Aufsätze

Aktuelle Fragestellungen bei der regulatorischen Einstufung von kündbaren Kapitalinstrumenten

Nach CRD II und III hat die EU-Kommission im Juli 2011 das sogenannte CRD-IV-Paket zur Konsultation veröffentlicht. Dieses umfasst eine Richtlinienänderung (CRD IV) und eine neue EU-Verordnung (CRR). In der CRR finden sich zukünftig unter anderem umfangreiche Vorschriften zur Ermittlung der regulatorisch anerkennungsfähigen Kapitalbestandteile und der zu berücksichtigenden Abzugsposten sowie zur Höhe der Kapitalanforderungen. Mit diesen Neuerungen soll die Qualität und Quantität der Kapitalausstattung in den Banken erheblich verbessert und das Finanzsystem insgesamt widerstandsfähiger werden. Die EU-Verordnung wird nach ihrer finalen Veröffentlichung im EU-Amtsblatt für alle Banken in der Gemeinschaft unmittelbar rechtswirksam.

Umfangreiche Überarbeitung des KWG

Das Kreditwesengesetz wird eine umfangreiche Überarbeitung erfahren; viele Vorschriften im KWG werden entweder kürzer gefasst werden oder ganz entfallen können, da auf die EU-Verordnung verwiesen werden kann. Das gilt insbesondere auch für die Vorgaben zur angemessenen Eigenmittelausstattung der Institute auf der Einzel- oder Gruppenebene nach den §§10 und 10a KWG.

Strenge Kriterien für die Anerkennungsfähigkeit von Kapitalbestandteilen bringen Klarheit über die Qualität des Eigenkapitals. Eine sofortige Anwendung der neuen Vorschriften würde jedoch bei vielen Banken zu erheblichen Problemen führen, da eine Vielzahl der heute berücksichtigungsfähigen Kapitalbestandteile sofort wegfallen würden. Um potenzielle negative Auswirkungen auf die Realwirtschaft einzugrenzen, wurden sowohl auf internationaler wie auch auf EU-Ebene relativ komplex ausgestaltete Übergangsregelungen entwickelt. Diese finden sich in den Artikeln 448 bis 469 CRR-Entwurf.

Permanenz erforderlich

Für die Anerkennung einer Emission als Eigenkapitalinstrument ist grundsätzlich sogenannte Permanenz erforderlich, das heißt die langfristig angelegte Verfügbarkeit zur Verlusttragung im Going Concern oder im Rahmen der Insolvenz beziehungsweise Liquidation. Neben der vereinbarten Laufzeit spielen dabei vor allem vertraglich vorgesehene Kündigungsrechte und die Modalitäten ihrer Ausübung eine Rolle.

Während sich für die Anerkennung als Kernkapital (Common Equity beziehungsweise CET1 oder Additional Tier 1 beziehungsweise AT1) eine ganze Reihe von Anforderungen verschärft, betreffen die inhaltlichen Änderungen für Instrumente des Ergänzungskapitals im Wesentlichen nur die Ausgestaltung von Kündigungsrechten. Für die bereits emittierten Ergänzungskapitalinstrumente ist daher zu untersuchen, ob und in welchem Umfang eine weitere Anerkennung und Anrechnung nach CRR zulässig ist. Da zukünftig nicht mehr zwischen Ergänzungskapital 1. und 2. Klasse unterschieden wird, sind sowohl die bisher in der 1. Klasse angerechneten Genussrechte als auch das bislang in der 2. Klasse angerechnete Nachrangkapital von den Neuerungen betroffen.

Die hier angestellten Überlegungen gelten darüber hinaus zum Teil auch für Kündigungsrechte bei (Additional) Tier-1-Instrumenten. Allerdings dürfte deren weitere Anrechnung im AT1 regelmäßig noch an weiteren Kriterien der CRR "scheitern".

Auswirkung von Kündigungsrechten auf die Erfüllung der CRR-Kriterien

Die vertraglich vereinbarten Kündigungsrechte wirken sich auch darauf aus, ob und in welchem Umfang ein Bestandsschutz in Anspruch genommen werden kann. In diesem Zusammenhang entfalten die Kündigungsgerechte eine eigenständige Bedeutung für die weitere Anrechenbarkeit von Tier-1-Instrumenten. Neben der Ausgestaltung kommt es dabei auf den möglichen Zeitpunkt der Ausübung des Kündigungsrechts an. Schließlich spielen Kündigungsrechte bei Tier-2-Instrumenten auch für die Dauer der vollen und den Beginn der abschmelzenden Anrechnung in den "letzten fünf Jahren" eine Rolle. In dieser Reihenfolge soll nachfolgend auf die mit der Ausgestaltung von Kündigungsrechten verbundenen Fragen unter den Regelungen der CRR eingegangen werden.

Aus Art. 60 und 72 f. CRR ergeben sich für Ergänzungskapital wesentliche Neuerungen zur Permanenz gegenüber den bisherigen Regelungen in § 10 Abs. 5a KWG1). Für das AT1 finden sich weitgehend identische Regelungen in Art. 49 CRR; Änderungen gegenüber der bisherigen Rechtslage nach § 10 Abs. 4 KWG ergeben sich daraus im Hinblick auf die Unzulässigkeit von Kündigungsanreizen.

Vollständiger Ausschluss eines Gläubigerkündigungsrechts: Bislang waren Gläubigerkündigungsrechte mit den Anforderungen an Tier 2 vereinbar, solange dadurch das Erfordernis einer Mindestlaufzeit von fünf Jahren (§ 10 Abs. 5a S. 1 Nr. 2 KWG) nicht beeinträchtigt war.2) Nach Ablauf dieser Frist war somit eine Kündigung auch durch den Gläubiger zulässig. Gemäß CRR darf ein solches Gläubigerkündigungsrecht nicht bestehen. Danach könnten Altinstrumente mit Gläubigerkündigungsrecht grundsätzlich nicht mehr als Tier 2 anerkannt werden. Fraglich bleibt allerdings, wie ein Instrument einzuordnen ist, bei dem der letztmögliche Zeitpunkt einer Kündigung durch den Gläubiger bereits verstrichen ist. In diesem Fall erscheint ein solches Gläubigerkündigungsrecht für sich genommen unschädlich.

Ausschluss jeglichen Rückzahlungsanreizes: Die Vereinbarung von Rückzahlungs-, Tilgungs- oder Kündigungsanreizen ist bislang lediglich für Kernkapitalinstrumente eingeschränkt. Die entsprechenden Regelungen basieren auf der sogenannten Syd-ney-Presseerklärung3)und wurden im Zuge der CRD-II-Umsetzung in § 10 Abs. 4 KWG verankert. Danach ist derzeit nur ein sogenannter maßvoller Kündigungsanreiz zulässig.

Nach den verschärften Regelungen der CRR führt hingegen jeglicher explizite oder implizite Anreiz ebenso wie jede ausdrückliche oder stillschweigende Verpflichtung zur (vorzeitigen) Rückzahlung unabhängig von der Höhe zur Nichtanerkennung von T1- und T2-Instrumenten. Gleichzeitig wird die Regelung über das Tier 1 hinaus auch auf Tier-2-Instrumente ausgedehnt.4)

Kündigungsanreize

Kündigungsanreize sind nach der Definition der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) in Anlehnung an die Sydney-Erklärung Zinserhöhungsklauseln, aber auch alle sonstigen Ausstattungsmerkmale, die dazu geeignet sind, den Emittenten aus wirtschaftlichen oder Reputationsgründen zu einer vorzeitigen Kündigung des sonstigen Kapitals zu veranlassen. Maßvoll ist ein Kündigungsanreiz in Form einer Zinserhöhung dann, wenn die Erhöhung des Zinssatzes "minus dem Swap-Spread zwischen dem Ausgangszinssatz zu Beginn der Laufzeit und dem erhöhten (Basis-)Zinssatz" bestimmte Grenzen nicht überschreitet.

Für die Frage, ob ein Kündigungsanreiz vorliegt, kommt es somit nur auf den Teil der Erhöhung des Zinssatzes an, der sich aus der Änderung des emittentenbezogenen Credit Spreads ergibt. Eine Erhöhung (oder auch Verringerung), die allein aus dem Wechsel des Basiszinssatzes resultiert, ist dagegen unbeachtlich. Dies lässt sich damit begründen, dass der Basiszins jeweils dem marktüblichen Zins entspricht, der auch bei einer Neuemission zum Kündigungszeitpunkt zu zahlen wäre, und aus dem sich daher grundsätzlich keine Anreizwirkung ergibt.

In den von der EBA veröffentlichen Draft Regulatory Technical Standards wird diese Definition aufgegriffen. Neben einer Erhöhung des Credit Spread5) werden dort weitere Beispiele für Kündigungsanreize genannt: ein Wandlungsrecht des Investors oder eine Erhöhung des Rückzahlungsbetrags bei Nichtkündigung,6) eine sogenannte "Remarketing"-Klausel, die für den Fall, dass sich die Vertragsparteien nicht einigen, einen erhöhten Zins vorsieht,7) sowie jeglicher Hinweis im Rahmen der Vermarktung der Emission, der eine Ausübung des Kündigungsrechts durch die Bank nahelegt8) (Beispiel 1 und 2).

Ob ein Kündigungsanreiz vorliegt, ist zum Emissionszeitpunkt zu beurteilen. Dies leuchtet für Neuemissionen unmittelbar ein. Bei diesen ist aus Gründen der Rechtssicherheit eine Beurteilung ex ante notwendig. Wenn ein Kündigungsanreiz vorliegt, der die Nichtanerkennung als Ergänzungskapital nach sich zieht, wird dies in aller Regel auch den Grund für die Emission obsolet machen. Wenn hingegen anfänglich kein Kündigungsanreiz vorliegt, müssen Emittent und Investoren darauf vertrauen dürfen, dass später keine andere Einstufung aufgrund von ihnen nicht beinflussbarer Faktoren (zum Beispiel der Entwicklung des Zinsniveaus) erfolgt.9)

Zustimmung der Aufsicht

Bei bestehenden Instrumenten kann es zu der Situation kommen, dass das Instrument zwar einen Zins-Step-Up aufweist, dieser jedoch für die Anerkennung zum Emissionszeitpunkt keine Rolle gespielt hat. Nach den Neuregelungen steht der Step-Up hingegen einer weiteren Anerkennung entgegen, und zwar auch dann, wenn hiervon zum Kündigungszeitpunkt wirtschaftlich gesehen kein Kündigungsanreiz ausgeht.

Zwingendes Erfordernis einer Zustimmung der Aufsicht: Bislang ist nach § 10 Abs. 5a S. 4 KWG ein vorzeitiger Rückerwerb oder eine anderweitige Rückzahlung außer in den Fällen der Marktpflege dem Institut ohne Rücksicht auf entgegenstehende Vereinbarungen zurückzugewähren, sofern nicht das Kapital mindestens gleichwertig ersetzt worden ist oder die BaFin der vorzeitigen Rückzahlung zugestimmt hat. Unter vorzeitigem Rückerwerb ist der Rückerwerb vor Ablauf der Mindestlaufzeit von fünf Jahren zu verstehen.10) Die Kündigung nach Ablauf der Mindestlaufzeit ist an keine weiteren Voraussetzungen geknüpft; allerdings sind entsprechende Kündigungsrechte bei der Bemessung der Restlaufzeit zu berücksichtigen und können sich dementsprechend auf die Höhe der Anrechnung als Ergänzungskapital auswirken.

Nach Art. 72f. CRR ist in jedem Fall die Zustimmung der Aufsicht erforderlich, das heißt sowohl für eine Rückzahlung vor Ablauf der Mindestlaufzeit von fünf Jahren als auch danach. Dies kann auch nicht dadurch vermieden werden, dass das Institut das Kapital mindestens gleichwertig ersetzt. Vielmehr ist es nach Art. 73 Abs. 1 CRR in der Regel Voraussetzung der aufsichtlichen Zustimmung, dass das Institut das Kapital entweder mindestens gleichwertig ersetzt oder nachweist, dass es die Mindestkapitalquoten (Art. 87 Abs. 1 CRR) mit ausreichendem Sicherheitsabstand einhält.

Auf die zusätzlichen Puffer (Kapitalerhaltungspuffer, antizyklischer Puffer, systemischer Puffer) wird zwar nicht verwiesen. Allerdings ist davon auszugehen, dass bei der Beurteilung, ob der ausreichende Abstand zur Mindestquote gewahrt ist, die jeweils relevanten Puffer mit einfließen werden.

Hinweispflicht

Die EBA hat ein mögliches Prozedere für die Einholung der aufsichtlichen Zustimmung in ihrem ersten Entwurf der "Technical Standards on Own Funds" dargelegt.11) Von besonderer Bedeutung sind dabei die Anforderungen an die für die Rückzahlung vorzunehmenden Auswirkungsanalysen. Neben einer Begründung für die Rückzahlung sollen eine Drei-Jahres-Kapitalplanung (mit und ohne Rückzahlung), Informationen zur Auswirkung der Rückzahlung auf die Profitabilität des Instituts sowie eine detaillierte Risikoanalyse inklusive Stresstest vorgelegt werden. Der Entwurf sieht dabei keinerlei Erleichterungen vor. Unter Proportionalitätsgesichtspunkten erscheint aber eine Abstufung der Anforderungen sinnvoll, insbesondere in Abhängigkeit vom Volumen und der vorhandenen Kapitalausstattung.

Nicht abschließend geklärt ist bislang die Frage, inwieweit auf das Erfordernis einer aufsichtlichen Zustimmung zur Kündigung bereits im Vertrag hingewiesen werden muss. Nach momentaner Rechtslage ergibt sich eine solche Hinweispflicht für eine Rückzahlung während der Mindestlaufzeit aus § 10 Abs. 5a S. 8 KWG. Begründen lässt sich dies damit, dass bei Nichteinhaltung der Rückzahlungsvoraussetzungen ein gesetzlicher Rückgewähranspruch gegenüber dem Investor besteht, dessen Durchsetzbarkeit eingeschränkt sein kann, wenn der Investor das Rückzahlungsverbot weder kannte noch kennen musste. Durch den gesetzlich vorgeschriebenen Hinweis wird eine solche Gutgläubigkeit des Investors weitgehend vermieden.

Gesetzlicher Zustimmungsvorbehalt

Nach der CRR besteht künftig ein gesetzlicher Zustimmungsvorbehalt zugunsten der Aufsicht. Die Alternative "gleichwertiger Ersatz" entfällt. Dieses Zustimmungserfordernis besteht nach derzeitigem Verständnis unabhängig von einer entsprechenden vertraglichen Vereinbarung. Ungeachtet dessen stellt sich die Frage, ob der Investor auch im Vertrag von den bestehenden Kündigungsbeschränkungen in Kenntnis zu setzen ist. Dies kann zum einen die Erwartungen hinsichtlich der Ausübung des Kündigungsrechts dämpfen helfen.

Zum anderen wird der jeweilige Investor im Fall einer Rückzahlung dann unabhängig von seiner Kenntnis der CRR selbst darauf achten (müssen), ob die Zustimmung der Aufsicht vorliegt. In Sinne einer rechtssicheren Vertragsgestaltung empfiehlt sich ein entsprechender Hinweis daher in jedem Fall. Inwieweit ein solcher Hinweis auch Voraussetzung für die Anerkennung des Instruments ist, bedarf der näheren Konkretisierung durch den Gesetzgeber oder die Aufsichtsbehörden.

Beschränkung der Kündigung bei Tax oder Regulatory Event: Nach § 10 Abs. 5a S. 3 KWG kann derzeit eine außerordentliche Kündigung vorgenommen werden, wenn eine Änderung der Besteuerung des Instruments - aufgrund einer sogenannten "Gross Up"-Klausel12) - zu Zusatzzahlungen an den Gläubiger führt (sogenannte "Tax Event").

Nach Art. 73 Abs. 2a CRR kann die Aufsicht einer Rückzahlung des Instruments bei Vorliegen eines Tax Events auch vor Ablauf der Mindestlaufzeit von fünf Jahren zustimmen. Dies gilt darüber hinaus auch für ein sogenanntes "Regulatory Event", das heißt für den Fall, dass das Instrument die Anerkennung als Eigenkapital verliert oder nur noch einer schlechteren Eigenkapitalkategorie zugerechnet werden kann. Daraus ergibt sich die Zulässigkeit eines solchen außerordentlichen Kündigungsrechts nach der CRR. Allerdings ist auch in diesem Fall zuvor die Zustimmung der Aufsicht einzuholen.

Wie bereits ausgeführt, erfüllen Instrumente mit Kündigungsanreizen die CRR-Anforderungen für die Anerkennung als Additional Tier 1 beziehungsweise Tier 2 nicht mehr. Inwieweit diese Instrumente einen ratierlich absinkenden, einen betragsmäßig unbeschränkten oder überhaupt keinen Bestandsschutz genießen, hängt ebenfalls von der vertraglichen Ausgestaltung des Kündigungsrechts ab. Dabei wird in Art. 467 (für AT1) und 468 (für T2) CRR unterschieden zwischen Instrumenten, die - abgesehen vom Kündigungsanreiz - die Anforderungen des Art. 49 beziehungsweise 60 CRR erfüllen, und solchen, bei denen auch weitere durch die CRR geforderte Merkmale nicht vorliegen.13)

Bestandsschutz

Soweit die übrigen CRR-Anforderungen erfüllt sind und das Kündigungsrecht ab dem 1. Januar 2013, das heißt dem vorgesehenen Inkrafttreten der CRR, nicht mehr ausgeübt werden kann, genießt das betreffende Instrument Bestandsschutz ohne betragsmäßige Begrenzung.14) Zeitlich ist der Bestandsschutz nach Art. 463 Abs. 2 CRR bis 2021 beschränkt.

Instrumente, die auch nach Inkrafttreten der CRR noch gekündigt werden können,15) genießen zunächst einen ratierlich absinkenden Bestandsschutz; wird das Instrument zum "effektiven Laufzeitende" nicht gekündigt, genießt es ab diesem Zeitpunkt betragsmäßig unbeschränkten Bestandsschutz.16) Als "effektives Laufzeitende" gilt dabei der Ausübungszeitpunkt der ersten Kündigungsmöglichkeit nach dem 1. Januar 201317) (siehe Übersicht 1).

Anders stellt sich die Situation bei denjenigen Instrumenten dar, die die übrigen Anforderungen an AT1 beziehungsweise T2 nicht erfüllen.

Sofern ein solches Instrument bis zum Inkrafttreten der CRR noch gekündigt werden kann, genießt es keinerlei Bestandsschutz.18) Auch für die Berechnung der Bestandsschutz-Grenzen ist es nicht zu berücksichtigen.19) Sofern eine Kündigung erst später möglich ist, genießt es bis zum nächstmöglichen Kündigungszeitpunkt Bestandsschutz innerhalb der ratierlich absinkenden Grenzen; danach entfällt der Bestandsschutz.20) Sofern eine Kündigung bereits bei Veröffentlichung des CRR-Entwurfs am 20. Juli 2011 nicht mehr möglich war, genießt das Instrument ratierlich absinkenden Bestandsschutz21) (siehe Übersicht 2).

Auswirkung von Kündigungsrechten auf den Anrechnungsbetrag als Tier 2

Die bislang dargelegten Anforderungen betreffen die Frage, ob ein Kapitalinstrument überhaupt als Tier 2 (beziehungsweise AT1) anerkannt werden kann. Hiervon zu trennen ist die Auswirkung eines bestehenden Kündigungsrechts auf die Ermittlung der Restlaufzeit des Instruments und damit für die Frage, bis wann und in welcher Höhe das Instrument als Tier-2-Kapital angerechnet werden kann.

Nach aktueller Rechtslage kommt es nicht allein auf die Endfälligkeit, sondern gegebenenfalls auch auf eine mögliche vorzeitige Fälligkeit aufgrund bestehender Kündigungsrechte an.22) Dies hat zur Folge, dass schon zwei Jahre vor einer möglichen Rückzahlung nur noch eine verringerte Anrechnung erfolgen darf, es sei denn, die vereinbarte Kündigungsfrist beträgt mindestens zwei Jahre.

Darüber hinaus hat die Aufsicht den Instituten zugestanden, Kündigungsrechte für die Berechnung der Restlaufzeit auch dann außer Betracht zu lassen, wenn sie frühestens nach fünf Jahren greifen, unter dem Vorbehalt der mindestens gleichwertigen Ersetzung oder der BaFin-Zustimmung stehen und allenfalls ein einmaliger, moderater Zins-Step-Up vereinbart ist.

Inwieweit diese Praxis auch im Rahmen der CRR Bestand haben wird, bleibt abzuwarten. Zu bedenken ist dabei, dass nach Art. 72 (a) CRR künftig jegliche Rückzahlung vor Eintritt der Endfälligkeit zwingend einer Zustimmung der Aufsicht bedarf und die Anforderungen für die Zulässigkeit eines Rückzahlung somit deutlich höher sind als die von der BaFin aufgestellten Grundsätze für die Unbeachtlichkeit bei der Restlaufzeitberechnung. Vor Ablauf der vertraglichen Laufzeit kann die Fälligkeit nicht aufgrund einseitigen Handelns des Instituts herbeigeführt werden. Es sprechen daher gute Gründe dafür, eine volle Anrechnung zumindest so lange zuzulassen, wie die Aufsicht ihre Zustimmung noch nicht erteilt hat.23)

Bei bestehenden Instrumenten enthalten die Verträge häufig nur den Hinweis darauf, dass im Fall einer vorzeitigen Rückzahlung das Kapital mindestens gleichwertig zu ersetzen oder zuvor die Zustimmung der Aufsicht einzuholen ist. Ob diese Formulierung auch im Rahmen der CRR noch ausreicht, das Kündigungsrecht für die Berechnung der Restlaufzeit außer Betracht lassen zu können, ist fraglich. Im Hinblick auf den dann bereits gesetzlich geregelten Zustimmungsvorbehalt erscheint dies zumindest unter dem Blickwinkel des Bestandsschutzes vertretbar. Zu differenzieren ist für diejenigen Instrumente, die wegen Vorliegens eines Kündigungsanreizes eine kürzere "effektive Laufzeit" haben. Hier dürfte die "effektive Laufzeit" auch maßgeblich für die Berechnung der Restlaufzeit sein.

Fraglich ist, ob nicht auch die 40-Prozent-Anrechnung in den letzten zwei Jahren nach §10 Abs. 5a S. 2 KWG (statt kontinuierlich sinkender Anrechnung in den letzten fünf Jahren) Bestandsschutz genießt. Dafür würde die Tatsache sprechen, dass so der Status quo vollumfänglich weitergeführt wird. Vor dem Hintergrund, dass schon die CRD "I" eine sinkende Anrechnung in den letzten fünf Jahren vorsah und die CRR dies lediglich um die taggenaue Berechnung ergänzt, ist dies allerdings problematisch.

Die insoweit fehlerhafte Umsetzung von EU-Recht in das nationale Aufsichtsrecht kann zwar grundsätzlich nicht zulasten der "Anwender" gehen. Mit einer Aufrechterhaltung der fehlerhaften Umsetzung im Wege des Bestandsschutzes ist aber nicht zu rechnen. Hierfür spricht auch der Wortlaut des Art. 466 CRR, nach dem die abschmelzende Anrechnung in den letzten fünf Jahren auch für bestandsgeschützte Ttireur-m2e-nIntes gilt.

Erheblicher Einfluss auf die Kapitalplanung

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die Auswirkungen von vereinbarten Kündigungsrechten auf die Anerkennung und Anrechnung von Nachrangkapital als Tier 2 vielfältig sind. Bei Neuemissionen empfiehlt sich eine eingehende Auseinandersetzung mit den durch die CRR aufgestellten verschärften Anforderungen. Für die bestehenden Instrumente sind die vereinbarten Kündigungsrechte sowohl für die "direkte" Anerkennung nach CRR als auch für die Frage entscheidend, ob und in welchem Umfang Bestandsschutz gewährt wird. Dies kann erhebliche Auswirkungen für die Kapitalplanung der kommenden Jahre haben.

Fußnoten

1) Die für Ergänzungskapital 1. Klasse geltenden schärferen Regeln des § 10 Abs. 5 KWG entfallen. Die bislang darunter fallenden Instrumente dürften die Anforderungen der CRR in Bezug auf Einzahlung, Rangstellung in der Insolvenz und fehlende Besicherung/Refinanzierung regelmäßig erfüllen. An den Anforderungen bezüglich Kündigungsrechten können aber auch diese an sich höherwertigen Instrumente häufig "scheitern". Gleiches kann für AT1-Instrumente gelten, die wegen Überschreitung der Grandfathering-Grenzen im Tier 2 angerechnet werden sollen.

2) Vgl. Luz/Neus/Scharpf/Schneider/Weber, Kreditwesengesetz, § 10 KWG Tz. 278; Reischauer/Kleinhans, Kreditwesengesetz, Band I, § 10 Anm. 149.

3) Basle Committee on Banking Supervision, Instruments eligible for inclusion in Tier 1 capital (Press release), 27. Oktober 1998.

4) Vgl. Art. 49 Abs. 1 (g) und (j) sowie 60 (h) und (k) CRR.

5) European banking Authority, EBA Consultation Paper on Draft Regulatory Technical Standards on Own Funds - Part one (EBA/CP/2012/02), London, 4. April 2012 (EBA DRTS), Art. 19 Abs. 2 Buchstaben (a) und (c).

6)Art. 19 Abs. 2 Buchstaben (b) und (d) EBA DRTS.

7)Art. 19 Abs. 2 Buchstabe (e) EBA DRTS.

8)Art. 19 Abs. 2 Buchstabe (f) EBA DRTS.

9) Ausgenommen hiervon sind Änderungen der rechtlichen Rahmenbedingungen, die zu einer anderen Einstufung führen. In diesen Fällen wird dem Rechtsschutzgedanken aber zum einen durch angemessene Übergangsregelungen Rechnung zu tragen sein. Zum anderen kann dann ein sogenanntes "Regulatory Event" als besonderer Fall eines außerordentlichen Kündigungsrechts vorliegen.

10) Vgl. unter anderem: Reischauer/Kleinhans, §10 KWG, Anmerkung 166.

11)European banking Authority, EBA Consultation Paper on Draft Regulatory Technical Standards on Own Funds - Part one (EBA/CP/2012/02), London, 4. April 2012 (EBA DRTS).

12) Darunter sind Vereinbarungen zu verstehen, nach denen das Institut für den Fall einer erhöhten Besteuerung des Instruments zulasten des Investors die Zahlungen an diesen soweit erhöhen muss, dass die zusätzliche steuerliche Belastung kompensiert wird.

13) Hierunter fallen auch diejenigen AT1-Instrumente, die bereits nach der CRD II nur aufgrund der Bestandsschutzregeln gemäß Art. 154 (8) und (9) der Richtlinie 2006/48/EG beziehungsweise § 64m Abs. 1, 2 KWG noch angerechnet werden können (vgl. Art. 463 Ab.s 4 CRR).

14) Art. 467 Abs. 2 (AT1) sowie Art. 468 Abs. 2 CRR (T2)

15) Nach dem Wortlaut der CRR ist dieser Bestandsschutz beschränkt auf diejenigen Instrumente, die "nur" am oder nach dem 1. Januar 2013 gekündigt werden können. Instrumente, für die sowohl vor als auch am/nach dem 1. Januar eine Kündigungsmöglichkeit besteht, wären somit nicht vom Bestandsschutz erfasst. Inwieweit dies beabsichtigt ist, ist nach momentanem Stand nicht abzusehen. Dafür spräche die Überlegung, dass der Emittent sich aufgrund seines Kündigungsrechts noch vor Inkrafttreten der CRR von diesen Instrumenten lösen kann. Dagegen spricht allerdings, dass es sich hier um Instrumente handelt, die grundsätzlich die Anforderungen an Tier 2 erfüllen und bei denen lediglich aufgrund des Kündigungsanreizes mit einer früheren Rückzahlung zu rechnen ist. Dem Gedanken der beschränkten "effektiven Laufzeit" wird aber durch ein betragsmäßiges Absinken des Bestandsschutzes ausreichend Rechnung getragen. Daher ist nicht ersichtlich, warum diese Instrumente nicht ebenfalls Bestandsschutz genießen sollten.

16) Art. 467 Abs. 3 (AT1) und Art. 468 Abs. 3 CRR (T2).

17) Art. 469 (a) CRR. Zu beachten ist, dass eventuelle weitere Kündigungsmöglichkeiten zu späteren Terminen insoweit relevant sind, als sie CRR-konform ausgestaltet sein müssen (siehe oben). Andernfalls sind die "übrigen Anforderungen" nicht erfüllt und kommt nur ein Bestandsschutz nach Art. 467 Abs. 4-6, Art. 468 Abs. 4-6 CRR in Betracht.

18)Art. 467 Abs. 4 (AT1) und Art. 468 Abs. 4 CRR (T2).

19) Art. 464 Abs. 3 (e) (AT1) und Art. 464 Abs. 4 (g) CRR (T2).

20)Art. 467 Abs. 5 (AT1) und Art. 468 Abs. 5 CRR (T2).

21)Art. 467 Abs. 6 (AT1) und Art. 468 Abs. 6 CRR (T2).

22)Vgl. § 10 Abs. 5a S. 2 KWG.

23) Dies ergibt sich ansatzweise auch aus § 28 Abs. 2 EBA DRTS.

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