Big Data und Datensicherheit

Datenanalyse - Viele gute Gründe gegen Big Data rechtfertigen doch keine Abstinenz

Jeder, der schon einmal im Internet gekauft oder nach Produkten und Dienstleistungen gesucht hat, kennt vermutlich auch Big Data in Form eines Bombardements mit zu seinem Surf-Verhalten passenden Angeboten. Finanzdienstleister halten sich an dieser Stelle bislang noch sehr zurück - und das aus gutem Grund. Denn es ist noch lange nicht ausgemacht, dass Verbraucher das, was sie bei Unternehmen wie Google oder Amazon akzeptieren und vielleicht sogar als nützlich empfinden, auch seitens ihrer Bank oder Sparkasse tolerieren oder ihr sogar danken würden. Wer sich etwa im Internet über die neuesten Automodelle beziehungsweise Angebote informiert, der wäre sicher nicht in jedem Fall positiv überrascht, kurz darauf von seiner Bank auf die aktuellen Finanzierungskonditionen angesprochen zu werden, wie es bei Internetunternehmen längst gang und gäbe ist.

Schon in Zeiten vor Big Data waren Banken im Hinblick auf die Auswertung ihrer umfangreichen Datenbestände zu vertrieblichen Zwecken sehr vorsichtig. Personalisierte Werbung am Geldautomaten während der Wartezeit etwa ist zwar seit langem technisch möglich, wird aber aufgrund von Datenschutzbedenken bislang kaum eingesetzt. Manchmal drängt sich sogar der Eindruck auf, dass die Branche beim Customer Relationship Management in den letzten 20 Jahren nicht wesentlich vorangekommen ist. Diese große Zurückhaltung bei der Nutzung vorhandener Daten wird aus Kundensicht keineswegs nur als Zeichen der Seriosität gewertet. Auch die immer häufiger vorgebrachte Klage, dass die Banken zu wenig über ihre Kunden wüssten und zu wenig mit passenden Angeboten auf sie zukämen, hat hier ihren Ursprung. Denn die Praktiken von Banken und Sparkassen haben mit der allgemeinen Entwicklung bei der Datenanalyse und -nutzung nicht Schritt gehalten. Was früher lediglich ein Zeichen von Diskretion war, wird heute leicht als Marketing nach dem Gießkannenprinzip empfunden, das dem Bedürfnis der Menschen nach individueller Ansprache kaum noch gerecht wird.

IT- und Kommunikationsthema zugleich

Banken sehen sich also zwei divergierenden Anforderungen gegenüber: Einerseits erwarten die Kunden mehr Eigeninitiative seitens ihrer Bank, die mit passgenauen Angeboten auf sie zukommen soll, andererseits wollen sie nicht "durchleuchtet" werden. Beides unter einen Hut zu bekommen, ist die Herausforderung, der sich die Branche stellen muss. Big Data wie auch das CRM sind insofern nicht nur ein IT-, sondern auch ein Kommunikationsthema.

Sicherzustellen, dass Kundendaten, aus welcher Quelle auch immer sie stammen, vor unberechtigtem Zugriff geschützt sind, ist dabei eine Basisanforderung. In Sachen Datenschutz kommt es darauf an, nicht nur den rechtlichen Anforderungen Genüge zu tun. Sondern eine Branche, die zuallererst vom Vertrauen ihrer Kunden lebt, tut gut daran, dem Kunden das Gefühl zu geben, Herr seiner Daten zu sein und entscheiden zu können, welche Informationen seine Bank nutzen darf und welche nicht. Nicht alles, was der Gesetzgeber zulässt, mag somit in der Praxis sinnvoll sein. Eine gewisse Selbstbeschränkung kann sich für die Branche auszahlen. Dem Kunden muss aber auch kommuniziert werden, dass die Verwendung von Daten für ihn mit einem Mehrwert verbunden ist. Einfachstes Beispiel ist der Zugriff einer App zur Geldautomatensuche auf die Standortinformationen. Wer mehr will, der muss auch mehr zulassen, so die einfache Formel, die es zu kommunizieren gilt. Die Akzeptanz seitens der Kunden dürfte freilich schnell an ihre Grenzen stoßen, wenn sich herumspricht, dass Big Data auch zu Zwecken des Risikomanagements genutzt werden kann - was dann vermutlich in der Regel im Hintergrund ablaufen würde, ohne den Kunden explizit um seine Einwilligung zu bitten.

Ob und wann sich Big Data für Banken lohnt, ist somit nicht einfach zu entscheiden. Denn nicht zuletzt stellt sich auch die Frage nach den Ressourcen. Wer kaum noch mit dem Abarbeiten immer neuer regulatorischer Vorgaben nachkommt und deshalb schon die Potenziale im klassischen CRM bei Weitem nicht ausschöpft, weil schlicht und einfach die personellen Kapazitäten fehlen, um die Daten zu sichten und die Ergebnisse in entsprechende Kundenansprache umzusetzen, dem wird auch eine noch größere Datenfülle wenig nützen, die schließlich auch nicht zum Nulltarif zu haben und zu erschließen ist.

Sich einfach hinter die Begründungen "schaffen wir ohnehin nicht" und "will der Kunde nicht" zurückzuziehen, wäre gleichwohl fatal. Denn eine Big-Data-Abstinenz der Branche könne sich längerfristig zu einem weiteren Einfallstor für neue Wettbewerber entwickeln, die weitaus mehr Erfahrungen bei der Nutzung solcher Technologien haben und zugleich weder die gleichen Skrupel beim Datenschutz hegen noch (bisher) unter der gleichen regulatorischen Anforderungslast ächzen wie die Kreditwirtschaft. Unter dem Strich bleibt also ein schwieriges Fazit: Sowohl von der rechtlichen Seite als auch unter dem Gesichtspunkt der Praktikabilität gibt es gibt gute Gründe gegen die Nutzung von Big Data bei Banken. Und doch rechtfertigen sie alle zusammen keine Vogel-Strauß-Taktik. sb

Noch keine Bewertungen vorhanden


X