Ausländer als Wettbewerber und Kunden

Interkulturelle Fähigkeiten gefragt: Migranten als Existenzgründer

Unternehmergeist spricht viele Sprachen. Den Mikrozensusergebnissen zufolge ist in Deutschland die Zahl der Selbstständigen ohne deutschen Pass allein zwischen 1998 und 2008 um rund 140 000 und damit um 56Prozent gestiegen, während die Zahl deutscher Selbstständiger im gleichen Zeitraum nur um zwölf Prozent zugenommen hat.

Das haben Jessica Di Bella und René Leicht in einer Studie der KfW-Research herausgefunden. Laut dem Gründungsreport der Deutschen Industrie- und Handelskammer von 2009 hat mittlerweile jeder elfte Gründer einen Migrationshintergrund.

Migranten partizipieren heute also stark an Gründungen. Jedoch geht die relativ hohe Zahl an Markteintritten mit einer entsprechend hohen Zahl an Marktaustritten einher. Gründerinnen und Gründer mit Migrationshintergrund haben auf ihrem Weg in die Selbstständigkeit spezifischen Informations- und Beratungsbedarf, der sich nicht über die üblichen Beratungswege abdecken lässt.

Auch die Sparkasse Hannover sieht diese Tendenz. Die Unterstützung von Existenzgründungen gehört zum Selbstverständnis als regional orientiertes und dem Mittelstand verbundenes Unternehmen.

Gründungsfreundliches Klima in der Region

Um der zunehmenden Bedeutung der Gründungen von Migranten für die regionale Wirtschaft gerecht zu werden, muss eine auf ihre Bedürfnisse zugeschnittene Beratungsstruktur vorhanden sein. Wie also geht ein regionaler Finanzdienstleist er mit diesen Gründern um, die aus anderen kulturellen Zusammenhängen kommen? Was treibt Menschen mit ausländischen Wurzeln an? Welche besonderen Voraussetzungen müssen sie haben? Wo kann Unterstützung konkret ansetzen?

Das Klima für Unternehmensgründungen in der Region Hannover ist durchaus günstig:

Zahlreiche über ein Gründungsnetzwerk verbundene Einrichtungen bieten Unterstützung auf dem Weg in die Selbstständigkeit.

Hannovers Hochschulen und ihre praxisnahen Fachinstitute begünstigen innovative High-Tech-Gründungen.

Darüber hinaus werden Gründungen von Migranten und Frauen zielgerichtet unterstützt. Nicht zuletzt trägt die Sparkasse Hannover als starke Partnerin maßgeblich zur Realisierung von Gründungsvor haben bei.

Kurzcheck und Probelauf mit versiertem Sparringspartner

Das öffentlich-rechtliche Institut bietet in seinem "GründerCenter" seit 2011 einen Gründer-Kurzcheck an, ein niederschwelliges Angebot. Die künftigen Unternehmer erhalten nicht nur ein Feedback zu ihrer Gründungsidee, sondern auch zu ihren bisher aufgestellten Unterlagen. Die kostenlose Beratung ist unverbindlich.

Bei einer Existenzgründung sind heute neben organisatorischen Fragen viele finanzielle und rechtliche Aspekte zu berücksichtigen. Eine gute Idee allein reicht leider nicht.

Da häufig bereits ein qualifizierter Rat oder auch ein Probelauf mit einem versierten Sparringspartner hilfreich ist, stehen die Berater des "GründerCenters" der Sparkasse Hannover interessierten Existenzgründern Rede und Antwort rund um ihre Selbstständigkeit. Voraussetzung ist eine Terminreservierung und eine kurze Darstellung des Gründungsvorhabens, die 48 Stunden vor dem persönlichen Check vorliegen sollte.

Dafür erhält der Existenzgründer zu einem frühen Zeitpunkt ein grundsätzliches Feedback zu seinem Vorhaben und zu seiner fachlichen Eignung, Informationen über Beratungsstellen und -quellen, Informationen zu öffentlichen Mitteln, eine erste Einschätzung des Zeitbedarfs einer Gründungsfinanzierung und eine Orientierungshilfe für seine weiteren Schritte.

Drei Typen von Existenzgründern

Um passgenau beraten zu können, müssen wir wissen, was Menschen mit ausländischer Herkunft antreibt. Gibt es überhaupt den Migranten, die Migrantin? Schnell stellen wir fest, dass diese Frage nicht leicht zu beantworten ist.

Der Glaube an sich selbst ist die Triebfeder unternehmerischen Denkens und Handelns. Das will auch Mokhtar Sotoudi vermitteln. Der gebürtige Iraner ist Projektleiter der Gründungswerkstatt der Wirtschaftsentwicklungsgesellschaft hannoverimpuls. Drei Typen von Existenzgründern macht er unter den Migranten aus:

Die einen haben unternehmerische Fähigkeiten und Visionen. Sie möchten gestalten und wachsen.

Die anderen sind gut ausgebildete Menschen, die in ihrem Beruf in Deutschland aus irgendeinem Grund nicht Fuß fassen können - sei es durch verfehlte oder auch nicht vorhandene Chancen wie beispielsweise der Nicht-Anerkennung der Berufsausbildung. Für diese Gruppe ist Selbstständigkeit nicht unbedingt die erste Wahl, denn sie haben oftmals auch andere Möglichkeiten.

Dann gibt es noch jene Existenzgründer, die aus der Not heraus versuchen, auf eigenen Beinen zu stehen. Hier finden sich viele Nachahmer und weniger eigene Ideen.

Soft Skills mobilisieren

Auch wenn sich bei Darstellung dieser drei Typen auf den ersten Blick die vermeintlich Erfolgreichen aufdrängen: Kein Berater kann im Vorfeld hundertprozentig abschätzen, ob eine Gründung erfolgreich sein wird. Sicher, es gilt, objektive Gründungshindernisse zu überwinden. Dazu gehören beispielsweise fehlendes Eigenkapital und anders geprägte Kommunikationsweisen.

Aber neben diesen gibt es eben auch die subjektiven Gründungshindernisse: Was bringe ich als Existenzgründer an sogenannten weichen Eigenschaften mit? Welches Zeit- und Planungsverständnis habe ich? Kann ich konstruktiv mit Konflikten umgehen?

Diese Soft Skills müssen erkannt und auf die Gründungsidee hin mobilisiert wer den. Wer sich selbst gut verkaufen kann, kann auch Produkte und/oder Dienstleistungen verkaufen, von denen er beziehungsweise sie überzeugt ist.

Wichtig: Spielregeln beachten

Mit dem deutschen Rechts- und Steuersystem umzugehen, ist dann eine weitere Herausforderung. Es ist wichtig, die rechtlichen Spielregeln zu beachten. Gründer müssen verinnerlichen, dass die Deutschen regelorientiert sind, dass sie für alle möglichen Vorgänge Formulare ausgefüllt wissen wollen. Sotoudis Beratung und Unterstützung besteht auch in der Vermittlung zwischen unterschiedlichen Wertesystemen, zwischen verschiedenen Sichtweisen.

Das "GründerCenter" der Sparkasse Hannover ist froh, mit hannoverimpuls zusammenzuarbeiten. Die Beraterinnen und Berater wissen, dass sie sich nicht verbiegen sollten, denn die Gründer müssen schließlich lernen, wie alle ihre Kunden in Deutschland ticken.

Dennoch ist sehr viel Feingefühl nötig "sensiblere Antennen". Menschen aus anderen Kulturkreisen haben beispielsweise ein anderes Empfinden von Distanz und Nähe. Fragen nach dem Eigenkapital werden oftmals als zu persönlich empfunden, während die Gründer gern von ihrer Familie reden oder nah am Berater sitzen.

Alle Register ziehen

Ein anspruchsvoller Job mit viel Finger spitzengefühl und einem weitgespannten Netzwerk. IntEX e. V., ein Verein für Integrative Existenzgründung, gehört ebenso dazu wie die Industrie- und Handelskammer Hannover und die Handwerkskammer Hannover. Darüber hinaus pflegt die Sparkasse Hannover enge Kontakte zu einzelnen Unternehmerinnen und Unternehmern - teilweise mit Migrationshintergrund -, die sich als Netzwerker und auch als Multiplikatoren verstehen.

Die Sparkasse Hannover spielt hier auf allen möglichen Klaviaturen. Und das ist auch nötig: Inzwischen hat jeder vierte Gründungswillige, der sich mit einer Finanzierungsanfrage an die Sparkasse wendet, einen Migrationshintergrund. Tendenz steigend. Mit dem "GründerCenter" und dem damit verknüpften Netzwerk ist die Sparkasse gut gerüstet für die Zukunft.

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