Aufsätze

Sanierung und Abwicklung in Sparkassen und Genossenschaftsbanken - Langfassung -

Das Kreditgeschäft stellt für viele Banken in Deutschland, insbesondere für die Sparkassen und Genossenschaftsbanken, den Kern des Aktivgeschäftes dar und ist somit die bedeutendste Quelle bankgeschäftlicher Risiken.1) Betreibt die Bank einen intensiven Überwachungsprozess, so kann sie aufkommende wirtschaftliche Probleme des Kreditnehmers, das heißt einen sich verändernden Risikogehalt, frühzeitig erkennen und den Kreditnehmer risikoadäquat betreuen.2) Während die Normalbetreuung das klassische, nicht ausfallgefährdete Kreditgeschäft einer Bank ausmacht, stellt die Intensivbetreuung das Bindeglied zwischen unproblematischen und problembehafteten Kreditengagements dar. Da Letztere in Deutschland per 30. Juni 2010 einen Rekordwert von rund 225 Milliarden Euro aufwiesen,3) kommt der erfolgreichen Problemkreditbearbeitung eine hohe Bedeutung zu.

Erfolgsquote und Recovery Rate

Die Problemkreditbearbeitung umfasst sowohl die Sanierung als auch die Abwicklung von Kreditengagements. Die Sanierung zielt auf eine Wiedergesundung des Kreditnehmers und damit auf das Wiedererlangen seiner Ertragskraft ab. Im Erfolgsfall resultiert daraus die Tilgung der Verbindlichkeiten für die Bank. Misslingt eine von der Bank begleitete Sanierung oder wird sie aus betriebswirtschaftlichen Erwägungen erst gar nicht in Betracht gezogen, so wird das Kreditengagement abgewickelt. In der Abwicklung werden die fälligen Forderungen, meist unter Verwertung etwaiger Kreditsicherheiten, eingetrieben. Das Verhältnis aus den diskontierten Nettorückflüssen und dem Forderungsbetrag bei Ausfall (Exposure at Default) wird als Recovery Rate bezeichnet.

Die (Miss-)Erfolgsquote bei Sanierungen sowie die Recovery Rate für den Bereich der Abwicklung stellen zwei wichtige Kennzahlen für die Beurteilung des Erfolges der Problemkreditbearbeitung dar.4) Der vorliegende Beitrag soll auf Basis einer umfassenden Befragung unter den Genossenschaftsbanken und den Sparkassen ein präziseres empirisches Bild über diese zwei Erfolgskennzahlen vermitteln sowie mögliche Treiber für deren Höhe aufzeigen.

Studiendesign

Der von uns entwickelte Fragebogen folgt der Aufbauorganisation des problembehafteten Kreditgeschäftes und besteht aus insgesamt 34 Fragen, wobei hier nur die Inhalte der Bereiche Sanierung und Abwicklung thematisiert werden.5) Der Versand erfolgte Mitte 2011 an die Vorstände sämtlicher zu diesem Zeitpunkt bestehenden 427 Sparkassen sowie 1 132 Genossenschaftsbanken. Die Rücklaufquote betrug 27 Prozent respektive 5 Prozent und ist angesichts des Aufwands für die abteilungsübergreifende Bearbeitung für die Sparkassen erfreulich hoch, jedoch auch für die Genossenschaftsbanken noch akzeptabel.

Ausgefüllt wurden die Bögen in den Sparkassen/Genossenschaftsbanken von Vorständen und Prokuristen (7 Prozent/50 Prozent), Bereichs- (23 Prozent/20 Prozent), Abteilungs- (53 Prozent/18 Prozent) sowie Teamleitern, Spezialisten oder Sachbearbeitern (12 Prozent/5 Prozent). In 5 Prozent/7 Prozent der Fälle ist die Position nicht bekannt. Bei den Genossenschaftsbanken dürfte der hohe Vorstandsanteil die geringere Teilnahmequote erklären. Hierzu passt die Beobachtung, dass bei den Genossenschaftsbanken die größte von zehn Größenklassen (nach Bilanzsumme per 31. Dezember 2010) stark überrepräsentiert, die Teilnahme der Sparkassen hingegen repräsentativ war.6)

Sanierung

In der Sanierung werden Engagements betreut, die von der Normal- oder Intensivbetreuung dorthin übergeleitet wurden. Da die Begleitung im Rahmen der Intensivbetreuung beziehungsweise der Sanierung kostenintensiv ist, sollten nur die Kreditengagements durch entsprechende Spezialisten betreut werden, deren Ausfall das Kreditinstitut spürbar belasten würde (risikorelevante Kreditnehmer; vergleiche Abbildung 1).7) Ausfallgefährdete, nicht risikorelevante Engagements werden entweder in der Normalbetreuung weitergeführt oder abgewickelt.

Für risikorelevante Engagements müssen die Sanierungsfähigkeit und die Sanierungswürdigkeit des entsprechenden Kreditnehmers geprüft werden, da die Sanierung eine Investitionsentscheidung für die Bank darstellt. Auch wenn nicht zwangsläufig das Risiko durch weitere Kredite erhöht wird, so werden zumindest Personalkosten - in Form der intensiveren Betreuung durch einen Sanierungsspezialisten - in den Kunden investiert. Bislang gibt es weder in der Literatur noch in der Praxis eindeutig anerkannte Kriterien für die Sanierungsentscheidung. Auch die MaRisk fordern relativ unpräzise, dass sich die Bank ein Sanierungsgutachten als Entscheidungsgrundlage vorlegen lassen muss.8) Die erforderliche binäre Klassifizierung eines Kreditnehmers als sanierungsfähig oder nicht basiert auf Prognosen, die einen subjektiven Einfluss des Erstellers enthalten und die, anders als Modelle, nicht unter Variationen (zum Beispiel der Höhe eines Forderungsverzichtes) repliziert werden können.

Mit Modellen auf Basis weicher (etwa Managementqualität, Bildung) und harter (beispielsweise Bilanzdaten) Faktoren können Erfolgswahrscheinlichkeiten für Sanierungen prognostiziert, Auswirkungen auf die Erfolgswahrscheinlichkeit einfacher analysiert und subjektive Urteile reduziert werden. Allerdings stellen Modelle nur ein eingeschränktes Abbild der Realität dar. Diese Komplexitätsreduktion ist insbesondere dann kritisch, wenn Spezifika des Kreditnehmers nicht oder nur unzureichend abgebildet werden können.9)

Umfang und Art der Gutachten

Die erstellten Gutachten lassen sich aus Sicht der Bank grundsätzlich in Bezug auf die Herkunft (intern versus extern), den Ersteller und seine Beziehung zum Kreditnehmer (abhängige versus unabhängige Stelle) sowie den entsprechenden Standard (IDW Standard ja/nein) differenzieren. Daher wurden die Institute gefragt, in welchem Umfang welche Arten von Gutachten eingeholt werden, wobei die vorgegebene Skala von 1 (niemals) bis 7 (immer) reicht.

Die Ergebnisse in Tabelle 1, in der - wie üblich - Mittelwerte (MW) angegeben sind, obwohl nur ordinal skalierte Daten vorliegen, zeigen zunächst, dass sich die Art der eingeholten Sanierungsgutachten bei den beiden betrachteten Bankengruppen interessanterweise nicht stark voneinander unterscheidet. So legen sowohl Genossenschaftsbanken als auch Sparkassen großen Wert auf die Erstellung durch eine unabhängige Stelle, was vor dem Hintergrund der Objektivität der Ergebnisse positiv zu beurteilen ist. Weniger Wert wird hingegen auf den Standard der Gutachten gelegt. Da Gutachten nach dem IDW-Standard sehr umfangreich und damit auch teuer sind, resultiert der angeforderte Standard stets aus einer Kosten-/Nutzen-Abwägung.

Zwar werden die entstehenden Kosten in der Regel durch den Kreditnehmer getragen, allerdings hängt dessen Fähigkeit zur Kostenübernahme oft von der Sanierungsentscheidung ab. Des Weiteren ist zu bedenken, dass insbesondere bei kleineren Engagements der höhere Standard wahrscheinlich mit weniger zusätzlichem Nutzen verbunden ist als bei größeren Firmenkunden, was erklären könnte, warum auf die Einhaltung des IDW-Standards bei der Gutachtenerstellung weniger Wert gelegt wird.

Neben der Prognose der Sanierungsfähigkeit ist vor allem die spätere Realisation von entscheidender Bedeutung, da durch einen Soll-Ist-Vergleich Aussagen über die Prognosequalität abgeleitet werden können. Aus diesem Grund wurden die Institute nach der für den Bereich der Sanierung relevanten "Erfolgs"kennzahl, dem Anteil der erfolglosen Sanierungen (Misserfolgsquote), gefragt. Hierbei haben wir uns bewusst für den Misserfolgsfall (Überleitung in die Abwicklung) entschieden, da der Erfolgsfall aus unserer Sicht mit größerem Ermessen behaftet und stark definitionsabhängig ist.10)

Misserfolgsquoten von Sanierungen

Die Misserfolgsquoten wurden (nur) in Kategorien abgefragt. Dies erleichterte den Teilnehmern die Beantwortung ohne zeitaufwendige Recherche enorm und trug daher dazu bei, dass immerhin rund 70 Prozent der Befragten antworteten. Die durchschnittlichen Misserfolgsquoten der Institutsgruppen wurden näherungsweise als mit der Anzahl der Nennungen gewichtete Mittelwerte der Kategorien berechnet. Sie unterscheiden sich zwischen den beiden Institutsgruppen mit 40 Prozent für die Sparkassen und 45 Prozent für die Genossenschaftsbanken nur geringfügig (vergleiche Tabelle 2).

Eine vom Deutschen Sparkassen- und Giroverband (DSGV) durchgeführte Umfrage aus dem Jahr 2008 kommt zu dem Ergebnis, dass bei den aktiven Unternehmenssanierungen eine geschätzte durchschnittliche Erfolgsquote, gemessen über die Rückführung in die Normalbetreuung, von nur zirka 40 Prozent erzielt wird.11) Der Unterschied in der Erfolgsquote von etwa 20 Prozentpunkten kann mehrere Ursachen haben: Beschränkung auf aktive Sanierungen,12) Lernund Erfahrungseffekte in den letzten vier Jahren, unterschiedliche Beteiligung der Sparkassen aus Westfalen-Lippe (0 Prozent versus 31 Prozent).

Unter der Annahme, dass nur Engagements in die Abteilung Sanierung übernommen werden, denen ursprünglich eine entsprechende Sanierungsfähigkeit attestiert wurde, ist es interessant, dass sich in zirka 40 Prozent der Fälle diese Einschätzung nicht bewahrheitet hat. Die Streuung der Misserfolgsquote (vergleiche Tabelle 2) zeigt aber auch, dass es durchaus Institute gibt, die in diesem Bereich deutlich besser abschneiden. Um zu untersuchen, ob ein Zusammenhang zwischen der Art der Gutachten und der Misserfolgsquote besteht, wurde die durchschnittliche Misserfolgsquote in Abhängigkeit des jeweiligen Anteils an externen, unabhängigen respektive IDW-Standard-Gutachten bestimmt (siehe Tabelle 3).13) Dabei wurde an dieser Stelle auf die Unterscheidung zwischen den Bankengruppen verzichtet, da die Fallzahlen für die Genossenschaftsbanken in den einzelnen Kategorien sehr gering sind und sich gemäß Tabelle 1 die Bankengruppen in Bezug auf die Art der Gutachten nur unwesentlich unterscheiden.

Zusammenhang zwischen Objektivität und Erfolgsaussicht

In Tabelle 3 ist aus dem bivariaten Vergleich zunächst zu erkennen, dass der Anteil an externen Gutachten anscheinend keinen wesentlichen Einfluss auf die Misserfolgsquote ausübt, da diese lediglich zwischen 40 Prozent und 45 Prozent schwankt, ohne eine klare Tendenz erkennen zu lassen. Hingegen sind für den Anteil der unabhängigen Gutachten deutliche Unterschiede bei der Misserfolgsquote zu beobachten, da die Randkategorien 2 und 7 zum Teil deutlich geringere Misserfolgsquoten aufweisen als die anderen Kategorien.

Dabei ist jedoch zu beachten, dass die Misserfolgsquote in Kategorie 2 auf nur einer Beobachtung beruht, in Kategorie 7 aber auf 46 von 117 Beobachtungen. Da vor dem Hintergrund der Objektivität ein hoher Anteil unabhängiger Gutachten positiv zu beurteilen ist, erfreut, dass sich dieser Zusammenhang zwischen Objektivität und Erfolgsaussicht der Sanierung in der bivariaten Analyse zeigt.

Für den Anteil der Gutachten nach dem IDW-Standard ist das Bild weniger klar. Eine Erklärung für den generellen Verzicht auf Gutachten nach dem IDW-Standard könnte in der Größe der Bank liegen. So entfallen alle fünf Beobachtungen der Kategorie 1 auf Sparkassen, von denen drei den bilanziellen Größenklassen 1 oder 2 zuzuordnen sind. Dies ist ein Indiz dafür, dass kleinere Sparkassen, die in der Regel kleinere Kreditvolumina aufweisen, verständlicherweise auf Gutachten nach dem IDW-Standard verzichten. Im Vergleich zu den Ergebnissen bezüglich des Anteils der externen und der unabhängigen Gutachten fällt auf, dass die Verteilung der Beobachtungen auf die einzelnen Kategorien deutlich gleichmäßiger ausgeprägt ist.

Neben der Art des Gutachtens wurde weiterhin erfragt, wie hoch der Anteil an aktiven Sanierungen an den insgesamt begleiteten Sanierungen ist. Die bivariaten Auswertungen in Tabelle 3 offenbaren, dass die (wenigen) Institute, die Sanierungen stets aktiv begleiten, eine deutlich geringere durchschnittliche Misserfolgsquote (30 Prozent) aufweisen als die (ebenfalls wenigen) Institute, die nie eine aktive Rolle bei der Sanierung ihrer Kreditnehmer einnehmen (50 Prozent). Die Anteile aktiver Sanierungen, die zwischen diesen Extrema liegen, lassen keine eindeutige Tendenz erkennen.

Abwicklung

Misslingt eine Sanierung oder ist sie aus betriebswirtschaftlichen Gründen nicht sinnvoll, so wird das Kreditengagement abgewickelt. Die für diesen Bereich relevante Erfolgskennzahl ist die Recovery Rate, das heißt das Verhältnis zwischen den diskontierten Nettorückflüssen und den im Zeitpunkt des Ausfalls ausstehenden Forderungen gegenüber dem Kreditnehmer (Exposure at Default, EAD). Unter den Nettorückflüssen werden alle positiven Cash-Flows (Leistungen des Kreditnehmers und Rückflüsse aus der Verwertung etwaiger Sicherheiten) abzüglich der entstandenen Kosten (Kosten der Verwertung der Sicherheiten et cetera) subsumiert.

Die Ergebnisse zeigen, dass sich auch in diesem Bereich Sparkassen und Genossenschaftsbanken nur wenig unterscheiden. So streuen die Recovery Rates zwischen etwa 10 Prozent und 90 Prozent, ihre Mittelwerte liegen mit 52 Prozent beziehungsweise 54 Prozent sehr eng beieinander (siehe Tabelle A3), und die Häufigkeitsverteilungen haben einen sehr ähnlichen Verlauf (Abbildung A1; Fußnote 6).

Neben der durchschnittlichen Recovery Rate sind auch die Verteilungen der Recovery Rates auf Institutsebene von Interesse. So macht es beispielsweise für die einzelne Bank einen wesentlichen Unterschied in Bezug auf die risikoadjustierte Bepreisung, ob jeder ausgefallene Kredit eine Recovery Rate von 50 Prozent aufweist oder ob die eine Hälfte der ausgefallenen Kredite eine Recovery Rate von 0 Prozent, die andere Hälfte jedoch eine von 100 Prozent hat. Daher wurden die Befragten gebeten, aus fünf vorgegebenen Verteilungen der Recovery Rate diejenige zu wählen, die der ihres Institutes am ehesten entspricht. Diese Frage konnten viele der Institute nur "dem Gefühl nach" beantworten, da sie die Daten nicht systematisch erheben.

In Abbildung 2 sind zum einen die fünf vorgegebenen Verteilungen der Recovery Rate zu sehen. Zum anderen wurden den Verteilungen die Anzahl der Beobachtungen pro Bankengruppe sowie der Mittelwert der durchschnittlichen Recovery Rates zugeordnet. Die Ergebnisse scheinen valide zu sein, da die durchschnittlichen Recovery Rates überwiegend mit den theoretischen Mittelwerten der Verteilungstypen A bis E einhergehen.14) Entgegen der Ergebnisse vieler überwiegend angloamerikanischer Studien sind die Recovery Rates deutscher Genossenschaftsbanken und Sparkassen nach der Einschätzung der Antwortenden nicht bimodal verteilt (Typ A),15) sondern folgen für die Sparkassen am häufigsten einer Normal- beziehungsweise Gleichverteilung (Typen B und C) respektive für die Genossenschaftsbanken am ehesten einer Normalverteilung beziehungsweise linksschiefen Verteilung (Typen B und D).

Bewertung des Einflusses der Ablösung

Einen wesentlichen Einfluss auf die Recovery Rate hat die Besicherungsquote,16) die gemäß zahlreichen Vorgesprächen noch seltener verfügbar ist als die Recovery Rate. Daher wurde nicht nach der Besicherungsquote, sondern nur nach einem anderen Einflussfaktor gefragt: den Ablösungen. Bei den Sparkassen kommt es in etwa 32 Prozent, bei den Genossenschaftsbanken in zirka 39 Prozent der Fälle zu einer nachträglichen Einigung mit dem eigentlich als ausgefallen klassifizierten Kreditnehmer (vergleiche Tabelle 4).17) Tabelle 4 zeigt außerdem die durchschnittliche Recovery Rate in Abhängigkeit vom Anteil an Ablösungen. Die bivariate Analyse offenbart, dass für die vorliegende Befragung scheinbar kein Zusammenhang zwischen dem Anteil an Ablösungen und der durchschnittlichen Höhe der Recovery Rate besteht. Allerdings fehlt bei der Bewertung des Einflusses der Ablösung mit der Besicherungsquote eine wesentliche Referenzgröße.

Auf Basis der Fragebögen von 115 Sparkassen und 56 Genossenschaftsbanken sind zwei wichtige Erfolgskennzahlen im problembehafteten Kreditgeschäft - die Misserfolgsquote begleiteter Sanierungen sowie die Recovery Rate für den Bereich der Abwicklung - betrachtet worden. Darüber hinaus wurden mögliche Treiber für deren Höhe aufgezeigt. Für die Misserfolgsquote begleiteter Sanierungen sind die Ergebnisse für Sparkassen (etwa 40 Prozent) und Genossenschaftsbanken (zirka 45 Prozent) sehr ähnlich.

Einschätzung der Sanierungsfähigkeit verbesserungswürdig

Bei der Entscheidung über die Begleitung einer Sanierung spielen Gutachten eine wesentliche Rolle. In einer bivariaten Analyse ist bei den Instituten, die immer auf die Erstellung des Gutachtens durch eine unabhängige Stelle bestehen, eine geringere durchschnittliche Misserfolgsquote bei den Sanierungen zu beobachten. Gleiches gilt für die Institute, die Sanierungen ihrer Kreditnehmer stets aktiv begleiten.

Dass fast jede zweite Sanierung scheitert, zeigt angesichts der damit verbundenen Kosten erhebliches Verbesserungspotenzial: Eine treffendere Einschätzung der Sanierungsfähigkeit führt dazu, dass sich die Betreuungskapazitäten auf die Erfolg versprechenderen Engagements konzentrieren, während für wenig Erfolg versprechende Engagements eine frühzeitigere Abwicklung durchgeführt und damit eine gegebenenfalls höhere Recovery Rate erzielt werden könnte.

Problemkreditgeschäft als Chance zur Verlustreduzierung

Die Recovery Rate als Erfolgskennzahl für die Abwicklung von Problemkrediten liegt für die Sparkassen im Durchschnitt bei 54 Prozent und für die Genossenschaftsbanken bei 52 Prozent. Während die Recovery Rate bei den Sparkassen primär normaloder gleichverteilt ist, folgt die Verteilung der Recovery Rate bei den Genossenschaftsbanken primär einer Normal- respektive linksschiefen Verteilung. Damit weisen beide Bankengruppen nicht die bimodale Verteilung der Recovery Rate auf, die in vielen anderen empirischen Studien vorzufinden ist. Interessant ist, dass durchschnittlich in über 30 Prozent der Fälle noch eine gütliche Einigung mit dem bereits als ausgefallen klassifizierten Kreditnehmer erfolgt. Im bivariaten Vergleich zeigt sich, dass aber scheinbar kein Zusammenhang zwischen dem Anteil an Ablösungen und der Recovery Rate besteht.

Das Erfolgscontrolling für problembehaftete Kredite weist, so auch das Feedback von Teilnehmern, ein deutliches Verbesserungspotenzial auf. Noch wird in vielen Häusern das Problemkreditgeschäft als notwendiges Übel und nicht als Chance zur Reduzierung von Verlusten aus Kreditausfällen angesehen. Banken wie die Nassauische Sparkasse haben diese Chance aber längst erkannt. Das Institut hat den Bereich der Sanierung bereits vor einiger Zeit als Profit Center organisiert. Entsprechende Engagements werden unter Verwendung institutsinterner Pricing-Parameter an die zuständige interne Abteilung "verkauft", die damit in direkte Konkurrenz zu Drittanbietern tritt.18)

Literaturverzeichnis

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Böhme, T.; Straube, M. F. (2008): Konzeption, Projektbegleitung und Self Assessment eines innovativen Frühwarnverfahrens im Kreditgeschäft - Risk-Miner, in: Becker, A. (Hrsg.) Risikofrüherkennung im Kreditgeschäft - Verfahren und Prüfungen in der Kreditrisikosteuerung, Berlin: Erich Schmidt Verlag, S. 55-161.

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Qi, M.; Yang, X. (2009): Loss given default of high loantovalue residential mortgages, in: Journal of Banking & Finance, Jg. 33, S. 788-799. Saldanha, D. (2009): Bewertung notleidender und insolventer Unternehmen - Entwicklung von Prognosemodellen für die Unternehmensgenesung, Dissertation, Chemnitz.

Theilacker, B. (2004): Kreditabwicklung als Profit-Center: Erträge optimieren durch professionelle Verwertung, in: Zeitschrift für das gesamte Kreditwesen, Jg. 57, 5-2004, S. 264 ff.

Fußnoten

1) Vgl. Hartmann-Wendels et al. (2010), S. 497; Böhme/Straube (2008), S. 60.

2) Die Unterscheidung hinsichtlich der Betreuung kommt auch in den Mindestanforderungen an das Risikomanagement (MaRisk) zum Ausdruck. Vgl. BaFin (2010a), BTO 1.2.

3) Vgl. PwC (2011), S. 6. Zu den Problemkrediten zählt die Studie jene Darlehen, die von den Schuldnern nicht mehr bedient werden oder bei denen in absehbarer Zukunft ein Zahlungsausfall droht.

4) Vgl. KPMG (2002), S. 25.

5) Für die Ergebnisse bezüglich der Aufbauorganisation und der Risikofrüherkennung vgl. Hesse et al. (2012).

6) Für Details vgl. die Tabellen A1 und A2. Mit A bezeichnete Tabellen und Abbildungen finden sich im Internet unter www.kreditwesen.de (siehe Hinweiskasten).

7) Demnach ist das Mengengeschäft regelmäßig nicht risikorelevant. Vgl. BaFin (2010 b), S. 22.

8) Vgl. BaFin (2010 a), BTO 1.2.5, Tz. 3.

9) Für einen Überblick zu den aus Praxissicht zu wenigen Modellen zur Prognose der Erfolgswahrscheinlichkeit einer Sanierung vgl. Saldanha (2009).

10) Das Erfolgskriterium kann zum Beispiel die Überleitung in die Normalbetreuung oder die regelmäßige Leistung des Kapitaldienstes seit x Jahren sein. Experten haben uns darauf hingewiesen, dass zuweilen ein Engagement als "erfolgreich saniert" gilt, obwohl der zugestandene Zinssatz deutlich unter Marktniveau liegt und eine angemessene Zinsanhebung vom Kreditnehmer wirtschaftlich nicht zu verkraften wäre.

11) Vgl. DSGV (2008), S. 28.

12) Aktive Sanierungen dienen dem Ziel, die Ertragskraft und damit die Kapitaldienstfähigkeit des Unternehmens wiederherzustellen. Im Unterschied zu passiven Sanierungen werden zur Finanzierung von Restrukturierungsschritten auch Sanierungskredite eingesetzt.

13) Die durchschnittlichen Misserfolgsquoten wurden wiederum als mit den Anzahlen der Nennungen gewichtete Mittelwerte der einzelnen Kategorien berechnet.

14) Dass der Mittelwert für die Sparkassen, entgegen der Erwartungen, bei Verteilungstyp E nicht unter 50 Prozent liegt, ist darin begründet, dass sich hierunter Institute befinden, die die Recovery Rate volumenbasiert berechnen. In diesen Fällen reicht beispielsweise ein ausgefallener Kredit mit einem hohen EAD, bei dem eine überaus hohe Recovery Rate erzielt werden konnte, aus, um die durchschnittliche Recovery Rate signifikant zu erhöhen, während dieser Fall in der stückbasierten Häufigkeitsverteilung keinen wesentlichen Einfluss hat.

15) Vgl. unter anderem Asarnow/Edwards (1995), Felsovalyi/Hurt (1998) und Grunert/Weber (2009).

16) Vgl. unter anderem Franks et al. (2004), Grunert/ Weber (2009), Qi/Yang (2009), Bastos (2010) sowie Gürtler/Hibbeln (2011).

17) Zur Berechnung haben wir wiederum den Mittelwert der jeweiligen Kategorie mit der Häufigkeit gewichtet.18) Vgl. Theilacker (2004), S. 31.

Prof. Dr. Dr. h. c. Andreas Pfingsten , Institut für Kreditwesen, Finance Center Münster, Universität Münster
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