Gespräch des Tages

Genossenschaftsverband - Weichenstellung in guten Zeiten

Von der Sache her klingt es sehr vernünftig, schwierige Entscheidungen zur künftigen strategischen Ausrichtung in guten Zeiten zu treffen. Wie es dann mit der Durchsetzbarkeit beschlossener Maßnahmen aussieht, ist freilich kaum kalkulierbar. Denn in wirtschaftlich ruhigen Phasen mag es zwar schwerfallen, die Einsicht für ein Umsteuern zu vermitteln, die Folgen sind aber eher verkraftbar. In Krisenzeiten fällt die Überzeugungsarbeit für eine grundsätzliche Neuordnung leichter, aber die Belastungen für die Beteiligten sind oftmals erheblich größer. Insofern ist es folgerichtig, dass der Genossenschaftsverband Frankfurt sich nicht auf der vergleichsweise guten Ertragslage seiner 299 Mitgliedsinstitute ausruht, sondern Sondierungsgespräche über eine mögliche Fusion mit dem Rheinisch-Westfälischen Genossenschaftsverband (RWGV) aufgenommen hat.

Wirklich überraschend kommt diese Initiative freilich nicht. Denn schon in einer grundsätzlichen Strategiediskussion über die Zukunft der regionalen Verbandsstrukturen im Genossenschaftssektor war der heutige Verbandspräsident Michael Bockelmann, damals noch mit dem Vorstand des Genossenschaftsverbandes Norddeutschland, zu der Grundüberzeugung gelangt, dass es auf Dauer neben dem BVR als Spitzenverband für die politischen Dinge nur einen Prüfungsverband für ganz Deutschland geben sollte (siehe ZfgK 9-2012). Und weil es auch seitens des Frankfurter Verbandes ähnliche strategische Überlegungen gab, mündeten diese 2008 in einer Fusion dieser beiden Verbände. Avancen des damaligen Frankfurter Verbandes in Richtung RWGV führten seinerzeit nicht zu einem Ergebnis.

Nachdem der Zusammenschluss zwischen Hannover und Frankfurt auf den Weg gebracht war, unterzeichneten die vier verbliebenen Verbände in München, Düsseldorf, Oldenburg und Stuttgart Ende 2010 eine Kooperationsvereinbarung. Erklärtes Ziel war ein weiterer Ausbau der Leistungsfähigkeit in den Bereichen Interessenvertretung, Wirtschaftsprüfung, Beratung und Betreuung sowie in der Bildung durch intensiveren Austausch und mehr Arbeitsteiligkeit. Solche Art der Zusammenarbeit darf man im Zuge der nun erfolgenden Umorientierung beim RWGV getrost als Trotzreaktion werten. So richtige Synergieeffekte lassen sich über das Modell der Kooperation offenbar doch nicht heben - jedenfalls nicht auf Ebene der Regionalverbände. In diesem Sinne ist die aktuelle Sondierungsphase der Genossenschaftsverbände in Frankfurt und Düsseldorf nur eine Wiederbelebung alter Ideen. Sollte eine Zusammenführung zustandekommen, hätte diese für die Primärbanken im nördlichen Rheinland-Pfalz zudem den Effekt einer Marktbereinigung. Denn die Ortsbanken dieses Bundeslandes gehören teils dem RWGV und teils dem Verband in Frankfurt an, und in einigen wenigen Fällen gibt es sogar Doppelmitgliedschaften.

Ohne sich im jetzigen Stadium der Gespräche mit dem RWGV auf deren Erfolgsaussichten festlegen zu wollen, hat Michael Bockelmann einmal mehr seine Vorstellungen von einem bundesweit einheitlichen Prüfungsverband bekräftigt. Den ursprünglich für dieses große Ziel angedachten Zeitrahmen bis 2017 hält er zwar nicht mehr für realistisch. Aber auf Dauer rechnet er angesichts des überall spürbaren Wettbewerbsdrucks mit einer ständig wachsenden Einsicht im Genossenschaftssektor, sich offensichtliche Effizienzlücken nicht mehr leisten zu wollen. Zu den nahe liegenden Projekten dieser Art zählt er den erneuten Fusionsanlauf von GAD und Fiducia. Diesen Zusammenschluss endlich zu realisieren hält er nicht zuletzt mit Verweis auf die in mühevoller Kleinarbeit gelungene Bündelung der Kräfte im Sparkassensektor für überfällig. Dort sind in den vergangnenen Jahren gleich mehrere Rechenzentren zusammengeführt und mehrere Kernbanksysteme aus dem Markt genommen worden.

Mit Blick auf die Ertragslage schließlich hatte der Präsident schon deutlich schwierigere Zeiten zu kommentieren. Wer hätte vor einigen Jahren auch gedacht, dass er im Rückblick auf das Jahr 2013 relativ entspannt von einem Betriebsergebnis vor Bewertungsänderungen von 1,13 (1,09) Prozent der durchschnittlichen Bilanzsumme (DBS) reden kann. Noch vor wenigen Jahren schien die ausgerufene Zielvorgabe eines nachhaltigen ordentlichen Betriebsergebnisses von mindestens 1,0 Prozent der DBS schon in absehbarerer Zeit für das Gros der Institute ernsthaft gefährdet. Heute wird die Zahl der darunterliegenden Mitgliedsinstitute auf rund ein Fünftel eingeschätzt. Und Szenariorechnungen stimmen zuversichtlich, auch eine andauernde Niedrigzinsphase durchstehen zu können. Als Grund für die besser als erwartet verlaufene Ertragsentwicklung im Berichtsjahr hat der Verband neben den weiterhin beherrschbaren Bewertungsergebnissen im Kredit- und Wertpapier geschäft (jeweils minus 0,3 Prozent der DBS) eine Summe kleinerer Erfolge genannt. Dazu gehören beispielsweise ein von 0,74 auf 0,76 Prozent der DBS gestiegenes Provisionsergebnis und ein von 2,15 auf 2,13 Prozent der DBS gesunkener Verwaltungsaufwand.

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