Einer der Winzer, die in den vergangenen Jahren immer wieder durch dieses Können auffielen, ist Daniel Wagner vom Weingut Wagner-Stempel im rheinhessischen Siefersheim. Mit seinen kraftvollen, mineralischen Rieslingen machte er die Lagen Heerkretz und Höllberg weit über die Grenzen Rheinhessens, sogar über die Grenzen Deutschlands hinaus bekannt. Sein Weingut wurde im Jahr 1855 von dem Winzer Friedrich Michel erbaut, und bis heute sind seine Gebäude weitgehend im Originalzustand erhalten geblieben. Es werden etwa 14 Hektar Rebfläche kultiviert, davon etwa die Hälfte mit Riesling. Silvaner, weißer Burgunder, Spätburgunder, Frühburgunder und Saint Laurent runden den Rebsortenspiegel ab.
Die nach Süden geneigte, klassifizierte Lage Siefersheimer Heerkretz ist eine insgesamt 44 Hektar große und nahezu ausschließlich mit Riesling bestockte Rebfläche. Nicht nur ihre Hänge mit 30 Prozent Neigung, sondern auch die zerklüftete Landschaft und die vielen Kessellagen und Steinmauern prädestinieren sie für den Anbau dieser edlen Rebe. Die Oberböden bestehen aus rötlich-steinigem Gehängelehm, der Untergrund aus verwittertem Quarzporphyr und Melaphyr. Hier wechseln sich auch rotliegendes Urgestein und verfestigter Meeressand mit dicken Muschelkalkablagerungen ab. Der Quarzporphyr entstammt einem von unterirdisch verstummten Vulkanereignis von vor 250 bis 350 Millionen Jahren. Der Untergrund ist relativ nährstoffarm, und der lehmige Feinboden kann nur einen begrenzten Teil des Wassers speichern. In trocken-warmen bis heißen Jahren treten die Reben in Konkurrenz zueinander, und es kommt zu einer natürlichen Ertragsbegrenzung.
Mit akribischer Arbeit im Weinberg und konsequenter Traubenselektion vermag Daniel Wagner Jahr für Jahr das Beste aus dem Heerkretz herauszuholen. Aber auch die ein Vierteljahrhundert alten Rieslingreben haben sich bestens auf die Bedingungen ihrer Umgebung eingestellt. Häufig extrahieren sie die typischen Feuersteinaromen aus dem Quarzporphyr. Im Keller werden die Weißweine kühl im Edelstahltank und im Holzfass vergoren. Seine Rotweine vergärt Wagner traditionell auf der Maische; sie werden sowohl im Holzfass als auch im Barrique gelagert und unfiltriert abgefüllt. Der Heerkretz Riesling 2006 QbA Goldkapsel Erste Lage ist einer dieser kraftvollen, mineralischen Rieslinge, mit denen Wagner die Lage bekannt gemacht hat. Nach einer kurzen Dekantierzeit entfaltet er ein üppiges Fruchtbukett aus Weinbergpfirsich und Grapefruit, Apfel, Banane und Kiwi. Ganz dezent kitzeln auch Honignoten in der Nase. Die Struktur des Weines ist komplex: Säure und Frucht halten spielerisch leicht die Balance, der Wein wirkt saftig, elegant und feingliedrig. Die meisterlich eingebundene Mineralität ergänzt die dezente Säure auf beeindruckende Weise.
Ein Riesling, der sich seine Goldkapsel im wahrsten Sinne des Wortes verdient hat: Er ist mineralisch, cremig und hat eine großartige Säurestruktur.
Weintipp aus dem Buch:
100 Meisterwerke des Weines - Deutschland
Hrsg. Ralf Frenzel Tre Torri Verlag