Kreditwesen aktuell

Die Einführung regulatorischen Krisenkapitals in Form von Contingent Convertible Bonds (CoCos)

Bei der Unternehmensfinanzierung kommt der Fremdfinanzierung eine disziplinierende Wirkung insoweit zu, als durch Fremdkapital der Handlungsspielraum des Managements zur Vornahme unrentabler oder zur Übernahme hochriskanter Geschäfte verringert wird. Zinszahlungen und die bei Fälligkeit zu entrichtenden Tilgungszahlungen sind nämlich unabhängig von der wirtschaftlichen Situation des Unternehmens vorzunehmen, sodass das Management zur Vermeidung einer Insolvenz darauf hinarbeiten muss, stets genügend Mittel zur Befriedigung der Gläubigeransprüche vorzuhalten. Dieser Zusammenhang gilt für alle Unternehmen. Bei Banken wird allerdings die disziplinierende Wirkung des Fremdkapitals dann mehr oder weniger außer Kraft gesetzt, wenn die Gläubigerforderungen gegen Ausfallrisiken von dritter Seite geschützt sind.

"Too-Big-To-Fail"-Doktrin

Ein solcher Schutz ist im Bankenbereich durch die verschiedenen Einlagen- und Institutssicherungssysteme für Kundeneinlagen und durch die "Too-Big-To-Fail"-Doktrin für die Interbankeneinlagen gegeben, sofern der Staat eine implizite Garantie für das Überleben systemrelevanter Banken übernommen hat. Die impliziten und zum Teil gesetzlich verankerten Sicherungsmechanismen führen also dazu, dass die Bankgläubiger keine Ertrags-Risikoabwägungen anstellen müssen, sondern ihre Mittel ohne Bedenken dem Institut mit den höchsten Zinsversprechungen überlassen können, dessen Verschuldungsmöglichkeiten seinerseits durch die übernommenen Risiken nicht begrenzt werden. Die Höhe der Verschuldung von Banken wird dann nur durch bankaufsichtliche Bestimmungen über ein im Hinblick auf die gemessenen Risiken "angemessenes" haftendes Eigenkapital beziehungsweise durch die unmittelbare Vorgabe einer Leverage Ratio beschränkt.

Ausbruch und Verlauf der internationalen Finanzkrise haben nun deutlich gemacht, dass es gelingen muss, die disziplinierende Wirkung des Fremdkapitals im Hinblick auf die Risikoübernahme wieder in Kraft zu setzen beziehungsweise zu steigern, wozu verschiedene Maßnahmen ergriffen werden können.1) Erstens können die regulatorischen Eigenkapitalanforderungen erhöht werden, was als Reaktion tatsächlich auch über die in Basel III geplante Erhöhung der Mindesteigenkapitalunterlegung gemessener Risiken, die Verschärfung der Anforderungen an die Qualität des haftenden Eigenkapitals und die Einführung einer von den gemessenen Risiken unabhängigen Begrenzung des Verschuldungsumfangs erfolgen soll. Zweitens kann ein Restrukturierungsregime eingeführt werden, das dazu führt, dass die "Too-Big-To-Fail"-Doktrin für die Bankgläubiger weiterhin gilt, aber dafür sorgt, dass die Eigentümer der Bank und ihr Management zur Verantwortung gezogen werden.2) Ein solches Restrukturierungsregime wirkt sozusagen ex post, wenn eine Insolvenzlage der Bank eingetreten ist, aber die negativen Konsequenzen der Insolvenz verhindert werden sollen.

Eine dritte Möglichkeit, auf die im Folgenden näher eingegangen wird, könnte darin bestehen, dass ein Teil der Verbindlichkeiten der Bank von vornherein, also ex ante, aus der expliziten oder impliziten Sicherung herausgenommen und als Verlustträger in bestimmten Situationen dediziert wird. Dieser Teil der Verbindlichkeiten, der in einer Krisensituation unter vorgegebenen Bedingungen in haftendes Eigenkapital der Bank umgewandelt und im Folgenden als Krisenkapital bezeichnet wird, könnte vom Gesetzgeber beziehungsweise der Bankenaufsicht als zusätzlicher Risikopuffer der Banken in einem bestimmten Umfang eingefordert werden.

Merkmale und Funktionsweise von Krisenkapital

Krisenkapital unterliegt keinem Schutzmechanismus und wird stattdessen bereits bei Vertragsabschluss für eine möglicherweise notwendige Umwandlung in haftende Eigenmittel (Debt-Equity-Swap) vorgesehen. Ein solcher Vorschlag zur Lösung des Problems der vielfach zu geringen Haftungsbasis der Banken ist nicht ganz neu, sondern wurde bereits von Culp (2002) und Flannery (2002) unterbreitet.3) In modifizierter Form wurde er von der Squam Lake Working Group on Financial Regulation (2009) aufgegriffen, die eine Verpflichtung systemischer Banken zur Emission zusätzlichen Pufferkapitals in Form von "Regulatory Hybrid Securities" beziehungsweise "Contingent Reverse Convertibles" als spezielle Ausprägung des Krisenkapitals empfehlen.4)

Kürzlich hat auch das Issing Committee (2009) auf das Instrument der Wandelanleihen verwiesen, und die Expertenkommission zur Limitierung von volkswirtschaftlichen Risiken durch Großunternehmen (2010) in der Schweiz hat sich für die Einführung von Wandlungskapital ausgesprochen: "Gestützt auf das Wandlungskapital kann der Verwaltungsrat Obligationen ausgeben, die bei Eintreten eines vertraglich vordefinierten Ereignisses - beispielsweise dem Unterschreiten einer gewissen Common Equity Quote - in Aktienkapital gewandelt werden. [...] Bei den ausgegebenen Obligationen handelt es sich somit um bedingte Pflichtwandelanleihen (oder Contingent Convertible Bonds, im Folgenden CoCos)."5) Auch internationale Gremien diskutieren in der Zwischenzeit die Möglichkeit der Einbindung von CoCos in die Eigenkapitalregulierung der Banken.6)

Die von Banken in einem bestimmten Umfang auszugebenden CoCos als krisenbedingte Wandelanleihen lassen sich wie folgt charakterisieren: Im laufenden Geschäftsbetrieb einer Bank besitzen sie den üblichen Charakter von Fremdkapitalansprüchen. Bei Eintritt eines in den Emissionsbedingungen festgelegten Triggers, der an einen hohen Verlust der Bank, an einen dramatischen Rückgang des Aktienkurses und/oder an eine Krise der Finanzmärkte anknüpfen kann, wird der Fremdkapitalanspruch automatisch in eine Eigenkapitalposition umgewandelt, es erfolgt also ein Debt-Equity-Swap. Vom Umwandlungszeitpunkt an haften die Mittel für alle aufgetretenen und noch auftretenden Verluste der Bank, partizipieren aber als "normales" Eigenkapital auch an Kurssteigerungen oder erwirtschafteten Gewinnen. Es versteht sich, dass die Inhaber der CoCos vom Zeitpunkt der Wandlung an über alle üblichen Governance-Rechte von Eigenkapitalgebern verfügen.

Während übliche Wandelschuldverschreibungen ihren Inhabern das Recht einräumen, die Anleihe innerhalb einer bestimmten Frist zu bestimmten Bedingungen in Aktien der emittierenden Bank umzutauschen und dieser Umtausch regelmäßig nur bei vorteilhafter Kursentwicklung erfolgt, wird beim Krisenkapital der Tausch der Anleihe in Aktien durch den Trigger ohne Wahlmöglichkeit des Inhabers bei einer unvorteilhaften Geschäftsentwicklung ausgelöst (Zwangswandelanleihe).

Umtausch in der Krise

Während also die Inhaber einer normalen Wandelanleihe im Gegensatz zu Inhabern einer reinen Fremdkapitalposition auch an Ergebniszuwächsen beziehungsweise einer Marktwertsteigerung partizipieren, sodass eine Steigerung des Unternehmensrisikos für sie mit einer Erhöhung des Risikos, aber zugleich auch mit einer Erhöhung der Chancen verbunden ist, zeichnen sich die Zwangswandelanleihen dadurch aus, dass der Umtausch in der Krise des Instituts erfolgt. Daher werden die Anleihegläubiger bis zu einer möglichen Wandlung in jedem Fall an einer risikoarmen Geschäftspolitik der Bank interessiert sein.

Vermeidung der Doppelfunktion des regulatorischen Eigenkapitals

Die Pflicht zur Emission von Krisenkapital könnte ein schweres Defizit des bestehenden Regelwerks der Mindesteigenkapitalvorschriften überwinden helfen, auf das insbesondere Hellwig (2009) mit seiner These von der Widersprüchlichkeit der funktionalen Bedeutung des aufsichtlichen Bankeigenkapitals in der Bankenregulierung hinweist: "Unfortunately, there is a paradox involved: Equity capital that a bank needs to meet regulatory requirements is not available as a buffer against losses, which would be the usual function of 'unregulated' equity capital. Through this paradox, capital regulation itself has also contributed to the crisis."7)

Von Goodhart (2008) stammt ein anschaulicher Vergleich, der die Widersprüchlichkeit der Doppelfunktion des bankaufsichtlichen Eigenkapitals am Beispiel eines Taxistandes verdeutlicht: "The most salient metaphor and fable in prudential regulation is of the weary traveller who arrives at the railway station late at night, and, to his delight, sees a taxi there who could take him to his distant destination. He hails the taxi, but the taxi driver replies that he cannot take him, since local bylaws require that there must always be one taxi standing ready at the station. Required liquidity is not true, usable liquidity. Nor might I add, is required minimum capital fully usable capital from the point of view of a bank."8)

Die Übertragung des Beispiels des Taxistandes auf die Rolle des Eigenkapitals der Banken stellt erstens die unvereinbare Doppelfunktion des Bankeigenkapitals als Verlustpuffer und zugleich als Deckungsmasse zur Begrenzung der Risiken heraus und macht zweitens deutlich, dass Regelwerke, die formale Anforderungen über die funktionalen Erfordernisse setzen, kontraproduktiv wirken können.9) Die Risikobegrenzungsfunktion und die Pufferfunktion des Eigenkapitals können also genau in jener Situation, in der sie relevant werden, nämlich im Krisenfall, nicht ohne kontraproduktive Effekte zugleich erfüllt werden. Im bankaufsichtlichen Regelwerk werden sie aber in beiden Rollen abgebildet. Wird das Eigenkapital als Risikopuffer bei eintretenden Verlusten in Anspruch genommen, so muss zwangsläufig ein engerer Rahmen für die bereits eingegangenen Risiken gewählt werden, was zu einem ebenso drastischen wie raschen Abbau von Risikopositionen zwingen kann. Da eine Beschaffung neuen Eigenkapitals wegen des "Debt-Overhang"-Problems in der Krise in der Regel nicht möglich ist, bleibt nur die möglichst umgehende Reduktion von Risikopositionen. Dieser Abbau ist aber in einer Bankenkrise, in der die anderen Institute mit vergleichbaren Problemen zu kämpfen haben, mit einem Preisverfall der betroffenen Assets und daraus folgend mit neuen Verlusten verbunden, auf die mit weiteren Notliquidationen reagiert werden muss. Die Eigenkapitalregulierung verstärkt also die Prozyklik der Märkte und wirkt insoweit bezüglich der Zielsetzung der Finanzmarktstabilität kontraproduktiv.

Alternative Auslöser der Umwandlung in Eigenkapital

Als Auslöser einer zwangsweisen Umwandlung der von einer Bank emittierten CoCos in Eigenkapital lassen sich verschiedene Trigger definieren. Neben einem vorab definierten buchmäßigen Verlust und einer entsprechenden Minderung des Bankeigenkapitals kann auch ein bestimmter Kursverlust der Aktien beziehungsweise des Marktwertes des Eigenkapitals der emittierenden Bank als Trigger gewählt werden. Ein hoher Trigger wäre so zu setzen, dass die Wandlung in angemessenem Abstand zum regulatorischen Minimum erfolgt, während bei einem tiefen Trigger die Wandlung knapp über dem regulatorischen Minimum ausgelöst würde. Ein definierter Kurs- oder Marktwertverlust als Trigger hätte den Vorteil, dass alle aktuellen Marktinformationen im Auslösemechanismus verarbeitet wären und dem Markt die Information über eine wahrscheinliche Auslösung des Triggers jederzeit zur Verfügung stünde.

Ein buchhalterischer Verlust als Trigger wäre hingegen weniger transparent, würde aber unmittelbar an der Zielgröße der Eigenkapitalregulierung ansetzen. Ob mit den Konstruktionen Gefahren oder Anreize zur Kursmanipulation oder zur Ergebnismanipulation erwachsen könnten, wäre im Einzelnen noch zu prüfen.10) Bei Vorbehalten gegen eine zeitnahe Auslösung bei beobachtbaren Marktbedingungen bieten

sich buchhalterische Trigger an, die darüber hinaus den Vorteil hätten, dass sie sich gleichermaßen auch bei Banken ohne Kursnotiz der Eigenkapitaltitel wie Landesbanken, Sparkassen und Genossenschaftsbanken anwenden ließen. In diesem Fall läge der Trigger in der Hand des Rechnungswesens, der Wirtschaftsprüfer oder der Bankenaufsicht und könnte sich beispielsweise bei Sparkassen und Genossenschaftsbanken an der derzeit schon geltenden Konditionierung der Bedienung von Genussrechtskapital orientieren.

Wahl des Triggers

Ein unter dem Gesichtspunkt der Systemstabilität attraktiver Trigger könnte auf eine doppelte Konditionierung auf einen Verlust und die gleichzeitige Feststellung einer gesamtwirtschaftlichen Krisensituation abstellen, wie dies etwa von der Squam Lake Working Group on Financial Regulation (2009), aber auch von McDonland (2010) sowie vom Issing Committee (2009) vorgeschlagen wird, das damit das European Systemic Risk Board beauftragen will.

Eine überdenkenswerte Möglichkeit könnte auch darin bestehen, den Trigger an das negative Ergebnis eines Stresstests zu binden. Das Unterschreiten einer Eigenkapitalgrenze bei einem Stresstest wäre ein sehr frühes Umwandlungskriterium, hätte also einen ausgeprägt präventiven Charakter. Schließlich könnte als eine weitere Option auch eine dynamische Inanspruchnahme des Krisenkapitals ins Auge gefasst werden, sodass je nach Verlusthöhe nacheinander "tranchierte" Wandelanleihen in Eigenkapital umgetauscht werden müssten. Bei der Wahl des Triggers lassen sich also verschiedene Überlegungen anstellen, die im Einzelnen noch geprüft werden müssten und später anhand von Erfahrungen angepasst werden könnten.

Für das Risiko der Umwandlung der Contingent Convertible Bonds in Eigenkapital in einer kritischen Situation müssen die Gläubiger durch einen höheren Zinsanspruch entschädigt werden als normale Gläubiger. Da aber die Umwandlung nicht notwendigerweise mit einem Verlust verbunden ist und die Eigenkapitaltitel nach der Krise wieder an Wert gewinnen können, dürfte sich der Zinszuschlag in Grenzen halten. Andererseits darf die Konstruktion der Krisenanleihe das Risiko eines Verlustes gerade nicht ausschließen, sodass eine risikoadäquate Bepreisung erstens ihre disziplinierende Kraft entfalten und zweitens ein Signal an die Märkte geben kann, wie das Unternehmensrisiko der Bank einzuschätzen ist. Jedenfalls müssen auf das Krisenkapital risikoadäquate Prämien bezahlt werden, die für die üblichen Einlagen wegen der Sicherungseinrichtungen und die Interbankenverbindlichkeiten bei bestehender "Too-Big-To-Fail"-Garantie nicht anfallen.

Der Umfang der Verlustbeteiligung hängt unter anderem vom Wandlungsverhältnis ab, das unterschiedlich gesetzt werden kann. Die Wandlung eines Anleihebetrages kann beispielsweise in einen marktwertäquivalenten Eigenkapitalanteil, aber auch in eine vorab definierte Anzahl von Eigenkapitaltiteln erfolgen. Das Wandlungsverhältnis ist gemeinsam mit der Art des Triggers festzulegen. Bei Aktiengesellschaften müsste im Umfang der Wandelanleihe bedingtes Kapital beschlossen werden.

Schließlich stellt sich die Frage, ob das neue Instrument aufsichtsrechtlich verpflichtend eingeführt werden müsste oder ob die Banken sogar selbst ein Interesse hätten, solche Anleihen zu nutzen. Da CoCos alle "normalen" Eigenschaften des Fremdkapitals aufweisen, sollte es eigentlich ein eigenständiges Interesse der Banken an der Emission solcher Hybridanleihen geben.11)Dadurch aber, dass Verluste nach den Eigentümern zunächst auf die Inhaber der Zwangswandelanleihen durchschlagen, wird allerdings der Wert der "Überlebensgarantien" vermindert, weil nun nicht mehr alle Einlagen letztlich gesichert sind. Daher würde bei den gegenwärtigen Garantie- und Sicherungssystemen das Instrument vermutlich nur bei einer Emissionspflicht genutzt werden. Krisenkapital müsste also in den Katalog der verschiedenen vorzuhaltenden regulativen Kapitalanteile integriert und bei erfolgter Wandlung eine Pflicht zur Aufstockung des Krisenkapitals in angemessener Zeit eingeführt werden.

Vorzüge des regulatorischen Krisenkapitals

Eine Pflicht zur Emission regulatorischen Krisenkapitals wäre mit verschiedenen Vorteilen für die Stabilität der Banken- und Finanzmärkte verbunden:

1. Im Falle einer Bankinsolvenz würden auftretende Verluste auf vorab feststehende Gläubiger verteilt und nicht auf den Staat beziehungsweise die Steuerzahler. Daraus folgt im Übrigen, dass die wesentlichen Gläubiger der bedingten Zwangswandelanleihen nicht selbst insolvenzgefährdete Banken sein sollten. Das Issing Committee (2009) hat in diesem Zusammenhang angeregt, die geplante, beim SoFFin einlaufende Bankenabgabe in solche Wandelanleihen zu investieren. Eine solche Mittelanlage hätte den zusätzlichen Vorteil, dass die von den Banken eingeforderten Mittel dem Bankensystem erhalten bleiben.

2. CoCos stellen vor der Wandlung Fremdkapital und kein Eigenkapital dar, sodass auch keine Basis oder Rechtfertigung zur Übernahme zusätzlicher Risiken bestünde. Jedenfalls sollte eine Anrechenbarkeit des Krisenkapitals bei der Eigenmittelbasis als Risikodeckungspotenzial der Institute ausgeschlossen sein. Das Wandlungskapital übernimmt in diesem Fall die Funktion eines echten zusätzlichen Verlustpuffers, auf den kein Potenzial zur Übernahme neuer Risiken aufbaut wie bei einer reinen Eigenfinanzierung oder den verschiedenen Alternativen der Bildung hybriden Kapitals. Die mit einer Krise wachsende und ihrerseits prozyklische Effekte verstärkende Notwendigkeit eines Deleveraging wird vermieden.12)

3. Die Wandlungsbedingungen sind ex ante spezifiziert, sodass sie für das Risikomanagement und die gesamte Geschäftspolitik der Bank eine harte Restriktion darstellen. Sie führt aber nicht zu einer kaum lösbaren Aufgabe wie der Aufnahmezwang von Eigenkapital in einem schwierigen Marktumfeld oder in der Stresssituation des Einzelinstituts. Damit die Inhaber der Wandelanleihen keine prohibitiven Risikoprämien fordern, besteht für die Bank der Anreiz zur frühzeitigen Kapitalbeschaffung bei guter Aktienmarktverfassung sowie der Anreiz zu einer vergleichsweise risikoarmen Geschäftspolitik.

4. Wegen der bereits ex ante feststehenden Wandlungsbedingungen können mit dem Ansatz einer verpflichtenden Emission von CoCos auch Vorteile gegenüber einem im Krisenfall einsetzenden Restrukturierungsverfahren bestehen. Die Konstruktion von Restrukturierungsverfahren - nach eingetretener Schieflage - benötigt aufwendige

Informationshandlungen sowie Abstimmungsregeln, weil der Restrukturierungsprozess erst nach Eröffnung des Verfahrens in Gang gesetzt werden kann. Die Emission von Krisenkapital und ein neues Restrukturierungsregime würden sich aber darüber hinaus nicht gegenseitig ausschließen. Da am Rentenmarkt gewisse Erfahrungen mit ähnlichen Finanztiteln vorliegen, würden Zwangswandelanleihen zwar eine Innovation darstellen, wären aber am Markt nicht völlig unbekannt. So handelt es sich insbesondere bei den Cat Bonds der Versicherungsgesellschaften um gängige Kapitalmarkttitel. Bei diesen am Kapitalmarkt eingeführten Katastrophenanleihen wird ein Teil des Risikos der Versicherungsgesellschaft unter genau spezifizierten Bedingungen auf die Gläubiger übertragen.13)

Beitrag zu Solvenz und Stabilität

Krisenkapital in Form von Contingent Convertible Bonds scheint ein geeignetes Instrument zu sein, als innovative Form eines Risikopuffers einen Beitrag zur Solvenz der Banken und damit zur Stabilität des Finanzsystems zu leisten. Insbesondere bei systemrelevanten Instituten könnte durch den Zwang zur Börsennotiz der CoCos ein Frühwarnsystem etabliert werden, das wie die Pufferfunktion der Titel selbst zur Stabilisierung der Banken- und Finanzmärkte wirksam beitragen würde. Darüber hinaus könnte der Zwang zu Zinszahlungen positiv zu Buche schlagen, wenn dieser mit einer Aussetzung von Dividenden- und Bonuszahlungen verbunden werden würde.

Jedoch kann und soll die Emission von Krisenanleihen nicht als Allheilmittel der Bankenregulierung angepriesen werden. So fließen der Bank im Krisenfall bei Inanspruchnahme der Wandelanleihe keine neuen Zahlungsmittel zu, das heißt, das Instrument kann einer Solvenzkrise vorbeugen, zielt aber nicht auf die Sicherung vor einer Liquiditätskrise. Im Hinblick auf die Liquidität der Banken hat es dennoch eine positive Wirkung. Es vermeidet nämlich den Zwang zu einem Deleveraging und dem sich daraus möglicherweise ergebenden Zwang zu einer Notliquidation von Vermögensgegenständen.

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Fußnoten

1)Zu den Hintergründen, dem Verlauf und den Treibern der Finanzkrise sowie zu den verschiedenen Vorschlägen zur Weiterentwicklung des Risikomanagements und der Regulierung der Banken vgl. Rudolph (2008, 2010).

2)Vgl. Eidenmüller (2010) und aus ökonomischer Perspektive Freixas/Parigi (2007) sowie Dewatripont/Rochet (2009).

3)Vgl. weiterführend von den Autoren auch Culp (2009) und Flannery (2010).

4)Vgl. Shiller (2010), S. 7. Zur Bedeutung nachrangiger Schuldverschreibungen zur Stärkung der Marktdisziplin im Sinne der dritten Säule von Basel II vgl. Rudolph/Schulz (2004).

5)Expertenkommission zur Limitierung von volkswirtschaftlichen Risiken durch Großunternehmen (2010), S. 22-23.

6)Vgl. Frühauf (2010).

7)Hellwig (2009), S. 2.

8)Goodhart (2008), S. 41.

9)Die unklare Zielsetzung der derzeitigen Eigenkapitalregulierung wird vom Wissenschaftlichen Beirat beim Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (2010, S. 20-21) aufgezeigt.

10)Eine von Goodhart (2010) geäußerte Befürchtung bezieht sich auf Anreize zum Leerverkauf von Aktien, die einen Aktienkursverfall beschleunigen könnten.

11)Vgl. Albul/Jaffee/Tchistyi (2010).

12)Vgl. zur Beschreibung und Analyse des Deleveraging Adrian/Shin (2008) sowie Brunnermeier et al. (2009). Zu den prozyklischen Wirkungen der Eigenkapitalregulierung nach Basel II vgl. Rudolph (2004).

13)Zur finanzwirtschaftlichen Analyse von Cat Bonds vgl. Nell/Richter (2004) sowie Richter (2004).

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