Ausländer als Wettbewerber und Kunden

Retailbanking im "kleinen Grenzverkehr "

Es war eine mutige Entscheidung, als die Volksbank Lahr vor 19 Jahren den Schritt nach Frankreich ins benachbarte Elsass wagte. Der Europäische Binnenmarkt war gerade in Kraft getreten und die Lahrer Volksbank wollte von Anfang an aktiv dabei sein. Als erste deutsche Kreditgenossenschaft eröffnete sie im Oktober 1993 eine Repräsentanz im elsässischen Erstein. Die Volksbank wollte eine Brücke zu den Menschen auf der anderen Seite des Rheins schlagen, ihre Leistungen vorstellen und Marktchancen frühzeitig nutzen.

Bis dahin wurden die französischen Kunden in den grenznahen deutschen Geschäftsstellen betreut. Der Schritt zum Kunden hin sollte mehr Nähe und die Intensivierung der Kontakte bringen sowie neue Kunden ansprechen. Die Repräsentanz war aber vor allem ein klares Bekenntnis zu Europa. Die Stadt Erstein mit ihren rund 10 000 Einwohnern versprach Dynamik mit der bekannten Zuckerindustrie, gesunder Infrastruktur und einem guten Geschäftsklima.

Auch die Unternehmensgruppe Würth er kannte die Standortvorteile und errichtete ihren Unternehmenssitz Würth France in Erstein. Im Jahr 2008 wurde unmittelbar daneben das Musée Würth France Erstein eröffnet, das mit seinen Kunstausstellungen einen großen Einzugsbereich anspricht.

Verträge müssen in Deutschland geschlossen werden

Auch wenn sich Frankreichs Bankwesen 1993 liberaler zeigte, so bezieht sich diese Öffnung lediglich auf die Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit. Rechtliche Reglements erschweren damals wie heute die Möglichkeiten, deutsche Bankdienstleistungen auf den französischen Markt zu bringen. Das ursprüngliche Ziel, eine Bankfiliale nach deutschem Vorbild zu eröffnen, war deshalb leider nicht realisierbar. Will man sich als Bank, Tochter gesellschaft oder freier Dienstleister betätigen, ist der Aufwand immens. Letztlich wurde nur eine Repräsentanz ermöglicht, ohne Bargeld und Zahlungsverkehr. Der Spielraum ist und bleibt eng, die Mitarbeiter dürfen in Erstein nur informieren, beraten und werben. Verträge müssen in Deutschland geschlossen werden. Das heißt, die französischen Kunden müssen bereit sein, in die grenznahen Geschäftsstellen zu kommen.

Potenziale im Bauspargeschäft ...

Das Konzept ging auf. Überwiegend Pendler, die in Frankreich wohnen und in Deutschland arbeiten, nutzen die Angebote. Wichtig war von Anfang an, die Gewohnheiten der Elsässer zu berücksichtigen, ihre Sprache zu sprechen und französische Mitarbeiter einzustellen, die die Kunden bedienen. Auch die deutschen Kolleginnen und Kollegen in der Repräsentanz und den grenznahen Geschäftsstellen beherrschen die französische Sprache und genießen dadurch einen Vertrauensvorschuss. Vor allem Bausparen, Geldanlagen und Wertpapiere sind für die französischen Kunden interessant.

Bausparverträge der Bausparkasse Schwäbisch Hall werden nicht nur wegen der Arbeitnehmer-Sparzulage und attraktiven Bauspardarlehen abgeschlossen, sondern auch bevorzugt als sichere Sparverträge für die Kinder. In diesem Bereich liegen gute Potenziale, es werden viele neue Kunden gewonnen.

... und bei Riester

Französische Pendler haben genauso wie ihre deutschen Kollegen Anspruch auf die Anlage der Vermögenswirksamen Leistungen in Aktiensparplänen und deren staatliche Förderung. Außerdem besteht seit 1. Januar 2010 aufgrund steuerlicher EU-Vorgaben auch für Pendler aus den Nachbarländern die Möglichkeit, die Vorteile einer Riesterrente zu nutzen. Die Volksbank Lahr bietet unter anderem die Uni-Profi-Rente von Union Investment an.

Aufgrund des ähnlich niedrigen Zinsniveaus ist es für französische Banken in den letzten Jahren weniger interessant, um deutsche Kunden zu werben. Für vergleichbare Produkte bleiben sowohl Franzosen als auch Deutsche lieber bei ihrer Hausbank. Die unterschiedlichen Richtlinien bei der Kreditvergabe und die uneinheitliche Rechtsprechung in Deutschland und Frankreich wirken ebenfalls er schwerend.

In der Repräsentanz dreht sich auch künftig alles um Information und Service. Die Mitarbeiter geben vielfältige Unterstützung zum Beispiel beim Onlinebanking, helfen Anträge wie für die Arbeitnehmer-Sparzulage auszufüllen oder geben Tipps für die Altersvorsorge und bereiten damit die Basis für eine intensivere Zusammenarbeit, die sich in guten Abschlüssen in den deutschen Bankgeschäftsstellen zeigen.

Auszeichnung mit dem Mérite Européen

Neben dem geschäftlichen Engagement ist die Repräsentanz auch eine Plattform für den gegenseitigen Austausch in der grenzüberschreitenden Wirklichkeit. Um den Dialog und das Miteinander zu fördern, hat die Volksbank Lahr im Frühjahr 2001 die deutsch-französische Veranstaltungsreihe "Ersteiner Gespräche" ins Leben gerufen. Mittelständische Unternehmer, Führungskräfte sowie Vertreter aus Politik und Verwaltung treffen sich seitdem abwechselnd auf deutscher und französischer Seite, um sich besser kennen und verstehen zu lernen. Namhafte Persönlichkeiten und bekennende Europäer wie der frühere Bundeskanzler Dr. Helmut Kohl, der frühere Präsident des elsässischen Regionalrats Adrien Zeller (verstorben), der frühere französische Minister Andre Bord, der Publizist Peter Scholl-Latour, der frühere Vize-Kanzler und Außenminister Dr. Klaus Kinkel oder Bundesminister a. D. Dr. Heiner Geißler, um nur einige zu nennen, haben die Ersteiner Gespräche in den zurückliegenden Jahren bereichert.

Die Repräsentanz und die "Ersteiner Gespräche" haben der Volksbank Lahr große Wertschätzung und Kompetenz im Frankreichgeschäft gebracht. Anlässlich des 10-jährigen Bestehens der Repräsentanz wurde das Engagement um die deutschfranzösische Verständigung und für die Verdienste um die Europäische Idee mit einer hohen Auszeichnung gewürdigt. Im November 2003 erhielt der frühere Vor standsvorsitzende, Manfred Basler, im Beisein von Dr. Helmut Kohl den selten verliehenen Orden Mérite Européen.

VR-Kooperation Deutschland - Frankreich

Wer sich als mittelständisches Unternehmen, Handwerker, Dienstleister oder Privatkunde im Nachbarland niederlassen will, begibt sich nicht nur in neues, sondern häufig in unbekanntes Rechts-, Markt- und Steuerumfeld. Professionelle Unterstützung bietet die VR-Kooperation zwischen der Banque Populaire d , Alsace und den vier badischen Volksbanken in Achern, Baden-Baden/Rastatt, Bühl und Lahr unter der Verantwortung von Dr. Pierre Klein, Geschäftsführer der VR-Kooperation Deutschland-Frankreich. Sie wurde vor knapp zwei Jahren intensiviert, um die Kunden bei der Realisierung ihrer Vorhaben noch besser zu begleiten. Nach wie vor erschweren die Sprachbarriere, Unterschiede in der Mentalität und Kultur sowie abweichende gesetzliche Regelungen den erfolgreichen Markteintritt. Die langjährige Erfahrung der Kooperationspartner bündelt ein beachtliches Fachwissen und die Produktvielfalt aus allen Bereichen der Bank- und Versicherungsdienstleistungen sowie Immobilien. Von Bedeutung sind auch die Beratungs- und Unterstützungsleistungen, wie Übersetzungen, sprachliche Unterstützung und Know-how bei Verhandlungen, Hilfe bei der Standortsuche, Weiterleitung an Wirtschaftsprüfer, Steuerberater und Notare, Hilfe bei Kontakt zu Behörden und Rechtsanwälten, Zugang zu Marktanalysen und andere. Die Betreuung erfolgt zweisprachig und die Kooperationspartner haben ihren Sitz in Frankreich und Deutschland in unmittelbarer Nähe zum Kunden.

Die Kooperation ist ein beachtlicher Schritt nach vorn in der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit der beteiligten Genossenschaftsbanken. Die Bankpartner führen sich neue Kunden zu, intensivieren deutsch-französische Kundenbeziehungen und akquirieren Geschäfte. In den letzten zwei Jahren konnte die Volksbank Lahr deshalb einige Unternehmen bei ihren Vorhaben im französischen Markt begleiten.

Banque Populaire d , Alsace vermittelt, die sich als erfahrene Mittelstandsbank mit Marktkenntnis und intensiver Kundenbetreuung einbringt. Im Rahmen der Ersteiner Gespräche stellte Dr. Pierre Klein im Frühjahr 2011 ein gemeinsame Studie der Segec (eine Tochtergesellschaft der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG) und der Banque Populaire d , Alsace über die Präsenz deutscher Unternehmen im Elsass vor. Das Elsass hat ein ausgezeichnetes Image bei den deutschen Unternehmen. Mit ihren elsässischen Niederlassungen sind sie zufrieden, die ursprünglichen Erwartungen würden sogar übertroffen, bestätigt die Studie. Die Qualität der Arbeitskräfte in der Region sei anerkannt, und die deutschen Nachbarn schätzen die kulturelle Nähe und die französische Lebensqualität.

Die Zusammenarbeit mit den regionalen Industrie- und Handelskammern in Lahr, Freiburg und Strasbourg ergänzt das Leistungsangebot der VR-Kooperation in Frankreich und Deutschland. Mit der Teilnahme an der IHK-Messe "vis-à-vis" für deutsche und französische Unternehmer und Existenzgründer im Europa-Park oder Kundenveranstaltungen wie zum Beispiel mit Dr. Pierre Klein und einer französischen Steuerberatungsgesellschaft zum Thema "Eintritt in den französischen Markt" konnte die Volksbank Lahr im letzten Jahr wertvolle Informationen und Praxisbeispiele geben. Gleichzeitig bieten diese Veranstaltungen die Plattform, um Kontakte zu knüpfen und den Austausch zu fördern.

Sprachbarrieren nehmen wieder zu

Für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gehören Schulungen, Seminare und Per sonalaustausch zu den Aktivitäten innerhalb der VR-Kooperation. Damit wird zum einen die Qualität der fachlichen Beratung weiter verbessert. Zum anderen wird das Verständnis zwischen Franzosen und Deutschen, Elsässern und Badenern gefördert. Sich auf menschlicher und interkultureller Ebene näher zu kommen ist eine ganz entscheidende Komponente.

Umso nachdenklicher stimmen aktuelle Umfragen, wonach junge Deutsche weniger französisch sprechen und die Elsässer lieber englisch als deutsch lernen. Wir leben so nah nebeneinander und können uns nicht verständigen? Auf wirtschaftlicher Ebene stehen die Fiskalunion und die Vereinheitlichung administrativer, juristischer und steuerlicher Prozesse ganz oben auf der Wunschliste. Frankreich und

Deutschland arbeiten derzeit sehr eng zusammen, um die aktuelle Staatsschuldenkrise zu bewältigen. Damit ergibt sich er neut die Chance, sich anzunähern und den Weg frei zu machen für einen einheitlichen Wirtschaftsraum. Ein stabiler Euro bildet die Basis dafür. Neue Perspektiven für die Wirtschaft und ihre Menschen in einem Europa ohne Grenzen stimmen optimistisch.

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