Aufsätze

Gewerbliche Immobilienfinanzierung in Deutschland - der Verbriefungsaspekt

Trotz immer häufiger zu beobachtenden Warnmeldungen in der Tagespresse und kritischer Marktentwicklung (die ersten amerikanischen Beteiligungsfonds, die den Immobilienboom in Deutschland angeschoben haben, machen sich schon für den Ausstieg bereit), bleibt der deutsche Immobilien-Investmentmarkt geprägt von einer anhaltend hohen Nachfrage nach Gewerbeimmobilien sowie der zunehmenden Nutzung von neu entwickelten Produkten des Real Estate Investment Banking zur Strukturierung innovativer Anlageprodukte.

Anhaltendes Interesse an deutschen Immobilien

Ungeachtet des immer geringer werdenden Angebots von sogenannten Prime Properties und der Turbulenzen am Kapitalmarkt, ausgelöst durch die US-Subprime-Krise, haben vor allem ausländische Private Equity Funds oder Hedge Funds weiterhin ein starkes Interesse an deutschen Immobilien. Im Vergleich zum Vorjahr hat sich in Deutschland das Transaktionsvolumen mehr als verdoppelt und belief sich auf rund 60 Milliarden US-Dollar. Mehr als die Hälfte dieses Volumens entfiel auf ausländische Investoren.

Bis in das Jahr 2002 war der Finanzierungsmarkt für Immobilien relativ einfach strukturiert: Es gab eine überschaubare Anzahl von Spezialinstituten, Landesbanken und einigen Geschäftsbanken, die im Marktsegment der gewerblichen Immobilienfinanzierungen aktiv waren und mittels klassischer Kreditvergabe den Markt dominierten. Diese Kredite verblieben bis zum Ende ihrer Laufzeit in den Büchern dieser Finanzinstituten (Buy and Hold oder Originate and Hold). Damit einhergehende Nachteile waren hohe Risikoaktiva und ein entsprechender Eigenkapitalbedarf. Durch die Verbriefung von Immobilienkrediten (Buy and Distribute oder Originate and Distribute) kann der Kreditgeber den Eigenkapitalbedarf reduzieren, was Handlungsspielräume für neue Kreditengagements schafft. Hinzu kommt eine Verbesserung der Finanzkennzahlen bei der finanzierenden Bank, was wiederum einen positiven Einfluss auf das Rating hat und daher zu vorteilhafteren Refinanzierungskonditionen führen kann. Solche verbriefungsgeeignete Kredite (sogenannte CMBS Originations) sind von den rechtlichen Rahmenbedingungen her gesehen durchaus komplex, aber zur Zufriedenheit der Investoren (und der Ratingagenturen) gestaltbar. Ziel dieses Artikels ist es, einige Besonderheiten der jüngsten Entwicklungen dieser Finanzierungsdisziplin darzustellen.

Um ein Investment-Grade-Rating der emittierten Wertpapiere aus einem verbrieften Immobilienkredit zu erhalten, muss die Grundschuld zur Besicherung des Immobilienkredits der sofortigen Zwangsvollstreckung unterliegen.

Grundschulden

Bis Ende 2005 war es Marktstandard, dass sich der Eigentümer lediglich hinsichtlich eines zuletzt zu zahlenden Betrags der Grundschuld der sofortigen Zwangsvollstreckung unterwarf, was auch von der einschlägigen Literatur empfohlen wurde.1) Dieser Weg wurde gewählt, um den Kreditnehmern Notarkosten zu ersparen, die sich mit Zunahme des Betrags, welcher der sofortigen Zwangsvollstreckung unterliegt, progressiv erhöhen. Trotz einer nur teilweisen Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung, ging die herrschende Meinung mit der Praxis davon aus, dass eine Einstellung von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen nur angeordnet werden kann, wenn die gesamte Schuld (also nicht nur durch die Zahlung dieses Teilbetrags, da dieser entsprechend der Formulierung "zuletzt geschuldet" war) wegen der die Zwangsvollstreckung betrieben wird, gezahlt wird.

Die Ratingagenturen haben eine Diskussion dieses Konzepts vor etwa zwei Jahren angestoßen. Der BGH hat kürzlich beschlossen, dass eine Zwangsvollstreckung in ein Grundstück aufgrund eines zuletzt zu zahlenden Teilbetrags eingestellt werden muss, sobald dieser Teilbetrag nebst Kosten gezahlt wurde (ungeachtet ob dieser Teilbetrag vom Schuldner selbst oder einem Dritten bezahlt wurde).2) In der Kreditgewährungspraxis besteht derzeit keine einheitliche Linie. Wegen der jahrzehntelangen Erfahrung, dass die teilweise Unterwerfung keinen Nachteil bei der Durchsetzung der Ansprüche der Kreditgeber gezeigt hat, wird die Möglichkeit weiterhin genutzt. Soll die Finanzierung aber verbrieft werden, sollte eine vollständige Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung jeweils aktuell bedacht und eventuell mit den Ratingagenturen abgestimmt werden.

Sicherheitentreuhänder

Üblicherweise werden die Grundschulden als Sicherheit vom Darlehensnehmer auf einen Sicherheitentreuhänder übertragen, der diese für den Darlehensgeber beziehungsweise die an der Finanzierung beteiligten Parteien (Finance Parties) hält. Nach der Übertragung des Darlehens zusammen mit allen gegen den Sicherheitentreuhänder gerichteten Ansprüchen durch die darlehensgebende Bank auf eine Zweckgesellschaft im Rahmen einer True-Sale- Verbriefung, hält der Sicherheitentreuhänder die Grundschulden von da an für diese Zweckgesellschaft. Die im Rahmen dieser Verbriefung mandatierten Ratingagenturen fordern diesbezüglich, dass in der Insolvenz des Sicherheitentreuhänders gewährleistet ist, dass die Grundschulden durch die Zweckgesellschaft ausgesondert werden können.

Handelt es sich bei dem Treuhänder um ein deutsches Kreditinstitut, findet nach Art. 11 der Richtlinie 2000/12/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über die Aufnahme und Ausübung der Kreditinstitute in Zusammenhang mit der damit von der Europäischen Kommission veröffentlichten Liste 2005/C 32/01 deutsches Insolvenzrecht Anwendung. Hierbei können sich Bedenken im Hinblick auf das sogenannte Unmittelbarkeitsprinzip ergeben.

Unmittelbarkeitsprinzip

Das Unmittelbarkeitsprinzip ist ein vom Reichsgericht entwickelter und vom BGH fortgeführter Grundsatz, um das ver-traglich entwickelte Konzept der Treuhand nicht ins Unbestimmte fließen zu lassen. Danach muss, um ein Aussonderungsrecht im Falle der Insolvenz des Treuhänders zu erlangen, das Treugut (hier: die Grundschulden) unmittelbar vom Treugeber auf den Treuhänder übertragen werden. Nicht ausreichend ist die bloße Ermächtigungstreuhand, also die rein schuldrechtliche Vereinbarung des Treuhandverhältnisses. Vielmehr ist daneben ein unmittelbarer dinglicher Übertragungsakt erforderlich.

Entscheidend ist, ob im Rahmen der hier dargestellten Transaktionsstrukturen dem Unmittelbarkeitsprinzip ausreichend Rechnung getragen werden kann, da üblicherweise die Grundschulden direkt vom Darlehensnehmer und nicht etwa von der Zweckgesellschaft an den Treuhänder übertragen werden.

Die Frage, ob die Zweckgesellschaft ein Aussonderungsrecht nach § 47 InsO gegen den Treuhänder geltend machen kann, müsste demnach zunächst verneint werden, da sie die Sicherheiten nicht selbst auf den Treuhänder übertragen hat. Ohne die unmittelbare Übertragung durch die Zweckgesellschaft hieße das in der Insolvenz des Sicherheitentreuhänders, dass die Grundschulden an den (unmittelbar übertragenden) Grundschuldbesteller zurückzugeben wären - ein nicht zufriedenstellendes Ergebnis.

Im Fall von Briefgrundschulden kann dieser Problematik insoweit abgeholfen werden, als die Briefgrundschulden vom Treuhänder auf die Zweckgesellschaft und von dieser sofort wieder auf den Treuhänder übertragen werden.

Um den Kriterien der Ratingagenturen auch im Falle der Verwendung von Buchgrundschulden entsprechen zu können, sollte ein Sicherheitentreuhänder bestellt werden, auf den (a) deutsches Insolvenzrecht nicht anwendbar ist und (b) dessen Rechtsstatut im Insolvenzverfahren die deutsche Treuhand anerkennt und ebenfalls ein Aussonderungsrecht gewährt. Ist die Mandatierung eines derartigen Sicherheitentreuhänders nicht möglich, bleibt, um dem Unmittelbarkeitsprinzip ausreichend Rechnung zu tragen, letztlich nur die kostspielige Eintragung einer Vormerkung3) zugunsten des Treugebers, was aber selten praktikabel erscheint.

Notarisierung in der Schweiz

Beliebt bei Investoren ist eine notarielle Beurkundung in der Schweiz (zum Beispiel notarielle Beurkundungen von Verpfändungen von Geschäftsanteilen in einer GmbH) aufgrund der im Vergleich zu Deutschland oft deutlich niedrigeren Notarkosten. Diese Kostendifferenz kann entstehen, da Notarkosten in der Schweiz, im Gegensatz zu Deutschland, wo der Notar an die Kostenordnung (KostO) gebunden ist, frei verhandelbar sind.

Während die notarielle Beurkundung in der Schweiz in der Literatur4) umstritten ist, hat das OLG Frankfurt5) entschieden, dass eine notarielle Beurkundung in der Schweiz (zumindest im Kanton Basel-Stadt) wirksam ist. Als Begründung wird angeführt, dass das deutsche Beurkundungsrecht keine Regelungen über die örtliche Zuständigkeit für notarielle Beurkundungen enthält. Bedingung soll jedoch sein, dass der Beurkundungsvorgang sowie die Urkundsperson im Ausland einer notariellen Beurkundung nach deutschem Recht gleichwertig sind. Von einer Gleichwertigkeit sei auszugehen, wenn die ausländische Urkundsperson nach Vorbildung und Stellung im Rechtsleben eine der Tätigkeit des deutschen Notars entsprechende Funktion ausübt und für die Errichtung der Urkunde ein Verfahrensrecht zu beachten hat, welches den tragenden Grundsätzen des deutschen Beurkundungsrechts entspricht. Diese Voraussetzungen sind dem OLG Frankfurt zufolge bei notariellen Beurkundungen im Kanton Basel-Stadt erfüllt.

Demnach wird eine notarielle Beurkundung im Kanton Basel-Stadt von den Ratingagenturen und der allgemeinen Praxis akzeptiert. Zu erwähnen ist allerdings, dass das Schweizer Beurkundungsrecht zurzeit überarbeitet wird und sich somit Änderungen der Beurteilung der momentanen Situation ergeben können. Im Übrigen liegt zu dieser Thematik keine BGH Entscheidung vor.

Grundschuld-"Clustering"

Bei der Finanzierung von Immobilienportfolios steigt mit der Anzahl der zu finanzierenden Objekte die Bedeutung einer für den Investor bedarfsgerechten Strukturierung der Grundschulden. Generell lässt sich sagen, dass eine Gesamtgrundschuld für den Investor zu bevorzugen ist, weil diese kostenmäßig günstiger ist als Einzelgrundschulden über die jeweiligen Objekte. Gleiches gilt für die finanzierenden Banken, die mit einer Gesamtgrundschuld am einfachsten etwaige Wertsteigerungen und Wertverschiebungen im Portfolio abdecken können, weil im Rahmen der Belastung mit einer Gesamtgrundschuld jedes Einzelobjekt mit dem Gesamtbetrag des Portfoliokredits und nicht lediglich mit einem Teilbetrag belastet ist, der dem jeweiligen Einzelobjekt zuzurechnen ist (üblicherweise wird die finanzierende Bank bei Einzelgrundschulden jedoch Puffer verlangen, die etwaige Wertsteigerungen abdecken, wie zum Beispiel die Bestellung von Einzelgrundschulden im Wert von jeweils 130 Prozent des anfangs ermittelten Einzelwerts des Objekts).

Die Nachteile einer Gesamtgrundschuld für den Kreditnehmer sind jedoch beachtlich, wenn die finanzierenden Banken aus Überlegungen der Verbriefungsfähigkeit der Finanzierungsstruktur (Briefgrundschulden können durch Einigung und Übergabe des Grundschuldbriefes auch außerhalb des Grundbuchs übertragen werden und gewähren somit den Banken eine gewisse Flexibilität, wenn beispielsweise der Sicherheitentreuhänder ausgetauscht werden soll; siehe auch oben), die Bestellung einer Gesamtbriefgrundschuld verlangen und der Kreditnehmer strategisch ein Abverkauf von Einzelobjekten während der Kreditlaufzeit plant. Will nämlich der Kreditnehmer ein Einzelobjekt veräußern, das sich im Haftungsverband einer Gesamtbriefgrundschuld befindet, muss der Grundschuldbrief jedem Grundbuchamt, bei dem diese Gesamtbriefgrundschuld eingetragen ist, vorgelegt werden. Dies führt zu enormen zeitlichen und organisatorischen Behinderungen beim Abverkauf von Teilen des Portfolios, welche mit Zunahme der Anzahl der Objekte im Portfolio und der beteiligten Grundbuchämter umso größer werden.

Liegt beispielsweise der Grundschuldbrief zur Bearbeitung der Löschung im Rahmen der Veräußerung eines Objektes bei einem zuständigen Grundbuchamt, kann die Löschung der Gesamtbriefgrundschuld im Rahmen der Veräußerung eines anderen Objektes in einem anderen Grundbuchbezirk mangels gleichzeitiger Briefvorlage nicht erfolgen, bis der Brief nach Abschluss des ersten Löschungsvorganges das zweite Grundbuchamt erreicht. Um hier das beste Ergebnis unter Berücksichtigung der Kosten und des Interesses des Kreditnehmers am Abverkauf sowie des Flexibilitätsbedarfs der finanzierenden Banken zu erreichen, wird bei der Bestellung von Briefgrundschulden über ein geeignetes "Clustering" der Grundschulden nachgedacht. Dies kann beispielsweise so aussehen, dass unter Berücksichtigung der Abverkaufsstrategie des Kreditnehmers, solche Grundstücke mit derselben Gesamtbriefgrundschuld belastet werden, die im Geschäftsbezirk eines Grundbuchamts liegen.

Verzicht der kontoführenden Banken auf ihr AGB-Pfandrecht

Mit der Forderung nach generell erstrangigen Sicherheiten, verlangen die Ratingagenturen - neben einem Verzicht von etwaigen Aufrechnungs- und Zurückbehaltungsrechten - auch, dass im Rahmen eines Kontopfandrechts zugunsten der Finanzierungsparteien die kontoführende Bank auf ihr bestehendes AGB-Pfandrecht verzichtet. Häufig anzutreffen ist der Einwand der kontoführenden Bank, dass sie lediglich einer Subordinierung des AGB-Pfandrechts zustimme, aber keinem Verzicht. Hier ist zu beachten, dass die bloße Subordinierungserklärung der kontoführenden Bank hinsichtlich ihres bestehenden AGB-Pfandrechts nur eine schuldrechtliche Änderung des Ranges der Pfandrechte bewirkt, aber keine dingliche Rangänderung, da gemäß § 1 209 BGB für den Rang eines Pfandrechts (allein) der Zeitpunkt der Bestellung maßgeblich ist.6) Dieses Problem verschärft sich durch die Vorschrift des § 1 290 BGB, wonach nur der vorrangige Pfandgläubiger, also im Beispielsfall die kontoführende Bank, zur Einziehung berechtigt ist. Natürlich kann der Kreditgeber mit Zustimmung der kontoführenden Bank das Pfandrecht verwerten, er ist jedoch auf deren Mitwirkung angewiesen.

Soll der Forderung der kontoführenden Bank nach einer bloßen Subordinierung ihres AGB-Pfandrechts Rechnung getragen werden, so sollte die kontoführende Bank zunächst auf ihr AGB-Pfandrecht verzichten und nach Bestellung des Pfandrechts zugunsten der Finanzierungsparteien, ihr AGB-Pfandrecht neu bestellen.

Zudem fordern die meisten kontoführenden Banken, dass die vom Kontoinhaber geschuldete Kontoführungsgebühr von ihrem vorgenannten Rechtsverzicht ausgenommen werden. Dies erscheint akzeptabel.

Ein weiteres Problem stellt sich bezüglich des Mieteingangskontos, wenn der Mietzins per Lastschrifteinzugsverfahren eingesammelt wird. Dieses Verfahren birgt das Risiko von Rücklastschriften in sich, die das Mieteingangskonto ins Soll geraten lassen können. Dieses Risiko erhöht sich mit der Zahl der Mieter. Daher wird eine kontoführende Bank häufig nur gegen Stellung einer (Zusatz-)Sicherheit auf ihr AGB-Pfandrecht und auf ihre Aufrechnungs- und Zurückbehaltungsrechte verzichten. Das Problem stellt sich dann nicht, wenn der Einzug des Mietzinses auf das Mieteingangskonto durch Dauerauftrag oder Einzelüberweisung erfolgt.

Noch keine Bewertungen vorhanden


X