Wohnungen als Kapitalanlage

"Wohnen ist ein Grundbedürfnis und kein Spekulationsobjekt"

Warum macht es Spaß, in Köln ein großer Vermieter zu sein? Die Kölner sind im Allgemeinen recht offene, freundliche Menschen, die in besonders herzlicher Weise an ihrer Stadt hängen. Das macht Köln für junge Leute und auch für Nicht-Kölner so attraktiv. Folglich wächst die Stadt. Davon lebt auch die GAG Immobilien. Welches Image hat das Unternehmen? Zwar ist die Gesellschaft börsennotiert, doch wird sie aufgrund der hohen kommunalen Beteiligung von den Bürgern als öffentliches Wohnungsunternehmen angesehen. Diese Wahrnehmung ist insofern gerechtfertigt, da wir über das Vermietungsgeschäft hinaus viel für die Stadt leisten - vor allem im sozialen Bereich. Zudem investiert die Gesellschaft sehr stark in den Umweltschutz. Beispielsweise haben wir in einem unserer Wohnquartiere Europas größtes Erdwärmeprojekt realisiert und in einem anderen Viertel gezeigt, dass sich der Energiebedarf vollständig über Solaranlagen decken lässt. Diese Innovationen sind aber nicht nur energie-, sondern auch sozialpolitisch bedeutsam, da die Siedlungen einen überproportional hohen Anteil an einkommensschwachen Haushalten aufweisen. Diese soziale Verantwortung ist für ein öffentliches Wohnungsunternehmen nicht ungewöhnlich, für eine private Gesellschaft, wie die GAG der Form nach eine ist, aber schon. Wie schlägt sich das im Bestand nieder? In Köln leben etwas mehr als eine Million Menschen, von denen wohnen etwa 100 000 in den Objekten der GAG. Demnach erreichen wir statistisch einen Marktanteil von etwa zehn Prozent und sind der größte Vermieter in der Stadt. Insgesamt betreuen wir 42 000 Wohnungen, von denen etwa noch die Hälfte sozialgebunden ist. Dabei sind zwar über die Jahre immer mehr Bestände aus der Sozialbindung herausgewachsen, doch haben wir gleichzeitig neue Objekte durch Sanierung mit öffentlichen Mitteln in die Sozialbindung gebracht. Warum war dies nötig? Betroffen sind vor allem sanierungs- und modernisierungsbedürftige Wohnungen, bei denen jedoch die Mieter aufgrund ihres Einkommens eine Umlage der Investitionskosten auf die Miete nicht verkraften. In solchen Fällen haben wir auf öffentliche Förderungen zurückgegriffen und im Gegenzug drei Siedlungen wieder in die Sozialbindung genommen. Dies sind aber alles Quartiere in Stadtrandlagen, die von vornherein für Personen mit niedrigem Einkommen bestimmt waren. Die Stadt Köln hält 69 Prozent der GAG-Aktien, die Stadtsparkasse zehn Prozent, Kleinanleger summieren sich auf neun Prozent und zwölf Prozent "Mieteraktien" verwaltet ein Treuhänder. Welche Vorteile bietet diese Eigentümerstruktur? Der hohe öffentliche Anteil von zusammen 79 Prozent stellt sicher, dass die mit dem Aufsichtsrat abgestimmten Vorhaben auch in der Hauptversammlung dauerhafte Mehrheiten finden. Es ist also nicht zu befürchten, dass einmal beschlossene Maßnahmen, deren Erfolg sich möglicherweise erst mittel- oder langfristig einstellt, wegen sich ändernder Mehrheiten im Aktionärskreis vorzeitig infrage gestellt werden. Konkret betrifft das zum Beispiel das Programm "Mieter werden Eigentümer", das nicht auf kurzfristige, sondern auf langfristige, behutsame Privatisierung angelegt ist. Wo nützt Ihnen die Börsennotierung? Eigentlich ist die Börsennotierung hinderlich, doch war sie bei Gründung des Unternehmens 1913 vom damaligen Kölner Bürgermeister Konrad Adenauer gewünscht. Um die Wohnungsnot in Köln zu lindern, wollte die Stadt das Knowhow der lokalen Wirtschaft nutzen und die privaten Unternehmen, meistens Handwerksunternehmen, im Gegenzug an der Gesellschaft beteiligen. Heute nennt sich so etwas Public Private Partnership. Die Gesellschaftsform zu ändern würde viel Geld kosten, das wir besser einsetzen können. Zudem ist der Streubesitz auch ein Ansporn, den Anteilseignern eine attraktive Dividende zu liefern. Wir zahlen pro Aktie 50 Cent. Das ist aus Sicht der Anleger vielleicht zu wenig, aber immerhin das Achtfache der Dividende, die vor fünf Jahren ausgeschüttet wurde. Leider ist der Aktienkurs nicht mehr so erfreulich wie noch 2007, als er sich bei 35 Euro bewegte. Mittlerweile liegt er bei etwa 20 Euro. Wir konnten uns damit nicht dem sich verschlechternden Börsenumfeld für Immobilienaktien entziehen. Somit steht dem Nettoinventarwert des Unternehmens in Höhe von 2,5 Milliarden Euro lediglich eine Marktkapitalisierung von 2,25 Milliarden Euro gegenüber. Auf die Frage nach der eigenen wirtschaftlichen Rentabilität kontern öffentliche Wohnungsunternehmen gerne mit dem Verweis auf die sogenannte Stadtrendite. Wie hoch ist diese bei der GAG? Wenn wir die Stadtrendite berechnen würden, wäre sie sicherlich sehr hoch. Aber wir haben sie nie erhoben. Unser Ansatz ist ein anderer. Wir wollten wissen, welche Rentabilitätssteigerungen sich durch soziales Management erzielen lassen. Dabei haben wir in unseren Quartieren festgestellt, dass für jeden in soziale Maßnahmen investierten Euro bis zu zehn Euro an die Gesellschaft zurückkommen. Welche Maßnahmen sind das konkret? Wir investieren vor allem in Maßnahmen, die eine ausgewogene und stabile Mieterstruktur gewährleisten helfen. Dazu gehören Nachbarschaftstreffen und Hilfsangebote. Ein sehr wichtiges Element unserer Arbeit vor Ort ist die Gewaltprävention. Dazu schaffen wir Freizeitangebote für Jugendlich wie zum Beispiel Mitternachts-Fußballturniere, sanieren Spiel-, Sport- und Bolzplätze, betreiben Jugendcafés und bieten Beratung zu den jeweiligen Lebenslagen an, bis hin zur Job-Vermittlung. Insgesamt kooperieren wir dabei mit über 40 Sozialpartnern in der Stadt. Im Rahmen eines Public Private Partnerships baut die GAG Kindertagesstätten. Für diese Einrichtungen sponsern wir Kinderfeste und Spielgeräte. Bei einem Malwettbewerb sollten die Kinder zeigen, was sie in ihrem Viertel stört und was sie sich an Einrichtungen wünschen. Erfolgreich waren auch Kunstprojekte, bei denen die Mieter aufgefordert wurden, einen für sie wichtigen Gegenstand aus ihrer Wohnung fotografieren zu lassen. Auf große Planen gezogen wurden die Bilder anschließend außen an die Balkone gehängt. Einigen gefiel die Aktion, anderen nicht - aber alle sprachen miteinander. Das schafft Identifikation mit dem Quartier. Besonders erfolgreich sind wir aber mit unseren Patenschaften. Dabei übernehmen zum Beispiel Kindergartengruppen und Schulklassen die Pflege einer Grünanlage im Quartier. Im Gegenzug sponsert die GAG den Mittagstisch für Kinder, deren Eltern das Essengeld nicht aufbringen können, richtet die Schulhöfe her, spendet Spielgeräte und organisiert Kulturveranstaltungen für die Paten. Zudem weisen wir an den jeweiligen Freiflächen mit Schildern auf die Patenschaften hin. Diese Maßnahmen haben einen doppelten Effekt. Einerseits überlegen es sich die Jugendlichen, wie sie den Spielplatz oder Park hinterlassen, wenn die eigene Schule oder der Kindergarten des Geschwisterkindes die Pflege übernommen hat. Andererseits haben die Paten eine hohe Motivation, "ihre" Grünanlage in Ordnung zu halten. Die so geschaffenen Verantwortlichkeiten erhöhen die Attraktivität des Quartiers und die Verbundenheit der Mieter mit dem Viertel. Für die GAG lässt sich der wirtschaftliche Gewinn aber auch ganz konkret ermitteln: Für die genannten Maßnahmen wurden in einem "Probe-Stadtteil" von uns etwa 75 000 Euro aufgewendet. Doch verzeichnen wir nunmehr alleine 150 000 Euro weniger Vandalismusschäden pro Jahr. Wichtig ist uns aber auch, Jugendlichen ohne Schulabschluss eine Perspektive zu geben. Dazu sprechen wir mit den von uns beauftragten regionalen Firmen über Möglichkeiten, Ausbildungs- und Arbeitsplätze zur Verfügung zu stellen. So vermittelten wir allein im vergangenen Jahr 45 Arbeitsplätze für Jugendliche oder ältere Arbeitslose aus unseren Wohnquartieren im Heizungs- und Sanitärbereich, in der Gebäude- und Rohrreinigung sowie bei Dachdeckern. Diese jungen Menschen haben keinen Grund und keine Zeit mehr für Krawall. Ist in diesem Kontext die Privatisierung von Wohnungen ein Nachteil, weil sie die soziale Segregation verstärkt? Nein! Wenn Mieter ihre Wohnung erwerben, übernehmen sie auch Verantwortung für das Viertel. Aktuell werden von uns 80 Wohneigentumsgemeinschaften betreut und in keinem Quartier stellten wir eine Veränderung der sozialen Struktur fest. Das liegt aber vor allem daran, dass wir die Erlöse auch nach dem Verkauf in die Quartiere investieren. Die langjährigen Mieter, die Senioren, die nicht kaufen können oder wollen, sind meist diejenigen, die sich am meisten um das Objekt und das Umfeld kümmern. Eine so gepflegte Wohngegend ist bei Eigentumserwerbern gefragt. Deshalb haben die Käufer gar kein Interesse daran, dass sich die Mieterstruktur im Quartier verändert. Dennoch wird der Verkauf öffentlicher Vermögenswerte in Politik, Medien und Bevölkerung oft mit Skepsis gesehen. Wie vermeiden Sie öffentliches Aufsehen oder wie erzeugen Sie Akzeptanz? Zu Beginn des Privatisierungsprogramms gehörte eine Menge Überzeugungsarbeit dazu, Mietern und Mitarbeitern zu erklären, dass wir nicht kommunales Tafelsilber verscherbeln. Fünf Jahre nach den ersten Verkäufen sind wir in der komfortablen Situation, dass wir nicht mehr für die Wohnungen und den Kauf werben müssen. Aber wir verstehen uns nicht als Portfolioverkäufer oder große Privatisierer. Denn die GAG ist im Jahr 2003 mit dem Anspruch angetreten, dass sie als überwiegend in kommunalem Besitz befindliche Gesellschaft mehr für die Stadt und ihre Bewohner erreichen kann als bei einem Verkauf, wie er seinerzeit vom Rat der Stadt betrieben wurde. Wir privatisieren nur, um die Kapitalbasis für Investitionen in den Bestand zu verbessern. Denn mit Verkäufen erzieltes Geld müssen wir nicht am Kapitalmarkt aufnehmen. Würden aber die Gewinne aus der Privatisierung nicht in die Quartiere reinvestiert, sondern an die Anteilseigner ausgeschüttet, wie es die Pri-vate-Equity-Fonds praktizieren, wären die Folgen in den Quartieren und für die Stadt verheerend. Deshalb umfasst das 2003 aufgelegte Programm "Mieter werden Eigentümer" insgesamt nur 4 000 Wohnungen, die ausschließlich an Mieter und selbstnutzende Erwerber verkauft werden. Ein relativ großer Teil wurde sehr schnell nach Beginn des Programms veräußert, während sich die Privatisierung der verbleibenden Wohnungen noch über Jahre hinziehen kann. Denn die Wohnungen müssen erst leer werden, um sie anschließend an Selbstnutzer zu verkaufen. Auf diese Art werden etwa 250 bis 300 Wohnungen pro Jahr transferiert, sodass wohl erst zirka im Jahr 2015 alle vorgesehenen Wohnungen einen Käufer gefunden haben. Diese Größenordnung zeigt, dass hier kein öffentliches Vermögen schnell abverkauft wird. Vielmehr werden diese Abgänge durch Neubauten kompensiert. Bis 2012 werden insgesamt 12 000 Wohnungen neu errichtet oder saniert, von denen nur ein Teil abgerissene Altbestände ersetzt. Haben sich Ihre Erwartungen in der Mieterprivatisierung erfüllt? Ja! Vielleicht schon Ende dieses Jahres wird die Privatisierungsquote von 50 Prozent erreicht. In vielen Wohneigentümergemeinschaften geben wir derzeit die Mehrheit ab. Das schafft neue Herausforderungen, denn die GAG möchte als Hausverwalter gerne wiedergewählt werden. Bis zum Jahresende 2007 haben wir mit den Privatisierungen 115 Millionen Euro erzielt und damit unter anderem die Beleihungsfähigkeit des Unternehmens erheblich verbessert. Die Bonität der Gesellschaft ist so gut, dass ihre Papiere als Sicherheiten bei der Notenbank hinterlegt werden können. Was muss vor einer Privatisierung in den Beständen, im Umfeld getan werden? In der Regel privatisieren wir Bestände mit Instandhaltungsrückstand und nutzen die Verkaufserlöse, um die Gebäude und das Wohnumfeld aufzuwerten. Das gelingt freilich nur, wenn die Erwerber uns vertrauen. Die potenziellen Käufer bekommen von uns alle Investitionsplanungen vorgelegt und haben, wenn die Maßnahmen nicht umgesetzt werden sollten, das Recht zur Rückabwicklung des Kaufvertrags. Das ist aber - zumindest aus diesem Grund - bislang noch nie vorgekommen. Nicht jede Mieterprivatisierung ist dauerhaft erfolgreich, weil sich persönliche Lebenslagen zuweilen dramatisch ändern. Besteht dann auch eine Rückgabemöglichkeit? Wir haben bei allen Wohnungen ein Vorkaufsrecht, wenn sie der Erwerber veräußern will. Damit verhindern wir Spekulation und stellen sicher, dass die Quartiere nicht nach wenigen Jahren von Kapitalanlegern, die lediglich die Miete abschöpfen, aber nichts investieren wollen, "durchlöchert" werden. Dieses Vorkaufsrecht greift auch bei dramatisch verschlechterter Bonität. Dann übernehmen wir die Wohnung und der Verkäufer kann als Mieter weiterhin in seiner Wohnung bleiben. Bis jetzt gibt es aber lediglich eine Handvoll solcher Fälle. Für uns ist das kein Risiko. Vielmehr erhöht das Vorhandensein dieses "Notausgangs" die Bereitschaft unserer Mieter, ihre Wohnung zu erwerben. Wie viel kosten die Wohnungen? Der Durchschnitt liegt bei 1 352 Euro pro Quadratmeter. Je nach Standort können es aber auch bis zu 1 650 Euro sein. Wie sieht die Finanzierung bei einem Mieterkauf aus? Ist die Sparkasse hier exklusiver Kooperationspartner? Um die Finanzierung kümmern sich die Mieter selbst. Wir empfehlen keine Bank. Grundsätzlich sind die Preise so kalkuliert, dass die monatliche Belastung für Zins und Tilgung des Kredits nicht nachhaltig über der Kaltmiete liegt. Dabei ist zu beachten, dass die Käufer in der Regel eine 100-Prozent-Finanzierung bei ihrer Bank nachfragen. Welche Bank bietet diesen hohen Beleihungsauslauf an? Die meisten Mieter erhalten den Kredit von ihrer Hausbank, einige bedienen sich auch einer Internetplattform. Wenn in einzelnen Fällen auf keinem dieser Wege eine Finanzierung zustande kommt, weil der Mieter aus Sicht der Bank zu alt ist, eine zu geringe Bonität hat oder den "falschen" Beruf ausübt, dann sprechen wir auch mit der Stadtsparkasse und weisen mit Einverständnis des Kaufinteressenten nach, dass er seine Miete in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten stets pünktlich bezahlt hat. Der hohe Beleihungsauslauf erklärt sich aus der Tatsache, dass die Haushalte als Mieter nie damit gerechnet haben, eines Tages Wohneigentum zu erwerben oder erwerben zu können. Entsprechend wurde nicht gezielt darauf hin gespart. Aber es gibt auch Haushalte, die genügend Eigenkapital besitzen, um ihre Wohnung sofort bar zu bezahlen, aber kein oder nur wenig Eigenkapital einsetzen wollen. Diese möchten ihre Ersparnisse vielmehr nutzen, um nach dem Erwerb in die Wohnung zu investieren und sich zum Beispiel ein Bad nach ihren Vorstellungen einzubauen, was sie bisher als Mieter möglicherweise nicht durften oder wagten. Wie hoch sind die Mieten der GAG? Im Schnitt liegt die Miete in den GAG-Wohnungen bei 5,10 Euro pro Quadratmeter. Das ist für Kölner Verhältnisse noch relativ günstig, hängt aber auch mit der Altersstruktur unserer Bestände und mit der ehemaligen Gemeinnützigkeitsstellung der Gesellschaft zusammen. Sie waren wesentlich daran beteiligt, dass die GAG vor fünf Jahren nicht an die Deutsche Annington verkauft wurde. Wie sehen Sie die Heu-schrecken-Diskussion heute und den Verkauf der LEG in Nordrhein-Westfalen? Die Finanzinvestoren sind keine "Heuschrecken", denn diese würden sie an dem binnen kürzester Zeit erfolgten Kahlschlag sofort erkennen. Vielmehr haben die Private Equity Funds eine auf fünf bis zehn Jahre angelegte Strategie, deren dramatische Folgen nicht sofort sichtbar sind. Es findet vielmehr ein schleichender Prozess der Substanzvernichtung oder -verschlechterung statt, weil die Mieteinnahmen aus dem Unternehmen herausgezogen werden. Es wird aber nicht nachhaltig in den Bestand investiert, nicht das Wohnumfeld aufgewertet, keine soziale Quartiersarbeit geleistet und nicht auf eine intakte Mieterstruktur geachtet. Am Ende beklagen die Städte heruntergewirtschaftete Viertel. Wenn schon der Vergleich mit dem Tierreich bemüht wird, dann passt auf diese Investoren am ehesten die Blattlaus. Sie saugt die befallene Pflanze langsam aus und bleibt dabei lange Zeit unauffällig. Aber sollen nicht gerade davor die Sozialchartas schützen? Den Kommunen werden die Sozialchartas nichts nützen, denn diese enthalten regelmäßig nicht mehr als was im Gesetz oder im Mietrecht schon verankert ist. Häufig bleiben die Chartas unter den Vorgaben, die das Wohnungsunternehmen erfüllen musste, als es noch in kommunaler Hand war. Bestes Beispiel ist die Sozialcharta der LEG NRW. Darin ist eine Verpflichtung enthalten, 12,50 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche zu investieren. Aber es ist nichts darüber gesagt, wo das geschehen soll. Es ist zu befürchten, dass an den starken Standorten wesentlich mehr investiert wird, um sie später mit hohem Gewinn zu verkaufen, während in schwachen Quartieren deutlich weniger getan wird. Letztere werden daraufhin weiter verwahrlosen - mit sozialen Folgen, die am Ende die Allgemeinheit bezahlen muss. In Köln sehen wir bereits solche Entwicklungen. Diese können uns als Vermieter nicht egal sein, weil auch GAG-Objekte unter der Verwahrlosung der Nachbarschaft leiden. Während wir auf der einen Straßenseite in unseren Bestand investieren, um eine ordentliche und stabile Vermietung zu erreichen, vergammeln auf der gegenüberliegenden Seite die Häuser und Spielplätze. Damit fühlen sich auch unsere Mieter in dem Viertel nicht mehr wohl. Wie gehen Sie damit um? Es ist sehr schwierig, dort immer eine zufriedenstellende Lösung zu finden. Wir versuchen zunächst herauszubekommen, wie die Eigentümerstruktur in solchen Beständen aussieht. Wo es möglich ist, kaufen wir das eine oder andere Objekt. Wenn das nicht gelingt, haben wir sogenannte "Quartierskümmerer", die auch über unsere Grundstücksgrenzen hinaus für die Sauberkeit im Stadtviertel sorgen. Der Verkauf öffentlicher Wohnungsbestände wird mit deren Unwirtschaftlichkeit begründet. Zu Recht? Wohnen ist kein Spekulationsobjekt - gerade öffentlich gefördertes Wohnen -, sondern ein elementares Grundbedürfnis des Menschen. Dessen sollte sich die Politik bewusst sein. Die Geschichte der Bundesrepublik hat doch gezeigt, immer wenn die Grundbedürfnisse Wohnen und Arbeit vernachlässigt wurden, änderten sich die politischen Mehrheiten, änderte sich die Gesellschaft. Mit dem sozialen Wohnungsbau Cash zu machen, wie bei der LEG geschehen, ist falsch. In diesem Zusammenhang ist auch die Scheinheiligkeit in der Bundespolitik anzuprangern. Diese wollte die angelsächsischen Investoren im Jahr 2001 nach Deutschland holen und änderte dafür sogar die Steuergesetzgebung. Als die Investoren kamen, wurden sie von den gleichen Politikern erst als "Heuschrecken" beschimpft und dann als Sanierer der öffentlichen Haushalte und Wohnungsunternehmen angesehen. Aber wem gehören denn die Wohnungsunternehmen, wer ist denn der Eigentümer, der bisher Einfluss nehmen konnte? Die öffentliche Hand. Der Eigentümer muss seine Gesellschaft auf Trapp bringen und dafür sorgen, dass sie effektiv ist und einen Mehrwert für die Stadt erbringt. Dazu gehört es, einerseits die nötigen Investitionen in den Bestand und die soziale Struktur der Quartiere vorzunehmen und andererseits den Eigentümer über Ausschüttungen an dem eigenen wirtschaftlichen Erfolg teilhaben zu lassen. Die Kommunen haben vielerorts ihre Verantwortung als Eigentümer nicht wahrgenommen. Jetzt sehen sie nur, wie sie durch den Verkauf auf einen Schlag möglichst viele Schulden abbauen können, aber sie erkennen nicht, wie das Unternehmen zum nachhaltigen Ertragsbringer für den kommunalen Haushalt werden kann. Welche wohnungspolitischen Entscheidungen würden Sie sich wünschen? Ich würde mir von den öffentlichen Eigentümern mehr Fantasie wünschen, wie sie aus ihren Wohnungsunternehmen dauerhaft Profit ziehen können. Dabei ist auch zu überlegen, welche sozialen Aufgaben und Investitionen ein öffentliches Unternehmen erbringen kann, um den Haushalt zu entlasten. Einige Städte erkennen jetzt die Perspektiven des eigenen Wohnungsunternehmens. Wir standen bereits 2003 vor dieser Aufgabe und haben Erfahrungen gesammelt, haben mit der Arbeitsagentur abgestimmte Stellenbilder, haben Kalkulationen von verschiedenen Sozialmaßnahmen - all das können wir den Kommunen und ihren Wohnungsgesellschaften auf Wunsch zur Verfügung stellen.

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