Gespräch des Tages

Unternehmensführung - Lieber fit als groß

Was haben Deutsche Börse, Allianz und Deutsche Bank gemeinsam? Alle drei sind in ihren jeweiligen Branchen unbestritten "nationale Champions". An alle drei ging zudem in den vergangenen Jahren mehr oder weniger lautstark die Forderung, sich (zumindest der Größe nach) noch stärker als Global Player aufzustellen. Und alle drei sind bei der internationalen Konsolidierung in den jeweiligen Branchen nicht so schlagzeilenträchtig zum Zuge gekommen, wie es Markt und insbesondere Politik (und vielleicht auch die Unternehmen selbst) gerne gehabt hätten. Wo stehen die drei Blauen (noch eine Gemeinsamkeit! ) nun, Ende 2007? Allem Eindruck nach scheinen sie inmitten eines von Unsicherheit geplagten Finanzumfeldes solide aufgestellt (soweit man das bei den täglich neuen Subprime-Meldungen überhaupt abschließend sagen kann) und erwarten sogar ein vergleichsweise gutes Ergebnis.

Die Deutsche Börse spricht sogar von neuen Umsatzrekorden: Das dritte war noch vor dem zweiten Quartal dieses Jahres das erfolgreichste der Unternehmensgeschichte. Per Studie bescheinigen lassen hat man sich zudem die im interna tionalen Vergleich attraktivsten Listingbedingungen. Und wenn der Markt recht behält, wird es im kommenden Jahr auch eine ganze Reihe prestigeträchtiger Mittelstand-IPOs in Frankfurt geben. Der Laden brummt also.

Und was macht der Handelsplatzbetreiber in der Konsequenz? Sachkosten sollen eingespart, Arbeitsplätze im zentralen und IT-Bereich gekürzt und was extern doch zu viel Geld kostet wieder in das Unternehmen eingegliedert werden. Unter dem Strich der börseneigenen Agenda 2010 will man künftig dann 100 Millionen Euro jährlich einsparen (siehe auch Börsen in diesem Heft). In fetten Zeiten also trotzdem radikal geizen - ist das sinnvoll? Die Parallelen zu den Strategien der beiden anderen blauen Vertreter der Dienstleistungsbranche sind dabei unübersehbar. Das zweitürmige Frankfurter Geldhaus hat sein Ziel "25 Prozent Eigenkapitalrendite" knallhart durchgeboxt (und schon im vergangenen Jahr übertroffen), auch gegen teils erhebliche öffentliche Empörung. In München wird weiterhin intern kräftig umstrukturiert, saniert und verschlankt, was Ende 2006 ebenfalls einen lauten Aufschrei hervorrief.

Obwohl es den Unternehmen durchaus gut geht, treiben alle drei also die Straffung ihrer Strukturen energisch voran. Freilich erntet das nicht unbedingt den Applaus bei der breiten Öffentlichkeit - Stichwort Sozialverträglichkeit. Ebenfalls wird im Hinblick auf die (volkswirtschaftlich so wichtige, aber ausbleibende) Investitionstätigkeit zwangsläufig die Frage gestellt, ob Deutscher Bank und Börse nichts Besseres einfällt, als eigene Aktien zurückzukaufen und die Gewinne an die Anleger auszuschütten (gleiches war übrigens auch bei der Allianz angedacht, aber um 1,5 Prozentpunkte wurde die erforderliche Dreiviertelmehrheit auf der Hauptversammlung verpasst).

Bei den beiden Finanzdienstleistern lässt sich schon eine Zwischenbilanz der bisherigen Vorsorgemaßnahmen ziehen. Das lauthalsige Lament fehlender Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Branchenprimi zumindest ist in den letzten Monaten deutlich leiser geworden. Es gibt sogar Lob für den bisher eingeschlagenen Weg. Der Börsenbetreiber mag derweil noch etwas Arbeit vor sich haben, sieht er sich doch in einem deutlich politischeren Umfeld einer ungleich größeren Vielzahl von Interessen (und deren Vertreter) gegenüber. Vielleicht bringt die augenscheinlich bewährte Straffungs-Taktik auch die Deutsche Börse bald dorthin, wo Deutsche Bank und Allianz schon angekommen sind.

Gute Argumente hat man freilich schon heute: Mit 23 Milliarden Euro ist der Frankfurter Handelsplatzbetreiber dem Börsenwert nach mit knappem Vorsprung vor der Chicago Mercantile Exchange der größte der Welt; Nyse Euronext schafft es demgegenüber auf gerade 14,2 Milliarden Euro, die LSE auf 6,7 Milliarden Euro. Damit kann die Börse, wie auch ihre beiden blauen Schwestern im Geiste, aus einer Position der relativen Stärke agieren. Und das ist immer einfacher - gerade wenn man für eine mögliche weitere Konsolidierungsrunde dann umso fitter sein möchte.

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