Gespräch des Tages

DZ Bank - Tiefe Spuren

Die europäische Staatsschuldenkrise hat tiefe Spuren in der Ertragsrechnung der DZ Bank hinterlassen. Nach Wertberichtigungen auf griechische Staatsanleihen von 451 Millionen Euro und Vorsorgen für die Papiere der übrigen PIIGS-Staaten von 1,1 Milliarden Euro verbleibt ein Vorsteuerergebnis von mageren 324 Millionen Euro. Das sind über 80 Prozent weniger als im Jahr zuvor. Eine Steuerrückzahlung in Höhe von 285 Millionen Euro lässt den Rückgang im Konzernergebnis mit rund 46 Prozent auf 609 Millionen Euro etwas weniger dramatisch aussehen. Allerdings wird das Gesamtbild durch die (zulässige) Aktivierung von latenten Steuern aus dem Gewinnabführungsvertrag mit der R+V weiter getrübt. 460 Millionen Euro GuV-Effekt bringt diese Buchung auf die Zukunft und lässt das Jahr 2011 besser aussehen, als es tatsächlich war. Das bekommen auch die Aktionäre zu spüren, mehrheitlich die mehr als 900 Volksbanken und Raiffeisenbanken aus dem Geschäftsgebiet der DZ Bank: Die Dividende wird nach Vorschlag des Vorstandes und Zustimmung der Hauptversammlung von zwölf Cent im Vorjahr auf magere fünf Cent 2011 zusammenschrumpfen. Nein, damit kann man nicht zufrieden sein.

Das ist die vom Vorstandsvorsitzenden Wolfgang Kirsch angesprochene eine Welt. Die andere macht ein bisschen mehr Mut. Das operative Ergebnis, bereinigt um die Belastungen aus Europa, liegt im Konzern mit 1,89 Milliarden Euro über dem Vorjahresniveau - allerdings dem unbereinigten, denn auch im Vorjahr sind ja bereits Wertberichtigungen für Griechenland & Co. angefallen. Einem deutlich höheren Zinsüberschuss (3,14 nach 2,73 Milliarden Euro) steht eine gestiegene Kreditrisikovorsorge (395 nach 258 Millionen Euro) und ein geringerer Provisionsüberschuss (963 nach 1113 Millionen Euro) gegenüber. Im drastisch verschlechterten Handelsergebnis von 398 nach 1015 Millionen Euro schlagen die Bonitätsverluste für Bankanleihen aus dem Portfolio der DZ Bank AG durch, was aber zumindest ein klein wenig durch das verbesserte Ergebnis aus Finanzanlagen (333 nach 708 Millionen Euro) aufgefangen wird. Die Verwaltungsaufwendungen liegen mit rund 2,7 Milliarden Euro um gut fünf Prozent über dem Vorjahr. Es ist auf dieser Basis also keineswegs nur Hoffnung, wenn Kirsch davon ausgeht, dass die DZ Bank im laufenden Jahr "in Normalbetrieb an den Ergebnispfad 2010 anknüpfen" kann.

Doch reicht das aus? Um die Eigenkapitalanforderungen nach Basel III zu erfüllen, das der DZ-Bank-Chef für ein "kluges austariertes Werk" hält, welches "als Basis für die weltweite Regulierung dienen sollte", muss das genossenschaftliche Spitzeninstitut in den kommenden Jahren jährlich mindestens 500 Millionen Euro Eigenkapital aus thesaurierten Gewinnen aufbauen. Das wurde 2011 weit verfehlt. Und auch wenn Kirsch für das laufende Jahr ein Kapitalersuchen an die angeschlossenen Volksbanken und Raiffeisenbanken noch ausschließt, bleiben Zweifel an den Möglichkeiten der DZ Bank, dies aus eigener Kraft zu schaffen. Das gilt erst recht vor dem Hintergrund der nach wie vor ungeklärten Frage, wie künftig mit Tochterunternehmen zu verfahren ist: Derzeit kann die DZ als Mutter das Kapital der Töchter voll dem Konzernkapital zurechnen, auch bei nicht hundertprozentigen Beteiligungen. Nach Basel III soll diese Möglichkeit nicht mehr gegeben sein, sodass beispielsweise für die R+V nur noch knapp 75 Prozent dem Konzern zuzurechnen sind, entsprechend den Kapitalanteilen. Darüber hinaus wurden bei der DZ auch bereits alle ehedem stillen Reserven nach § [340]f HGB in Kernkapital umgewandelt. Und drittens schließlich bleibt noch offen, was mit den hybriden Kapitalbestandteilen geschieht, die nur noch Zinsen kosten, nach den neuen Regeln aber nicht mehr zum harten Kapital zählen. Im kleineren Kreis fühlt Kirsch demzufolge wohl auch schon mal vor, wie es denn 2013 um die Bereitschaft der Ortsbanken bestellt sei, der Zentralbank eventuell noch einmal unter die Arme zu greifen. Spätestens dann wird sich zeigen, wie tief die Spuren dieses 2011er Abschlusses wirklich sind. Eine mehr als halbierte Dividende ist wahrlich kein gutes Argument - bei aller sicherlich vorhandenen Solidarität und Solidität der Gruppe. Doch vielleicht geht ja noch alles gut.

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