Aufsätze

Versicherungen im Sparkassenverbund - welche Bedeutung hat die Technik?

Der Provinzial Rheinland Konzern mit Hauptsitz in Düsseldorf ist als Erstversicherer in allen Versicherungsarten und Sparten des Schaden- und Unfallversicherungs- und des Lebensversicherungsgeschäfts tätig. Für die Union Krankenversicherung AG in Saarbrücken und die Örag Rechtsschutzversicherungs-AG in Düsseldorf werden private Krankenversicherungen beziehungsweise Rechtsschutzversicherungen vermittelt. Die Provinzial Rheinland Versicherungen bündeln als Regionalversicherer das Versicherungsangebot der Sparkassen-Finanzgruppe in ihrem Geschäftsgebiet, den Regierungsbezirken Düsseldorf, Köln, Koblenz und Trier. Im Verbund mit den Sparkassen werden Versicherungen und Finanzdienstleistungen aus einer Hand angeboten. Die von der Provinzial und den rheinischen Sparkassen getragene Sparkassen Direktversicherung AG mit dem Geschäftsschwerpunkt in der Autoversicherung ist ebenfalls dem Konzern hinzuzurechnen.

Technische Verkaufsförderung

Mit 2,2 Milliarden Euro Beitragseinnahmen und zirka zwei Millionen Kunden hat sich die Provinzial Rheinland im Laufe ihrer nunmehr fast 175-jährigen Geschichte zu einem der führenden öffentlich-rechtlichen Versicherungsunternehmen entwickelt. Unter dem Leitspruch "Immer da" "Immer nah" bietet sie ihren Kunden einen umfassenden Service durch 46 Sparkassen mit 1 695 Zweigstellen und zirka 8 890 Kundenberatern sowie rund 650 eigenen Geschäftsstellen mit zirka 1 950 Mitarbeitern.

Aufgrund der immer stärker wachsenden Bedeutung des Versicherungsvertriebs über die Sparkassen standen und stehen die Versicherer der S-Finanzgruppe vor der großen Herausforderung, ihre technischen Verkaufsförderungssysteme in die IT-Landschaft der Sparkassen zu integrieren. Sehr hilfreich war und ist hierbei die fortschreitende Konsolidierung und Vereinheitlichung der IT-Systeme in der Sparkassenlandschaft durch OS-Plus-Vertrieb (One-System-Plus) als Gesamtbankensystem durch die heutige Finanz Informatik GmbH & Co. KG mit Hauptsitz in Frankfurt.

Als eine der Ersten im Verbund der Öffentlichen Versicherer hat die Provinzial zur Sicherstellung der technischen Verkaufsförderung bereits im Jahr 2001 die Weichen für eine tiefe Integration ihrer Versicherungsanwendungen in die Softwarelandschaft der Sparkassen gestellt. Grundlage für diese Entscheidung war die Überzeugung, dass zu einer optimalen Ausschöpfung der Vertriebspotenziale neben dem klassischen Marketing-Mix die Mitarbeiter in den Sparkassen in die Lage versetzt werden sollten, auch bei teilweise fachfremder Materie zielgerichtet und möglichst fallabschließend aus der vertrauten Anwendungsumgebung heraus und eingebettet in die eigenen Beratungs- und Verkaufsprozesse arbeiten zu können. Dies gelingt durch den Einsatz einer flexiblen web-basierten Portaltechnologie mit Hilfe gemeinsamer, einheitlich definierter Standardschnittstellen.

IKK-Schnittstelle

Die IKK (Inter-Kommunikations-Komponente) als zentrale Komponente dieser Konfiguration ermöglicht hierbei die dynamische Einbettung web-basierter Anwendungen in bankfachliche Geschäftsprozesse (Abbildung 1). Damit wird die Grundlage geschaffen für die Übergabe von komplexen bankfachlichen Objekten, die dann unter anderem im Bereich der Angebots- und Antragsmodule der einzelnen Sparten Verwendung finden. Mit bereits über 1 000 Funktionen und einer Vielzahl von Sprachen (zum Beispiel Cobol, Java, XML, C, Visual Basic bis hin zu Web Services) erfüllt das System bereits heute die Anforderungen an Flexibilität und Zukunftsfähigkeit.

Mit der Zulassung des Verbundpartners im Rahmen der individuellen Administration beziehungsweise Freischaltung besteht für die einzelne Sparkasse auf dieser Basis die Möglichkeit, mit bankspezifischen Personen- und Finanzdaten die originäre Anwendung der Provinzial zu nutzen. Mit Hilfe der in dieser Anwendung bereitgestellten Masken (Basis ist der OS-Plus-Styleguide für die Gewährleistung eines einheitlichen Look and Feel) wird der Verkaufsprozess des Beraters durch Bereitstellung der benötigten Informationen und Kalkulationen umfassend und gezielt unterstützt. Am Ende des Verkaufsgesprächs erfolgen einerseits die Speicherung der Daten und der sofortige Ausdruck aller Anträge sowie andererseits die Übermittlung der Daten an die Provinzial Backendsysteme in die sogenannte "Dunkelverarbeitung". Ohne zeitlichen Verzug durch weitere Bearbeitungsschritte kann der Versand der Police zum Kunden tagesaktuell initiiert werden.

EDB2-Schnittstelle

Die beschriebenen Arbeitsschritte werden selbstverständlich in Statusmeldungen dokumentiert und von der Provinzial, gegebenenfalls erweitert um Zusatzdaten zur Gewährleistung der einfachen Ansicht und Auswertung durch die Sparkassenberater, an das OS-Plus-System zurückgespielt. Wahlweise können im Mitarbeiter-Ereignissystem spezifische Hinweise sowie Kontaktdaten zur weiteren Bearbeitung und Kundenansprache generiert werden. Über spezielle Schnittstellen kann die von der Provinzial IT bereitgestellte Anwendung die Prozesse in den Sparkassen darüber hinaus mit weiteren Daten aus dem Antragsprozess, zum Beispiel für das Controlling der Aktivitäten der Kundenberater und Mitarbeiter, bedarfsspezifisch unterstützen.

Zu definierten Zeitpunkten erhalten die Sparkassen über die statische EDB2-Schnittstelle eine vollständige Übersicht aller abgeschlossenen Verträge beim Verbundpartner. Die Anzeige dieser Daten erfolgt dabei automatisch in den Vertragsdaten, im Kundenfinanzstatus und im S-Data-Warehouse. Letzteres ermöglicht beliebige Auswertungen (zum Beispiel Anzahl Verträge, Beiträge, Provisionen) sowie Selektionen für Kampagnen durch berechtigte Personen in der Sparkasse, etwa die Selektion aller Kunden ohne Haftpflichtversicherung.

Zentrale Anwendungen/Serviceportal

Zur Optimierung der Verkaufsförderung wurden seitens der Provinzial in die zentralen Anwendungen zusätzlich sogenannte "Fachinfos" integriert. Diese beziehen sich individuell auf die einzelnen Produkte; Aktualität und Echtzeitverfügbarkeit werden durch Bereitstellung der Daten auf den hauseigenen Servern gewährleistet. Der Kundenberater kann die Fachinfos zur gezielten Gesprächsvorbereitung oder auch als Hilfestellung vor Ort im Kundengespräch aus jeder Anwendung heraus direkt aufrufen.

Ein weiteres Anwendungsbeispiel für die in die zentralen Anwendungen eingebetteten Daten ist der Aufruf und sofortige Ausdruck der Visitenkarten durch den Sparkassenberater zur Aushändigung an den Kunden, um der Einhaltung der im Rahmen der VVG-Reform verschärften Auflagen in der Beratung und Information des Kunden professionell nachzukommen (Abbildung 2).

Wachsende Bedeutung der Prozessintegration

Die Erfolge der dargestellten Aktivitäten haben in der IT der Provinzial Rheinland Versicherung folgende Erkenntnis erhärtet: Je umfassender und nahtloser die technische Integration der Anwendungen und Oberflächen, insbesondere in die OS-Plus Prozesse, erfolgt, desto höher ist die Akzeptanz und Nutzung der Systeme in den Sparkassen und somit die Unterstützung der Verkaufsprozesse.

Hiervon profitieren beide Seiten gleichermaßen: Während die Sparkasse ihre Produktpalette für eine ganzheitliche Beratung des Kunden in allen finanziellen Belangen erweitert und auf diese Weise die Kundenbeziehung stabilisiert und ausbaut, kann der Versicherer das flächendeckende Filialnetz der Sparkassen für eine verstärkte Präsenz zur Vertriebstätigkeit nutzen. Die dynamische IKK-Schnittstelle als Eckpfeiler der IT-Gesamtkonzeption des OS-Plus- Systems ist in diesem Kontext wichtige Voraussetzung, um diese Nutzenpotenziale für beide Seiten gezielt zu heben.

Die Provinzial Versicherung stellt auf der dargestellten Basis bereits seit einigen Jahren die optimale Ausschöpfung des Cross-Selling-Potenzials mit der Einbettung der Kapitallebensversicherung, des S-Hypo-Schutzes sowie der Wohngebäudeversicherung in den Ablauf der eigentlichen Baufinanzierung sicher. Darüber hinaus ist im Bereich des OS-Plus-Konsumentenkredits als weiteres Beispiel für die tiefe Integration die Restkreditversicherung vollständig eingebettet. Konkret wird ohne Medienbruch im Zuge des Bankfinanzierungsprozesses in die Anwendung und Oberflächen der Provinzial Versicherung verzweigt, um zur optimalen Beratung des Kunden automatisch Daten zwischen beiden Organisationen auszutauschen. Auf diese Weise wird das exakt bedarfsgerechte Produkt für den Kunden individuell selektiert und kalkuliert (Abbildung 3).

Wettbewerbsvorteile durch Alleinstellungsmerkmal

Der Vertrieb beider Organisationen verfügt damit über ein Alleinstellungsmerkmal und gewinnt auf diese Weise Wettbewerbsvorteile: Der Sparkassenberater berät auf Basis vollständiger Information über die Produkte, und der Kunde erhält das Finanzierungsangebot und den exakt passenden Versicherungsschutz aus einer Hand zeitnah vor Ort direkt im Anschluss an das Beratungsgespräch. Weitere Anwendungen zu beiderseitigem Nutzen sind bereits jetzt Bestandteil der (verzahnten) IT-strategischen Überlegungen in beiden Häusern. Als nächste Schritte werden vertiefte Datenlieferungen an das Aktivitätencontrolling und die Integration in die Internetauftritte der Sparkassen erörtert.

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