Frage an Louis Hagen

Braucht das Pfandbriefgesetz eine Novelle?

Vor zwei Jahren hat der Pfandbrief sein neues Heim bezogen - das Pfandbriefgesetz (PfandBG). Nach so kurzer Zeit nun schon die ersten Renovierungs- und Modernisierungsarbeiten? Der Immobilienfachmann vermutet schnell: Planungsfehler, Pfusch am Bau, unsachgemäße Nutzung. Und wie urteilt der Pfandbriefexperte ?

Wer wissen will, wo er hingeht, muss wissen, wo er herkommt

Die Schaffung des PfandBG glich einer Großbaustelle. Immerhin galt es, aus drei Gesetzen eins zu machen und dabei die unterschiedlichsten Interessen zu berücksichtigen. Im Vordergrund stand die Akzeptanz des neuen Gesetzes durch die Investoren. Es sollte ein Vertrauensverlust verhindert werden, weshalb der Fokus der Gesetzesarbeiten auf die Qualitätsmerkmale des Pfandbriefs ausgerichtet war.

Dabei hat man nicht nur auf Bewährtes gesetzt, sondern auch neue Qualitätsmaßstäbe geschaffen. Überlegungen zu weiteren Modernisierungen des Gesetzes und zur Nutzungseffizienz wurden zwar berücksichtigt, traten dagegen aber in den Hintergrund.

Das Projekt PfandBG wurde in Rekordgeschwindigkeit abgeschlossen. Vom Gesetzesentwurf der Bundesregierung bis zur Veröffentlichung des Gesetzes im Bundesgesetzblatt waren gerade einmal gut sieben Monate vergangen. Grund für diesen Zeitdruck war der feststehende Übergabetermin des Pfandbriefheims, der 19. Juli 2005.

Es ist selbstverständlich, dass unter diesen Umständen einige Sonderwünsche der Industrie gestrichen werden mussten und es zu redaktionellen Unebenheiten kam. Das PfandBG hat aber sein Ziel erreicht: Der Pfandbrief steht in der Gunst der Anleger ganz oben. Das Gesetz hat sich als krisenfest erwiesen. Unter den Covered Bonds gehört der Pfandbrief zu den teuersten Produkten. Also keine Planungsfehler, kein Pfusch am Bau, keine unsachgemäße Nutzung sondern alles in Ordnung?

Trotz dieses Erfolgs, auf den man stolz sein kann, gibt es keinen Grund, in Ehrfurcht vor dem Erreichten zu erstarren oder die Hände selbstzufrieden in den Schoß zu legen. Die Welt der Kapitalmärkte, darunter insbesondere der Covered-Bond-Märkte und die der Kreditwirtschaft, hat sich seit dem 19. Juli 2005 schnell weiter gedreht:

- In vielen Ländern, darunter Portugal, Italien, Frankreich, Schweden, die Ukraine, Rumänien, Bulgarien, Norwegen und sogar den USA sind neue Covered-Bond-Produkte geschaffen worden.

- In mehreren Ländern werden aktuell Modellanpassungen vorgenommen.

- Andere Covered-Bond Märkte wachsen dynamisch, während der Pfandbriefmarkt schrumpft.

- Die Capital Requirements Directive (CRD) wurde mittlerweile verabschiedet und ihre Anforderungen an Covered Bonds zur privilegierten Eigenkapitalunterlegung werden für alle Covered Bonds gelten, die ab dem 1. Januar 2008 emittiert werden.

- Das Kreditgeschäft der Banken wird immer komplexer und internationaler.

- Viele Pfandbriefbanken generieren im Immobilien- und Staatsfinanzierungsbereich zunehmend Geschäfte, die aus formaljuristischen Gründen nicht deckungsfähig für den Pfandbrief sind.

- Es wurde von einem deutschen Kreditinstitut angekündigt, einen Covered Bond auf vertraglicher Basis zu emittieren, der grundsätzlich auf die gleichen Aktiva zurückgreift wie der Pfandbrief.

- Das Refinanzierungsregister wurde bislang kaum genutzt.

- Eine Ratingagentur hat einen Pfandbrief mit einem einfachen A bewertet.

Wahrlich Gründe genug, sich über die weitere Entwicklung des PfandBG Gedanken zu machen. Die aufgeführten Themen zeigen, wie vielfältig und unterschiedlich die Herausforderungen sind.

Verbesserung von Qualität und Nutzungseffizienz

Die genannte Ratingaktion gibt zu denken. Nun war es sicher nicht beabsichtigt, mit dem PfandBG ein Gesetz zu schaffen, das per se ein AAA-Rating aller Ratingagenturen gewährleistet. Dies wäre nicht sinnvoll und wohl auch nicht möglich. Das PfandBG soll über alle Emittenten hinweg hohe Qualität sichern und das Verlustrisiko der Investoren minimieren, kann und soll aber nicht die individuellen Unterschiede der Emittenten eliminieren. Zu unterschiedlich sind auch die Ratingansätze und es wäre verfehlt, die Ratingagenturen als die oberste Instanz der Qualitätsbeurteilung zu betrachten.

Ratingagenturen geben nur eine Meinung zur Qualität ab und es bestehen mitunter gute Gründe, anderer Meinung zu sein. Letztlich entscheiden die Investoren durch den Kauf zu einem bestimmten Preis, welche Qualität sie einem Papier zumessen. Und da kann man sich aus Pfandbriefsicht derzeit sicherlich nicht beklagen.

Es gibt dennoch berechtigte Argumente dafür, die von den Ratingagenturen genannten Schwachstellen genau zu analysieren. Die Ratingagenturen sind Institutionen, deren Urteil im Markt eine große Bedeutung hat. Immerhin stellt Basel II im Standardansatz im Wesentlichen auf das externe Rating der anerkannten Agenturen ab und viele Investoren machen ihre Investitionsentscheidung vom Erreichen bestimmter Bonitätsnoten abhängig.

Die Kritik der Ratingagenturen und der intensive Austausch mit ihnen hat in der Vergangenheit auch zu Qualitätsverbesserungen des Pfandbriefs beigetragen, die im Markt sehr positiv aufgenommen wurden. Fokussiert man sich auf die genannte Ratingaktion, so ist die Kritik auf die Insolvenzsicherheit der sogenannten freiwilligen Überdeckung gerichtet.

Sicherlich wird man sich aber auch fragen müssen, weshalb die Ratingagenturen diese "Überdeckung" überhaupt verlangen. Ebenso sind die neu eingeführten und in der Modernisierung befindlichen Covered-Bond-Modelle im Hinblick auf ihre Qualitätsmerkmale zu untersuchen und daraus gegebenenfalls gute Gedanken zu übernehmen.

Bei all der berechtigten Sorge um die Qualität des Pfandbriefs darf nicht vergessen werden, dass der Pfandbrief keinen Selbstzweck erfüllt, sondern ein Mittel zum Zweck ist. Er soll es den Pfandbriefbanken ermöglichen, ihre Geschäftsaktivitäten möglichst günstig zu refinanzieren und damit gleichzeitig das Bedürfnis sicherheitsorientierter Investoren wie Versicherungen, Rentenfonds, Pensionskassen aber auch Privatpersonen nach Anlagealternativen zu anderen Anlageklassen wie zum Beispiel Staatspapieren befriedigen.

Die Vermittlungsfunktion zwischen Kapitalmarkt und Kreditgeschäft, die der Pfandbrief wahrnimmt, dient - dem Wohle der Bankkunden, die von niedrigen Konditionen profitieren, - dem Wohle der Pfandbriefbanken, die mittels des Pfandbriefs ihre Rentabilität und damit ihre Wettbewerbsfähigkeit stabilisieren und steigern können, und - dem Wohle der Volkswirtschaft, indem dadurch unter anderem notwendige Investitionen ermöglicht werden. Dieser Nutzen kann nur dann gestiftet werden, wenn der Pfandbrief möglichst weitreichend Anwendung findet. Der Pfandbrief ist jedoch keine Allzweckwaffe. Vielmehr werden die Grenzen durch die Qualitätsanforderungen der Investoren einerseits und die betriebswirtschaftliche Sinnhaftigkeit andererseits gesetzt. Die aufgezeigten Entwicklungen geben genügend Anlass zu prüfen, ob dieses Gleichgewicht optimal austariert ist. Es ist wichtig, dass die Pfandbriefnutzung mit den Veränderungen in der Kreditwirtschaft insgesamt und den veränderten Rahmenbedingungen des Pfandbriefgeschäfts im Besonderen Schritt hält. Ist dies nicht mehr möglich, dann wird die Bedeutung des Pfandbriefs schrumpfen und er wird auf Dauer keinen Sinn mehr machen. Es ist ebenso wichtig zu prüfen, ob die im PfandBG gesetzten Qualitätsmerkmale greifen und von den Investoren honoriert werden. Schließlich ist zu analysieren, ob die Nutzung des Pfandbriefs von manchen administrativen Belastungen befreit werden kann, ohne dabei die Qualität des Produkts zu mindern. Dazu gehört beispielsweise auch das Refinanzierungsregister.

Structured Covered Bond - Alarmsignal für den Pfandbrief

Auch wenn der strukturierte Covered Bond, dessen Emission von einem Kreditinstitut angekündigt wurde, nicht die Pfandbriefqualität erreichen dürfte, besteht Einigkeit, dass dieses Vorhaben ein Alarmsignal für den Pfandbrief darstellt. Nach Angaben des Instituts gibt es ein Bedürfnis für ein solches Papier, um die auf den Bilanzen von Sparkassen befindlichen Hypothekendarlehen effizient zum Einsatz für die Emission eines Kapitalmarktprodukts zu nutzen.

Weshalb kann es überhaupt sinnvoll erscheinen, den Weg über ein solches Vehikel zu beschreiten statt über den vom Gesetzgeber vorgesehenen Weg über das Refinanzierungsregister? Man wird diesbezüglich sehr genau analysieren müssen, ob über diesen Weg nur versucht werden soll, sinnvolle Qualitätsmerkmale des Pfandbriefs zu umgehen oder ob der Weg über den Pfandbrief unter Nutzung des Refinanzierungsregisters administrativ überfrachtet ist. In diesem Zusammenhang muss konstatiert werden, dass zwar mehrere Institute den Einsatz des Refinanzierungsregisters planen, es bisher aber nur in überschaubarem Maße zum Einsatz kommt. Technische Anpassungen vornehmen

Wenig spektakulär und auch nicht von grundsätzlicher Bedeutung sind schließlich Anpassungen des PfandBG, die notwendig sind, um redaktionelle Fehler, unklare Regelungen und bestehende Lücken zu beseitigen. So wurden beispielsweise als Kreditnehmer für das Staatsfinanzierungsgeschäft die Zentralbanken der Europäischen Union nicht erwähnt.

Wer mit Bedacht handelt, erreicht, was er erstrebt

Bis auf die zuletzt genannten Anpassungen bedürfen die übrigen Themen einer ausgiebigen Analyse und einer ausreichenden Diskussion unter den beteiligten Kreisen. Der Pfandbrief ist ein zu angesehenes und wichtiges Produkt, als dass man ihn zum Opfer vorschneller und unüberlegter Entscheidungen machen darf. Das Vertrauen der Investoren muss hart erarbeitet werden und ist schnell verspielt. Der Schaden, den man damit anrichten könnte, wäre immens.

Ebenso falsch wäre es aber, sich in Sicherheit zu wiegen und die Dinge gemächlich anzugehen. Dies wird sicher nicht passieren, da die notwendigen Überlegungen auf Seiten der Emittenten in ihrem Verband, dem vdp, begonnen haben und auch BMF und BaFin die Entwicklung aufmerksam beobachten.

Da trifft es sich gut, dass der vdp zwischenzeitlich rund 90 Prozent des per 31. Dezember 2006 ausstehenden Pfandbriefvolumens und etwa 98 Prozent des im Jahr 2006 neu emittierten Volumens an Pfandbriefen vertritt. Dies gewährleistet bereits in der Vorbereitung die Berücksichtigung eines möglichst breiten Spektrums der Emittenteninteressen und eine hohe Repräsentativität der formulierten Petita und sollte den notwendigen Abstimmungsprozess am Ende beschleunigen.

Die Fortentwicklung des Pfandbriefs bleibt ein wichtiges und spannendes Aufgabengebiet, dem man seine volle Aufmerksamkeit widmen muss. Dafür ist der vdp da.

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