Sparkassen-Finanzgruppe

Der Nutzen des Pfandbriefgeschäftes am Beispiel eines regional tätigen Kreditinstitutes

Seit 2005 nutzt die Sparkasse Hanau bereits die Emission von Öffentlichen Namenspfandbriefen als strategisches Refinanzierungsinstrument. In Erwartung steigender Spreads (gegenüber der Swap-Kurve) für klassische ungedeckte Refinanzierungen wurden die Voraussetzungen zur Begebung von Pfandbriefen implementiert. Aufgrund des hohen Bestandes an Kommunaldarlehen von mehr als zehn Prozent der Bilanzsumme erfolgte der Start in der Gattung Öffentliche Pfandbriefe nach dem Öffentlichen Pfandbriefgesetz (ÖPG), später nach dem Pfandbriefgesetz (PfandBG). Seit 2010 emittiert die Sparkasse Hanau auch Hypothekenpfandbriefe.

Pfandbriefmanagement

Mit einem Baufinanzierungsvolumen über 30 Prozent der Bilanzsumme steht ein nennenswertes Potenzial an Deckungsmasse zur Verfügung, das im Rahmen des PfandBG als günstige Refinanzierungsquelle genutzt werden kann. Hierdurch ist es möglich, kontinuierlich eine langfristige Refinanzierung für den Realkreditanteil der Baufinanzierungen zu generieren. Der Hypothekenpfandbrief stellt somit eine optimale Ergänzung zu traditionellen Refinanzierungsmitteln, wie beispielsweise Sicht- und Spareinlagen sowie die Ausgabe ungedeckter Schuldverschreibungen und Schuldscheindarlehen dar.

Das Pfandbriefmanagement ist in der Sparkasse Hanau organisatorisch getrennt. Die Pfandbriefemissionen sind Teil der Refinanzierungsstrategie der Sparkasse und damit innerhalb der Aktiv-Passiv- und Liquiditätssteuerung des Treasury angesiedelt. Die Qualitätssicherung der Deckungsmasse und die Verwaltung des Deckungsregisters liegt in der Marktfolge. Das Risikocontrolling deckt die spezifischen Anforderungen des PfandBG an das Risikomanagement ab.

Vorteilhaftigkeit nicht auf den Preis beschränkt

Die Vorteilhaftigkeit des Pfandbriefes ist nicht auf den Preis beschränkt. Strategisch wird zunächst der Refinanzierungsmix der Sparkasse auf eine breitere Basis gestellt. Weiter wird das Realkreditgeschäft mit regional ansässigen Privat- und Gewerbekunden gestärkt. Unter bestimmten qualitativen Voraussetzungen ist es möglich, diese Aktiva als Deckungsmasse für Hypothekenpfandbriefe zu qualifizieren. Diese bildet die Grundlage für eine gedeckte Refinanzierung, welche sich gegenüber einer ungedeckten Refinanzierung durch geringere Kosten und Spreadschwankungen (gegenüber Swap) auszeichnet. Dieser Vorteil wurde vor allem in den vergangenen Jahren deutlich. Die Abbildung zeigt die unterschiedlichen Aufschläge zwischen Pfandbriefen und ungedeckten Bankschuldverschreibungen (Rating AA) mit zehn Jahren Laufzeit. Im Zuge der höheren Volatilitäten sind zwar auch die Spreads von Pfandbriefen gestiegen. Allerdings kam die Reaktion im direkten Vergleich später, und auch die absolute Ausprägung war signifikant schwächer. Dieser Effekt bietet damit noch einen weiteren Vorteil: Der Investor des Pfandbriefes kann mit geringeren Kursschwankungen im Stressszenario rechnen.

Die Pfandbriefemissionen haben schließlich eine hohe Bedeutung in der Liquiditätssteuerung der Sparkasse. Neben der einfachen Regel, langfristiges Aktivgeschäft auch langfristig zu refinanzieren, belegen dies auch die Liquiditätskennzahlen, zum Beispiel die Net Stable Funding Ratio (NSFR). Hier zählen die emittierten Papiere zu 100 Prozent auf die Höhe der verfügbaren stabilen Refinanzierungsmittel und verbessern entsprechend das Verhältnis der Kennzahl.

Die Platzierung der Pfandbriefe findet über vermittelnde Institute und Verbundbanken statt. Hierdurch wird deren Netzwerk und Infrastruktur für die Abnahme und die Sekundärmarktpflege der Emissionen genutzt. Somit kann hier an der langjährigen Erfahrung der vermittelnden Institute partizipiert werden. Als Alternative wird der direkte Absatz an Investoren gewählt.

Modellhafter Geschäftsplan

Das Pfandbriefgeschäft ist gesetzlich reglementiert. Das Betreiben bedarf der Erlaubnis der BaFin. Der Geschäftsplan ist Teil des Erlaubnisantrages, wobei unter anderem der Nachweis der nachhaltigen Vorteilhaftigkeit erbracht wird. Für die Sparkasse Hanau ist dies belegt. Für interessierte Kreditinstitute soll dies hier modellhaft anhand eines Bestandes von einer Milliarde Euro Baudarlehen und einer geplanten Emissionstätigkeit in der Gattung "Hypothekenpfandbriefe" dargestellt werden. Die Vorteilhaftigkeit wird anhand der Bilanz- und Emissionsplanung aufgezeigt.

Im ersten Schritt wird die Höhe der zur Verfügung stehenden Deckungsmasse identifiziert. Die Grundlage bilden die im Bestand befindlichen gewerblichen und privaten Baufinanzierungen. Aufgrund der ermittelten Beleihungswerte ist in der Regel ein Deckungsmassepotenzial in Höhe von über 50 Prozent des Bestandes gegeben. Aus der historischen Entwicklung der Baufinanzierung ist eine Prognose des künftigen Wachstums zu erstellen. In der Tabelle 1 wird in einer konservativen Betrachtung die Prolongationsquote von lediglich 120 Prozent und eine korrespondierende potenzielle Deckungsmasse in Höhe von 40 Prozent unterstellt.

Einmalkosten und laufende Kosten

Aufgrund dieser Zahlenbasis wird eine Kosten- und Vorteilhaftigkeitsrechnung erstellt, welche jährliche Emissionen von 30 Millionen Euro annimmt (in der Regel zehn Jahre Laufzeit), sodass ein rollierender Bestand von 300 Millionen Euro aufgebaut wird. Hierzu muss im Deckungsregister eine entsprechende Deckungsmasse vorhanden sein. Für eine ausreichende Überdeckung werden jährlich 45 Millionen Euro zugeführt, zunächst über wenige größere Bestandsdarlehen und ab dem vierten Jahr über eine größere Anzahl kleinerer Darlehen.

Darstellung der Kosten: Kosten, die im Zusammenhang mit der Emission der Hypothekenpfandbriefe stehen, werden in Einmalkosten für die Emission und in laufende Kosten, insbesondere für die Pflege des Deckungsregisters, unterteilt.

Für eine Emission von 30 Millionen Euro werden Einmalkosten von 18000 Euro angesetzt, die sich aus externen Kosten (Vermittlungsprovision rund 0,04 Prozent beziehungsweise 12000 Euro) sowie Personal- und Sachkosten zusammensetzen. Mit der Verwaltung und Überwachung der Deckungsmasse entstehen Anschaffungskosten für Software (Pfandbriefmanager Sparkasse Wuppertal) in Höhe von 48000 Euro, die mit einem jährlichen Abschreibungsbetrag von 16000 Euro angesetzt werden.

Die laufenden per annum Kosten beinhalten Personal- und Sachkosten von 10000 Euro für Tätigkeiten im Rahmen der Bestandspflege der Pfandbriefe, Gebühren für den Treuhänder in Höhe von 8000 Euro und Kosten für Schätzer (abhängig vom Umfang und der Anzahl der eingebrachten Darlehen) von 30000 bis 50000 Euro.

Abhängig von der Entwicklung des Deckungsregisters werden 10000 bis 50000 Euro als Personal- und Sachkosten geplant, die im Rahmen der Bestandspflege (Deckungsregister) und des Controlling (Risikoreport) entstehen. Für die Software zur Verwaltung des Deckungsregisters werden 25000 Euro angesetzt.

Darstellung des Refinanzierungsvorteils: Zur Quantifizierung des Refinanzierungsvorteils wird sowohl der aktuelle Refinanzierungsmarkt, welcher sich durch Schwankungsbreiten auszeichnet, als auch die mittelfristige Erwartung der Kundenrefinanzierung herangezogen. Der Aufschlag für einen Hypothekenpfandbrief gegenüber der Swap-Kurve wird mittelfristig mit rund 20 Basispunkten (Bp) taxiert.

Eine vergleichbare Kapitalmarktrefinanzierung mit ungedeckten, langfristigen Passiva liegt mit etwa 60 Bp durchschnittlich 40 Bp darüber. Diese Werte orientieren sich an Indikationen für kleinteilige Direktplatzierungen von Namenspapieren.

Gesamtübersicht der Kosten und des Refinanzierungsvorteils: Eine Übersicht der Kosten- und Refinanzierungsvorteile ist in der Tabelle 2 zusammengefasst. Der Break-Even wird bei einem Emissionsvolumen von 30 Millionen Euro bereits im ersten Jahr erreicht.

Deckungsregister

Das Deckungsregister enthält sämtliche Deckungswerte, die in der Summe als jeweilige Deckungsmasse für eine Pfandbriefgattung zur Verfügung stehen. Die Führung des Deckungsregisters ergibt sich aus der Deckungsregisterverordnung. Die Pfandbriefbank hat innerhalb des ersten Monats eines jeden Kalenderhalbjahres eine vom Treuhänder bestätigte Meldung über die Eintragungen im Deckungsregister gegenüber der BaFin abzugeben.

Die zur jeweiligen Deckungsmasse eingetragenen Werte bilden im Falle der Insolvenz der Pfandbriefbank gemäß § 30 PfandBG eine vom allgemeinen Vermögen der Pfandbriefbank getrennte Vermögensmasse, sodass eine vollständige und fristgerechte Erfüllung der Pfandbriefverbindlichkeiten weiter besteht.

Anforderungen an Gutachten und Gutachter

Die Sicherheit des Hypothekenpfandbriefs resultiert daraus, dass nur 60 Prozent des Beleihungswertes in Deckung genommen werden dürfen. Darüber hinaus bestehen besondere Anforderungen an die Gutachter als auch an das Gutachten, die in der Beleihungswertermittlungsverordnung (BelWertV) geregelt sind. Neben langjähriger Erfahrung in der Wertermittlung von Immobilien müssen Gutachter über umfangreiche Kenntnisse in der Erstellung von Beleihungswertgutachten auch hinsichtlich des regionalen Immobilienmarktes und der Objektart verfügen. Die Sparkasse Hanau hat die Gutachtertätigkeit in der S-Dienst-Leistung Hanau - Main-Kinzig GmbH, eine 100-prozentige Tochtergesellschaft, angesiedelt, sodass die geforderte Unabhängigkeit der Gutachter vom originären Kreditbearbeitungsprozess gewährleistet ist.

Gutachten gemäß BelWertV setzen sich mit den regionalen Gegebenheiten, wie der Objekt- und Standortqualität auseinander. Sie berücksichtigen rechtliche und tatsächliche Objekteigenschaften, die Beleihungsfähigkeit sowie die Verwertbarkeit und Vermietbarkeit des Objekts auch unter Berücksichtigung zu erwartender Wertverluste, dem Modernisierungsrisiko, der Restnutzungsdauer und weiterer wertbeeinflussender Umstände. Zur Erstellung des Gutachtens ist eine Innen- und Außenbesichtigung erforderlich, und diese sind in angemessener Weise zu dokumentieren. Alle getroffenen Annahmen sind im Gutachten schlüssig darzulegen und zu begründen.

Bei im Inland gelegenen, wohnwirtschaftlich genutzten Objekten kann gemäß BelWertV auf die Erstellung eines Gutachtens verzichtet werden, wenn der auf dem Objekt abzusichernde Darlehensbetrag unter Einbeziehung aller Vorlasten den Betrag von 400000 Euro (Kleindarlehensgrenze) nicht übersteigt. Bei einer teilweise gewerblichen Nutzung des Objektes darf jedoch der darauf entfallende Ertragsanteil ein Drittel des Rohertrags nicht übersteigen. Anstelle des Gutachtens ist eine vereinfachte Wertermittlung zu erstellen. Die Erleichterungen der vereinfachten Wertermittlung umfassen insbesondere einen geringeren Umfang der Dokumentation sowie in Einzelfällen Erleichterungen bei der Objektbesichtigung. Die Ordnungsmäßigkeit der vereinfachten Wertermittlung muss in regelmäßigen Abständen von einem Gutachter auf der Grundlage einer hinreichend großen Zahl repräsentativer Stichproben überprüft und dokumentiert werden.

Aufgaben des Treuhänderassistenten und Bedeutung des Treuhänders

Der Treuhänderassistent ist zentraler Dreh- und Angelpunkt des Pfandbriefgeschäftes und koordiniert die mit dem Pfandbriefgeschäft verbundenen Abteilungen. Grundsätzliche Aufgabe des Treuhänderassistenten ist die Führung des Deckungsregisters und damit die Überprüfung der Werte hinsichtlich ihrer Eignung. Gemeinsam mit den Bereichen Treasury und Controlling ist vor einer Neuemission die Einhaltung der gesetzlichen Grenzen zu gewährleisten. Darüber hinaus ist der Treuhänderassistent zentraler Ansprechpartner für die BaFin und den Treuhänder.

Zum Betreiben des Pfandbriefgeschäftes ist gemäß § 7 PfandBG ein Treuhänder sowie mindestens ein Stellvertreter erforderlich. Die befristete Bestellung der Treuhänder erfolgt ausschließlich durch die BaFin, wobei die Pfandbriefbank einen Vorschlag unterbreiten darf. Für das Amt des Treuhänders beziehungsweise des Stellvertreters kommen ausschließlich Personen in Frage, die über ausreichende Fachkenntnisse verfügen und in der Nähe des Geschäftssitzes der Pfandbriefbank ihren Wohnsitz haben. Sie müssen beide unabhängig von der Pfandbriefbank sein. Die Höhe der Vergütung für den Treuhänder und seinen Stellvertreter wird von der BaFin festgesetzt.

Controlling und Reporting

Der Treuhänder überwacht die vorschriftsmäßige Deckung und Führung des Deckungsregisters sowie stichprobenartig die in das Deckungsregister eingetragenen Werte, unter anderem hinsichtlich der Festsetzung der ermittelten Beleihungswerte. Dem Treuhänder ist Zugang zu allen im Rahmen des Pfandbriefgeschäfts erforderlichen Unterlagen zu gewähren. Sollte der Treuhänder während seiner Prüfungstätigkeit Unregelmäßigkeiten feststellen, ist er verpflichtet, der BaFin Auskunft darüber zu geben. Darüber hinaus ist er nicht an Weisungen der BaFin gebunden.

Zu den weiteren Aufgaben des Treuhänders zählt, bei einer neuen Pfandbriefemission auf der Pfandbriefurkunde zu quittieren, dass die vorgeschriebene Deckung vorhanden ist. Auch die Löschung von einzelnen Deckungswerten bedarf der schriftlichen Zustimmung des Treuhänders.

Zur Begrenzung der Risikokonzentration ist im Rahmen der Risikosteuerung für das Pfandbriefgeschäft ein Limitsystem zu erstellen. Hierauf basierend ist es Aufgabe der Controllingabteilung für die Identifizierung, Beurteilung, Steuerung und Überwachung sämtlicher mit dem Pfandbriefgeschäft verbundenen Risiken, wie insbesondere Adressenausfallrisiken, Zins-änderungs-, Währungs- sowie sonstiger Marktpreisrisiken, operationeller Risiken und Liquiditätsrisiken, Sorge zu tragen.

Mit der Pfandbriefnovelle aus dem Jahre 2009 wurde zusätzlich zur Sicherung der Liquidität eine kurzfristige Betrachtung des maximal kumulierten Liquiditätsbedarfs mit aufgenommen. Hier ist ein taggenauer Abgleich der künftigen Zahlungsströme für die nächsten 180 Tage durchzuführen, um die Rückzahlung von fällig werdenden Pfandbriefen zu garantieren.

Zusätzlich zur Überwachung von Risiken aus dem Pfandbriefgeschäft ist das Controlling verpflichtet, Angaben nach §28 PfandBG quartalsweise zu veröffentlichen, um Investoren einen Einblick in die Deckungsmasse und dessen Struktur zu gewähren. Die Tabelle 3 zeigt das Reporting des

Pfandbriefumlaufs sowie der Deckungsmasse. Gegliedert wird diese Übersicht nach Angaben zum Nennwert, Barwert und dem Risikobarwert, der einen Stresstest simuliert. Des Weiteren wird die prozentuale Deckungskongruenz ausgewiesen sowie die nach § 4 Abs. 1 PfandBG geforderte sichernde Überdeckung.

Qualitätserhöhung

Der Pfandbrief erfreut sich nach wie vor großer Beliebtheit und findet zunehmend Eingang als Refinanzierungsinstrument in der S-Finanzgruppe. Die Kosten der Refinanzierung wurden in der Sparkasse Hanau mit der Emission von Pfandbriefen reduziert. Die in diesem Zusammenhang entstehenden Kosten verändern die Vorteilhaftigkeit des Pfandbriefgeschäfts nur geringfügig. Vielmehr tragen die neu eingeführten Prozesse zu einer weiteren Qualitätserhöhung bei.

Dr. Ingo Wiedemeier , Vorsitzender des Vorstands , Frankfurter Sparkasse
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