglicherweise wird schonungslose Offenheit aktuell eher und mehr denn je honoriert.

Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass die Risikoberichterstattung der Unternehmen von der Deutschen Prüfstelle für Rechnungslegung (DPR) als einer der Prüfungsschwerpunkte für 2009 erklärt wurde.

Literatur:

Kuhn/Scharpf, Rechnungslegung von Financial Instruments nach IFRS, Stuttgart 2006

Grünberger, IFRS 7: Kreditrisikoangaben im Bankabschluss, IRZ-Zeitschrift für internationale Rechnungslegung, 2007, Seiten 331 ff.

Kochems/Müller, Risikoberichterstattung nach IFRS 7 und IAS 1 in Banken, Risikomanager, Ausgabe 24/2007, Seiten 10 ff.

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