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Werner Steinmüller - Welchen Weg schlägt das europäische Cash Management ein?

In den letzten Jahren zeichnen sich im europäischen Cash Management-Geschäft verschiedene Trends ab. Einer von ihnen ist die Zunahme der aufsichtsrechtlichen Anforderungen, zum Beispiel im Zusammenhang mit der Einführung des einheitlichen Euro-Zahlungsverkehrsraums, Target-2 und der Verhinderung von Geldwäsche. Diese Vorschriften zwingen Banken weltweit zu umfangreichen Investitionen in Technologie- sowie Produkt- und Prozessinnovationen, sodass viele Institute sich die Frage stellen, ob sie weiterhin aus eigener Kraft ein vollständiges Transaction Banking-Angebot aufrechterhalten beziehungsweise aufbauen wollen.

Zwei Geschäftsmodelle

Besonders in der Zahlungsverkehrsbranche sind daher in letzter Zeit zwei Geschäftsmodelle entstanden. Auf der einen Seite gibt es große, global tätige Zahlungsverkehrsanbieter, wie zum Beispiel die Deutsche Bank, die ihr bestehendes Prozessvolumen und ihre Reichweite weltweit nutzen, um den Konsolidierungsprozess aktiv voranzutreiben. Auf der anderen Seite stehen regionale und lokale Banken, welche die von den globalen Banken getätigten Investitionen nutzen, um für ihre eigenen Privat- und Firmenkunden Mehrwert zu schaffen.

So wird beispielsweise die Danske Bank künftig in mehreren europäischen Ländern auf die Cash Manage-ment-Dienste der Deutschen Bank zurückgreifen. Ohne bedeutende Investitionen in ihr eigenes Filialnetz hat die Danske Bank damit fortan integrierten Zugang zu den Kundendienstleistungen, den nationalen und internationalen Zahlungs- und Einzugskapazitäten, der Liquiditätssteuerung und den e-Bankinglösungen der Deutschen Bank. So kann sie ihren Kunden durch die Einbindung der Kapazitäten und des Wissens der Deutschen Bank in ihr eigenes Cash Management-Angebot den integrierten, grenzübergreifenden Service bieten, den viele Unternehmen heute benötigen und von ihrer Bank auch einfordern. Aus Sicht der Deutschen Bank erhöht dies das gesamte Transaktionsvolumen und steigert so die Rentabilität des Cash Manage-ment-Geschäfts.

Die speziell für das europäische Cash Management wohl bedeutendste Initiative für den Zahlungsverkehr ist die Einführung des einheitlichen Euro-Zahlungsverkehrsraums, (Single Euro Payments Area, kurz Sepa) der am 1. Januar 2008 in Kraft treten soll. Dieser wird den nationalen und grenzüberschreitenden Euro-Zahlungsverkehr innerhalb der EU-Länder grundlegend verändern. Die Initiative der Europäischen Kommission wird einheitliche Zahlungsverkehrsinstrumente und -verfahren für Euro-Zahlungen schaffen, welche mittelfristig die vielfältigen nationalen Verfahren ablösen werden. Damit wird der zwischenstaatliche Handel in der EU vereinfacht und ein wichtiger Beitrag für den gemeinsamen Markt geleistet.

Der Schwerpunkt von Sepa liegt auf den zwei Verfahren für Massenzahlungsverkehrsinstrumente - Überweisungen und Lastschriften - sowie einem Rahmenwerk für Kartenzahlungen. Diese neuen Verfahren machen auf Bankenseite die Bereitstellung neuer Infrastrukturen und Systeme sowie die Entwicklung neuer Produkte erforderlich, die durch hochspezialisierte und erfahrene Mitarbeiter konzipiert, getestet und betreut werden müssen. Auch auf Unternehmensseite sind einige Prozess- und Systemanpassungen notwendig. Ferner müssen alle beteiligten Unternehmen in ihren Datenbeständen mittelfristig die nationalen Kontonummern und Bankleitzahlen ihrer Geschäftspartner durch die sogenannte Iban (International Bank Account Number) und Bic (Bank Identifier Code) ersetzen, die zukünftig die einzige Kontoidentifizierung darstellen.

Verschlankung

Die Einführung eines einheitlichen Euro-Zahlungsverkehrsraums wird beispielsweise eine Harmonisierung der Zahlungsverkehrsinstrumente, Formate und Regelungen für nationale und grenzüberschreitende Euro-Zahlungen herbeiführen. Dies wird Unternehmen dabei helfen, ihre Zahlungsverkehrskonten in einem Land zu konsolidieren und ihre Cash Management-Funktionen und -Dienstleistungen zu zentralisieren - möglicherweise bis hin zu der Verschlankung auf lediglich eine Schnittstelle zwischen Bank und Unternehmen. Durch die daraus resultierende Transparenzsteigerung und Rationalisierung von Prozessen und Verwaltung - sowie von Datenverarbeitung und Zahlungsabwicklung - sollte auch das Working Capital-Management verbessert werden.

Unterdessen können Cash-Flow- und Liquiditätsplanung durch festgelegte Abwicklungsfristen und Planungssicherheit hinsichtlich der zu erwartenden Beträge verbessert werden. Durch die Angabe der gesamten Überweisungsinformationen sowie einer dedizierten Auftraggeberreferenz werden weitere Effizienzsteigerungen beim Abstimmungsprozess ermöglicht - was letztendlich zu Kosteneinsparungen führt. Schließlich sind noch die Vorteile für kleinere Unternehmen zu nennen, die durch ein paneuropäisches Überweisungsinstrument unter anderem ihre Chancen auf eine Expansion ins Ausland erhöhen.

Die Einführung des Sepa wird den Kunden zahlreiche Vorteile bringen, den Banken aber auch Investitionen in Technologie und Infrastruktur abverlangen. Ihnen bleiben angesichts des Drucks, der durch diese Initiative auf ihnen lastet, unter Umständen nur wenige Optionen. Manche werden versuchen, die Kosten durch strategische Partnerschaften oder Outsourcing zu senken, andere werden den Schwerpunkt auf die Nutzung von Skalenvorteilen und die Rationalisierung der technischen Infrastruktur und Verarbeitung legen, um in dem neuen Umfeld Rentabilität zu wahren. Schließlich müssen sich die Banken strategisch positionieren; entweder als echte Transaktionsbanken wie die Deutsche Bank mit der kompletten Angebotspalette an Produkten und Dienstleistungen aus dem Transaction Banking oder aber als Vertriebsbanken, die Zahlungsfunktionen außerhalb des Kerngeschäfts auf äußerst kosteneffiziente Weise durchführen.

Banken, die wie zum Beispiel die Deutsche Bank im Transaction Banking expandieren, werden sich zunehmend durch Mehrwertleistungen entlang der gesamten Banklieferkette sowie qualitativ hochwertige Zahlungsverarbeitung und Kundendienst differenzieren müssen.

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