Bank vor Ort

Die Volksbank Lahr - mit badischer Gründlichkeit

Es war das Jahr 1865, in dem 35 Bürger der Stadt Lahr über die Zeitung die Gründung eines Vorschussvereins ankündigten und zur Teilnahme aufriefen. Hintergrund war die Sorge der kleinen Gewerbetreibenden vor der zunehmenden Macht der industriellen Konkurrenz. Der Fabrikant sei "im Besitze einer entwickelteren Intelligenz, kaufmännischer Bildung und wirtschaftlicher Kenntnisse, unterstützt durch eigenes und fremdes Kapital". Dem könne nur gemeinsam begegnet werden. "Jeder weiß, welcher Vorteil darin liegt, mit barem Geld, und gerade dann einkaufen zu können, wenn die Gelegenheit dazu günstig ist; darum sage keiner, er brauche kein Geld, denn das ist ein Artikel, von dem ein Mann, der vorwärts strebt, heutzutage nie genug, oder doch nie zuviel haben kann." Am 3. April schließlich wurde der "Lahrer Vorschussverein" geboren, der später in Lahrer Gewerbebank umbenannt wurde. 90 Mitbürger trugen sich in die Mitgliedslisten ein.

Die Entwicklung der Bank gestaltete sich in den ersten Jahren ruhig, aber mit stetigem Aufwärtstrend, so heißt es. 1869 betrug der Reingewinn 2833 Gulden, 1871 war die Zahl der Mitglieder bereits auf 454 angewachsen und schon 1873 wurde ein Gewinn von 9855 Gulden verzeichnet. Weitere Meilensteine waren die Umwandlung in eine Genossenschaft mit beschränkter Haftung 1921, die Umbenennung in Volksbank Lahr 1942 und die Fusion mit der Volksbank Friesenheim 1954 - viele weitere sollten noch folgen. Zum 100-jährigen Bestehen 1964 betrug die Bilanzsumme 39,7 Millionen Euro. Heute ist die Volksbank Lahr mit einer Bilanzsumme von 1,9 Milliarden Euro die fünftgrößte Volksbank in Baden (nach Mannheim, Pforzheim, Villingen und Freiburg) und steht unter den knapp 1300 deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken an 17.Stelle.

Das ist umso bemerkenswerter, da das Geschäft hauptsächlich mit Privatkunden gemacht wird - von den Neuzusagen im Kreditgeschäft im Volumen von 177 Millionen Euro entfielen 2006 rund 62 Prozent auf Privatkunden (vor allem die Wohnbaufinanzierung) und 37 Prozent auf den Firmenbereich. Die Industrialisierung im Ortenaukreis, eingebettet zwischen farbenfrohen Weinbergen, der Rheinebene und der Vorgebirgszone des Schwarzwaldes, begann zwar relativ früh und zeichnet sich auch heute noch durch einen vielfältigen Branchenmix mit den Schwerpunkten im Maschinen- und Anlagenbau, in der Automobilzulieferung und in der Bü-ro-, Wohnungs- und Sanitärausstattung aus. Doch mit den benachbarten, deutlich größeren Städten Offenburg und Freiburg kann sie sich nur schwer messen.

Diesem "Nachteil" begegnete das Institut, das als einziges im ganzen Ortenaukreis noch den Namen der "Geburtsstadt" Lahr trägt, mit einer klaren Ausrichtung auf den Kunden, innovativen Ideen und einer konsequenten Wachstumsstrategie über Fusionen. Es erfolgten die Zusammenschlüsse mit der Raiffeisenbank Lahr 1986, der Raiffeisenbank Schwanau 1990, der Raiffeisenbank Ortenau Süd und der Raiffeisenbank Kappel-Grafenhausen 1998, der Volksbank Gengenbach/Zell 2000 und der Volksbank Unterer Breisgau in Ettenheim 2002. In der Konsequenz heißt dies: Alle ehemals selbständigen sechs Volksbanken und sechsunddreißig Raiffeisenbanken im alten Landkreis Lahr bis in den Breisgau wurden seit der Verbändefusion 1971 unter dem Dach der Volksbank Lahr vereint. Das zahlt sich aus: Allein von 1989 bis 2006 stieg die Bilanzsumme von 223 Millionen Euro auf knapp 1,9 Milliarden Euro, das Eigenkapital legte im gleichen Zeitraum von 9,9 Millionen auf knapp 96 Millionen Euro zu.

Die vielen Fusionen haben aber auch ihre negativen Spuren hinterlassen. So werden immer noch eine Menge Altlasten vor allem auf der Personalseite mitgeschleppt, ohne die die Bank noch effizienter dastünde - eine Cost Income Ratio von über 70 Prozent zeigt dies. Ein Vorstand einer übernommenen Bank beispielsweise ist mittlerweile für den Bereich Hausverwaltung zuständig, zu Vorstandsbezügen versteht sich. Doch allzu hart durchgreifen kann und will man in Lahr nicht. Denn was hier noch großgeschrieben wird, ist Verlässlichkeit. Viele der Fusionen wären nicht zustande gekommen, wenn man sich nicht immer an die Regeln und vor allem die Zusagen gehalten hätte, heißt es bei den Verantwortlichen der Bank.

Das schätzen die Partner und Mitarbeiter, aber offensichtlich auch die Kunden. Mit einem Marktanteil von 56 Prozent hält die Volksbank Lahr im gesamten Bundesgebiet eine Spitzenstellung - von den 180000 Menschen im Geschäftsgebiet sind 134500 Kunden der Volksbank Lahr, 47300 davon sogar Mitglied. Einer Al-lensbach-Studie aus dem Jahr 2006 zufolge haben 71 Prozent der ansässigen Firmen eine Kontoverbindung, für 43 Prozent ist die Volksbank Lahr Hauptbank, 70 Prozent der Firmenkunden arbeiten dabei auch privat mit dem Institut zusammen und 65 Prozent beurteilen die Leistungen als gut bis sehr gut. Und das, obwohl der Wettbewerb mit ebenfalls in Lahr ansässigen Häusern wie der Sparkasse Offenburg/Ortenau (Bilanzsumme 3,5 Milliarden Euro, 210000 Kunden), der Deutschen Bank, der Commerzbank, der Postbank und der Badischen Beamtenbank (BBBank) wahrlich nicht klein ist.

Doch die Volksbank Lahr schafft es, die Kundennähe auch in Vertriebserfolg umzusetzen. "In Süddeutschland hat die Volksbank Lahr auch im Geschäftsjahr 2006 die höchste Produktion aller Volksbanken und Raiffeisenbanken im Bauspargeschäft erzielt. Auch im Versicherungsgeschäft und insbesondere bei den Lebensversicherungen konnte die Volksbank Lahr im bundesweiten Vergleich immer wieder neue Benchmarks setzen", heißt es stolz aus dem Haus. Während viele andere Platzbanken ernsthaft mit der anhaltend flachen Zinsstrukturkurve kämpfen, die eine Fristentransformation erheblich erschwert, hat sich die Volksbank Lahr frühzeitig auf das Provisionsgeschäft konzentriert. Heute liegt der Anteil der Provisionseinnahmen bei über 32 Prozent, das Verhältnis von klassischem Kundengeschäft zu Verbundgeschäft ist mit 50 zu 50 bundesweit nahezu einmalig.

Dabei geht die Bank auch ungewöhnliche, weil neue Wege: 1993 wagte das Institut als erste Kreditgenossenschaft den Weg in das benachbarte Ausland und eröffnete eine Repräsentanz in Erstein im Elsaß.

Vater des Erfolgs ist unbestritten Vorstandschef Manfred Basler, den sie im Hause "den Herrn Direktor" oder einfach nur "unseren Chef" nennen. Seit 1989 steht der heute 68-Jährige dem Vorstand der Volksbank Lahr vor und blickt insgesamt auf 45 Jahre Vorstandstätigkeit in einer Kreditgenossenschaft zurück. Wie umtriebig und umsichtig dieser Vorstandsvorsitzende ist, zeigt allein die Liste seiner Mandate: Vorstandsmitglied des Wirtschaftsbeirats der Wirtschaftsregion Offenburg/Ortenau, Aufsichtsratsvorsitzender der Baugenossenschaft Familienheim Mittelbaden eG, Handelsrichter der Kammer für Handelssachen beim Landgericht Offenburg, Verbandsratsvorsitzender beim Badischen Genossenschaftsverband, Vorstandsmitglied der Pensionskasse des Badischen Genossenschaftsverbandes, stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender der Akademie Badischer Volksbanken und Raiffeisenbanken GmbH, Verbandsrat beim Deutschen Genossenschafts- und Raiffeisenverband e.V.(DGRV), Verbands- und Verwaltungsrat beim Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken e.V.(BVR), Mitglied des Fachrats Markt beim BVR, stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender der R+V Lebensversicherung a.G., Aufsichtsratsmitglied bei der Süddeutschen Krankenversicherung a.G., Aufsichtsratsmitglied bei der Süddeutschen Lebensversicherung a.G., Aufsichtsratsmitglied beim Deutschen Genossenschafts-Verlag eG, Beiratsmitglied der DZ Bank AG, Beiratsmitglied der Bausparkasse Schwäbisch Hall AG, Beiratsmitglied der Union Asset Management Holding AG und Vertreter bei der Münchner Hypothekenbank eG. Basler weiß fast alles.

Ans Aufhören denkt der "Herr Direktor" noch nicht, die Nachfolge ist mit Vize Reinhard Krumm bereits klar und gut geregelt. Bei der 150-Jahr-Feier in acht Jahren wird Manfred Basler sicherlich dabei sein. Dann aber, so sagt er ernst, "nur noch als Gast - wenn sie mich denn einladen." Kann es da Zweifel geben? po

Noch keine Bewertungen vorhanden


X