Strafgesetzbuch: Banker als potenzielle Täter?

Helmut Satzger/Wilhelm Schluckebier/Gunter Widmaier (Satzger/Schluckebier, Hrsg.), Strafgesetzbuch - Kommentar, Carl Heymanns Verlag, 3. Auflage, Köln 2016, LXIX, 2476 S., 139,00 Euro, ISBN 978-3-452-28685-7.

Durch die rapide Zunahme der Ermittlungsverfahren im gewerblichen Bereich ist eine grundlegende Kenntnis strafrechtlicher Tatbestände unabdingbar. Ein ordentlich aufgebauter Kommentar, wie der vorliegende, erfüllt genau diesen Zweck. Zum Verständnis der strafrechtlichen Systematik gehören zunächst die Grundlagen, wie Begehen durch Unterlassen, Handeln für einen anderen Irrtum über Tatumstände, Versuch, Täterschaft und Teilnahme (Anstiftung, Beihilfe!). Bei Realisierung eines Tatbestandes dürfte insbesondere die Erörterung der wenig bekannten "Verwarnung mit Strafvorbehalt" hilfreich sein.

Für Banken sind die Ausführungen zu § 261 "Geldwäsche, Verschleierung unrechtmäßig erlangter Vermögenswerte" relevant: Das Kreditinstitut beziehungsweise der Handelnde kann Täter oder Mittäter sein, wenn es um die Einschleusung unrechtmäßig erworbener Vermögenswerte in den legalen Finanzkreislauf geht. Der Vorwurf ist, dass der Täter mithilfe seiner Bank rechtswidrig erlangtes Vermögen auf das Konto eines gutgläubigen Kreditinstitutes transferiert, um von da an einen bösgläubigen Empfänger Zahlungen zu leisten.

Problematisch bei dem Vorwurf der Beihilfe ist, dass der Straftatbestand durch mehrfache Reformierungen mittlerweile ausgesprochen weit gefasst ist. Die Vorschrift ist im Übrigen verknüpft mit dem KWG (zum Beispiel § 54), dem ZAG und § 370 AO (Steuerhinterziehung).

Wichtig sind die Erwägungen zur Möglichkeit der Selbstanzeige bei § 261 StGB, die ähnlich § 361 AO ausgestaltet ist, wenngleich nicht mit derart hohen Hürden versehen, wie sie mittlerweile im Steuerstrafrecht aufgestellt sind (siehe nachfolgende Rezension). § 263 "Betrug" ist als "Basisnorm" eng mit den Folgetatbeständen der §§ 265a "Versicherungsmissbrauch" und 265b "Kreditbetrug" verzahnt. Die Vorschrift hat Bedeutung für den "Lastschriftbetrug". In Bezug auf den Spesenbetrug ist die Vorschrift nicht zu unterschätzen, weil der Strafvorwurf leider ein "beliebtes Instrument" für Kündigung/Abberufung unliebsamer Führungskräfte, auch Bankvorstände herhalten muss, wobei selbst kleine Abrechnungsfehler eine Anzeige rechtfertigen. § 263a "Computerbetrug" beinhaltet den Missbrauch von EC- und Chip-Karten, nicht zu verwechseln mit § 266b: "Missbrauch von Scheck- und Kreditkarten". Auch hierzu liefert der Band prägnante Erläuterungen. § 265 StGB "Versicherungsmissbrauch" ist speziell für Genossenschaftsbanken interessant, die als Filialen der R+V-Versicherung an der Schadensregulierung beteiligt sind. In Betracht kommen unter anderem Verlust (Diebstahl) und Beschädigung der Sache, gegebenenfalls unter Beteiligung eines weiteren Dritten (zum Beispiel manipulierte Kfz-Unfälle). § 265b StGB "Kreditbetrug" ist allen Bankern "geläufig", deshalb nur kurz: Ob der Tatbestand wirklich erfüllt ist, kann äußerst zweifelhaft sein - eine übereilte Strafanzeige ist "falsche Verdächtigung" im Sinne des § 164 StGB.

Die Erläuterungen im Band sind ausgesprochen informativ und klarstellend. Das gilt auch für den Untreuetatbestand des § 266 StGB. Der Vorwurf der Untreue wird immer häufiger gegenüber Vorständen von Banken und den Mitgliedern von Aufsichts- und Verwaltungsräten erhoben, weil angeblich unverantwortliche Kreditvergaben erfolgt seien. Die Anzeige ist schnell gefertigt, aber ob sich ein "Anfangsverdacht" durch konkrete Tatsachen erhärten lässt, wird die Strafverfolgungsbehörden dann vor Schwierigkeiten stellen, wenn ein kompetenter Jurist, gemeinsam mit einem Sachverständigen, die Angelegenheit bearbeitet und der Betroffene durch Literaturstudium "gewappnet" ist.

Die Kommentierung der Vorschrift ist umfassend und bezieht die maßgebliche Rechtsprechung ein. Schon von daher lohnt sich die Anschaffung des Werkes. Das hier eingeflossene Fachwissen hochkompetenter Autoren ermöglicht einen Überblick über die gesamten strafrechtlichen Vorschriften. Es bietet eine verständliche Kommentierung des Stoffes, aktuell und nutzerorientiert wobei juristische Zweifelsfragen überzeugend gelöst sind. Prädikat: uneingeschränkt empfehlenswert.

Hartmut Glenk, Direktor, Institut für Genossenschaftswesen und Bankwirtschaft (IGB), Siegen/Berlin

Die hier empfohlenen Bücher sind eine Ergänzung des Werkes von Müller-Gugenberger, Handbuch des Wirtschaftsstraf- und -ordnungswidrigkeitenrechts, siehe ausführliche Rezension in Kreditwesen 8/2017, S. 406

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