Zielgruppen

Migranten - vor allem als Unternehmensgründer interessant

Finanzdienstleistungen für Bürger mit Migrationshintergrund bleiben ein Wachstumsmarkt, resümiert eine Analyse von Deutsche Bank Research vom Juni dieses Jahres. Viele Banken haben diese Kundengruppe bereits entdeckt und versuchen, mit Sprachschnittstellen in der Kundenbetreuung und Ethno-Marketing das Potenzial zu heben.

Dauerhaft erfolgreich sein können sie aber nur, wenn sie auch die Risikopräferenzen von Anlegern berücksichtigen. Und diese Diversity-Aspekte werden im Kundengeschäft mit Migranten oft unterschätzt, so die Autoren Nicolaus Heinen von der Deutschen Bank und Timo Alberts von der Universität Bayreuth.

Als Sparer fallen Migranten durch eine unterdurchschnittliche Sparquote auf. Das kann an Einkommensunterschieden liegen, aber auch daran, dass Geld in die alte Heimat überwiesen wird - umso häufiger, je mehr es ihnen in Deutschland an attraktiven Spar- und Anlageangeboten fehlt. Außerdem sind Migranten der ersten wie auch der zweiten Generation bei der Geldanlage deutlich risikofreudiger als die einheimische Vergleichsgruppe.

Besonders gut dokumentiert ist das Produktnutzungsverhalten türkischstämmiger Bankkunden der Deutschen Bank, die die Bank seit 2006 über eine eigene Schnittstelle namens Bankamiz betreut. Hier liegt die Produktnutzungsquote im Bereich des Vorsorgesparens weit über der der einheimischen Privatkunden. Sehr beliebt ist auch das Bausparen. Wertpapierdepots dagegen werden in der Zielgruppe nur ganz selten genutzt.

Die Kreditnutzungsrate ist höher als bei der Vergleichsgruppe - zur Finanzierung von Hochzeiten, um sich vom türkischen Wehrdienst freizukaufen oder sich in das türkische Rentensystem einzukaufen. Dennoch liegen die Ausfallraten in der Regel unter den Kreditausfallraten deutscher Haushalte.

Besonders ausgeprägt ist unter Bankkunden mit ausländischen Wurzeln (nicht nur unter den Türken) der Wille zur unternehmerischen Selbstständigkeit. 23,1 Prozent aller Personen, die in den letzten dreieinhalb Jahren ein Unternehmen gegründet haben, sind Migranten. Damit gründen sie prozentual häufiger ein Unternehmen als Deutsche.

Zugleich sind ihre Neugründungen durchschnittlich größer als deutsche Gründungen. Mehr als 70 Prozent der unternehmerisch tätigen Migranten beschäftigen bereits bei Eintritt in die Selbstständigkeit Mitarbeiter oder haben dies vor - gegenüber nur 50 Prozent bei Einheimischen. Kontakte zu ihrem Heimatland können Unternehmen ausländischer Gründer offenbar unternehmerisch nutzen. Vielleicht deshalb weisen sie häufiger einen hohen Exportanteil auf.

Allerdings ist unter Unternehmern mit Migrationshintergrund auch die Abbruchquote höher: 21 Prozent geben ihr Unternehmen bereits nach einem Jahr wieder auf (im gesamtdeutschen Schnitt sind es 15 Prozent). Nach 3 Jahren liegt der Anteil der Geschäftsaufgaben bei rund 40 Prozent unter ausländischen Gründern, gegenüber etwa 30 Prozent im Durchschnitt aller Unternehmen. Red.

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