Aufsätze

Klingende Münze: Opernarien über Gold und Geld

Gesungen wird in der Oper über Leidenschaften, Macht und Geld. Und selten verzichtet eine Opernhandlung darauf, sich mit dem schnöden Mammon auseinanderzusetzen. Der glückliche oder tragische Ausgang hängt häufig davon ab, ob Geld da ist oder eben nicht. Selbst Komponisten, deren Redlichkeit und persönliche Integrität, vornehmlich in Geldsachen, unangefochten sind, kommen nicht umhin, in den Opernlibretti das Geld als treibendes Motiv menschlichen Handelns anzuerkennen.

In Beethovens "Fidelio" bringt der Kerkermeister Rocco die Dinge auf den Punkt, indem er lang und breit die Allgewalt des Geldes beschwört. "Und Macht und Liebe verschafft dir das Gold und stillet das kühnste Verlangen. Das Glück dient wie ein Knecht für Sold, es ist ein schönes Ding, das Gold." Auch bei kleinen Reparaturarbeiten ist auf Heller und Pfennig zu achten. Rocco lobt seinen Gehilfen, der bei der Ausbesserung der Ketten, die den Gefangenen angelegt sind, bei der Auftragsvergabe finanzielle Umsicht hat walten lassen. "Du kaufst alles wohlfeiler als ich. Du bist ein kluger Junge. Doch sei versichert: dein Lohn wird nicht ausbleiben".

Weibliche Rache

Ob im Gefängnis oder Schloss, das Trachten nach Geld ist allgegenwärtig. Der Adel macht keine Ausnahme. Mittellos und aufgeblasen ist Sir John Falstaff in Verdis gleichnamiger Oper. Falstaff ist heruntergekommen, aber anspruchsvoll, was Essen und Trinken angeht. Jedwede Geldquelle ist ihm willkommen. Falstaff wetteifert mit dem Bürger Ford darin, die Vorzüge des Geldes herauszustellen. Geld öffnet jede Pforte und bricht jeden Widerstand. Oder wie Falstaff sich in der Sprache des Militärs ausdrückt: "Gold ist ein guter Kapitän, der vorausmarschiert". Das heißt, dem Anführer, der mit ausreichenden finanziellen Mitteln versehen ist, wird jedes Unternehmen gelingen.

Verführerische Juwelen

Die Rachegelüste einer verschmähten Frau sind, wie Richard Strauss in "Salome" vertont hat, jedoch nicht verhandelbar. König Herodes lockt mit Edelsteinen und exotischen Tieren. Er ist bereit, sein halbes Reich abzutreten, sofern Salome darauf verzichtet, Johannes den Täufer zu enthaupten. Er stößt auf taube Ohren. Salome will Blut sehen, selbst dann, wenn dadurch ihr eigener Untergang besiegelt wird. Herodes fleht vergeblich um Einsicht. Alles will er geben. "Alles, alles, was du von mir begehren wirst; und wärs die Hälfte meines Königreichs".

Die Oper "Samson und Dalila" von Camille Saint-Saëns beruht ebenso wie "Salome" auf einer biblischen Geschichte. Dalila aus dem Volke der Philister soll die Kraft ergründen, die Samson unbezwingbar macht. Der Hohepriester der Philister bietet ihr Schätze, auf dass sie Samson das Geheimnis entreiße und damit die Siegesserie der Israeliten beende. Dalila geht es freilich nicht um Geld, sondern sie will Rache und ihrem Volk die Schmach der Niederlage nehmen. Dem Hohen Priester schleudert sie entgegen: "Was bedeutet für Dalila schon dein Gold"! Ein ganzer Schatz ist nutzlos, wenn er nicht die ersehnte Rache bringt.

Durch Geldzahlung lässt sich ein Verbrechen verhindern, aber noch häufiger, zu einem anstiften. Verdis "Rigoletto" dingt einen Auftragsmörder, der den Verführer seiner Tochter umbringen soll. Mord ist ein Geschäft. Der Auftragsmörder Sparafucile stellt sich vor. "Ein Mann, der einen für wenig Geld von einem Rivalen befreit". Rigoletto ist einverstanden. "Zwanzig Scudi hast du gesagt? ... Hier sind zehn und nach der Arbeit den Rest". Der Mord gelingt, allerdings an der falschen Person. Der Verführer lebt lustig weiter. Tot ist hingegen Rigolettos Tochter Gilda.

Künstlerischer Kompromiss

Dass Frauen meist empfänglich auf Juwelen reagieren und geneigt sind, das Liebeswerben des Gebers zu erhören, ist ein Teil des Faust-Dramas. Goethes "Faust" hat die besten Komponisten inspiriert. Die "Juwelenarie" aus der Faustoper von Charles Gounod ist ein musikalischer Ohrwurm. Margarete öffnet das Schmuckkästchen und ist hingerissen. "So was hab ich mein Tage nicht gesehen! Ein Schmuck! Mit dem könnt eine Edelfrau am höchsten Feiertage gehen".

In einer anderen Strauss Oper "Ariadne auf Naxos" verweist das Geld ein musikalisches Genie in die Schranken. Der Komponist kann sich drehen und winden wie er will, seine Oper wird verkürzt und entstellt aufgeführt, weil der Auftraggeber es so will. Die Gäste des reichsten Mannes Wiens sollen anlässlich einer Abendveranstaltung unterhalten werden. Die Musik ist dabei nur Beiwerk. Keineswegs ist daran gedacht, die bestellte Oper in voller Länge und mit Aufmerksamkeit anzuhören.

Was ist schon ein anspruchsvolles Musikstück gegen die angekündigte Aufführung einer Harlekintruppe? Der Impressario des Komponisten redet gut zu, Abstriche zu machen. Eine verhunzte, aber gut bezahlte Aufführung sei allemal dem Umstand vorzuziehen, das Kunstwerk zu retten, aber brotlos dazustehen. Was geht dem Komponisten verloren? Die Ehre, die Selbstachtung, wenn er nachgibt? Sicherlich, aber auch die dringend benötigten Einnahmen, wie sein Impressario anmerkt. "Die fünfzig Dukaten, unter anderem, von denen du das nächste halbe Jahr zu leben gedachtest! "

Handelbare Körperteile verkaufte Bräute

Grotesk ist die Handlung in der Oper "Die Nase" von Dimitri Schostakowitsch. Der Kollegienassessor Kowaljow wacht eines Morgens auf, schaut in den Spiegel und stellt bestürzt fest, dass seine Nase verschwunden ist. Diese hat sich selbstständig gemacht und spaziert in der Stadt als Staatsrat umher. Kowaljow will seine Nase wiederhaben und eine Zeitungsannonce aufgeben. Für die Wiederbeschaffung wird eine hohe Belohnung ausgesetzt. Die Nase ist jedoch nicht zu fassen. Als sie in einem Warenhaus auftaucht, möchte das Publikum sie unbedingt sehen. Flugs ist ein Spekulant zur Stelle, der der besseren Aussicht wegen Stehplätze vermietet. "Nur achtzig Kopeken! Genießen Sie die unerhörte Aussicht! " Als die Nase endlich aufgegriffen wird, will sie nicht mehr anwachsen. Der Arzt tröstet den nasenlosen Besitzer, diese lasse sich in Wodka konservieren und als Kuriosität verkaufen, "Für das Präparat können Sie ein schönes Sümmchen Geld verdienen. Und wenn Sie nicht zu teuer sind, so kaufe ich es selbst für meine Sammlung! "

Opern, die Mitgift und Brautkauf zum Thema haben, erfreuen sich zeitloser Beliebtheit. Und so ist die "Verkaufte Braut" von Friedrich Smetana fester Bestandteil des Repertoirs. Liebe hin, Liebe her. Wenn der Preis stimmt, ist sie Verhandlungssache. Das meint auch der Heiratsvermittler Kecal und macht dem Hans das Angebot, seine Braut für 300 Gulden abzutreten. Hans überlistet ihn. Der Heiratsvermittler gibt zu bedenken, dass die Ehe eine materielle Grundlage haben muss und wohl bedacht sein sollte. Ein böses Ende ist nie auszuschließen und daher Vorsorge zu treffen. "Der kann heiter scherzen, der nicht bloß im Herzen seinen Schatz, nein, auch im Beutel trägt! " Die Erfahrung lehrt, dass Zuversicht und Gottvertrauen für den Ehebund zu wenig sind. "Glück hat nicht Bestand! Ohne Geld ist alles Tand! "

Verwechslungskomödie

Zum Sujet des Brautverkaufs greift auch Albert Lortzing in "Der Wildschütz". Der arme Schulmeister Baculus kann in dieser Verwechslungskomödie dem Angebot des Barons Kronthal nicht widerstehen. Für 5000 Taler ist er bereit, auf die Braut zu verzichten. Der demnächst erwartete unverhoffte Geldsegen raubt ihm fast den Verstand, und er erwägt verschiedene Formen der Kapitalanlage. Er könnte eine Kneipe aufmachen, Staatspapiere kaufen, einen Vergnügungspark bauen oder wie bisher Gelehrter bleiben.

Die Perspektiven sind ungeheuerlich. Und er singt: "Vor kurzem war ich noch ein rechter Lumpenhund, nicht sehr viel mehr als Mensch und Christ, und nun auf einmal - Kapitalist! " Die Höhe der Geldsumme sprengt seine Vorstellungskraft. "Fünftausend Taler! Das ist ein Wort, so voluminös, so numerös, so pekuniös und so famös! Beschlossen ist's im Weltenplan. Ich werd' ein hochberühmter Mann! " Lortzing war die meiste Zeit seines Lebens selbst ein armer Hund, und er komponierte dennoch diese hinreißende Arie über einen Wohlstand, der ihm versagt blieb.

Jährlicher Gesindemarkt schrullige Ärzte

Wenn Opern die Zuhörer fesseln wollen, ist es zuweilen angebracht, auf das Alltagsleben einzugehen. Zum Alltag gehört die Arbeitswelt. In Friedrich von Flotows "Martha" gibt es eine Szene, in der sich Arbeitgeber und Gesinde auf dem Mägdemarkt von Richmond treffen, um ein einjähriges Dienstverhältnis auszuhandeln. Mit Handgeld wird der Arbeitsvertrag besiegelt. Die Mägde geben kund, welche besondere Fähigkeiten sie haben und dass es sich für den Dienstherren lohnen werde, sie einzustellen. Das höchste Gebot gilt. Vier Mägde preisen sich im Chor an: "Ich kann backen. Ich kann braten, graben, hacken mit dem Spaten. Ich kann spinnen feines Linnen und gewinnen Geld für's Haus". Die Spinnerin hat somit die Qualifikation einer Fachkraft, deren Erzeugnisse durch Weiterverkauf dem Arbeitgeber zusätzlich Geld einbringt.

Auf der Opernbühne darf, wie im richtigen Leben, der Arzt nicht fehlen. Chirurgen sägen hier nicht, Augenärzte messen keine Dioptrien. Dafür tauchen Ärzte und Quacksalber auf, die eigenartige Behandlungsmethoden anwenden, das leichtgläubige Publikum zum Narren halten und ihm das Geld abnehmen. So ein Quacksalber ist auch in Gaetano Donizettis "Der Liebestrank" der Doktor Dulcamara. Die Bauern eines italienischen Dorfes reißen sich um sein in Flaschen abgefülltes Wundermittel. Wer es trinkt, gewinnt jedes Frauenherz und außerdem heilt es Krankheiten. Was ist Doktor Dulcamara doch für ein Wunderheiler. "Krumme, Lahme macht er gehen, Taube hören, Blinde sehen! " Und dazu gewährt er einen Preisnachlass und verkauft spottbillig. "Und ihr sollt die Wundergaben um drei Lire von mir haben". Hochgeehrt und mit den Segenswünschen der Dorfbewohner versehen, zieht er von dannen.

"Wozzeck" und "Lulu"

Schlecht weg kommen die Ärzte in den Opern "Wozzeck" und "Lulu" von Alban Berg. Der Doktor in "Wozzeck" experimentiert am Menschen und quält. Der Soldat Wozzeck hat sich verpflichtet "gegen drei Groschen täglich und Kost" monatelang nur Erbsen zu essen. Das hat gesundheitliche Folgen. Die Haare fallen ihm aus, und er halluziniert. Der Arzt jedoch ist von dieser Erbsendiät begeistert. "Es gibt eine Revolution in der Wissenschaft, ich sprenge sie in die Luft". Wozzeck wird ermahnt, durchzuhalten. Dafür bekommt er eine "Zulage".

In "Lulu" taucht ein eifersüchtiger Medizinalrat auf, der seine untreue Frau, die zwielichtige Titelfigur, und einen Nebenbuhler mit dem Stock verprügeln will. Der Arzt gerät so in Rage, dass ihn der Schlag trifft und er tot umfällt. Lulu ist konsterniert, denn ihre bürgerliche Existenz gerät durch den Tod ihres Ehemannes ins Wanken. Sie ist ratlos, fasst sich aber schnell, denn sie begreift, dass sie Erbin eines großen Vermögens geworden ist. "Jetzt bin ich reich ..." Sie erbt 500000 Mark.

Die Rolle von Bankiers in der Opernwelt

Bankiers sind als Personen der Opernhandlung eher selten anzutreffen. Wenn auf diesen Berufsstand ein Loblied gesungen wird, dann ist das meist Hohn. "Hosannah, Rockefeller" tönt der Chor in Kurt Weills Oper "Happy End". Ein Bankier ist hiermit namentlich genannt. Und zu welchem Zweck? Zur Bereicherung der Reichen und der Entreicherung der Armen. "Reiche den Reichtum den Reichen". In einer anderen Oper, "Der Silbersee", wird Kapital akkumuliert, denn "Zins und Zinseszins ist die Krone des Gewinns".

Die enge Bindung mancher Komponisten an das Bankgeschäft sticht weniger hervor. Aber sie ist gar nicht so selten. Rossini wurde durch seine Opern reich und hat wie ein Bankier Geld gegen Zins ausgeliehen. Das Pumpgenie Richard Wagner ging bei dem Bankier Otto Wesendonk ein und aus und zog ihm das Geld aus der Tasche. Wesendonk förderte und lieh großzügig. Von Rückzahlung hielt Wagner wenig. Er brachte es fertig, dem Bankier Originalpartituren seiner Opern zu verkaufen, um sie später zurückzuverlangen und guten Gewissens anderen Gönnern erneut anzubieten. Der Schatz der Nibelungen hat es Wagner als Opernstoff angetan. Er ist im Rhein versunken, und die Rheintöchter in "Das Rheingold" wissen ihn zu würdigen. "Rheingold! Reines Gold! O leuchtete noch in der Tiefe dein lautrer Tand! "

Viel Geld

Wer den Luxus und die materielle Sicherung der Schaffenskraft für unabdingbar hält, schätzt das Geld. Von den zahllosen Bettelbriefen Wagners ist auch Franz Liszt nicht ausgenommen. Was nützen Beifall und Ruhm, wenn die Kasse nicht stimmt? "Was habe ich mit Ruhm, den Erfolgen, mit meinen Freunden und ihren Phrasen zu schaffen? Geld ist es, was ich brauche; schicken Sie mir schnell Geld, viel Geld und nichts als das! "

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