Aktuare fordern mehr Generationengerechtigkeit in der bAV

Quelle: pixelio.de

­Der überwiegende Teil der laufenden Betriebsrenten ist gegen Inflation geschützt. Für erworbene Versorgungsanwartschaften gibt es diesen Schutz häufig nicht; sie werden durch die Inflation mehr oder weniger stark entwertet. Zudem besteht die Gefahr, dass gerade junge Menschen auf der Suche nach Einsparpotenzial bei der Entgeltumwandlung den Rotstift ansetzen. Dadurch droht eine schleichende Ausweitung der Versorgungslücke, die erst in 20 bis 30 Jahren in vollem Umfang sichtbar wird, warnt die deutsche Aktuarvereinigung. „Die Generationengerechtigkeit gerät dadurch in der betrieblichen Altersversorgung zunehmend unter die Räder“, so Dr. Friedemann Lucius, Vorstandsvorsitzender des Instituts der Versicherungsmathematischen Sachverständigen für Altersversorgung e.V. (IVS), eines Zweigvereins der Deutschen Aktuarvereinigung (DAV). Nach Überzeugung des IVS kann die Einführung eines Nachhaltigkeitsmechanismus, wie er auch in der Gesetzlichen Rentenversicherung (GRV) angelegt ist, dazu beitragen, die begrenzten Mittel in der betrieblichen Altersversorgung gerechter zu verteilen.

Arbeitgeber sind in Deutschland gesetzlich verpflichtet, spätestens alle drei Jahre die Höhe der laufenden Betriebsrenten zu prüfen und nach billigem Ermessen anzuheben. Werden Renten an den Verbraucherpreisindex für Deutschland (VPI) oder die Nettolohnentwicklung vergleichbarer Arbeitnehmergruppen angepasst, entfällt die Prüfungspflicht. Für Zusagen, die nach 1998 erteilt wurden, besteht zudem die Möglichkeit, der Anpassungsprüfungspflicht zu entgehen, wenn die laufenden Renten jedes Jahr um ein Prozent angehoben werden. In der Praxis unterliegen geschätzt 70 Prozent der laufenden Betriebsrenten der VPI-Anpassungsregelung und sind insofern inflationsgeschützt.

Ein vergleichbarer Inflationsschutz besteht für Anwartschaften auf betriebliche Altersversorgung nicht. Endgehaltsabhängige Systeme, die einen gewissen Inflationsschutz durch die Entgeltdynamisierung gewähren, kommen in der Praxis kaum noch vor. Doch auch beitragsorientierte Leistungszusagen, bei denen der Beitrag gehaltsabhängig festgelegt ist, bieten allenfalls einen eingeschränkten Inflationsschutz über die Gehaltsentwicklung, die aber nur auf zukünftige Anwartschaftszuwächse wirkt. In den meisten Fällen führt die Inflation deshalb für Anwärter auf eine Betriebsrente zu einer Entwertung ihrer erdienten Ansprüche, so Lucius.

Damit geht die Generationenschere geht immer weiter auf. Denn in Zeiten hoher Inflation werden die jungen Generationen von drei Seiten in die Zange genommen: Zum einen werden die in der Vergangenheit erworbenen Anwartschaften und Ansprüche real entwertet. Zum anderen nimmt der Druck zu, bestehende Entgeltumwandlungen einzustellen, um die Strom- und Gaspreisrechnung noch bezahlen zu können. Und schließlich müssen bei unvollständigem Inflationsausgleich auf das Gehalt Kaufkraftverluste hingenommen werden, die die Fähigkeit zur privaten Vorsorge erheblich begrenzen. Bei heutigen Rentnern hingegen sorgen laufende Renten auf der Grundlage von Leistungszusagen, die nach heutigen Maßstäben häufig recht hoch bemessen sind, zusammen mit den Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung und privatem Vermögen meist für ein gutes Versorgungsniveau, das für künftige Rentnerjahrgänge in der Breite unerreichbar sein wird.

Das IVS setzt sich vor diesem Hintergrund dafür ein, in Anlehnung an die gesetzliche Rentenversicherung  einen Nachhaltigkeitsmechanismus einzuführen, durch den die begrenzten Mittel in der betrieblichen Altersversorgung im Sinne eines Generationenausgleichs gerechter verteilt werden. Beispielsweise sei eine Ergänzung der gesetzlichen Anpassungsverpflichtung um eine Option für den Arbeitgeber zur Begrenzung der Anpassungshöhe denkbar, etwa durch die Einführung einer Anpassungsbemessungsgrenze für laufende Renten. Renten würden dann nur noch bis zu einem bestimmten Betrag angepasst, wohingegen die Anpassung für darüberhinausgehende Rententeile deutlich reduziert werden könnte. Im Gegenzug müssten sich die Arbeitgeber verpflichten, die dadurch eingesparten Mittel zur Finanzierung zusätzlicher bAV für die jüngere Generation einzusetzen. Die Verteilung der eingesparten Mittel könnte durch kollektivrechtliche Regelungen im Rahmen der Mitbestimmungspflicht durch eine Betriebsvereinbarung oder einen Tarifvertrag geschehen.

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