Private Überschuldung

Frauen und Senioren holen auf

Quelle: Creditreform Boniversum GmbH

Die Hoffnung auf eine Trendwende bei der Überschuldung privater Verbraucher hat sich nicht erfüllt. Das geht aus dem im Dezember veröffentlichten Schuldner-Klima-Index Herbst 2016 der Creditreform Boniversum GmbH, Neus, hervor. Nach einer Erholung im Quartal zuvor hat sich der Schuldner-Klima-Index demnach wieder verschlechtert, das Überschuldungsrisiko der Verbraucher in Deutschland hat wieder zugenommen.

Das deckt sich mit den Ergebnissen des ebenfalls von Creditreform herausgegebenen Schuldneratlas Deutschland 2016. Ihm zufolge ist die Überschuldung von Privatpersonen in Deutschland 2016 zum dritten Mal in Folge angestiegen, und das sogar deutlicher als erwartet. Zum Stichtag 1. Oktober 2016 lag die gemessene Überschuldungsquote bei 10,06 Prozent (nach 9,92 Prozent im Jahr 2015).

Die aktuelle Überschuldungsquote für Deutschland liegt damit zwar weiterhin deutlich unter den Höchstwerten der Jahre 2005 bis 2007. Doch hat sie erstmals seit 2008 wieder die Zehn-Prozent-Marke überschritten und erreicht fast wieder das Niveau, das zu Beginn der Finanz- und Wirtschaftskrise gemessen wurde. 2016 konnten nach überschlägigen Berechnungen rund 3,37 Millionen Haushalte als überschuldet und nachhaltig zahlungsgestört gelten.

Dabei haben sich die Gründe für die Überschuldung seit 2008 verschoben. Auslöser wie Arbeitslosigkeit und gescheiterte Selbstständigkeit haben aufgrund der in den letzten Jahren insgesamt stabilen Konjunktur in Deutschland langfristig (2008 bis 2014) an Bedeutung verloren. Gleichzeitig haben Erkrankung, Sucht, Unfall sowie gescheiterte Immobilienfinanzierungen stärker zur Überschuldung beigetragen. Letztere haben nach den Zahlen des Statistischen Bundesamts nach vier Jahren der Bedeutungsabnahme als Hauptauslöser für die Überschuldung im Jahr 2015 erstmals wieder stärker zur Überschuldung beigetragen: 2,8 Prozent der Fälle wurden durch gescheiterte Immobilienfinanzeirungen ausgelöst. Das entspricht einer Zunahme um 16,7 Prozent gegenüber 2014.

Von Entwarnung kann laut Creditreform Boniversum aus mehreren Gründen nicht die Rede sein:

- Zum einen hat die aktuelle Kreditnutzung der deutschen Verbraucher wieder leicht zugenommen. 61,5 Prozent der Verbraucher gaben an, "Kredite oder sonstige finanzielle Verbindlichkeiten und Verpflichtungen" zu haben (plus 0,3 Prozentpunkte).

- Noch deutlicher zugenommen hat die Bereitschaft der Verbraucher, zukünftige Anschaffungen mit Krediten beziehungsweise "nicht aus eigenen Mitteln" tätigen zu wollen. So planen 34,2 Prozent der Befragten (plus 1,6 Prozentpunkte), in den nächsten drei Monaten weitere Anschaffungen mit Krediten zu finanzieren.

- Der Indikator "Schuldenstress" hat sich ebenfalls insgesamt verschlechtert. 37,3 Prozent der Verbraucher (plus 2,3 Prozent) fühlen sich "manchmal von den finanziellen Verbindlichkeiten überfordert.

Mit Blick auf die einzelnen Bevölkerungsgruppen kommen weitere negative Aspekte hinzu: Frauen, die in Sachen Überschuldung bislang deutlich hinter den Männern zurückliegen (Überschuldungsquote 7,55 Prozent gegenüber 12,72 Prozent bei den Männern), beginnen in dieser Hinsicht deutlich aufzuholen. So stieg die Zahl der Überschuldungsfälle von Frauen 2016 um 2,4 Prozent (Männer plus 1,6 Prozent). Und auch die Überschuldung von Senioren steigt - wenngleich von einem sehr niedrigen Niveau aus - deutlich an, nämlich um 16,4 Prozent bei den über 70-Jährigen und 7,1 Prozent bei den 60- bis 69-Jährigen. Hier weisen die Studien der letzten Jahre einen "stabilen Trend" zur Altersüberschuldung aus.

Die stabilen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen dämmen dies alles zwar einstweilen ein. Ein Wiederanstieg der Arbeitslosenquoten könnte die Verschuldungsproblematik aber sehr schnell wieder verschärfen. Im Jahr 2015 war Arbeitslosigkeit für jeden fünften Fall von Überschuldung der Hauptauslöser. Red.

Noch keine Bewertungen vorhanden


X