Marktstatistik

Derivatemarkt 2006

Nach den Erhebungen des Derivate Forums ist der Markt für derivative Wertpapiere in Deutschland - gemessen an dem investierten Volumen von Privatanlegern von Januar bis Dezember 2006 um gut 30 Prozent gewachsen. Das ausstehende Volumen bei den neun an der Statistik der XTP GmbH beziehungsweise der Zertifizierungsgesellschaft der EBS European Business School teilnehmenden Emittenten lag zum 29. Dezember 2006 bei 65,8 Milliarden Euro. Den Gesamtmarkt schätzt das Derivate Forum zum Jahresende damit auf 110 Milliarden Euro.

Im Jahr 2006 hat sich aus Sicht des Derivate Forums gezeigt, dass mit dem Anstieg des Dax auch die Privatanleger in ihrer Kapitalanlage wieder mutiger geworden sind: Sie verzichten zunehmend auf die vollständige Kapitalsicherung in Form von Garantiezertifikaten zugunsten eines höheren Renditepotenzials in Bonus- und Ex-press-Zertifikaten. Für das laufende Jahr 2007 wird eine weitere Steigerung des Anlagevolumens auf über 130 Milliarden Euro prognostiziert. In den kommenden drei Jahren will die Branche das in Zertifikaten investierte Vermögen auf gut 200 Milliarden Euro verdoppeln.

Seit zwei Jahren veröffentlicht das Derivate Forum seine Derivate-Statistik in Kooperation mit der Zertifizierungsgesellschaft der European Business School. Sie basiert auf den Erhebungen bei neun Derivate-Emittenten (Bayern-LB, Deutsche Bank, Dresdner Bank, DZ Bank, Goldman Sachs, Hypovereinsbank, Sal. Oppenheim, SEB und WestLB). Deutsche Privatanleger, so sieht das Derivateforum durch diese Veröffentlichungen belegt, investieren vornehmlich in Anlagezertifikate - und nur zu einem sehr geringen Teil in spekulative Hebelprodukte.

Im Jahresverlauf 2006, so die Bewertung der neuen Zahlen, hat die Risikobereitschaft der Anleger wieder zugenommen, gleichzeitig ist aber das Interesse an einer Teilabsicherung der Produkte weiter vorhanden. Zugunsten einer höheren Renditechance in Bonus- und Express-Zertifikaten verzichteten Anleger zunehmend auf einen vollständigen Kapitalschutz in Garantieprodukten. Bonus- und Teilschutz-Produkte sind erstmalig sowohl nominal als auch prozentual (plus 83,1 Prozent) stärker gewachsen als Garantiezertifikate (siehe Abbildung 1). Nach den Bonus- und Teilschutzzertifikaten am meisten gewachsen sind 2006 Express-Zertifikate mit plus 81,2 Prozent, mit deutlichem Abstand gefolgt von Garantie- (18,5 Prozent) und Dis-count-Zertifikaten (16,8 Prozent).

Abgesehen von den Garantiezertifikaten stehen die drei übrigen Produktgruppen aus Sicht des Derivate Forums für eine Marktmeinung, in der sich der Basiswert seitwärts bis positiv entwickelt. Sie bieten ferner gegenüber Garantiezertifikaten dem Anleger eine geringere Absicherung gegenüber Kapitalverlusten, bei einem besseren Renditepotenzial. Gleichzeitig wird der starke Rückgang (minus 28,5 Prozent) der Outperformance- und Sprint-Zertifikate als Beleg dafür gewertet, dass Anlegern eine Teilabsicherung wichtiger ist als die stärkere Partizipation an steigenden Kursen.

Der Wunsch nach mehr Risiko und Rendite spiegelt sich auch bei den Basiswerten wider: So ist der Anteil der Aktien weiter gestiegen. Zudem haben in 2006 mehr Anleger Rohstoffe für sich entdeckt (Abbildung 2). Bei Anlageprodukten machten Rohstoffe zum Jahresende zwar erst 1,8 Prozent aus (2005 waren es 1,3 Prozent), aber der Anteil bei den Hebelprodukten beträgt bereits 16,3 Prozent (gegenüber 14,9 Prozent im Vorjahr).

Wie auch 2006 waren Anleger auch von den Hedgefonds-Zertifikaten wenig überzeugt: Auf Jahressicht haben sie, ausgehend von einem schon geringen Anteil, noch weitere 12,3 Prozent an Volumen verloren. Auch im zweiten Jahr der Deriva-te-Statistik sind Aktien der Hauptbasiswert bei den Anlegern. Die Marktvolumenserhebung zeigt, dass der schon hohe Anteil der Zertifikate in 2006 noch weiter gestiegen ist. Produkte mit Aktienbasiswerten haben sich im Jahresverlauf mit 33,2 Prozent überproportional erhöht.

Bei Betrachtung der Zahlen für den Monat Dezember wird aus Sicht des Derivate Forums der qualitative Unterschied der Marktvolumens- und Börsenumsatzstatistiken deutlich: So ist der Börsenumsatz insgesamt und auch bei den Discount- Zertifikaten deutlich angestiegen. Gleichzeitig beobachtet man jedoch einen Rückgang der Anlagevolumina; der traditionell durch das Auslaufen vieler Produkte im Dezember begründet ist. Das Umsatzwachstum ist laut Derivate Forum so groß, weil die Emittenten viele Ersatzprodukte auf den Markt brachten. Der moderate Rückgang beim Anlagevolumen (minus 0,5 Prozent insgesamt und minus 14,9 Prozent bei den Discountzertifikaten) lasse jedoch darauf schließen, dass das durch ausgelaufene Produkte zurückerhaltene Kapital von den Anlegern noch nicht vollständig reinvestiert wurde. Damit wird aus Sicht des Derivate Forums die mangelnde Eignung von Umsatzstatistiken für qualifizierte Aussagen zum Markt insgesamt sowie einzelner Produktarten deutlich.

Wie im Gesamtjahr fällt auch bei der isolierten Betrachtung des Monats Dezember das gute Wachstum der Bonus- und Teil-schutz-Zertifikate (plus 405,5 Millionen Euro beziehungsweise 3,1 Prozent) auf. Als weitere Gewinner im Dezember werden Indexzertifikate mit 199,3 Millionen Euro beziehungsweise 5,3 Prozent und sonstige Zertifikate mit 50,4 Millionen Euro beziehungsweise 12,6 Prozent ausgemacht.

Der positive Preiseffekt bei derivativen Wertpapieren in Höhe von 0,8 Prozent beziehungsweise 0,7 Prozent bei Anlage- und 7,3 Prozent bei Hebelprodukten mindert aus Sicht des Derivateforums insgesamt den Rückgang des Volumens.

Auf Basis von Börsenumsätzen bewertet das Deutsche Derivate Institut den Markt für derivative Wertpapiere und spricht von 2007 als einem Prädikatsjahr für die Branche: Mit einem Volumen von 127,6 Milliarden Euro wurde laut DDI-Statistik an den deutschen Börsen der bisher höchste Jahresumsatz erzielt. Das entspreche einem Handelsvolumen von 10,6 Milliarden Euro pro Monat, das damit mehr als 50 Prozent über dem durchschnittlichen monatlichen Handelsvolumen vom zweiten Halbjahr 2005 liegt.

Der bislang umsatzstärkste Monat nach DDI-Angaben war mit 13,9 Milliarden Euro der Mai 2006. Parallel mit der Korrektur am deutschen Aktienmarkt und den Sommermonaten, so weist es die Statistik des Derivate-Instituts aus, flachte das Geschäft dann ab. Erst im November 2006, als der Dax neue Jahreshöchststände erreichte, stieg die Aktivität der Anleger wieder deutlich an.

Die Börse Stuttgart, selbst Mitglied des DDI, sieht sich unter den börslichen Handelsplätzen als marktstärksten Akteur an: Die Schwaben beanspruchen einen Marktanteil von 72 Prozent, die Börse Frankfurt erreichte demnach die verbleibenden 28 Prozent. Die genaue Analyse zeigt, so heißt es weiter, dass sich der Handel mit den spekulativen Hebelinstrumenten vorwiegend auf die Baden Württembergische Börse fokussierte, während in Frankfurt Anlage-Zertifikate die Hauptrolle spielten; 80 Prozent des Handelsvolumens in Frankfurt gingen auf das Konto der defensiven Papiere. Es bleibt abzuwarten, so kommentiert das DDI, ob die neue, gemeinsame Börse für derivative Wertpapiere der Börse Frankfurt und der Schweizer SWX im Jahr 2007 die Marktanteile zu ihren Gunsten verschieben kann.

Im Jahr 2006 misst man den defensiven Zertifikaten eine bestimmende Rolle zu. 58 Prozent aller Umsätze seien dabei den Anlage-Papieren zuzuschreiben gewesen, knapp 42 Prozent den Hebel-Produkten. Damit weitet sich die Schere zwischen beiden Produktformen aus Sicht des Deri-vate-Instituts immer weiter aus. Es sei anzunehmen, dass mit einer Zunahme des Interesses in der Bevölkerung der Anteil der defensiven Anlage-Zertifikate weiter stark ansteigen wird. In absoluten Zahlen entfiel laut DDI-Statistik auf die Anlage-Zertifikate ein Umsatz von 69,17 Milliarden Euro. Dabei hatten Bonus-Zertifikate einen Anteil von 30,5 Prozent. Index- und Partizipationspapiere folgten mit 29 Prozent. Discount-Zertifikate erreichten ebenfalls 29 Prozent. Entsprechend der Zahlen der Börse Stuttgart besetzt die Deutsche Bank bei den Anlage-Zertifikaten mit den Umsätzen den ersten Platz mit einem Anteil von 21 Prozent, es folgen die Commerzbank mit zwölf Prozent und ABN Amro mit elf Prozent.

Unterteilt nach Produktklassen, so hebt man beim DDI weiter hervor, besitzt die niederländische Investmentbank bei den Delta-1-Produkten einen Marktanteil von fast 33 Prozent, die Deutsche Bank folgt mit einem Anteil von 23 Prozent. Bei den Bonus-Zertifikaten entfallen jeweils 16 Prozent der Umsätze auf die Société Générale und die Deutsche Bank, bei den Discount-Zertifikaten beansprucht die Deutsche Bank 25 Prozent der Umsätze für sich, die Commerzbank 20 Prozent. Im Börsenhandel von Garantieprodukten hatte die Hypovereinsbank mit 18 Prozent den größten Marktanteil, die WestLB folgte mit einem Anteil von 18 Prozent. Das Bild sei allerdings dadurch verfälscht, dass die Masse der Garantieprodukte im Filialbetrieb direkt an den Kunden abgegeben wird.

Die deutschen Börsen verzeichneten laut DDI-Statistik im vergangenen Jahr bei den Knockout-Produkten einen Umsatz von 35,7 Milliarden Euro. Der Anteil von 71 Prozent Index-Papieren zeige dabei, dass es sich bei den KO-Produkten um den "Future des Privatanlegers" handelt. Knockouts auf Aktien erreichten lediglich einen Umsatzanteil von 15 Prozent. Bei den Optionsscheinen verschiebt sich das Bild: Auf die Aktien entfielen 50 Prozent des Umsatzes, 35 Prozent gingen auf das Konto der Indizes.

Der Markt wurde laut DDI im Jahr 2006 bei den KO-Produkten von der Commerzbank mit einem Anteil von 41 Prozent dominiert, gefolgt von ABN Amro mit 24 Prozent. Bei den Optionsscheinen vereinte die Deutsche Bank ein Viertel der Umsätze auf sich, die "Gelben" kamen auf 20 Prozent. Am Ende des Jahres 2006 waren an den deutschen Börsen insgesamt 137 515 derivative Produkte gelistet. Das entspricht auf Basis der DDI-Zahlen einem Plus von 96 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Bei den Anlage-Zertifikaten und Aktienanleihen beobachtete man die höchste Wachstumsrate: Die Produktzahl wuchs um 120 Prozent auf 66 593 Papiere. Ein Ende der Produktflut sei in Anbetracht der neu auf den Markt drängenden Emissionshäuser nicht abzusehen.

Der Gesamtmarkt wurde 2006 im Wesentlichen durch drei Emittenten beherrscht. Die Commerzbank, Deutsche Bank und ABN Amro vereinten zusammen einen Marktanteil von 53,9 Prozent. Damit hat es in der Rangliste der Emissionshäuser eine Veränderung an der Spitze gegeben: Nach der Deutschen Bank führt die Commerzbank das Zahlenwerk der Börse Stuttgart mit einem Marktanteil von 21,6 Prozent an.

Nach dem "führenden Trio" folgt ein breites Mittelfeld. Es wird von der Citibank mit einem Marktanteil von 6,2 Prozent angeführt und endet bei der DZ Bank mit 1,5 Prozent. DWS GO, die Emittententochter der Fondsgesellschaft der Deutschen Bank erreichte mit ihren ersten beiden Zertifikaten im Dezember einen Umsatz von knapp 30 Millionen Euro, was laut DDI-Zahlen einem Marktanteil von 0,02 Prozent entspricht. Gleichzeitig erwartet das Deutsche Derivate Institut, dass DWS GO durch die laufende Produktoffensive und aggressives Marketing in der Emittentenrangliste weiter nach oben rutschen wird: Allein für die ersten beiden Januarwochen 2007 schätzt man die Zuflüsse auf zirka 70 Millionen Euro.

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