Gespräch des Tages

Zentralbanken / Eigene Note

Man mag über die anhaltend expansive Geldpolitik der großen Notenbanken streiten. Und man darf es mit Blick auf die vernehmbaren Signale der Bank of England, der Bank of Japan, der EZB und der Fed auch für sehr bedenklich halten, dass abseits allgemeiner Bekundungen kein wirklich realistisches Szenario absehbar ist, wie man weltweit aus der misslichen und allenfalls für Japan gewohnten Lage der Flutung der Märkte mit Liquidität wieder herauskommen will. Wenn dann noch ein angesehener Notenbankpräsident wie Thomas Jordan mehr oder weniger offen das aktuelle Dilemma andeutet, so wirkt das ebenfalls nicht unbedingt beruhigend.

Zwar billigte der Präsident des Direktoriums der Schweizerischen Nationalbank (SNB) vor dem Internationalen Club Frankfurter Wirtschaftsjournalisten kürzlich den wichtigen Notenbanken der Welt bei ihren teils unkonventionellen Maßnahmen der vergangenen Jahre der großen Linie nach ein verantwortliches Handeln zu, und er sprach ihre geldpolitischen Entscheidungen auch ausdrücklich von einer "Beggar thy neighbor"-Politik frei. Doch wenn sich ein Fachmann wie er mit nachweislichem Erfahrungsschatz in geldpolitischen wie geldtheoretischen Fragen als wünschenswertes Szenario einen nachhaltigen Aufschwung der Weltwirtschaft mit einem Potenzialwachstum wünscht, das es den Notenbanken erlaubt, die massive Liquidität wieder möglichst schonend aus den Märkten zu nehmen, so baut das ein stückweit auf das Prinzip Hoffnung. Diesen Eindruck konnte man umso mehr gewinnen als er gleich zum Einstieg seines Statements das erforderliche Szenario mit dem sportlichen Wunder des Schweizer Eishockeys bei der kürz lichen Weltmeisterschaft in Verbindung gebracht und in Anlehnung daran nach so vielen Jahren der Finanzkrise den Wunsch nach einem wirtschaftlichen Wunder geäußert hat.

Die aktuelle Lage indes sieht anders aus. In vielen Staaten der Eurozone mit all den gesellschaftlichen Spannungen einer allenfalls stagnierenden Wirtschaftskraft und ihrer teils dramatischen Jugendarbeitslosigkeit ist der ganz große okönomische Aufschwung ebensowenig abzusehen wie in den USA oder in Japan (trotz des kaum erwarteten BIP-Anstiegs in Q1 dieses Jahres). Und auch aus den aufstrebenden Staaten in Asien, Südamerika und teils auch Afrika sind bei aller Hoffnung auf Aufschwung eher bescheidenere Wachstumsraten zu erwarten als in den vergangenen Jahren.

Inmitten dieser Welt aus wirtschaftlichen und währungspolitischen Verflechtungen hat die Geldpolitik der Schweizerischen Nationalbank ihre eigene Note. Eine Politik des Quantitative Easing, wie sie in den USA, in England und in Japan betrieben wird, kommt für die kleine Volkswirtschaft mit ihrem beschränkten inländischen Kapitalmarkt nicht in Frage. Und so hat sich die SNB per 6. September 2011 zu einer Notbremse in Form eines Mindestkurses für den Schweizer Franken von 1,20 Franken pro Euro entschieden. Bereits zuvor hatte sie infolge des tiefen Einbruchs der Schweizer Industrieproduktion im Winter 2008/2009 die Zinsen schon auf nahezu null gesenkt und damit die Möglichkeiten der Zinspolitik weitgehend ausgereizt. Den Mindestkurs als "außerordentliche Maßnahme" beziehungsweise "legitime Notmaßnahme" der Wechselkurspolitik sieht Thomas Jordan nach wie vor als wichtigen Schritt, den gesetzlich verankerten Auftrag der SNB zu erfüllen - nämlich Preisstabilität zu gewährleisten, dabei Deflation zu vermeiden sowie der konjunkturellen Entwicklung Rechnung zu tragen. Das gewählte Kursniveau hält er dabei für immer noch vergleichweise hoch, aber dennoch für die Schweizer Wirtschaft für verkraftbar. Und die Deflationsrisiken stuft er als deutlich reduziert ein. Auch bei ihm kann man sich allerdings des Eindrucks nicht erwehren, dass sich die weltweite Geldpolitik weiterhin auf einem weder theoretisch noch durch praktische Erfahrungen gesicherten Grund bewegt.

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