Gespräch des Tages

Insolvenzstatistik - Bedrohliche Kulisse

Das Positive (kurz) vorweg: Auch 2011 gab es wieder weniger Insolvenzen. So hat sich deren (hochgerechnete) Gesamtzahl laut der Wirtschaftsauskunftei Creditreform von knapp 170000 auf rund 160000 verringert und auch das Statistische Bundesamt konnte bei Unternehmen in bislang jedem und bei Verbrauchern für das Gros aller Monate des laufenden Jahres einen Rückgang konstatieren. Leider enden die guten Neuigkeiten an dieser Stelle. Dass erst Ende November mit der Pleite des Druckmaschinenherstellers Manroland die mit Abstand größte Firmeninsolvenz in Deutschland beim Amtsgericht angemeldet wurde, zeigt, wie instabil die Lage immer noch ist. Rund 6500 Arbeitsplätze sind allein hier betroffen.

Entsprechend ambivalent stellt sich die Lage bei den Privatinsolvenzen dar. Zwar ist die Zahl der Verbraucherpleiten gegenüber 109960 Fällen 2010 im laufenden Jahr leicht auf voraussichtlich 103000 gesunken. Allerdings wurde erneut die Marke von 100000 überschritten, und trotz (derzeit noch) guter Konjunktur- und Arbeitsmarktbedingungen erreichte die Zahl in Westdeutschland ihren zweithöchsten Stand seit Einführung der gesetzlichen Möglichkeit im Jahr 1999. Hinzu kommt, dass der 2011 gemessene Rückgang der Insolvenzen Privater mitunter deshalb zustande gekommen sein könnte, weil vom Justizministerium gerade eine Verkürzung der Wohlverhaltensperiode (vor der Restschuldbefreiung) von sechs auf drei Jahre vorbereitet wird, worauf sicherlich einige angeschlagene Haushalte spekulieren. Besorgnis erregend ist auch, dass laut Creditreform zurzeit insgesamt rund zehn Prozent aller Erwachsenen überschuldet sind.

Wie unsicher die Lageeinschätzung der Wirtschaft in Deutschland und anderswo derzeit ist, wird derweil beim Blick auf eine andere Statistik deutlich. So zeigte die Entwicklung des Auftragseingangs in der Industrie nach dreimaliger Abschwächung in Folge zwar erst einmal einen guten Einstieg in das Jahresschlussquartal. Etwa weist das Statistische Bundesamt im Oktober einen Anstieg um 5,2 Prozent aus, nachdem die Zahlen im Vormonat um 4,6 Prozent gesunken waren. Im Zweimonatsvergleich September/Oktober gegenüber Juli/August allerdings nahmen die Auftragseingänge um 2,7 Prozent ab, insbesondere die aus dem Inland. In der Tendenz bleibe die Nachfrage zudem zurückhaltend.

Droht 2012 also ein Pleite-Jahr zu werden? Für die Unternehmen zumindest bleibt die Lage weiterhin prekär. Zum einen rechnet Creditreform für 2012 wieder mit einem Anstieg der Unternehmensinsolvenzen von 30200 in diesem Jahr auf dann bis zu 32000. Zudem sind die Unternehmensgründungen auf den tiefsten Stand seit zehn Jahren gefallen. Mit 804000 werden sie dieses Jahr sogar deutlich niedriger liegen als 2010, als 863000 Unternehmen und Gewerbebetriebe in die Amtsregister eingetragen wurden. Zu einem Teil dürfte diese Entwicklung dabei immerhin auf gute Einkommens- und Jobperspektiven als abhängig Beschäftigte zurückzuführen sein.

Zudem ist das Gros der Unternehmen zumindest derzeit noch besser aufgestellt als in den Anfängen der Finanzkrise 2008/2009, das bescheinigt auch Creditreform. Ob deren Finanzierung im Zusammenhang mit Basel III, Solvency II und höheren Eigenkapitalanforderungen im Rahmen der von der EBA geplanten Stresstests tatsächlich immer schwieriger werden wird, weil Banken ihre Bilanzen verkürzen und Eigenkapital horten müssen, ist zum Glück noch nicht in Stein gemeißelt. Zwar warnt die Kreditwirtschaft gerne vor den Konsequenzen weitreichender Regulierung. Die Hypovereinsbank hat sogar ganz konkret angekündigt, ihr Kreditgeschäft um ein Fünftel zurückzufahren. Und vdp-Präsident Jan Bettink wollte jüngst eine Kreditklemme dann nicht als Drohkulisse, sondern als logische Folge verstanden wissen. Im Markt hat sich die Großwetterlage dem Vernehmen nach zumindest noch nicht dramatisch verschlechtert. Mit einem guten Geschäftsmodell und ordentlichen Wachstumsaussichten wird sich wohl auch in Zukunft ein Weg zur Finanzierung finden lassen - nur vielleicht nicht bei jeder Bank.

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