Gespräch des Tages

Cominvest - Ende der selbstverordneten Sendepause?

Der Bilanzberichterstattung der Banken vergleichbar gab es früher auch
für die Rechenschaftslegung der großen deutschen Fondsgesellschaften
so etwas wie einen kalkulierbaren Saisonverlauf. Während die DWS und
die Union Investment die Entwicklung ihrer Marktdaten und die weitere
strategische Ausrichtung kurz vor Jahresende präsentierten,
bevorzugten die Deka, der Dit und die Adig traditionell die
Frühjahrssaison - Letztere in wechselnder Reihenfolge in Frankfurt
oder München, also den Standorten der damaligen Muttergesellschaften
Commerzbank und Hypovereinsbank. Nachdem dieses Joint Venture mit der
Übernahme der Anteile durch die Commerzbank mit Ablauf des Jahres 1999
zu Ende gegangen war, ist in den vergangenen vier Jahren nach und nach
auch die öffentliche Rechenschaftslegung der Adig eingeschlafen.
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Zwar durfte der einigermaßen kundige Beobachter durchaus mit einiger
Regelmäßigkeit die Erweiterung des Produktspektrums um Neuerungen
registrieren. Er wurde auch gewahr, wie schwer sich die Adig mit dem
von der Muttergesellschaft verordneten Konzept der Open Architecture
tat. Und ab und an bescherte die Fußballmannschaft des Hamburger SV
ihrem Werbepartner ein öffentlichkeitswirksames Tänzchen. Aber so
richtigen Einblick in die Ambitionen und strategischen Vorhaben der
Gesellschaft gab es nur sehr spärlich und wenn dann eher von der
Commerzbank selbst. In den Blick der Öffentlichkeit geriet die Marke
Adig allenfalls mit den regelmäßigen Auswertungen der
BVI-Branchenstatistiken zum Quartalsende, und zwar oft mit spürbaren
Mittelabflüssen. Kurzum, der grundlegende Wandel der
Vertriebsphilosophie mit all seinen unkalkulierbaren Verwerfungen in
den Kundenverbindungen sowie die Aufspaltung der Gesellschaft
beziehungsweise die Abspaltung merklicher Fondsvolumina zugunsten der
HVB-Tochter Activest haben zu unvermeidbaren Stuktureffekten geführt
und die Fondsgesellschaft sichtbar in der Außendarstellung gelähmt.
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Nun soll diese selbst verordnete Sendepause aber offenbar enden. Vor
dem Hintergrund der generell günstigen Rahmenbedingungen für das Asset
Management in einer alternden Gesellschaft ohne hinreichende eigene
Altersvorsorge will jedenfalls auch die Cominvest in den nächsten
Jahren einen gebührenden Anteil der auf jährlich acht bis neun Prozent
veranschlagten Wachstumsraten im Bereich der Altersvorsorge auf sich
lenken. Und dazu hat sie sich zusammen mit ihrer Muttergesellschaft in
den nächsten fünf Jahren ein Wachstumsprogramm verordnet. Durch
innovative Produkte und einen neuen Marktauftritt sollen die Assets
under Management auf rund 100 Milliarden Euro nahezu verdoppelt
werden.
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Die diesbezüglichen Hoffnungen basieren nicht zuletzt auf folgenden
Beobachtungen am Markt und im eigenen Haus: Etwa 30 Prozent des
Anlagevermögens werden demnach jährlich neu investiert. Lediglich rund
sechs Prozent der Assets sieht die Gesellschaft derzeit in innovativen
Produkten investiert, rechnet aber für die Zukunft mit einer
wesentlich höheren Quote. Bei überdurchschnittlich guten Produkten,
das kann sie wiederum aus der Anschauung am eigenen Produktsegment
belegen, fällt auch die Drittvertriebsquote deutlich besser aus. Und
schließlich will sie aus der sich abzeichnenden Konvergenz der
Leistungspalette von traditionellem Asset Management, Teilen des
Investment Banking und Alternative Investment Management künftig
größere Vorteile ziehen als sie es in der jüngsten Vergangenheit
geschafft hat.
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Als Initialzündung für die Verbesserung der eigenen Marktposition
sollen nicht zuletzt Investitionen von rund 100 Millionen Euro in den
kommenden fünf Jahren dienen. Diese sollen dabei helfen, das Research
zur Identifikation unterbewerteter Anlagemöglichkeiten zu stärken und
dabei gezielt eine besondere Kompetenz in den Bereichen deutsche und
europäische Aktien und Renten sowie innovative Satellitenprodukten
aufzubauen. Fortschritte erhofft man sich auch von der für Herbst
dieses Jahres geplanten Zusammenführung der beiden Marken Adig und
Cominvest. Und als sichtbares Zeichen für die erwünschte
Aufbruchstimmung will man schließlich auch eine personelle
Runderneuerung gewertet wissen (siehe Kreditwesen 11-2006). Nachdem
sich die Gesellschaft mit der organisatorischen Verzahnung von
Privatkundengeschäft und institutionellem Geschäft als Vorreiter
gezeigt hatte, will man künftig die Chancen dieser strategischen
Aufstellung besser nutzen.

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