Aufsätze

Fünf Jahre TSI - die True-Sale-Initiative im Spiegelbild der Verbriefungsmärkte

Das Instrument der Verbriefung von Krediten ist im Zuge der Finanzmarktkrise in der öffentlichen Meinung, aber auch bei Investoren erheblich unter Druck gekommen. Auslöser waren die Vorkommnisse bei amerikanischen Immobilienfinanzierungen und hier vor allem die Verbriefung von Krediten an Kreditnehmer mit geringer Bonität (Subprime). Seit Juni 2007 sind die Marktpreise (Risikoprämien) für Verbriefungen deutlich nach oben geklettert, seit der Lehman-Pleite ist der Markt für öffentliche Platzierungen in Europa weitgehend ausgetrocknet. Die USA und UK haben zwischenzeitlich einige Maßnahmen ergriffen, um den (öffentlichen) Verbriefungsmarkt wiederzubeleben und die Risikoprämien nach unten zu bringen (Kauf von Asset Backed Securities durch die Fed - Talf-Programm - und Bank of England).

Nicht vergleichbar

In Kontinental-Europa wurden bisher keine entsprechenden Maßnahmen beschlossen und umgesetzt. Politik und öffentliche Meinung in Deutschland sind nach wie vor negativ zu Kreditverbriefungen eingestellt, obgleich die kritischen Faktoren, die schließlich zum Debakel mit Subprime-Krediten führten, bei deutschen Verbriefungen nicht gegeben sind: Das regulatorische Umfeld sowie das Geschäftsmodell deutscher Banken sind nicht vergleichbar mit der Situation in den USA und UK. Der sogenannte Originate-to-Distribute-Ansatz ist in Deutschland eher die Ausnahme. Hiesige Banken nutzen das Instrument der Verbriefung für Zwecke des Risiko- beziehungsweise Bilanzmanagements und als alternative Refinanzierungsquelle. Verbrieft wird jedoch nur ein kleiner Teil des gesamten Kreditbuchs. Kreditvergabe und -bearbeitung entsprechen den üblichen Bankstandards unter KWG.

Seit Ausbruch der Krise wird im Zusammenhang mit Verbriefungen über Moral Hazard, fehlende Transparenz und das Versagen der Ratingagenturen debattiert. Seitens des Gesetzgebers wurden verschiedene Initiativen ergriffen: So sollen Investoren verpflichtet werden, sich detailliert mit dem Portfolio, der Struktur und den Risiken zu befassen. Der Originator soll über den Verkaufsprospekt (Offering Circular) und das Investorenreporting Transparenz schaffen und sich am Risiko beteiligen.

Viele der heute gestellten Fragen sind in fünf Jahren True Sale International GmbH (TSI) bereits angedacht und auf den Weg gebracht worden. So ist die TSI etwa Informationsasymmetrien und fehlender Transparenz mit ihrem am Markt etablierten Zertifizierungsprozess für Verbriefungstransaktionen (Certified by True Sale International) konsequent entgegengetreten.

Die TSI entstand 2004 aus einer Initiative von 13 Banken aus allen relevanten Bankengruppen in Deutschland zur Förderung des deutschen Verbriefungsmarktes. Die Gründung stand auch in engem Zusammenhang mit der "Initiative Finanzplatz Deutschland" und diente der Stärkung des Finanzplatzes insgesamt. Verbriefung ist heute ein zentraler Baustein des Geschäftsmodells von Banken und damit ein wesentlicher Faktor für die Kreditversorgung des Mittelstandes.

Vor diesem Hintergrund ist eine weitere Versachlichung der aktuellen Diskussion zum Thema "Kreditverbriefung" dringend geboten. Durch Verbriefungen werden Risiken auf mehrere Schultern verteilt. Dies gilt weniger für die bei der Kreditvergabe per se kalkulierten und in den Kundenzins bereits eingerechneten Risiken (Expected Loss), sondern vielmehr für die vorher nicht bekannten Risiken (Unexpected Loss), die mit der Verbriefung der Forderungen transferiert werden. Diese unerwarteten Risiken können ein Kreditinstitut hart treffen. Die Ausplatzierung ist damit ein Beitrag zur Stabilität einer Bank, zumal die Bank den durch den Verkauf der Forderungen/Risiken gewonnenen Spielraum für neue Kreditvergaben oder andere Anlagen und damit für eine breitere Portfoliodiversifizierung nutzen kann.

Infrastruktur für Verbriefungen mit deutschen Zweckgesellschaften

Der TSI war es stets ein Anliegen, Banken die Möglichkeit zu eröffnen, nach deutschem Recht auf Basis eines standardisierten, mit allen Marktbeteiligten abgestimmten Verfahrens Kredite zu verbriefen. Dieses Ziel hat die TSI erreicht. Über die TSI-Verbriefungsplattform stellt sie eine Infrastruktur für Verbriefungen mit deutschen Zweckgesellschaften zur Verfügung.

Eine weitere Zielsetzung besteht in der Etablierung einer Marke für deutsche Verbriefungstransaktionen mit einem hohen Standard hinsichtlich Transparenz und Investoreninformationen. Weiter geht es darum, eine Plattform für die deutsche Verbriefungsindustrie und ihre Themen zu schaffen und dabei auch die Brücke zu Politik, Wissenschaft und Wirtschaft zu schlagen.

Wichtig ist daneben, die wirtschaftspolitische Öffentlichkeit von der Bedeutung des Themas Kreditverbriefung für die wirtschaftliche Entwicklung Deutschlands zu überzeugen. Verbriefungen mit deutschen Zweckgesellschaften haben sich bewährt und für die deutsche Wirtschaft entwickelte sich die Verbriefung zu einem wichtigen Bindeglied zum Kapitalmarkt. Über die TSI-Plattform wurden bisher 58 Verbriefungstransaktionen mit einem Kreditvolumen (Risikotransfer) in Höhe von 127,5 Milliarden Euro verbrieft. Hierbei handelt es sich um 38 True-Sale-Transaktionen und 20 synthetische Transaktionen.

Mit mittlerweile 13 zertifizierten Transaktionen und weiteren zur Zertifizierung vorgesehenen Transaktionen ist es gelungen, das Transparenzniveau deutscher Verbriefungstransaktionen insgesamt zu erhöhen und dadurch einen positiven Beitrag zur Weiterentwicklung des Marktes zu leisten.

Entwicklung des Verbriefungsmarktes in Deutschland

Außer von ihren Gesellschafterbanken wird die TSI darüber hinaus von vielen anderen, im Verbriefungsgeschäft tätigen Banken, Kanzleien, Ratingagenturen, Wirtschaftsprüfungsgesellschaften und Dienstleistern im Verbriefungsgeschäft unterstützt, sodass sie den breiten deutschen Verbriefungsmarkt widerspiegelt.

Der Verbriefungsmarkt in Deutschland war vor der Krise geprägt von einem relativ hohen Anteil synthetischer Transaktionen. Das Instrument der Verbriefung wurde von Banken hauptsächlich zur Reduzierung von Risiken und zur Verringerung des regulatorisch erforderlichen Eigenkapitals genutzt, und weitaus seltener zur Refinanzierung. Ganz anders war die Situation in Großbritannien und den USA: True-Sale-Verbriefungen waren dort sehr verbreitet und wurden in hohem Maße dazu benutzt, Wohnungsbaukredite zu refinanzieren.

Die synthetischen Verbriefungen in Deutschland sicherten Kreditrisiken ab, die die emittierenden Banken vorher auf ihre Bilanzen genommen hatten. Dadurch durchliefen die in synthetischen Transaktionen verbrieften Kredite den gleichen Kreditprozess wie die Kredite, deren Risiken die Banken weiterhin behielten. Die wenigen Verbriefungstransaktionen von Sub-prime-Krediten in Deutschland bezogen sich hauptsächlich auf die Verbriefungen von Mezzanine-Kapital an Mittelständler. Die Performance dieser Verbriefungstransaktionen entwickelte sich sehr viel schlechter als erwartet. Wenn man von den Verbriefungen von Mezzanine-Kapital einmal absieht, ist die Performance der in deutschen Transaktionen verbrieften Kredite trotz der Krise zufriedenstellend. Der deutsche Verbriefungsmarkt ist grundsolide und hatte die Übertreibungen der Märkte wie zum Beispiel in den USA, Großbritannien und Spanien nicht mitgemacht.

Die weltweite Finanzkrise hat sich, angefangen mit US-amerikanischen Subprime-Krediten, auf sämtliche Verbriefungsmärkte ausgeweitet. Davon blieb auch Deutschland nicht unberührt. Aufgrund der erheblich gestiegenen Risikoprämien und der stark verminderten Anzahl von nichtstaatlichen Investoren, die noch bereit und in der Lage sind, in Verbriefungen deutscher Kreditrisiken zu investieren, ist das Volumen von Verbriefungen stark zurückgegangen (Abbildung 2). Dies trifft auf Transaktionen zu, die den Risikotransfer zum Zweck haben oder die der Liquiditätsbeschaffung bei nicht-staatlichen Investoren dienen. Dieser Rückgang wurde jedoch durch Verbriefungen überkompensiert, die ausschließlich strukturiert wurden, um bei der Europäischen Zentralbank Geld leihen zu können. Hierbei dienen die im Rahmen der Verbriefung geschaffenen Wertpapiere als Sicherheit.

Erste ermutigende Anzeichen

Mittlerweile gibt es jedoch erste ermutigende Anzeichen, dass sich die Verbriefungsmärkte weltweit teilweise erholen. So wurde mit Tesco Property Finance 1 im Juni diesen Jahres die erste CMBS-Verbriefung nach Beginn der Finanzkrise wieder konventionell, das heißt bei nicht-staatlichen Investoren platziert. Auch haben sich die im Sekundärmarkt beobachtbaren Risikoprämien insbesondere bei AAA-Anleihen merklich eingeengt und Investoren zeigen auf der Suche nach Rendite zunehmend Interesse auch unterhalb von AAA.

Entsprechende Rahmenbedingungen vorausgesetzt, ist davon auszugehen, dass sich die Verbriefungsmärkte in absehbarer Zeit weiter normalisieren werden, allerdings mit wichtigen Einschränkungen:

- Die in 2006 bis Mitte 2007 beobachteten extrem niedrigen Risikoprämien, die in deutlichem Gegensatz zu den langfristigen Ausfallraten standen, sollten so nicht mehr erzielt werden können.

- Die überarbeiteten Kriterien der Rating-Agenturen werden zu Veränderungen führen. Für weniger granulare Verbriefungstransaktionen wird es erforderlich werden, die Risikopuffer (Credit Enhancement) der einzelnen Tranchen sehr deutlich zu erhöhen.

- Das ausschließliche Vertrauen mancher Investoren auf die Risikoeinschätzung der Ratingagenturen dürfte einer deutlichen Portion Skepsis gewichen sein. Investoren werden in stärkerem Maße eigene Risikoeinschätzungen vornehmen oder sogar aus regulatorischen Gründen dazu verpflichtet werden.

- Wenig transparente Strukturen wie CDO "squared", also die Ineinanderschachtelung von Verbriefungsstrukturen, dürften vom Markt verschwinden.

Es ist also ein Trend zu Einfachheit und Transparenz vorherzusehen. Welche Auswirkungen ergeben sich hierdurch auf den Verbriefungsmarkt in Deutschland? Typische Vertreter deutscher synthetischer Transaktionen sind die Promise- und Pro-vide-Transaktionen, die über die TSI-Plattform emittiert wurden. Diese Verbriefungstransaktionen sind bereits einfach und transparent: Die Provide-Transaktionen verbriefen Wohnungsbaukredite und sind sehr granular - hier sind wenig Änderungen an der Struktur zukünftiger Transaktionen zu erwarten.

In den Promise-Transaktionen sind Kredite an Firmenkunden verbrieft. Die Granularität dieser Portfolios ist geringer, und die verschärften Kriterien der Ratingagenturen hinsichtlich Einzelkreditnehmerkonzentrationen werden greifen. Entweder könnten die Emittenten in Zukunft die Einzelkreditnehmerkonzentrationen senken, oder die gesamte Kapitalstruktur wird sich nach oben verschieben, wodurch die Verbriefung teurer wird.

Maßnahmen zur Reaktivierung des Marktes für Kreditverbriefungen

In der aktuellen Finanz- und Wirtschaftskrise haben zahlreiche Banken ihre Standards und Richtlinien für die Bereitstellung von Krediten an mittelständische Kunden an die mit der aktuellen konjunkturellen Lage verbundenen höheren Risiken angepasst. Mittelständische Unternehmen sind daher mit gestiegenen Anforderungen der Banken zur Aufrechterhaltung der Unternehmensfinanzierung konfrontiert.

Denkbar ist, dass sich die schwierige Lage bei der Finanzierung mittelständischer Unternehmen noch weiter verstärken wird, wenn die Kreditnachfrage im Zuge einer wirtschaftlichen Erholung zunehmen wird. Es ist daher sehr wichtig, Wege zu finden, um mögliche Finanzierungsengpässe zu vermeiden.

In der Vergangenheit hatte sich die Verbriefung von Mittelstandskrediten bereits umfassend bewährt. Auch ist davon auszugehen, dass Verbriefungen einen entscheidenden Beitrag dazu leisten können, künftig die Finanzierungssituation im Mittelstand zu stabilisieren. Die Platzierung von Verbriefungstransaktionen am Primärmarkt und der damit verbundene Risikotransfer sind zurzeit für Banken ökonomisch nicht sinnvoll durchführbar. Die Kosten einer Verbriefungstransaktion sind sehr hoch, die erforderlichen Kreditmargen im mittelständischen Kreditgeschäft jedoch weiterhin nur schwer realisierbar.

Um das Vertrauen der Investoren zu stärken und die Märkte für Kreditverbriefungen wieder zu beleben, sind hohe Ansprüche an die Qualität der zu verbriefenden Kredite zu stellen. Es sollten nur Kredite verbrieft werden, die sich bereits vor Verbriefung auf der Bilanz der jeweiligen Bank befunden haben (Balance-Sheet-Transaktionen) und nicht solche, die mit Blick auf eine anstehende Verbriefung vergeben wurden (Originate-to-Distribute Transaktionen). Daneben setzt ein wieder für alle Marktteilnehmer nutzbarer Verbriefungsmarkt adäquate Regulierungen sowie ein hohes Maß an Transparenz und Standardisierung voraus. In dieser Diskussion ist die TSI einer der entscheidenden Koordinatoren und Treiber. Konkret sind folgende Themen wichtig:

- signifikanter Selbstbehalt des Originators (fünf Prozent Eigenbehalt gemäß § 122a Capital Requirement Directive ab 31. Dezember 2010 verpflichtend, sind eher als eine Untergrenze zu sehen),

- einfache Transaktionsstrukturen und weitgehende Standardisierung,

- Transparenz des verbrieften Portfolios bei Strukturierung und während der Laufzeit der Transaktion,

- laufende Information der Investoren über die Entwicklung des verbrieften Portfolios,

- Einbeziehung aller Stakeholder bei der Entwicklung und Überwachung der Standards.

Ausschaltung von Moral-Hazard-Gefahren

Im Kern setzen diese Überlegungen zur Reaktivierung des Verbriefungsmarktes an zwei Punkten an: Nämlich zum einen der Verbesserung der Transparenz von Verbrie-fungs-Transaktionen und zum anderen der Ausschaltung von Moral-Hazard-Gefahren, das heißt, der Sicherstellung ordentlicher Kreditvergabe- und Bearbeitungsstandards. Die TSI hat frühzeitig eine Plattform bereitgestellt, die den aktuellen Forderungen nach mehr Transparenz und Standardisierung bereits weitgehend entspricht. Schritte in diese Richtung könnten die allgemeine Ausweitung einer Zertifizierung auf alle öffentlichen, börsenzugelassenen Transaktionen sein, sowie die Aufnahme besonderer Kriterien der Kreditvergabe und -bearbeitung in den Zertifizierungsprozess.

Derzeit wird auch diskutiert - um das Vertrauen der Investoren wieder zu gewinnen -, für einen begrenzten Zeitraum staatliche Garantien (gegebenenfalls über die KfW Bankengruppe) für neue Verbriefungstransaktionen bereitzustellen. Im Rahmen des bestehenden Kredit- und Bürgschaftsprogrammes könnten Risikoübernahmen nicht nur für Einzelkreditrisiken, sondern auch für Kreditportfolios erfolgen. Dabei sollte darauf geachtet werden, dass die Risiken aus einem verbrieften Kreditportfolio ausgewogen zwischen der Bank, dem Garantiegeber und gegebenenfalls weiteren Investoren verteilt werden. Durch diesen Ansatz könnte - auch im Vergleich zu einer anteiligen Haftungsfreistellung auf Einzelkreditbasis - mit sehr geringem Ressourceneinsatz ein relativ großes Kreditvolumen abgedeckt und eine große Wirkung hinsichtlich der verstärkten Kreditgewährung an den deutschen Mittelstand erzielt werden. Als Vorteile dieser Idee erscheinen:

- schnell umsetzbares Konzept im Rahmen des bereits genehmigten Kredit- und Bürgschaftsprogrammes der Bundesregierung,

- auch für kleinere Kredit- und Bürgschaftsvolumina nutzbar,

- Vermeidung einer Aufweichung der etablierten Kreditprozesse, da die Banken einen großen Teil der Risiken aus den Kreditportfolios weiterhin selbst tragen,

- Schaffung freier Risikolimite auf Einzelkundenbasis und auf Portfolioebene, die für die Bereitstellung neuer Kredite genutzt werden können.

Die bereits gegebenen Rahmenbedingungen in Deutschland - Balancesheet-Verbriefungen, regulatorisches Umfeld, bestehende Erfahrungen mit Zertifizierungsverfahren - sind wichtige Voraussetzungen dafür, dass der deutsche Verbriefungsmarkt gestärkt aus der Krise hervorgehen kann. Auch fünf Jahre TSI haben hierfür eine gute Basis geschaffen. Die für die Kreditversorgung gerade der mittelständischen Wirtschaft notwendige Revitalisierung des Marktes kann aber nur gelingen, wenn die skizzierten Maßnahmen konsequent umgesetzt werden.

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