Aufsätze

Perspektiven für Investoren in Afrika – über einen Kontinent im Aufbruch

Afrika - damit verbinden viele Menschen vor allem Elend, Safaris und Stillstand. Im Zuge der Fußball-WM hat sich das Bild in den Medien etwas gewandelt. Sie thematisieren jetzt öfter auch die wirtschaftliche Entwicklung oder spannende touristische Regionen. Dennoch ist der Kontinent für die meisten Investoren der letzte weiße Fleck auf der Landkarte. Die meisten beachten bestenfalls die Börse Johannesburg: Sie wissen oft gar nicht, dass es mehr als 20 weitere Handelsplätze auf dem Kontinent gibt. Hier stellen internationale Investoren, je nach Land, nur zwischen zehn und 25 Prozent der Börsenumsätze. Kontinuierliches Wachstum Dabei wächst "Real Africa" - also die Volkswirtschaften südlich der Sahara - seit einigen Jahren beachtlich. Auch politisch holt der Kontinent auf. Experten zufolge ist die Region derzeit auf demselben Stand wie Südostasien vor 25 Jahren und könnte, wie Vertreter des schwedischen Unternehmens Ericsson formulierten, das nächste ganz große Ding werden. So verzeichnet dieser Wirtschaftsraum nach den Schwellen- und Entwicklungsländern Asiens das zweithöchste Wachstum der Welt. Das Bruttoinlandsprodukt legt 2010 im Schnitt um 4,7 Prozent zu. Die Prognosen für 2011 liegen zwischen fünf und sechs Prozent. Nach Schätzungen des Internationalen Währungsfonds IWF wird sich diese Dynamik auf Jahre hinaus halten. Auch im Langfristvergleich überzeugen die Zahlen. Volkswirte des IWF errechneten seit 2002 ein durchschnittliches Wachstum des Bruttoinlandsprodukts von 5,2 bis 6,7 Prozent per annum. Selbst in der Finanzkrise erwiesen sich die Volkswirtschaften und ihre Finanzsysteme als robust. Das dynamische Wirtschaftswachstum der letzten Jahre hat sich im Gefolge der weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise zwar abgeschwächt, doch es kam in Afrika insgesamt zu keiner Rezession. Nur einige wenige Staaten hatten in 2009 ein Nullwachstum zu verzeichnen. Dazu gehörte Angola, das inzwischen wieder zu den dynamischsten Ländern der Welt zählt. Nur wenige erlitten eine wirtschaftliche Kontraktion, darunter Südafrika und Botsuana. Doch in diesem Jahr geht es überall in Afrika wieder aufwärts. Es ist davon auszugehen, dass diese Prognosen demnächst sogar nach oben korrigiert werden. Denn einige Länder wachsen deutlich schneller. Dazu zählt Angola, wo das Bruttoinlandsprodukt in diesem Jahr um neun Prozent zulegt und Äthiopien mit mehr als zehn Prozent Wachstum. Auch Ghana, vor dessen Küste größere Ölfunde gemacht wurden, dürfte überraschen. Überall im Land wird gebaut. Internationale Firmen eröffnen Niederlassungen. Für 2011 wird die Wirtschaft nach Schätzungen der ghanaischen Zentralbank um 20 Prozent wachsen. Immer mehr Unternehmer entdecken die Region. So stiegen die Auslandsinvestitionen von wenigen Milliarden Dollar anno 1990 auf knapp 60 Milliarden Dollar anno 2008. Sie fallen inzwischen höher aus als die Beträge, die aus Mitteln der Entwicklungshilfe in die Region fließt. Fast jeder Zweite lebt hier von weniger als einem Dollar am Tag. 31 Prozent sind unterernährt. Humanitäre Hilfe bleibt gefragt. Doch echtes Geschäft verbessert langfristig auch die Lebensbedingungen der Menschen. So zeigt sich die Stabilisierung der Wirtschaft in vielen Ländern bereits an einem Rückgang der Inflationsrate. Die Teuerungsraten sind von durchschnittlich 25 Prozent in den neunziger Jahren auf durchschnittlich acht Prozent per annum gesunken. Tendenz abnehmend (Abbildung). Nachhaltige Trends Die afrikanischen Volkswirtschaften verdanken ihr hohes Wachstum vor allem der steigenden Nachfrage nach Rohstoffen, die etwa 80 Prozent der Exporte stellen. Insbesondere das hohe Wachstum der asiatischen Volkswirtschaften erfordert ständigen Nachschub bei diesen Ressourcen. Afrika verfügt über zehn Prozent der Öl- und acht Prozent der Gasreserven weltweit. Die Quellen liegen vor allem in Nigeria und Angola, Algerien und Ägypten. Auch der Nachfrageboom nach Bunt- und Edelmetallen sowie wichtigen mineralischen Rohstoffen sorgt für Wachstum - vor allem in Südafrika und Ghana - den größten Goldproduzenten des Kontinents. Während das Öl oft von internationalen Konzernen exploriert wird, sitzen einige der größten Minengesellschaften der Welt in Südafrika. Der starke Rand und die Energieknappheit treiben jedoch derzeit die Kosten der Anbieter in die Höhe. Sie müssen immer wieder mit teuren Generatoren eigenen Strom erzeugen oder die Produktion ganz einstellen. Zudem sind vielfach tiefere Bohrungen nötig, um an die knapper werdenden Vorräte zu kommen. Die Produktionskosten sind daher höher als in Kanada und Australien. Zuwächse verzeichnen vor allem Gesellschaften wie Anglogold Ashanti und Goldfields, die auch in anderen Ländern Minen betreiben. Neben Bergbau- und Minengesellschaften sind in vielen Ländern vor allem Banken, Konsumtitel, Energiewerte und Telekommunikationsunternehmen für Investoren interessant. Fast bei allem besteht Aufholbedarf. Vielerorts entsteht langsam eine Mittelschicht, die konsumieren will. Die Zahl der Mobiltelefone wächst dabei rasant. Und der Ausbau von Internet- und Telefonnetzen treibt die Entwicklung voran. Die Küsten des Kontinents werden derzeit über Tiefseekabel mit dem Rest der Welt verknüpft. Breitbandkabel und Glasfasernetze senken die Kommunikationskosten und sorgen für neuen Schwung. Aufschwung für Bankgeschäfte Zudem werden Banken ein Grundpfeiler des Wachstums sein. Noch verfügen die meisten Afrikaner über kein eigenes Konto. 80 Prozent der Löhne werden bar ausbezahlt. Selbst in weiter entwickelten Ländern wie Südafrika und Ägypten haben die meisten Menschen keine Möglichkeit, Kredite aufzunehmen. Zu den Innovatoren zählt die Equity Bank in Kenia, die sich anfangs zunächst ähnlich wie die Grameen Bank in Bangladesh auf Microfinanz spezialisiert hatte. Heute ist sie Universalbank, dominiert mit 52 Prozent Marktanteil Kenia und ist auch in Uganda, Ruanda und im Sudan aktiv. Das Finanzzentrum Westafrikas ist Nigeria. Nachdem sich einige Banken im vergangenen Jahr verspekuliert und hohe Kredite vergeben haben, gingen die Finanztitel in den Keller. Auch solide Institute wurden abgestraft und sind jetzt attraktiv bewertet. Unterm Strich kann man das politische Risiko bei Afrika-Investments nicht wegdebattieren. Stets besteht die Gefahr von Rückschlägen. Doch der Kontinent holt auf - und nicht nur in wirtschaftlicher Hinsicht. So galten in der Sub-Sahara- Zone der achtziger Jahre nur Mauritius und Botsuana als demokratisch. Seit 1990 fanden jedoch mehr als 40 mehr oder weniger demokratische Wahlen statt, an denen Vertreter mehrerer Parteien teilnahmen. Viele Länder haben Reformen angestoßen, die zu spürbaren Verbesserungen geführt haben. Botsuana, Mauritius, Kapverden, Südafrika und Namibia gelten als vorbildlich. Auch Ghana, die Seychellen und Tunesien können hinsichtlich der Good Governance punkten. Doch selbst das krisengeschüttelte Simbabwe ist eine Überlegung wert. Noch hemmt zwar die mitunter despotische Herrschaft Robert Mugabes die Entwicklung. Doch immerhin wurde die hohe Inflation des Landes durch eine erfolgreiche Währungsreform eingedämmt. Dadurch wurden die auf Zim-Dollar lautenden Verbindlichkeiten aller Unternehmen auf einen Schlag gestrichen. Vor allem wertvolle Immobiliengesellschaften sind jetzt stark unterbewertet. Der Diktator ist bereits 86 Jahre alt und muss in einer Koalition regieren. Bahnt sich in Zukunft eine bessere politische Lösung an, kommt es hier zu einem Börsenhype. Mehr als 20 Börsenplätze decken den afrikanischen Markt ab. An der Börse in Johannesburg notieren Aktien im Wert von 800 Milliarden Dollar. Hier ist der mit Abstand größte Finanzplatz des Kontinents. Doch die Dynamik Südafrikas ist nicht mit der Region südlich der Sahara zu vergleichen. Der zweitgrößte Marktplatz des Kontinents ist Kairo im wachstumsstarken Ägypten. Hier sind Papiere im Gesamtwert von 80 Milliarden Euro gelistet. Darauf folgt die Börse Casablanca mit 72 Milliarden. Manko: Marokkaner sind gewissen Devisenbeschränkungen unterworfen und legen deshalb ihre Ersparnisse bevorzugt in heimischen Aktien an. Die weiteren Plätze belegen Nigeria mit einer Marktkapitalisierung von 38 Milliarden Dollar, Kenia mit 14 Milliarden Dollar und Tunesien mit 12 Milliarden. Bei den übrigen Märkten liegt der Wert der Aktien bei unter zehn Milliarden Dollar. Angelsächsische Regeln In Nigeria sind vor allem die Banken attraktiv. Auch solide Institute kamen unter Druck, als einige Finanzdienstleister zu hohe Kredite vergeben haben. Deshalb ist etwa die First Bank of Nigeria, eine der größten Banken des Landes, attraktiv bewertet. In Kenia ist der Mobilfunkanbieter Safaricom gelistet. Das Unternehmen macht sich zunutze, dass viele Afrikaner zwar über ein Handy verfügen, jedoch nicht über ein Bankkonto und bietet Bezahlsysteme via Handy an, die im ganzen Land weit verbreitet sind. Sogar das Taxi wird in Kenia damit bezahlt. Doch wer in die Länder südlich der Sahara investieren will, braucht Fingerspitzengefühl. Die geringe Liquidität ist an allen Marktplätzen ein Manko. Hier helfen gute Brokerkontakte. Für größere Summen braucht es zudem oft mehrere Handelstage für den Einstieg. Bei kleineren Titeln lohnt es, sukzessive in steigende Kurse zu verkaufen, wenn das gesetzte Kursziel in erreichbare Nähe rückt. Im Zweifelsfall ist es besser, früh auszusteigen - also bevor der Kurs dreht und die Aktie sinkt; denn dann kann sich die Marktenge negativ auswirken. Doch letztendlich läuft der Börsenhandel sehr professionell ab. Das gilt auch für Länder, die über einen zweifelhaften Ruf verfügen. So ist Nigeria der größte Binnenmarkt des Kontinents und Lagos derzeit einer der spannendsten Börsenplätze der Region. Doch das Land ist auch für eine weit verbreitete Korruption bekannt. Dieses Thema spielt auf dem Kapitalmarkt allerdings kaum eine Rolle, denn die nigerianische Zentralbank und die SEC greifen hart durch. Es gelten angelsächsische Regeln. Firmen, die nachhaltig gegen Berichtspflichten verstoßen, riskieren den Ausschluss vom Börsenhandel. Wer nicht direkt in Afrika investieren möchte, kann auch Titel kaufen, die an etablierten Marktplätzen gehandelt werden. Etliche südafrikanische Werte sind sogar in Deutschland gelistet. Bei den übrigen Märkten gibt es jedoch nur wenig Auswahl. So notieren die Aktien von Maroc Telecom und Total Gabon in Paris. In London werden GDRs der nigerianischen Banken Guaranty Trust Bank und Diamond Bank gehandelt. Dann gibt es einige unnotierte GDRs, zum Beispiel Papiere der malawischen Gesellschaft Presscorp. In den USA werden ADRs von einigen ägyptischen Standardwerten wie Al Ezz Steel, Commercial International Bank, EFG Hermes, Lecico Egypt, Orascom Construction, Orascom Telecom, Paints & Chemicals, Suez Cement und Telecom Egypt gehandelt. Attraktive Minenwerte mit Afrika-Fokus Die große Mehrheit dieser sogenannten "Africa Plays" sind Bergbauunternehmen und Explorationsgesellschaften. Hierunter versteht man Aktien von vorwiegend in Afrika tätigen Unternehmen, deren Geschäftssitz außerhalb von Afrika liegt, und deren Aktien an internationalen Börsen, vornehmlich Toronto, London oder Sydney, gehandelt werden. Die hoch kapitalisierten Vertreter dieser Gruppe sind wesentlich liquider als die meisten Aktien an afrikanischen Börsen außerhalb Südafrikas (Tabelle). Die Auswahl an börsengehandelten ETFs auf dem afrikanischen Markt ist bislang überschaubar. So gibt es den iShares MSCI South Africa Index Fund, den Market Vectors Africa Index und den SPDR S&P Emerging Middle East & Africa. Der Schwerpunkt liegt dabei meist auf der Börse Johannesburg. Zu den Anbietern von Aktienfonds mit Schwerpunkt Afrika gehören neben Nestor die DWS, Julius Bär, JP Morgan, Nordea, Pictet, UBS und Wallberg. Die Strategien sind unterschiedlich. Das Nestor-Portfolio investiert breit gestreut in den Raum südlich der Sahara. Bei Investments in wenig entwickelte Volkswirtschaften bestehen große Chancen. Aber es gibt auch stets die Gefahr von Rückschlägen. Auch wenn sich also viele attraktive und günstig bewertete Titel an Afrikas Börsen finden lassen, sind die Investments meistens Beimischungen für breit diversifizierte Aktien-Portfolios. Anleger beachten aber auch Risiko mindernde Effekte: Diversifikation: Afrikanische Börsen korrelieren mit Ausnahme von Johannesburg kaum mit den Weltfinanzmärkten und entwickeln sich auch relativ unabhängig zueinander. Folge: Das Risiko im Depot lässt sich durch Beimischung afrikanischer Aktien in einem international anlegenden Portfolio deutlich reduzieren. Risiko-Hedge: Viele Länder auf dem schwarzen Kontinent sind reine Cash Economies, die mit dem Weltfinanzsystem kaum verflochten sind. Mangels eines funktionierenden Kreditwesens sind Finanzierungen für viele Unternehmen schwierig. Eine Blasenbildung ist daher kaum zu erwarten. Geringe Verschuldung: Nach dem Schuldenerlass, den die G8-Staaten 2005 für hoch verschuldete Länder beschlossen haben, ist eine Staatsschuldenkrise in vielen Ländern des Kontinents in weiter Ferne. Voraussichtlich 20 Staaten profitieren davon. Vorreiter in puncto Staatsverschuldung ist Nigeria, wo die Kredite nur noch 14 Prozent vom Bruttoinlandsprodukt ausmachen, nachdem das Land Auslandsschulden vorzeitig getilgt hat. Davon können westliche Volkswirtschaften nur träumen. Unterm Strich sind Investments in Afrika für Investoren aus entwickelten Ländern attraktiv. Während derzeit auch aufgrund der Finanzkrise in den westlichen Märkten die finanzielle Stabilität sinkt, wird Afrika zunehmend stabiler. Zudem stagniert in vielen Industrieländern die Wirtschaft, während das Bruttoinlandsprodukt in Afrika wächst. Viel Geld wird daher in den nächsten Jahren in die Emerging Markets fließen - und damit auch nach Afrika.

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