Aufsätze

Risikomanagement, Eigenkapital- und Banksteuerung über Verbriefungstransaktionen

Der Eigenkapital-Allokation kommt im Rahmen einer risiko-/renditeorientierten Gesamtbanksteuerung besondere Bedeutung zu. Welche Geschäftsfelder sollen mit Blick auf die Risiko-/Ertragsrelation weiter ausgebaut und mit zusätzlichem Kapital ausgestattet werden? Durch welche Maßnahmen kann die Kapitalbindung bestimmter Bankgeschäfte reduziert werden, ohne sich aus dem Markt, zum Beispiel aus dem Kreditgeschäft, zurückzuziehen?

Enge Verknüpfung

Ausleihungen des Bankensektors vor allem an das verarbeitende Gewerbe haben zuletzt trotz des anhaltenden Margendrucks wieder zugenommen. Begünstigt durch das konjunkturelle Umfeld steigt allmählich die Kreditnachfrage, aber auch die Angebotsbedingungen haben sich verbessert. Der (Kredit-)Risikoappetit der Banken hat sich zwar nicht grundlegend verändert, allerdings ermöglichen ausgefeilte Kreditportfolio-Management-Strategien in Verbindung mit neuen beziehungsweise weiterentwickelten Instrumenten des Kreditrisikotransfers eine Ausweitung der Kreditvergabe, ohne dass in gleichem Maße zusätzliches Eigenkapital gebunden wird. Das nutzt den Kreditgebern wie -nehmern und zeigt, wie eng Eigenkapitalsteuerung, Kreditportfolio-Management und die Verbriefung von Kreditrisiken miteinander verknüpft sind.

Die Allokation von Eigenkapital auf einzelne Geschäftsbereiche ist Voraussetzung für eine wertorientierte Gesamtbanksteuerung. Entscheidendes Bindeglied zwischen der eher berichtsorientierten Betrachtung des Kapitals aus Sicht des Rechnungswesens und der transaktionsbezogenen Sichtweise der Geschäftsbereiche ist dabei das sogenannte ökonomische Kapital der Bank. Als Risikomaß umfasst es die Summe aller Risiken und mithin den Kapitalbedarf der Bank, um etwaige Verluste abfedern zu können. Die meisten ökonomischen Kapitalmodelle unterscheiden hinsichtlich der Risikoarten in Kreditrisiko, Marktrisiko, operationales Risiko sowie Geschäftsrisiko. Teilweise wird darüber hinaus ein Diversifikationsnutzen der Risikoarten untereinander berücksichtigt.

Jeder Geschäftsbereich bindet ökonomisches Kapital in Abhängigkeit der Risiken, die der Bereich birgt. Vorausschauendes Management verlangt, dass die Eigenkapitalausstattung einer Bank jederzeit ausreichend sein muss, um das quantifizierte Risikopotenzial abzudecken. Das bilanzielle Eigenkapital muss also mindestens so groß sein, wie das berechnete ökonomische Kapital. Hieraus ergeben sich drei wichtige Konsequenzen für ein wertorientiertes Management:

- Bilanzielles Eigenkapital wird auf die Geschäftsbereiche allokiert. Grundlage der Allokation sind die ökonomischen Risiken, deren Höhe maßgeblich durch das ökonomische Kapital bestimmt werden.

- Eigenkapitalkosten werden auf das allokierte Eigenkapital berechnet. Jeder Geschäftsbereich muss dauerhaft mindestens die Kapitalkosten auf das ihm zugeordnete Kapital verdienen.

- Das Vorhalten von bilanziellem Eigenkapital über das erforderliche ökonomische Kapital hinaus ist unproduktiv, wenn es nicht für strategische Zwecke, zum Beispiel der Vorbereitung einer Akquisition aufgebaut wird. Langfristig vorhandenes, überschüssiges Eigenkapital sollte daher an den Aktionär zurückgegeben werden.

Wettbewerb um die Finanzressource Kapital

Die Kapitalallokation setzt Risiko und Ertrag der einzelnen Geschäftsbereiche in Relation. Sie schafft damit Transparenz und ermöglicht einen neutralen und objektiven Wettbewerb um die Finanzressource Kapital. Der absolute Ergebnisbeitrag nach Kapitalkosten, auch "Wertbeitrag" genannt, macht die Zielerreichung der Unternehmensbereiche untereinander vergleichbar. Wichtiger noch ist die Grenzbetrachtung der Wertschöpfung, mit anderen Worten: Wie hoch ist der marginale Wertbeitrag eines Geschäftsbereichs je zusätzlich eingesetzter Einheit Kapital?

Gerade diese marginale Wertschöpfung ist ein zentrales Kriterium bei der Ressourcensteuerung. Da Eigenkapital nur in begrenztem Umfang zur Verfügung steht, wird es auf diejenigen Geschäftsfelder verteilt, die den höchsten Grenznutzen erzielen. Ziel der Kapitalallokation und der wertorientierten Steuerung der Bank ist es schließlich, ein Geschäftsportfolio zu schaffen, in dem jeder Bereich mehr als die Kosten auf das gebundene Kapital verdient. So entsteht ein Portfolio, das organisch wachsen kann und konstant zusätzliches Eigenkapital generiert. Dieses zusätzliche Eigenkapital kann entweder zur Unterlegung von neuen Geschäftsaktivitäten genutzt oder an die Aktionäre zurückgegeben werden.

Mit der Kapitalallokation einhergehend, werden die Kapitalquoten der Bank aktiv gesteuert. Die Steuerung beschränkt sich somit nicht nur auf die Kapitalbasis, sondern bezieht auch das Risikoprofil in Form von Risikoaktiva mit ein.

Lenkung der Ressourcen in Richtung wertschaffender Geschäftsbereiche

Die Kapitalbasis kann beispielsweise durch eine klassische Kapitalerhöhung aufgestockt werden oder aber es wird hybrides Kernkapital emittiert, um lediglich das regulatorische Kapital zu unterstützen. Andererseits kann vorhandenes Überschusskapital durch den Einsatz von Aktienrückkäufen zeitnah an die Aktionäre zurückgegeben werden. Die durch Aktienrückkäufe verringerte Eigenkapitalbasis führt zu einer Erhöhung der Eigenkapitalrendite und zu einer Reduzierung der Kapitalkosten. Dies wiederum steigert den Wertbeitrag und damit letztlich auch den Aktienwert.

Zur Steuerung der Risikoaktiva werden den einzelnen Geschäftsbereichen verbindliche Obergrenzen vorgegeben. Um eine optimale Ausnutzung der Risikoaktivalimite zu gewährleisten, hat die Deutsche Bank ein internes Clearing-House etabliert. Über das Clearing-House können freie Limite gehandelt und zwischen den Geschäftsbereichen reallokiert werden. Dadurch werden nicht nur Ressourcen in Richtung wertschaffender Geschäftsbereiche gelenkt, sondern auch externe Verbriefungstransaktionen begrenzt und somit zusätzliche Kosten vermieden.

Der Verkauf einzelner Darlehen führt zu einer vollständigen Reduktion von Risikoaktiva und Ökonomischem Kapital. Anwendbar ist er jedoch nur, wenn eine entsprechende Einwilligung des Kreditnehmers vorliegt, was zumindest bei den deutschen mittelständischen Kunden derzeit eher die Ausnahme darstellt. Selbst wenn solche Zustimmungen vorliegen, ist ein Verkauf einzelner mittelständischer Firmenkundendarlehen ausgesprochen schwierig. Da über diese Kundengruppe in der Regel wenig Informationen öffentlich verfügbar sind, ist für die Investoren die Analyse der Risiken schwierig und aufwendig. Aufgrund der in der Regel geringen Losgrößen fällt die Kosten-Nutzenanalyse der Investoren somit oft schlecht aus, der Markt für solche Risiken ist daher gegenwärtig schwach ausgeprägt.

Obwohl der Markt für Credit Default Swaps aufgrund der auf solchen Märkten üblicherweise verwandten standardisierten Produkte per se Vorteile gegenüber Kreditverkäufen aufweist, ist dieser Markt ebenso wie der Markt für Kreditverkäufe zur Absicherung mittelständischer Firmenkundendarlehen bislang kaum vorhanden. Neben den oben genannten Gründen spielt hier das Fehlen externer Ratings sowie das Fehlen ausstehender Bonds der Kreditnehmer, die als Referenzasset genutzt werden könnten, eine Rolle.

Selbst bei besseren Rahmenbedingungen wäre die Absicherung großer Kreditportfolios durch Anwendung der beiden Instrumente aufgrund der geringen Losgrößen ausgesprochen aufwendig.

Portfoliotransaktionen

Abhilfe für das aktive Management mittelständischer Firmenkundendarlehen schaffen daher Portfoliotransaktionen. Dabei werden zumeist Tausende von Darlehen zu Pools zusammengefasst und die Kreditrisiken des Portfolios strukturiert, das heißt in unterschiedliche Risikopositionen aufgeteilt. Anschließend werden in Abhängigkeit von den angestrebten Zielen einige oder alle unterschiedlichen Risikopositionen an einen oder mehrere Investoren weitergegeben, entweder durch Verkauf der Risikopositionen oder durch den Einkauf von Sicherheiten (synthetische Verbriefung).

Die Deutsche Bank AG hat im Rahmen ihrer "Gate"-Verbriefungen das Kreditrisiko, das den erwarteten Ausfällen sowie dem größten Teil der unerwarteten Ausfälle des Kreditportfolios entspricht, mittels eines

Credit Default Swaps an eine Zweckgesellschaft weitergegeben. Diese hat sich ihrerseits eine Kreditrisikoabsicherung durch die Begebung von Credit Linked Notes eingekauft. Zudem hat die Deutsche Bank AG die übrigen unerwarteten Risiken durch Abschluss eines Super Senior Swaps direkt mit einem Investor abgesichert.

Bei diesen Kreditverbriefungstransaktionen müssen die Kreditnehmer dann nicht um Zustimmung bezüglich der Aufnahme ihrer Darlehen in die Portfoliotransaktion gebeten werden, wenn der ursprüngliche Kreditgeber der Servicer bleibt, das heißt alleiniger Ansprechpartner des Kreditnehmers. Auch ist für die Investoren die Angabe der Namen entbehrlich, weil die Einzelnamen innerhalb des Portfolios nur ein sehr geringes Gewicht haben. So macht die größte Kreditnehmergruppe innerhalb eines solchen Portfolios üblicherweise nicht mehr als ein bis zwei Prozent des Transaktionsvolumens aus.

Die Bank als alleiniger Ansprechpartner

Von wenigen Ausnahmen abgesehen, greift die Bank daher hauptsächlich auf synthetische "blind-pool" Verbriefungen zurück. Der externe Investor erhält weder Kundennamen noch weitere vertrauliche Informationen über die im Portfolio befindlichen Schuldner. Das Bankgeheimnis bleibt selbstverständlich gewahrt. Weiterhin bleibt die Bank alleiniger Ansprechpartner des Kunden.

Im Rahmen des aktiven Portfolio-Managements wird entschieden, wie mit den Kreditengagements nach der Kreditvergabe umzugehen ist. Lange Zeit verfolgte die Bank eine klassische Buy-and-Hold Strategie. Vergebene Kredite wurden in die Bücher genommen und bis zur Fälligkeit gehalten. Als sinnvolle Weiterentwicklung ist die Deutsche Bank zu einem aktiven Portfolio-Management übergegangen.

Hierzu wurde eine portfolioübergreifend einheitliche Hedging Richtlinie eingeführt, die auf alle Unternehmen gleichermaßen gemäß deren jeweiligen Ratings Anwendung findet; ein "Cherry Picking" findet somit nicht statt. Die Ermittlung des Risikoappetits erfolgt auf Einzelkundenebene (sogenannte Thresholds). Die Höhe des jeweiligen Risikoappetits ist dabei abhängig vom Rating und der jeweiligen Größenklasse des Kunden. Weiter fließen Sicherheiten in die Ermittlung ein, und es wird hinsichtlich Kreditarten unterschieden (voll gezogene Annuitätenkredite beziehungsweise Darlehen mit fester Tilgungsstruktur versus zugesagte, aber nicht oder nur teilweise genutzte Kreditlinien).

Deutliche Reduzierung des Wertberichtigungsbedarfs

Ist der Risikoappetit auf Kundengruppenebene definiert, bestimmt die Höhe des verbleibenden Risikobetrages das weitere Vorgehen im Portfolio-Management. Befindet sich dieser im Rahmen des Risikoappetits, wird die Bank in aller Regel das Kreditrisiko unverändert auf den Büchern halten. Übersteigt das verbleibende Nettorisiko allerdings den definierten Risikoappetit, verfolgt die Bank im Rahmen des aktiven Portfoliomanagements die Strategie, zumindest einen Teil etwaiger Klumpenrisiken bei externen Parteien abzusichern.

Innerhalb des Risikomanagements der Deutschen Bank ist die Steuerung der Kreditrisiken großer und mittelgroßer Firmenkunden in der Loan Exposure Management Group angesiedelt. Hierdurch gelang es in den letzten Jahren, den Wertberichtigungsbedarf deutlich zu reduzieren und gleichzeitig profitable Kundenbeziehungen weiter auszubauen. Preisdisziplin und Transparenz sind das Ergebnis eines kapitalmarktbasierten Preismechanismus.

Die Loan Exposure Management Group stellt im Kreditgeschäft einen marktorientierten Risikopreis. Liegt dieser über der Marge des Kredites, so müssen die Produktbereiche (Sponsoren) für die Unterdeckung (Shortfall) aufkommen. Eine Kreditzusage wird nur ausgereicht, wenn die Sponsoren über die Aufteilung des Shortfalls Einigung erzielen. Die marktorientierten Benchmarks orientieren sich primär an den Konditionen, die auf dem Markt für Kreditderivate beziehungsweise Verbriefungstransaktionen zu zahlen sind.

Illiquide Mittelstandskredite

Für liquide gehandelte Kreditrisiken lässt sich die Risikoprämie unmittelbar aus Kapitalmarktbeobachtungen ableiten, zum Beispiel aus den Marktpreisen für Credit Default Swaps. Indem man aus Marktbeobachtungen für liquide gehandelte Namen geeignete Durchschnitte bildet, erhält man generische Spread-Kurven, die für das Pricing weniger liquider Kreditrisiken verwendet werden können.

Anders ist dagegen die Situation bei typischerweise illiquiden Mittelstandskrediten. Für deren Illiquidität ist ein Aufschlag zu zahlen, der sich mit Hilfe von Kreditverbriefungen bestimmen lässt. Haupteinflussfaktoren für die Preisbildung sind interne Ratings sowie Sicherheitenwerte.

Im Unterschied zu diesem kapitalmarktbasierten Pricing stellt das Raroc-Pricing den zu bepreisenden Kredit in den Portfoliozusammenhang des bereits bestehenden Kreditportfolios der Bank. Dies impliziert, dass unter anderem die Korrelation dieses Neukredites zum bestehenden Portfolio den Preis des Neukredites bestimmt. Dieser Zusammenhang zwischen Pricing und Korrelation ist für den Praktiker teilweise intransparent und den Bankkunden nur schwer zu kommunizieren.

Aus diesen Gründen hat die Deutsche Bank AG das Raroc-Pricing durch ein kapitalmarktbasiertes Pricing ersetzt. Dieses kapitalmarktbasierte Pricing, zusammen mit der gleichzeitig eingeführten Preisdisziplin, führte zu einer deutlichen Steigerung sowohl der Transparenz als auch der Profitabilität des Kreditgeschäftes.

Kapitalmarktorientiertes Kreditpricing

Raroc und Return on Equity bleiben aber weiterhin die Kennziffern, nach denen die Profitabilität einzelner Geschäftsbereiche beurteilt wird und nach denen die Eigenkapitalsteuerung der Bank erfolgt. Das Konzept des kapitalmarktbasierten Kreditpricings steht dabei keineswegs im Widerspruch zur Return-on-Equity-Steuerung: Denn durch das konsequente Hedging und Ausplatzieren von Klumpenrisiken ergibt sich ein gut diversifiziertes Kreditportfolio, das ein vergleichsweise geringes ökonomisches Kapital bindet und somit einen vergleichsweise hohen Return on Equity ergibt. Somit ergänzen sich kapitalmarktbasiertes Kreditpricing auf Einzelkundenebene und Return on Equity zu einer konsistenten Gesamtbanksteuerung.

Die Deutsche Bank hat durch ihre gezielte Absicherungspolitik erste positive Erfahrungen in Krisenfällen gesammelt und fühlt sich daher auch für einen sich verschlechternden Kreditzyklus komfortabel aufgestellt.

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