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Ist der Forderungseinzug durch den Originator einer True-Sale-ABS- Transaktion ein Finanztransfergeschäft?

In Zeiten immer komplexerer Finanzmarktstrukturen und einer diese Komplexität nachverfolgenden Finanzmarktregulierung stellen sich immer wieder Fragen im Zusammenhang mit überschießenden Regelungsinhalten und nicht intendierten Folgen einer Regelung. Eine solche Frage ist, ob der Forderungseinzug durch Originatoren einer True-Sale-ABS-Transaktion ein erlaubnispflichtiges Finanztransfergeschäft im Sinne des Zahlungsdienstegestzes darstellt.

Umsetzung durch zwei Gesetze

Mit der Zahlungsdiensterichtlinie1) hat der europäische Gesetzgeber sowohl aufsichtsrechtliche Vorgaben für die Erbringung von Zahlungsdienstleistungen2) als auch Vorgaben für Inhalt und Durchführung von Zahlungsdiensten aufgestellt. Entsprechend der doppelten Zielsetzung der Richtlinie wurde sie in der Bundesrepublik Deutschland durch zwei Gesetze umgesetzt. Den zivilrechtlichen Teil setzte das Gesetz zur Umsetzung der Verbraucherkreditrichtlinie, des zivilrechtlichen Teils der Zahlungsdiensterichtlinie sowie zur Neuordnung der Vorschriften über das Widerrufs- und Rückgaberecht3) um.

Der aufsichtsrechtliche Teil wurde nicht in das Kreditwesengesetz integriert, sondern in ein eigenes Gesetz (Gesetz über die Beaufsichtigung von Zahlungsdiensten (Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz, ZAG)4) gegossen. Gemäß §[1]Abs.2 Nr.6 i. V.m. §8 Abs. 1 dieses Gesetzes unterliegt die Erbringung von Finanztransfergeschäften einer Erlaubnispflicht, sofern sie gewerbsmäßig oder in einem Umfang, der einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert, erbracht wird.

Im Rahmen von Asset-Backed-Security-Transaktion (ABS-Transaktion) werden im Grundprinzip illiquide, nicht handelbare Forderungen von ihrem Originator an einen Erwerber (in der Regel eine Ein-Zweckgesellschaft) veräußert. Der Erwerber refinanziert sich durch die Begebung von Schuldverschreibungen am Kapitalmarkt, die durch die erworbenen Vermögensgegenstände abgesichert sind.

Die Übertragung der Vermögensgegenstände auf den Erwerber kann dabei entweder im Wege einer rechtlichen und wirtschaftlichen Übertragung (sogenanntes True Sale) der vom Originator generierten Forderungen (zum Beispiel Darlehensforderungen, Kreditkartenforderungen, Lgeeasingforderun n oder Forderungen aus Lieferungen und Leistungen) oder auf synthetischem Wege erfolgen.5)

Im Rahmen solcher Transaktionen wird regelmäßig vereinbart, dass der Originator weiterhin die von ihm veräußerten Forderungen von den Schuldnern (Debitoren) einzieht. Demgemäß vereinnahmt der Originator - in der Regel auch bis zum Eintritt nachteiliger Veränderungen in seiner Kreditwürdigkeit ohne Offenlegung der Abtretung - die veräußerten Forderungen und leitet die vereinnahmten Beträge in regelmäßigen Abständen an den Erwerber weiter.

Bei Transaktionen, bei denen revolvierend Forderungen angekauft werden, erfolgt diese Weiterleitung grundsätzlich im Wege der Verrechnung der eingezogenen und weiterzuleitenden Beträge mit dem vom Erwerber für neu angekaufte Forderungen zu zahlenden Kaufpreis. Nur ein überschießender Spitzenbetrag wird tatsächlich durch Zahlung ausgeglichen.

Erlaubnispflichtige Zahlungsdienstleistung?

Erbringt der Veräußerer mit der Durchführung des Servicing eine erlaubnispflichtige Zahlungsdienstleistung zugunsten des Forderungserwerbers als Zahlungsdiensteempfänger? Bei dieser Tätigkeit des Originators könnte es sich um ein erlaubnispflichtiges Finanztransfergeschäft (§1 Abs.2 Nr.6 ZAG) handeln. Das Finanztransfergeschäft fungiert als Auffangtatbestand für Dienstleistungen, die in der auftragsgemäßen Übermittlung von Geldern bestehen, und die unter keinem der anderen Tatbestände des § 1 Abs. 2 ZAG erfasst sind.6) Es umfasst sowohl die Fallgestaltung der Dienstleistung auf Seiten des Zahlers als auch seitens des Zahlungsempfängers.

So werden zunächst die Dienste erfasst, bei denen ein Bar- oder Buchgeldbetrag des Zahlers ausschließlich zur Übermittlung eines entsprechenden Betrages an den Zahlungsempfänger oder an einen für diesen handelnden Zahlungsdienstleister ohne Errichtung eines Zahlungskontos (§1 Abs.3 ZAG) entgegengenommen wird. Erfasst werden ferner auch die Dienstleistungen, bei denen ein Zahlungsdienstleister, handelnd im Namen des Zahlungsempfängers, Bar- oder Buchgeld entgegennimmt, um dieses dem Zahlungsempfänger verfügbar zu machen, wobei auch in diesem Fall kein Zahlungskonto errichtet wird.

Fehlender Dienstleistungscharakter

Betrachtet man nur den Wortlaut der Definition des Finanztransfergeschäfts, könnte der Originator ein solches für den Erwerber als Zahlungsempfänger erbringen. Der Originator zieht von den Debitoren der veräußerten Forderung die geschuldeten Beträge entweder ein oder erhält diese per Überweisung oder Bareinzahlung auf sein bei einer Bank (einem Zahlungsdienstleister) unterhaltenes Konto. Er leitet diese Beträge dann unter Nutzung dieses Zahlungsdienstleisters (seiner Bank) an den Erwerber weiter, indem er die Beträge in der Regel auf ein Konto des Erwerbers bei einer anderen Bank (ebenfalls ein Zahlungsdienstleister) überweist. Bei revolvierenden Forderungsankäufen kommt es regelmäßig zu einer Verrechnung und damit einer Weiterleitung.7)

Eine solche reine Ausrichtung am Wortlaut würde aber zu kurz springen. Sie würde zum einen nicht berücksichtigen, dass vor einer Offenlegung der Abtretung - der Debitor mit der Zahlung an den Originator zivilrechtlich seine Verpflichtung erfüllt (§ 407 BGB). Insofern ist aufgrund der ursprünglichen Forderungsinhaberschaft des Originators die Einziehung durch ihn nicht nur eine Dienstleistung für einen Dritten. Dies erkennt zum Beispiel das Rechtsdienstleistungsgesetz an, indem es fingiert, dass abgetretene Forderungen für den bisherigen Gläubiger nicht fremd sind und mithin deren Einzug keine fremde Rechtsangelegenheit ist (§ 2 Abs. 2 Satz 2 RDG).

Parallelüberlegung aus der Verwaltungspraxis

Diese Umstände sind auch für die Auslegung des ZAG von Bedeutung. Nach der Begründung der Zahlungsdiensterichtlinie8) soll ihre Anwendung auf Zahlungsdienstleister beschränkt werden, deren Haupttätigkeit darin besteht, für Zahlungsdienstnutzer Zahlungsdienste zu erbringen. Auf dieser Basis wird man argumentieren können, dass dem Einzug der abgetretenen Forderungen bereits der für das Finanztransfergeschäft erforderliche Dienstleistungscharakter fehlt.

Für die Auffassung, dass der Einzug von Forderungen durch den Originator einer ABS-Transaktion kein Finanztransfergeschäft ist, lässt sich auch in der Verwaltungspraxis der BaFin eine Parallelüberlegung stützende Fallkonstellation finden. Die BaFin ist (zu Recht) der Ansicht, dass Steuerberater, wenn sie im Rahmen von Lohnabrechnungen auch den Zahlungsverkehr für ihre Mandanten abwickeln, kein erlaubnispflichtiges Finanztransfergeschäft nach dem Zahlungsdienste Aufsichtsgesetz erbringen.9)

Die BaFin vertritt insoweit die Auffassung, dass solche Tätigkeiten ausschließlich eine Nebenleistung zu der im Vordergrund stehenden steuerrechtlichen Betreuung seien.10) Die Situation eines Originators ist der eines Steuerberaters nicht vergleichbar, weil der Originator keine (Haupt-)Dienstleistung an den Forderungserwerber erbringt, zu dem der Forderungseinzug eine Nebendienstleistung darstellt.

Keine erlaubnispflichtige Zahlungsverkehrsdienstleistung

Dennoch ist diese Fallkonstellation von Interesse. Denn wenn schon eine Nebendienstleistung nicht ausreicht, um in den Anwendungsbereich des ZAG zu fallen, ist dies erst recht der Fall, wenn eine Tätigkeit primär keinen Dienstleistungscharakter für einen Dritten besitzt. Der Originator zieht die Forderung nämlich im eigenen Interesse zur Erlangung der ABS-Finanzierung und regelmäßig zur Vermeidung der Offenlegung der Abtretung der veräußerten Forderungen zu Finanzierungszwecken selber ein, sodass seiner Tätigkeit auch unter diesen Gesichtspunkten der Dienstleistungscharakter für einen Dritten fehlt.

Darüber hinaus erkennt die BaFin basierend auf der Gesetzesbegründung zum ZAG an, dass bestimmte Inkassotätigkeiten nicht unter das Finanztransfergeschäft fallen.11)Im Einklang mit der Gesetzesbegründung12) sollen Inkassotätigkeiten, mit denen Forderungen im Rahmen einer ausgelagerten Debitorenbuchhaltung oder im Sinne einer Inkassobeitreibung eingezogen werden sollen, die aus bestimmten Grundgeschäften herrühren und in der Regel vom Schuldner nicht sofort zu erfüllen waren, nicht unter das Finanztransfergeschäft fallen. Diese Ausnahme deckt auch den Einzug von Forderungen durch einen Originator für einen Erwerber im Rahmen einer ABS-Transaktion, da der Erwerber keine eigene Debitorenbuchhaltung unterhält, sondern sich in aller Regel vollständig auf die Debitorenbuchhaltung des Originators verlässt.

Im Ergebnis ist mithin der Forderungseinzug durch den Originator einer True-Sale-ABS-Transaktion kein Finanztransfergeschäft und infolgedessen keine erlaubnispflichtige Zahlungsdienstleistung.

Der Aufsatz spiegelt ausschließlich die persönliche Auffassung des Verfassers wider.

Fußnoten

1) Richtlinie 2007/64/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. November 2007 über Zahlungsdienste im Binnenmarkt, zur Änderung der Richtlinien 97/7/EG 2002/65/EG, 2005/60/EG und 2006/48/EG sowie zur Aufhebung der Richtlinie 97/5/EG, Amtsblatt L 319 vom 5. Dezember 2007, (Zahlungsdiensterichtlinie), S. 1ff.

2) Durch die Schaffung erlaubnispflichtiger Zahlungsdienste und infolgedessen von Zahlungsinstituten als zu beaufsichtigenden Instituten wurde die Grundlage für die Herstellung eines Zahlungsdienstebinnenmarktes mit Zugangsmöglichkeiten auf der Grundlage eines "Europäischen Passes" geschaffen.

3) BGBl. I, S. 2355. Die Umsetzung erfolgte insbesondere in den §§ 675a-z BGB sowie §§ 676-676c BGB und in Art. 248 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch. Zum Zahlungsverkehrsrecht s. Köndgen, Das neue Recht des Zahlungsverkehrs, JuS 2011, 481.

4) BGBl. I 2009, S. 1506 ff. Zum ZAG siehe Schäfer/Lang, Die aufsichtsrechtliche Umsetzung der Zahlungsdiensterichtlinie und die Einführung des Zahlungsinstituts, BKR 2009, 11.

5) Nachfolgend wird nur auf True-Sale-Transaktionen abgestellt. Für synthetische Transaktionen gelten die Überlegungen aber entsprechend.

6) BaFin Merkblatt, Hinweise zu dem Gesetz über die Beaufsichtigung von Zahlungsdiensten (Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz ZAG), vom 22. Dezember 2011, S. 10.

7) Vgl. BaFin Merkblatt, Hinweise zu dem Gesetz über die Beaufsichtigung von Zahlungsdiensten (Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz ZAG), vom 22. Dezember 2011, S. 10.

8) Vgl. Ziffer 6 der Erwägungsgründe der Zahlungsdiensterichtlinie (Fn. 2).

9) Vgl. Ruppert, Keine Anwendbarkeit des Zahlungsdiensteaufsichtsgesetzes auf Steuerberater, DStR 2010, 2053. Anders Linner/Frey, Auswirkungen des Zahlungsdiensteaufsichtsgesetzes auf die Tätigkeit von Steuerberatern, DStR 2010, 1153.

10) Ruppert, Keine Anwendbarkeit des Zahlungsdiensteaufsichtgesetzes auf Steuerberater, DStR 2010, 2053.

11)BaFin, Merkblatt - Hinweise zu dem Geschäft über die Beaufsichtigung von Zahlungsdiensten vom 22. Dezember 2011, S. 10.

12) BT Drucksache 16/11 613 vom 16. Januar 2009, S. 35.

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