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Unternehmensfinanzierung - was bleibt den Landesbanken?

Wer sich mit Unternehmensfinanzierung beschäftigt, stellt fest: Ohne die Landesbanken ist der Finanzierungsbedarf der Wirtschaft in Deutschland nicht zu decken. Keine andere Bankengruppe stellt den deutschen Unternehmen im Inland mehr Kredite zur Verfügung. Im dritten Quartal 2011 waren es fast 23 Prozent, womit die Landesbanken knapp ein Viertel der Wirtschaft hierzulande finanzierten (Quelle: Bundesbank). Dazu zählen insbesondere gewerbliche Immobilienkunden, Großunternehmen und der Mittelstand, der je nach Firmengröße teilweise auch gemeinsam mit den Sparkassen betreut wird. Diese sind übrigens mit einem Anteil von fast 18 Prozent an den ausgereichten Krediten nicht minder bedeutsam.

Diese Zahlen verdeutlichen die traditionelle Stärke des öffentlich-rechtlichen Bankensektors im Kreditgeschäft. Insbesondere die beiden Landesbanken im Süden der Republik spielen hier eine wichtige Rolle. Doch trotz ihrer starken Position stehen die Landesbanken seit Jahren im Zentrum der Diskussion um eine Reform des deutschen Bankensystems. Immer wieder wird von verschiedenen Seiten eine Konsolidierung des Sektors gefordert. Dabei gehen die vielfältigen Spekulationen über die Zahl der Landesbanken am Kern des Problems vorbei: Letztlich geht es um die Kreditversorgung der deutschen Wirtschaft und damit auch um die Wachstumschancen der Zukunft.

Bankkredit weiterhin wichtig

Die mittelständisch geprägte Unternehmenslandschaft in Deutschland finanziert sich vor allem über Bankkredite. Von daher ist ein leistungsfähiges Bankensystem von immenser Wichtigkeit für die deutsche Volkswirtschaft. Diese benötigt Finanzinstitute, die den Unternehmen ihre Bilanz zur Verfügung stellen, so wie das die Landesbanken in Partnerschaft mit den Sparkassen tun. Zwar haben die Firmen aus der Krise im Jahr 2009 ihre Lehren gezogen und sich von den Banken unabhängiger gemacht. So haben viele ihr Finanzmanagement professionalisiert und verstärkt den Weg an den Kapitalmarkt gesucht, wo sich derzeit manches Großunternehmen günstiger refinanzieren kann als viele Banken. Das hat die Nachfrage nach Bankkrediten zunächst reduziert. Dennoch wird die deutsche Wirtschaft auch in Zukunft in hohem Maße auf Kredite angewiesen bleiben.

An die kleineren und mittleren Firmenkunden reichen vor allem die regional aktiven Sparkassen und Genossenschaftsbanken Darlehen aus. Doch im Segment des großen Mittelstands und der Großunternehmen lässt sich die Zahl der zur Verfügung stehenden deutschen Banken in der Regel an zwei Händen abzählen - inklusive der Landesbanken. Ohne sie mangelte es an Geldhäusern, die sich langfristig zur Finanzierung von Unternehmen in Deutschland bekennen.

Natürlich sind in der Bundesrepublik auch zahlreiche Auslandsbanken aktiv, die nicht nur mit Großunternehmen, sondern zunehmend auch mit dem großen Mittelstand Geschäfte tätigen möchten. Doch hier ist die Frage nach der Nachhaltigkeit solcher Geschäftsbeziehungen erlaubt. Nach Ausbruch der Finanzkrise in den Jahren 2008 und 2009 hatten sich einige ausländische Institute zumindest vorübergehend wieder in ihre Heimatmärkte zurückgezogen. Fairerweise sei darauf hingewiesen, dass dies umgekehrt auch für manche im Ausland tätige deutsche Bank gegolten hat, die ihre Bilanz verkürzen musste.

Abbau von Risikopositionen

Die Landesbanken verfügen über einen gesetzlich verankerten Auftrag, die regionale Wirtschaft in Deutschland zu unterstützen. Darauf besinnen sich nach den Erfahrungen der Finanzkrise viele Institute wieder. Sie sind deshalb daran interessiert, Kundenbeziehungen zu Unternehmen langfristig zu gestalten, auch wenn Unternehmen schwierige Phasen durchlaufen. Zwar bauen insbesondere die von den Eigentümern und dem SoFFin gestützten Landesbanken auf Druck der EU-Kommission Risikopositionen ab. Das betrifft jedoch in der Regel nicht das Firmenkundengeschäft in Deutschland. Die Bayern-LB zum Beispiel hat ihre Bilanzsumme seit dem Jahresende 2008 um mehr als 100 Milliarden Euro abgeschmolzen, zugleich aber das mittelständische Kreditvolumen in Deutschland deutlich gesteigert. Darüber hinaus unterstützen Landesbanken die Sparkassen im Firmenkundengeschäft unter anderem durch Kredit-Pooling-Transaktionen ("Sparkassen-Kreditbasket") zur Diversifikation vonBranchen- und Regionenrisiken. Damit leisten sie einen in der Bundesbank-Statistik nicht direkt sichtbaren Beitrag zum Funktionieren der Wirtschaft.

In Zukunft müssen sich alle Finanzinstitute - nicht nur die Landesbanken - auf deutlich geänderte Rahmenbedingungen einstellen, die auch die Unternehmensfinanzierung in Deutschland beeinflussen werden. Die anstehende konjunkturelle Wachstumspause ist nur eine vergleichsweise kleine und planbare Herausforderung, die sich in Form eines steigenden Risikovorsorgebedarfs auswirken dürfte. Schwerer wiegen die bereits beschlossenen und geplanten Regulierungsvorhaben für Banken. Sie beschränken Geschäfts- und Verdienstmöglichkeiten deutlich. Ein Beispiel dafür ist die Bankenabgabe, mit der die Bundesregierung künftig rund eine Milliarde Euro pro Jahr einsammeln will. Allein die Bayern-LB hat für 2011 einen Aufwand in Höhe von rund 65 Millionen Euro verbucht. Hinzu kommen die viel diskutierten Vorschriften von Basel III, die für eine höhere und qualitativ bessere Eigenkapitalausstattung und höhere Liquiditätsreserven sorgen.

Zusätzlicher Druck auf die Eigenkapital- Situation entsteht durch die Staatsschuldenkrise. Um für weitere Wertkorrekturen auf Staatsanleihen hoch verschuldeter Länder gewappnet zu sein, verlangt die europäische Aufsichtsbehörde EBA den Banken schon früher als im Rahmen von Basel III vorgesehen, höhere Kapitalpuffer von besserer Qualität ab. Die Bayern-LB hat die letzten Stresstests aufgrund ihrer soliden Kapitalquote und ihrem vergleichsweise niedrigen Bestand an kritischen Staatsanleihen gut bestanden, was für Investoren und Kunden gleichermaßen ein wichtiges Signal ist.

Refinanzierung als echte Herausforderung

Eine weitere Herausforderung wird für die Banken die künftige Refinanzierung ihres Kreditgeschäftes sein. In den vergangenen Monaten haben die großen Ratingagenturen die Bonitätsnoten der Banken insbesondere in Europa herabgestuft. Dies geschah überwiegend in Folge der Staatsschuldenkrise. Das Downgrade der Landesbanken durch Moody's Mitte November 2011 erfolgte dagegen wegen veränderter Support-Annahmen und nicht weil die Geschäftsmodelle in Frage stehen. Die daraus resultierenden Herausforderungen nehmen die Landesbanken jedoch aktiv an und setzen ihre längst eingeleitete Strategie, die eigene Refinanzierungsbasis weiter zu verbreitern, mit Nachdruck fort.

Fest steht: Regulierung, Staatsschuldenkrise, Wettbewerb und die in Ansätzen sichtbare Emanzipation der Unternehmen vom Bankkredit werden die Profitabilität im Unternehmenskundengeschäft vermindern. Die Landesbanken und insbesondere die Bayern-LB stellen sich dieser Entwicklung aktiv. Kostendisziplin und Effizienzsteigerung sind gefragt. Gerade in der elektronischen Geschäftsabwicklung und den Prozessabläufen stecken häufig noch Einsparpotenziale. Die Landesbanken waren hier in der jüngsten Vergangenheit bereits tätig und haben ihre Verwaltungsapparate verschlankt. Die Bayern-LB beispielsweise hatte im Zuge ihres noch laufenden Restrukturierungsprogramms die Kostenbasis deutlich geschmälert und die Mitarbeiterzahl in der Kernbank erheblich reduziert. Auch andere Landesbanken haben vergleichbare Initiativen ergriffen.

Aber Disziplin auf der Ausgabenseite reicht nicht. Im Gegenteil, ein kritischer Blick auf die Angebotsseite im Firmenkundengeschäft ist dringend notwendig, um wettbewerbsfähig zu bleiben. "Vom Kunden her denken", lautet die Devise. Die Bayern-LB hat deshalb bereits im Zuge ihrer Neuausrichtung Anfang 2009 begonnen, ihr Leistungsprofil auch im Firmenkundengeschäft zu schärfen. Später wurden die Vertriebs- und Produkteinheiten in einem einzigen Geschäftsfeld organisatorisch gebündelt. Damit ist die Bank im Unternehmenskundenbereich schon heute gut auf die Zukunft vorbereitet - was weitere Optimierungen nicht ausschließt.

Zunächst hatte die Bayern-LB ihr Mittelstandsgeschäft neu organisiert und neben regionalen Vertriebseinheiten insbesondere in Bayern und NRW auch Branchenspezialisten mit Know-how in Zukunftsbranchen wie erneuerbaren Energien oder Umwelttechnik in die Kundenbetreuung eingebettet. Gleichzeitig entwickelt sich die Landesbank zu einer integrierten Corpo-rate-Finance-Bank weiter. Das heißt, den Kunden wird ergänzend zum traditionellen Ankerprodukt Kredit eine breite Palette an Finanz- und Beratungsprodukten über den gesamten Unternehmenszyklus angeboten - etwa die Beschaffung von Eigenkapital, M&A-Transaktionen oder Financial Advisory. Diese Veränderung trägt Früchte: Plangemäß konnte der Mittelstandsbereich der Bayern-LB im abgelaufenen Jahr 2011 trotz des intensiven Wettbewerbs mehr als 200 neue Kunden gewinnen.

Die regionale Wirtschaft im Sinne ihres Auftrages zu unterstützen bedeutet für die Landesbanken auch, den zunehmend export- und international orientierten Mittelstand in die ausländischen Absatzmärkte zu begleiten. Hierbei kommen Produkte wie Export-, Handels- und Projektfinanzierung zum Einsatz.

Angepasste Firmenkundenstrategie

Auch ihre Corporates-Strategie hat die Bayern-LB differenziert und damit auf das sich ändernde Marktumfeld reagiert. Bei kleineren Großunternehmen mit einem Umsatz von einer bis fünf Milliarden Euro sowie bei mittleren Corporates (Umsatz von fünf bis 15 Milliarden Euro) sieht die Bank noch die Möglichkeit, nicht genutzte Geschäftspotenziale zu heben. Bei den ganz großen Umsatzklassen ab 15 Milliarden Euro strebt die Bank hingegen eine Stabilisierung der Erträge an. Ganz gezielt sollen den Kunden über das Ankerprodukt Kredit hinaus weitere Kapitalmarktdienstleistungen wie Zins- und oder Währungsabsicherungen angeboten werden. Aktives Cross-Selling ist gefragt, wenngleich zu berücksichtigen ist, dass Basel III auch den Einsatz einiger Produkte unprofitabler macht, weil sie mit mehr Kapital unterlegt werden müssen.

Die deutschen Landesbanken werden weiterhin maßgeblich an der Finanzierung der deutschen Wirtschaft beteiligt sein. Zum einen ist nicht abzusehen, dass andere Bankengruppen oder die Unternehmen selbst das von den Landesbanken bereitgestellte Kreditvolumen und ergänzende Dienstleistungen ersetzen können. Zum anderen haben einige Landesbanken in den vergangenen Jahren Restrukturierungen eingeleitet und sich damit fit gemacht.

Um wettbewerbsfähig zu bleiben, müssen sich die Landesbanken aber wie alle Banken weiter an die herausfordernden Rahmenbedingungen anpassen. Das erfordert nicht nur eine strikte Kostendisziplin, sondern vor allem ein stimmiges Leistungsprofil, um im intensiven Wettbewerb zu bestehen. Die Bayern-LB sieht sich gut aufgestellt, um ihre Marktposition im Unternehmenskundengeschäft weiter zu stärken.

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