Gespräch des Tages

Bankenaufsicht - Wer Recht hat, hat Recht

Als Jochen Sanio, der Präsident der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, anlässlich des Fallissements der IKB vor gut zwei Monaten die Möglichkeit einer Bankenkrise historischen Ausmaßes ausdrückte, haben ihn manche darob sehr beschimpft. Es handele sich hier doch keinesfalls um eine weltumspannende Systemkrise, sondern nur um eine selbstverschuldete Institutskrise. Begrenzt, beherrschbar. Es sei deshalb auch völlig übertrieben gewesen, gleich die gesamte deutsche Kreditwirtschaft zur Hilfe aufzurufen. Denn die paar fehlenden Liquiditätsmilliarden des unglücklichen Düsseldorfer Hauses hätte doch die Konzernmutter KfW ohne Weiteres aus eigenen Mitteln einschießen können, noch dazu mit der ganzen Bundesrepublik Deutschland als Haupteigentümer.

Und, so wird kritisch fortgefahren, ohne das Geschrei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht in der Öffentlichkeit hätten beispielsweise Herr Ackermann und Frau Matthäus-Meier nur eben mal miteinander telefonieren müssen, zwecks unverzüglicher Bereinigung. Schließlich und vor allem jedoch habe erst Jochen Sanios unangemessene Lautstärke die Medien aufgeschreckt, habe die schlimmen Schlagzeilen zum "Vertrauensverlust" provoziert.

Die Kritik am Amt und seiner Hauptperson ist falsch. Ohne das BaFin-Aufsehen wäre die interne wie externe Aufmerksamkeit höchstwahrscheinlich sehr viel geringer ausgefallen und die nationale Überraschung über das Ausmaß der Auswirkungen einer internationalen Systemkrise auf die Bundesrepublik sehr viel größer geworden. Denn in welchem Umfang sich Kreditinstitute in aller Welt vom Kreditgeschäft und vom Bankgeschäft weg und hin zur Spekulation mit höchst volatilen "Werten" bewegt haben, das ist hierzulande erst durch Jochen Sanio in die ernsthafte Recherche gelangt.

Die Bankenkrise der Jahre um 1930 hatte gewiss andere Ursachen als die Turbulenzen heute. Aber: Damals wie heute bezog sich der Vertrauensverlust nicht allein auf Einzelfälle. Sondern "man" bezweifelte die Funktionsfähigkeit - also die Vertrauenswürdigkeit - der Institution Bank an sich. Das "ganze System" ist damals wie heute in Misskredit geraten. Und wenn nun in Deutschland bei der IKB Deutsche Industriebank wie auch bei der Sachsen-LB nicht beide Male der Staat als zu allerletzt zahlungsfähige Instanz im öffentlichen Bewusstsein gestanden hätte, wenn in Großbritannien bei Northern Rock nicht der Staat die Einlagen garantiert und in New York nicht die Notenbank des Staates als Lender of Last Resort ausgeholfen hätten - wie lang wären die Menschenschlangen an allen Schaltern dann wohl geworden? Deshalb verdient Jochen Sanio umso mehr Anerkennung, je länger die Märkte wackeln: Sein "Nehmt's-bitteernst" war gut.

Die Bankenaufsicht und besonders die BaFin sollen umgebaut werden. Wer die jetzige Führung nicht leiden mag, und das sind einige im Lande, verspricht sich vor allem von einem Vorstandsmodell für die Aufsicht eine größere Meinungsbreite. Richtig daran ist, dass die Ersten Direktoren der Säulen in der heutigen Struktur zumindest nach außen etwas zu ohnmächtig sind. Aber gerade bei vollem Ernst wird eine künftige BaFin so wenig vielstimmig "öffentlich auftreten" können, wie die Bundesbank. Auch dort spricht dann - der Präsident. K. O.

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