Gespräch des Tages

Genossenschaftsverband - Kundenansprache doppelgleisig

Für beide Verbünde stellt sich die betriebswirtschaftliche Frage, wie sie in einem von niedrigen Margen und hoher Regulierungsdichte geprägten Umfeld einerseits die gewaltigen technologischen Investitionen stemmen und gleichzeitig die Berater in den Filialen und deren digitale Akzeptanz bei den Kunden so trimmen wollen, dass das Zusammenspiel beider Vertriebskanäle wirklich reibungslos funktioniert. In diesem Sinne hat kürzlich der Präsident des Genossenschaftsverbandes Frankfurt deutlich gemacht, dass seine Institutsgruppe ganz ähnliche Ansprüche hat wie der Sparkassensektor. Angesichts der Megatrends aus demografischem Wandel, Urbanisierung und Digitalisierung sieht er für den Genossenschaftssektor den Schlüssel zum Bankgeschäft der Zukunft in der "nahtlosen Verzahnung von On- und Offline-Welt zu einem integrierten Kundenbeziehungsmanagement über alle Vertriebskanäle". Dass er dabei in der Umsetzung des längst angelaufenen BVR-Programms "Kundenfokus 2015" insbesondere die Kombination mit den Social-Media-Aktivitäten eher zurückhaltend präsentiert, mag an der noch kleinteiligeren Verbreitung des Genossenschaftssektors in der Fläche sowie an kleineren Mengengerüsten liegen. Die Arbeit an diesem Projekt integrierter Vertriebskanäle, so wird jedenfalls beim Frankfurter Verband sehr realistisch registriert, dürfte mit einem rückläufigen Servicebedarf in den Filialen einhergehen. Insofern wird man in der Praxis sehr genau nach der klugen Kombination vor Ort suchen müssen.

Soziale Medien gehören heute zweifellos zum gesellschaftlichen Leben. Der Erfolg ihres Einsatzes im Bankgeschäft hängt aber stark von der richtigen Dosierung ab. Denn eigentlich ist es der von Diskretion und Zurückhaltung geprägten Kreditwirtschaft ziemlich fremd, mit jedem über alles zu reden. Zudem wird sich unter den derzeitigen Wettbewerbsbedingungen des Retailgeschäftes in Deutschland noch weisen müssen, ob die schöne neue Welt so flächendeckend bezahlbar ist wie das dem Selbstverständnis beider Verbünde entsprechen muss.

In der Ertragsrechnung 2012 des Frankfurter Verbandes macht sich die Arbeit an diesen strategischen Zukunftsaufgaben einstweilen noch nicht als gravierendes Defizit bemerkbar. Das Betriebsergebnis vor Bewertung ist mit minus 0,6 Prozent auf 2,046 Milliarden Euro weniger stark zurückgegangen als die bundesweiten Zahlen (siehe dazu Bilanzen). Und die Zuschreibungen auf den Bestand der Eigenanlagen haben das Betriebsergebnis nach Bewertung noch stärker ansteigen lassen als im Bundesdurchschnitt. Für die beiden kommenden Jahre sagen die Hochrechnungen des Verbandes freilich jeweils einen Rückgang der Zinsspanne um 0,11 Prozentpunkte bei nahezu stagnierenden Provisionseinnahmen voraus, die durch Einsparungen beim Verwaltungsaufwand nur teilweise kompensiert werden können. Deshalb wäre es hilfreich, wenn dann schon die neuen Maßnahmen der Verknüpfung von Internet- und Filialvertrieb greifen.

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