Aufsätze

Gemeinsame Kreditnachbearbeitung - ein weiterer Baustein zur Bündelung der Kräfte im Sparkassensektor

Die Norddeutsche Landesbank und die Sparkasse Hannover haben als
Ergebnis einer gemeinsamen Projektarbeit die Kreditnachbearbeitungen
beider Häuser in einer neu gegründeten Kredit-Service-Gesellschaft zum
1. September 2005 gebündelt. Diese Zusammenarbeit kann als
richtungweisend betrachtet werden, da hierdurch eine Chance genutzt
wird, sich gemeinsam den tief greifenden Veränderungen in der
Finanzdienstleistungsbranche zu stellen beziehungsweise diesen, durch
die eigenständige Gestaltung eines am Markt aktiv auftretenden
Dienstleisters Rechnung zu tragen.
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Machbarkeitsstudie als Ausgangspunkt
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Ausgehend von der Strategie des Deutschen Sparkassen- und
Giroverbandes sowie motiviert durch die Verbundstrategie der
Norddeutschen Landesbank wurden in 2004 als Ergebnis einer von Nord-LB
und Sparkasse Hannover beauftragten Machbarkeitsstudie die ersten
Ideen bestätigt, dass mit dem Aufbau einer Kredit-Service-Gesellschaft
folgende Ziele erreicht werden können:
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- Konzentration auf Kerngeschäftsfelder und stärkere Standardisierung
und Harmonisierung,
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- Hebung von Synergien und Erhöhung der Produktivität,
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- Minimierung der Risiken,
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- Erreichung einer nachhaltigen Rentabilität.
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Daraufhin wurde am 7. Dezember 2004 mit einer gemeinsamen
Presseinformation die Absicht verkündet, eine entsprechende
Gesellschaft zur Abwicklung des Kreditgeschäftes zu gründen und somit
der Startschuss für das Anfang 2005 aufgelegte Projekt gegeben.
Anschließend begann die Arbeit: Zwei Häuser, sechs Teilprojekte, ein
Lenkungsausschuss und zwei Sponsoren, all dies musste unter einen Hut
gebracht werden. Am 1. September 2005 nahm die Kredit-Services Nord
GmbH ihren operativen Betrieb auf. Eine wesentliche Aufgabe als
Sponsoren des Projektes - die Verdeutlichung des gemeinsamen
"Umsetzungswillens" - übernahmen hierbei die Vorstandsvorsitzenden der
beiden Banken.
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Den eingeschlagenen Weg begleiten zirka 300 Mitarbeiter am Sitz der
Gesellschaft in Hannover sowie in der Produktionsstätte in
Braunschweig. Durch den Übergang nach § 613a BGB wurde sichergestellt,
dass die Mitarbeiter sich mit Ihrem neuen Arbeitgeber identifizieren
und für die spezifischen Anforderungen einer "Kreditfabrik"
entsprechende Rahmenbedingungen mit der Arbeitnehmervertretung
getroffen werden konnten beziehungsweise können. Aufgrund der
anfänglich vorhandenen zwei Produktionsstraßen - mit einem Abstand von
zirka 70 km sowie zwei unterschiedlichen Tarifverträgen - bringen
entsprechende Herausforderungen mit sich. Die bisher in diesem
Zusammenhang getroffenen Vereinbarungen geben aber sowohl den
Mitarbeitern der Kredit-Services Nord, wie auch der Gesellschaft
selbst, entsprechende Planungssicherheit. Insbesondere in dem
verantwortungsvollen Aufgabenfeld der Marktfolge-Aktiv kommen somit
weiterhin motivierte Mitarbeiter zum Einsatz, die selbst ein hohes
Interesse an dem langfristigen Erfolg des Unternehmens einbringen.
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Aktiv-Marktfolgetätigkeiten im Retailgeschäft
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Als Leistungsspektrum der Kredit-Services Nord (als ihr Kerngeschäft)
konzentriert sie sich primär auf die Aktiv-Marktfolgetätigkeiten im
Retailgeschäft der beiden Gründerinstitute. Konkret handelt es sich um
die Aufgaben der Kreditanalyse, der Kreditsachbearbeitung sowie der
Darlehensbuchhaltung (hier zum Teil deutlich über das Retailgeschäft
hinaus).
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Schlanke kostengünstige Strukturen mit einer hohen Führungsspanne
spiegeln den Anspruch einer hohen Effizienz wider. Konkret wurden die
bisherigen 24 Abteilungen auf 15 reduziert. Die Zielsetzung - schlanke
Strukturen umzusetzen - gilt auch für die Geschäftsführung, sie wird
bei Ihren Aufgaben durch einen äußerst kleinen Stab
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- für zum Beispiel Controlling, Marketing
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- unterstützt. Sämtliche weitere Funktionen werden eingekauft.
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Obwohl bereits vor dem Projekt zur Gründung der Gesellschaft in beiden
Instituten entsprechende Optimierungsmaßnahmen (zum Beispiel Modell
K*) umgesetzt wurden, können durch die jetzt erfolgte Bündelung der
Aktiv-Marktfolge weitere deutliche Effekte erzielt werden. Von diesen
Effekten - beziehungsweise bei noch größeren Mengen von weiteren
Vorteilen können nunmehr auch andere Sparkassen partizipieren. Hierbei
positioniert sie sich als Anbieter für Marktfolgetätigkeiten im
Finanz-IT Umfeld, die den IT-technischen Rahmen für die
Kredit-Services Nord stellt.
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Neben den Kostenvorteilen aus den Bündelungseffekten können diese
Sparkassen durch die Nutzung der Kredit-Services Nord von dem hier
vorzufindenden Knowhow im Aktivgeschäft (aus einer Großsparkasse
beziehungsweise einer Landesbank) profitieren. Der Anspruch des
Unternehmens - als Know-how-Kompetenz-Center tätig zu werden - wird
unter anderem in der Unternehmensstrategie verdeutlicht, so lautet
eine Kernaussage:
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"Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sichern durch ihren Einsatz
und Leistungswillen den dauerhaften Erfolg der Kredit-Service Nord.
Ihr umfassendes Know-how und ihre Kompetenz gewährleisten die hohe
Qualität unserer Leistung."
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Wahl zwischen Leistungspaketen und Einzelleistungen
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Wie bereits dargestellt, fokussiert die Gesellschaft Nord sich auf das
klassische Re-tail-Kreditgeschäft (soweit nicht fallabschließend in
den Vertriebseinheiten). Dabei orientiert sich das Leistungsangebot an
der individuellen Grenzziehung des jeweiligen Mandanten/der jeweiligen
Sparkasse.
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Trotz einer ausgeprägten Standardisierung gestaltet sich die
Leistungsinanspruchnahme flexibel, da die Mandanten zwischen
Leistungspaketen und Einzelleistungen wählen können. Die
Kundenbeziehungen sind von diesem Schritt nicht tangiert, denn sie
behalten ausschließlich ihre Ansprechpartner in dem Kreditinstitut.
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Die Gesellschaft tritt an, als leistungsfähiger und verlässlicher
Partner innerhalb der Sparkassen-Finanzgruppe, der sein attraktives,
zukunftsfähiges Leistungsspektrum allen im Geschäftsgebiet ansässigen
interessierten Instituten anbietet. Das es sich bei den Zielsetzungen
"Kosten zu sparen" und gleichzeitig "Qualität zu steigern" um einander
widersprechende Herausforderungen handelt, bedarf keiner weiteren
Erläuterung. Insofern wurden der neuen Gesellschaft anspruchsvolle
Ziele mit in die Wiege gelegt (siehe Abbildung).
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Dieses Spannungsfeld in der Kreditsachbearbeitung löst die
Gesellschaft durch die Entwicklung effizienter und schlanker Prozesse,
die eine schnelle und kostengünstige Kreditbearbeitung über die
gesamte Prozesskette bei ihren Auftraggebern und der Kredit-Services
Nord ermöglichen. Für die zum Teil bereits umgesetzte Arbeitsteilung
stehen beziehungsweise standen die umfangreichen Erfahrungen der
beiden Gründerinstitute, aus dem DSGV-Projekt Modell K sowie aus
industriellen Prozessen Pate.
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Institute als "Herr der Prozesse"
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Neben einer noch stärkeren Spezialisierung, wurden eine Reihe von
Standardisierungs- sowie weiteren Rationalisierungs- und
Optimierungsmaßnahmen in verschiedenen Bereichen identifiziert. Ein
Großteil hiervon befindet sich in der Umsetzung beziehungsweise ist im
entsprechenden Abstimmungsprozedere mit den Mandanten. "Herr" der
Prozesse bleiben selbstverständlich - wie von der BaFin gefordert die
abgebenden Institute.
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Die mit den Mandanten erforderlichen Abstimmungen werden durch eine
entsprechend vereinbarte Gremienstruktur institutionalisiert. Zum
einen wird hier klar zwischen den tatsächlichen Auftraggebern
(Vertriebseinheiten) den prozessverantwortlichen Einheiten
(Auslagerungsstellen/Dienstleistersteuerung) sowie der Kommunikation
mit den Gesellschaftern der Kre-dit-Services Nord unterschieden.
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Daneben wurde seit Produktionsstart am 1. September 2005 das interne
Controlling deutlich verbessert und somit ein hohes Maß an Transparenz
hinsichtlich der beauftragten (Eingangsqualität) sowie der durch die
Gesellschaft erstellten Leistung (Outputqualität/SLAs) geschaffen. Die
Kre-dit-Services Nord will damit verdeutlichen, dass sie sich an ihrer
Leistung und der Einhaltung der Service-Level-Vereinbarungen messen
lässt. Darüber hinaus stellen diese Daten einen wichtigen Input für
die Vertriebssteuerung der Mandanten dar.
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Partner willkommen
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Auch für die Nutzung der Gesellschaft durch weitere Sparkassen wurden
bereits verschiedene Migrationsmodelle beziehungsweise Konzepte
entwickelt, die unter anderem für die aufsichtsrechtlichen,
personellen und technischen Fragen entsprechende Lösungen bieten. Die
entwickelten Modelle/Konzepte nehmen auf die unterschiedlichen
Bedürfnisse kleinerer sowie größerer Institute beziehungsweise aus der
"sukzessiven Überleitung auf die Kredit-Services Nord" Rücksicht. Die
erforderlichen Instrumente für die erfolgreiche Migration wurden
entwickelt und stellen einen wesentlichen Baustein für professionelle
Gespräche mit potenziellen Mandaten dar.
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Als Fazit ist festzuhalten, dass durch die konsequente Umsetzung der
Ergebnisse der im Jahre 2004 erstellten Machbarkeitsstudie in acht
Monaten die Zusammenführung der Kreditnachbearbeitungseinheiten von
zwei großen Instituten im Sparkassensektor umgesetzt wurde, die Hebung
entsprechender Potenziale bereits eingeleitet wurde und den Sparkassen
im Finanz-IT-Umfeld ein kompetenter Partner für die Ausrichtung als
Vertriebssparkasse zur Verfügung steht.
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* Das DSGV-Projekt Model K gilt als Blaupause der
Sparkassenorganisation für die Kreditbearbeitung zur Unterstützung der
Eigenoptimierung der Sparkassen und Schaffung von Voraussetzungen für
zukünftige Optionen im Kreditgeschäft.

Prof. Dr. Dirk Meyer , Institut für Volkswirtschaftslehre , Helmut-Schmidt-Universität
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