Sparkassen-Finanzgruppe

Sparkassen-Dienstleistungsgesellschaften - regionale Erfahrungen mit bundesweitem Potenzial

Im Geschäftsgebiet des Sparkassen- und Giroverbandes Hessen-Thüringen sind rückwirkend zum 1. Januar 2011 drei Dienstleistungsszentren zur Sparkassen Markt Service GmbH verschmolzen worden. Neben der Abwicklung des beleghaften und beleglosen Zahlungsverkehrs erbringt das neue Verbundunternehmen für über 100 Sparkassen vor allem Dienstleistungen in den Bereichen Marktservice Passiv und Dokumentenmanagement sowie in der Personalsachbearbeitung. In der Sparkassenorganisation dürfte der Konsolidierungsprozess in der Zahlungsverkehrsabwicklung mit dieser Verschmelzung noch längst nicht abgeschlossen sein. Am Ende werden wohl nur drei bis vier überregionale Zentren übrig bleiben.

Wertschöpfungstiefe als Ansatzpunkt

Selber machen oder zukaufen? Vor dieser Gretchenfrage stehen Banken und Sparkassen oft, wenn es um outsourcingfähige Dienstleistungen geht. Obwohl viele Institute in den vergangenen Jahren durchaus verschiedene Bereiche ausgelagert haben, ist die Wertschöpfungstiefe im Bankensektor mit bis zu 80 Prozent nach wie vor sehr hoch. Vor diesem Hintergrund schreiben Beratungsunternehmen den Sparkassen und Banken immer wieder ins Stammbuch, sich in Sachen Outsourcing doch die Industrie zum Vorbild zu nehmen: "Hätte die Autoindustrie die Fertigungstiefe des Kreditgewerbes, so würde sie die Rinder zur Produktion des Leders für die Sitze selber züchten", lautet ein in diesem Zusammenhang gern ins Feld geführtes Bonmot.

Wie viele andere pointierte Äußerungen enthält auch dieser Vergleich ohne Zweifel einen gewissen Wahrheitskern. Die Vergleichbarkeit von Bankenbranche und Autoindustrie stößt allerdings rasch an ihre Grenzen. Denn das Kreditgewerbe wird nie den Standardisierungs- und Automatisierungsgrad der Autoindustrie und deren Fertigungstiefe von ungefähr 25 Prozent erreichen. Schließlich ist Bankgeschäft in erster Linie "People's Business", das sich vor allem durch Kundennähe, persönliche Kontakte, eine hohe Beratungsintensität und eben nicht durch Fließbandarbeit auszeichnet.

Offen für Outsourcing

Auf der anderen Seite können sich Sparkassen und Banken dem Thema Outsourcing aber auch nicht völlig verschließen. Denn in den vergangenen Jahren hat sich die Finanzdienstleistungsbranche stark gewandelt. Eine sehr hohe Wettbewerbsintensität, eine steigende Preissensibilität der Kunden bei gleichzeitig abnehmender Bindungsbereitschaft sind wie die unaufhaltsame Tendenz zu neuen Vertriebswegen nur einige Stichworte, die für diesen Wandel stehen. Diese veränderten Rahmenbedingungen wirken sich natürlich auch auf die Sparkassen aus. Schon heute können diese unabhängig von ihrer Größe aus Gründen der Kosteneffizienz nicht mehr sämtliche Leistungen im eigenen Haus herstellen und vorhalten.

Diese Entwicklung wird sich in den kommenden Jahren fortsetzen. Künftig werden die Sparkassen ihre Tätigkeit noch mehr auf Kernkompetenzen konzentrieren. Hierbei stehen der Vertrieb beziehungsweise die Kundenberatung zweifelsohne im Vordergrund. Die reinen Abwicklungstätigkeiten, die keinen Kundenkontakt erfordern und nicht das Selbstverständnis der Sparkassen berühren, werden die Primärinstitute - falls nicht schon geschehen - dagegen in verstärktem Maße an Verbundspezialisten oder externe Dienstleister abgeben, die in diesem Bereich eine besondere Expertise vorweisen können und ein breites Leistungsspektrum anbieten.

Auslagerungsklassiker Zahlungsverkehr

Zu den Auslagerungsklassikern zählt neben den IT-Dienstleistungen und der Wertpapierabwicklung auch der beleghafte Zahlungsverkehr, den viele Sparkassen schon seit Jahren von spezialisierten Dienstleistern abwickeln lassen. Während die Sparkassenorganisation bei der Bündelung von IT-Leistungen und der Wertpapierabwicklung mit der Fusion von Sparkasseninformatik und Finanz-IT zu einem Rechenzentrum beziehungsweise mit der Übernahme der TxB Transaktionsbank durch die DWP-Bank den Konsolidierungsprozess praktisch abgeschlossen hat, ist bei der Zahlungsverkehrsabwicklung noch immer eine Vielzahl von Dienstleistern tätig.

Innerhalb des Geschäftsgebiets des Sparkassen- und Giroverbandes Hessen-Thüringen (SGVHT) hat es jetzt bei den Dienstleistungszentren eine Bündelung der Kräfte gegeben. Rückwirkend zum 1. Januar 2011 haben sich die SDS Sparkassen-Dienstleistungs-Zentrum-Südhessen GmbH (SDS) in Darmstadt, die Bankservicegesellschaft Rhein-Main mbH (bsg) in Kriftel und die SDZ Sparkassen-Dienstleistungs-Zentrum Nordhessen GmbH (SDZ) in Homberg/Efze zur Sparkassen Markt Service GmbH mit Sitz in Darmstadt zusammengeschlossen.

Bündelung der Kräfte

Alle drei Gesellschaften waren in den Jahren 2000 und 2001 zur Abwicklung vor allem des beleghaften Zahlungsverkehrs ins Leben gerufen worden. So hatte die Kreissparkasse Schwalm-Eder zum 1. Juli 2000 diesen Teilbereich in eine eigenständige GmbH, die SDZ, ausgegliedert. Wenig später, im Dezember 2000, gründeten die Frankfurter Sparkasse und die Nassauische Sparkasse gemeinsam die bsg, deren Gründungszweck ebenfalls die Abwicklung des beleghaften Zahlungsverkehrs war. Ähnlich verhielt es sich auch bei der SDS, die im Jahr 2001 als Tochter von vier hessischen Sparkassen und der Landesbank Hessen-Thüringen Girozentrale den Geschäftsbetrieb aufnahm: Auch sie startete mit der Abwicklung des Inlandszahlungsverkehrs.

Mit dem Zusammenschluss der drei teilweise bereits heute überregional tätigen Dienstleistungszentren wird die Bearbeitung von auslagerungsfähigen Marktfolgebeziehungsweise Back-Office-Tätigkeiten in Hessen und Thüringen zusammengefasst, wobei die bisherigen Standorte beibehalten werden. Gesellschafter des neuen Dienstleistungszentrums sind die Frankfurter Sparkasse mit einem Anteil von 50 Prozent, die Stadt- und Kreis-Sparkasse Darmstadt mit zehn Prozent und die Hessisch-Thüringische Sparkassen-Dienstleistungsgesellschaft mbH - eine 100-prozentige Tochter des SGVHT - mit 40 Prozent.

Breites Aufgabenspektrum

Das Aufgabenspektrum reicht von der Zahlungsverkehrsabwicklung über den Marktservice Passiv bis zur Personalsachbearbeitung. Im Einzelnen wird die Sparkassen Markt Service GmbH als Verbundunternehmen der Sparkassen-Finanzgruppe die Abwicklung des beleghaften und beleglosen Zahlungsverkehrs (Inland und Ausland) inklusive der Reklamationsbearbeitung und der Kontenabstimmung anbieten. Das Aufgabenspektrum umfasst außerdem alle Marktservice Passiv-Leistungen nach Modell P, das Dokumentenmanagement sowie die Personalsachbearbeitung.

Die Gesellschaft ist bereits für über 100 Sparkassen tätig und erzielt etwa 95 Prozent ihrer Erlöse mit Sparkassen vorwiegend aus den Regionen Hessen, Thüringen, Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg, Saarland und Westfalen-Lippe. Es ist geplant, die bestehenden Geschäftsbeziehungen weiter auszubauen. Darüber hinaus soll die Sparkassen Markt Service GmbH zunächst in Hessen und Thüringen und später auch in anderen Sparkassenregionen weitere Mandanten gewinnen. Sie beschäftigt rund 400 Mitarbeiter.

Der Zusammenschluss der drei in Hessen ansässigen Dienstleistungszentren ist aus betriebswirtschaftlicher Sicht konsequent. In den vergangenen Jahren sind die Stückzahlen im beleghaften Zahlungsverkehr in Deutschland wegen der zunehmenden Nutzung des Online- und Telefonbankings zwischen acht und zehn Prozent pro Jahr zurückgegangen. Dieser Trend weg vom Beleg wird sich in Zukunft weiter fortsetzen.

Die Abwicklung des beleghaften Zahlungsverkehrs ist aber nur als Massengeschäft auskömmlich, weil sich so Größenvorteile in Form von niedrigen Stückkosten heben lassen. Die drei Dienstleistungszentren haben zwar erfolgreich ihre Kapazitäten durch neue Mandanten und weitere Geschäftsfelder wie den Marktservice Passiv oder das Dokumentenmanagement ausgelastet. Strategisch wurde jedoch der Zusammenschluss als der zukunftsträchtigere Weg bewertet.

Einheitliche technische Bearbeitungsplattform

Dank eines "virtuellen Kapazitätsausgleichs" bietet die Zusammenführung der drei hessischen Dienstleistungszentren einen raschen und spürbaren wirtschaftlichen Vorteil. Zurzeit werden die einzelnen Standorte nämlich auf einer einheitlichen technischen Bearbeitungsplattform zusammengeschlossen. Mit dieser Anbindung lässt sich eine räumlich unabhängige Arbeitsorganisation und Zusammenarbeit erreichen. Der Zusammenschluss macht außerdem die Bildung von Kompetenzzentren an den einzelnen Standorten möglich.

Die Sparkassen Markt Service GmbH wird im Verbandsgebiet des SGVHT als organisatorischer Nukleus für weitere auslagerungsfähige Prozesse betrachtet und soll zum zentralen Dienstleistungszentrum für das Outsourcing von Marktfolge- beziehungsweise Back-Office-Tätigkeiten ausgebaut werden. Der SGVHT sieht in der neuen Gesellschaft aber auch einen qualifizierten Ansprechpartner, der bundesweit bei Marktfolgeaktivitäten mit weiteren Zentren, Verbänden und Sparkassen zusammenarbeitet.

Konzentrationsprozess noch nicht zu Ende

Diese bundesweite Perspektive unterstreicht, dass schon auf kurze bis mittlere Sicht mit weiteren Kooperationen und Zusammenschlüssen von Sparkassen-Dienstleistungsgesellschaften zu rechnen ist. Bundesweit hat die Konsolidierung der Dienstleistungszentren in der Sparkassenorganisation längst begonnen. Im Jahr 2007 hat die bsg die damalige Sparkassen-Dienstleistungsgesellschaft mbH & Co. KG in Bendorf übernommen. 2006 und 2007 schlossen sich die Zahlungsverkehrszentren der Regionen Sachsen, Rheinland und Bayern zur Deutschen Servicegesellschaft für Finanzdienstleister mbH zusammen.

Ein Ende dieses Konzentrationsprozesses ist noch nicht in Sicht. Gerade kleinere Anbieter werden in diesen eindeutig von Skaleneffekten getriebenen Geschäftsfeldern mittelfristig kaum mehr wettbewerbsfähig sein. Im Zahlungsverkehr und bei anderen auslagerungsfähigen Marktfolge-Tätigkeiten ist deshalb eine Kräftebündelung angesagt.

Es ist davon auszugehen, dass perspektivisch weitere Kooperationen erfolgen. Mittelfristig wird es in diesem Bereich nur noch drei bis vier überregionale Zentren geben. Mit dem Zusammenschluss der drei hessischen Dienstleistungszentren zur Sparkassen Markt Service GmbH hat der SGVHT die Voraussetzungen geschaffen, um in der sich abzeichnenden Konsolidierung der Sparkassen-Dienstleistungsgesellschaften weiterhin eine aktive Rolle spielen zu können.

Noch keine Bewertungen vorhanden


X