Gespräch des Tages

Verbünde - Es kommt immer darauf an

Es hat einmal eine Zeit gegeben, noch gar nicht sehr lange her, da war es einfach nicht fein genug, nur "hier" bei der Sparkasse und Genossenschaft das Konto, den Kredit, das Depot zu haben. "Man" ("Frau" nicht minder) hatte doch darzustellen, dass man auch bei der Deutschen oder der Hypo, bei der Dresdner oder bei Oppenheims Geltung besaß - wenn man's denn brauchte. Warum sich dies geändert hat, warum die beiden Bankenverbünde heute so mühelos um die vier Fünftel aller Bundesbürger als Hauptbankverbindung in den Marktanteilszahlen führen können, hat ein ziemliches Bündel von schönen Gründen. Der Wichtigste darunter ist der Zeitgeist. Je weitschweifiger unsere Alltagswelt geworden ist, je unübersichtlicher, wechselhafter, je "komplexer" eben, umso mehr hat ganz offensichtlich der höchst menschliche Bedarf an Nachbarschaft, an Bekanntschaft, an Beziehung, an Bescheidwissen zugenommen. Die Politik spürt es längst bei allen Wahlen, wenn die freien Listen den Parteien den Parlamentssitz nehmen. Die Amtsträger haben sich fortlaufend mit Bürgerbegehren zu beschäftigen. Die Supermärkte machen "dem örtlichen Einzelhandel" mit fast schon romantischer Regionalisierung die erlebbare Nähe streitig. Da passt "unsere" Sparkasse, "unsere" Volksbank einfach liebevoll ins Gemüt - auch wenn man nicht mehr in die Filiale, sondern nur zum Automaten geht.

Eine Rolle für die gestärkte Zuneigung zu den beiden Verbünden spielt gewiss auch, dass die Erschütterung des einst so mächtigen Groß- und Privatbankensektors anhält. Wo über die Notwendigkeit von mehr Staatsaufsicht über Kreditinstitute gerichtet wird, stehen die letzten Großbanken in den Schlagzeilen. Wenn Gehälter und Boni zu kritisieren sind, wenn unredliche oder kriminelle Geschäfte mit Strafen belegt werden, sind allermeistens "die üblichen Verdächtigen" dabei - und nur höchst ausnahmsweise die kommunalen und die Mitgliederbanken. Das wirkt meinungsmachend. Hinzu kommt Elementares: Die Qualität der Platzbanken ist gestiegen. Sie wollen nicht nur gute Banken sein, sie sind es auch viel, viel öfter als früher. "Die können das gar nicht" zieht immer seltener zur scheinbar vornehmeren Konkurrenz.

Dass beide Bankverbünde ziemlich gut durch die Finanzkrise mit anhaltender Niedrigzinsphase gekommen sind, hat ein bisschen mit den grundsätzlichen Beschränkungen ihres Geschäfts zu tun. Mehr jedoch mit etwas anderem: Die Nähe zum Kunden, das gegenseitige Wissen um Möglichkeiten und Unmöglichkeiten geben ganz offensichtlich Spielräume in der Konditionengestaltung für beide Bilanzseiten, die - bis jetzt! - den feinen Unterschied für die Erträge machen.

Neulich und nur zum Exempel hat die Volksbank Lahr im Badischen ihrem alten Vorstandsvorsitzenden Manfred Basler zum 75. Geburtstag ein wunderschönes Fest geschenkt. Ein ganzer feiner Saal voll Honoratioren, voller Politiker, voller Verbündeter, vor allem aber voller Kunden, nein besser: Mitglieder. In allen Reden klang eine Menge Selbstbewusstsein durch Dank und Anerkennung. Denn dieser langjährige Vorstandsvorsitzende, der das Mitregieren gewiss niemals lassen kann und soll, versteht die höchste Kunst des Gewerbes: Er schreibt (hat geschrieben) gute Zahlen aus vernünftigen Geschäften gerade mit den Nachbarschaften, Bekanntschaften, Freundschaften.

Ob es Genossenschaftsbanken in diesem Punkt leichter haben als Sparkassen im kommunalen Eigentum (was immer das ist!)? Sind sie unabhängiger? In Lahr war der Oberbürgermeister als geschätzter Festredner da, nicht als Verwaltungsrat. Die schnelle Antwort auf die Empörung "der schrecklich netten Sparkassenfamilie" über die Fehlgriffe des Miesbacher Landrats war angemessen. Aber es kommt doch immer darauf an. Als Hans- Peter Krämer noch Vorsitzender der Kreissparkasse Köln war, hat er sich stets darüber gefreut, gleich vier Landräte in den Gremien zu haben. K.O.

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