Schwerpunkt

Institutionelles Asset Management: Zwischen Renditedruck und Regulierung

Das institutionelle Geschäft fährt seit Jahren auf der Überholspur. In den vergangenen zehn Jahren stieg der Anteil des in Spezialfonds und freien Mandaten verwalteten Vermögens an den Assets under Management auf 66 Prozent. 2009 erreichte das institutionelle Vermögen erstmals die Marke von einer Billion Euro. Bis Ende Mai 2013 ist das Volumen auf über 1,3 Billionen Euro angewachsen (Abbildung 1). Auch das Neugeschäft entwickelt sich dynamisch: Im Rekordjahr 2012 flossen 78 Milliarden Euro in Spezialfonds und freie Mandate. Von Anfang Januar bis Ende Mai 2013 waren es netto 33 Milliarden Euro, verglichen mit lediglich rund 21 Milliarden Euro im gleichen Zeitraum des Vorjahres. Allein Spezialfonds sammelten im laufenden Jahr 29 Milliarden Euro ein. Davon stammen netto 20 Milliarden von Versicherungen und fünf Milliarden Euro von Altersvorsorgeeinrichtungen.

Niedrigzins und Regulierung

Hinter den institutionellen Geldern stehen letztlich die Ansprüche privater Anleger - überwiegend für die private oder die betriebliche Altersversorgung. So haben beispielsweise Lebensversicherer 29 Prozent und Pensionskassen 32 Prozent ihres Geldvermögens in Investmentfonds gelenkt. Pensionsfonds investieren sogar 91 Prozent ihres Anlagekapitals in Investmentfonds. Die Fondsbranche ist damit der größte Verwalter von Altersvorsorgekapital in Deutschland.

Mit der Finanz- und Staatsschuldenkrise hat sich das Geschäftsfeld grundlegend verändert. Erstens: Die Zeiten, in denen Staatspapiere gleichzeitig als sicher und rentabel galten, sind bis auf Weiteres vorbei. Aus risikolosem Zins wurde bisweilen zinsloses Risiko. Die anhaltende Niedrigzinspolitik der Zentralbanken zwingt die institutionellen Investoren, ihre Anlagepolitik zu überdenken, um Renditezusagen einhalten zu können. Zweitens: Die Investmentwirtschaft wird seit Jahren immer stärker reguliert. Diese Entwicklung hat zwei Seiten. Einerseits: Regulierung ist richtig, wenn sie zielgerichtet und mit Augenmaß betrieben wird. Andererseits: Geht das Augenmaß verloren, droht schädliche Überregulierung, und das Risiko von Kollateralschäden steigt.

Solvency II: sinnvolle Asset-Allokation erschwert

Bei Solvency II schließt sich der Kreis zwischen den Herausforderungen der Kapitalmärkte und (Über-)Regulierung - leider mit unangenehmen Folgen für viele institutionelle Investoren. Die niedrigen Zinsen und die Staatsschuldenkrise prägen die Allokation der von Wertpapier-Spezialfonds gehaltenen Schuldverschreibungen. Den Anteil deutscher Aussteller am gesamten Anleihevolumen führten die Fondsmanager im Laufe des Jahres 2012 von 25 Prozent auf 20 Prozent zurück. Zugleich senkten die Fondsmanager 2012 die Quote der Papiere staatlicher Emittenten sogar von 38 Prozent auf 30 Prozent. Offensichtlich zögern die Spezialfondsmanager immer mehr, sehr niedrig verzinsliche Anleihen in den Portfolios zu halten, die bei einer Zinswende zudem noch beträchtliche Kursverluste erleiden würden.

Angesichts der Niedrigzinsphase wollen viele institutionelle Investoren ihre Anlagepolitik gerne noch stärker ändern. Laut einer Umfrage von Kommalpha im Auftrag des BVI würden sie den Anteil von Immobilien und Aktien gegenüber der aktuellen Aufteilung der Assets verdoppeln (Abbildung 2). Die bevorstehende Solvency-II-Regulierung hält viele Investoren aber offenbar davon ab. Denn Aktien und Immobilien müssten mit deutlich mehr Eigenkapital unterlegt werden. Das gilt auch für alternative Investments, wie Infrastrukturinvestitionen. Diese Assetklasse würden die Anleger sogar auf das Zweieinhalbfache ausbauen. Staatsanleihen und Pfandbriefe hingegen fielen bei der Asset-Allokation deutlich zurück. Der BVI plädiert deshalb dafür, die Eigenkapitalvorschriften bei Solvency II moderater zu gestalten. Dann könnten die für die Altersvorsorge bestimmten Mittel inflationsgeschützt und rentierlicher investiert werden.

Europäische Langfrist-Fonds: Ausweg aus der Zinsfalle?

Als neues Anlagevehikel für institutionelle Investoren werden derzeit "European Long-Term Investment Funds" (ELTIF) diskutiert. Die EU-Kommission veröffentlichte kürzlich Vorschläge dazu. Das Vehikel soll zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen: Über ELTIFs soll dringend benötigtes Kapital für Verkehrswege, Stromtrassen oder alternative Energien mobilisiert werden. Gleichzeitig können sie institutionellen Investoren Assets erschließen, die eine höhere Rendite bringen als Staatsanleihen. Die Grundidee langfristig anlegender Fonds zur Finanzierung von Infrastruktur ist richtig. Im Detail zeigt das Konzept der Kommission allerdings Schwächen, die einen Markterfolg fraglich erscheinen lassen.

Eingeschränkte Verfügbarkeit: ELTIF sind als geschlossene Fonds konzipiert. Erst zum Ende ihrer Laufzeit dürfen sie Auszahlungen an die Anleger leisten. Die fehlende Liquidierbarkeit würde aber große institutionelle Anleger wie beispielsweise Versicherungen vom Investorenkreis ausschließen. Sie dürfen aufgrund der Anlagevorgaben nicht in geschlossene Vehikel investieren. Insofern wären ELTIFs allenfalls als Nischenprodukt für Institutionelle geeignet.

Keine steuerliche Förderung: Um den Nachteil der eingeschränkten Liquidität auszugleichen, könnte ein Steuervorteil die Produkte attraktiver machen. Das Steuerrecht obliegt aber den Mitgliedstaaten, nicht der EU. Es ist mehr als fraglich, ob der deutsche Gesetzgeber bereit wäre, solche Vehikel steuerlich zu fördern.

Anlagegrenzen: ELTIF sollen insbesondere in Sachwerte im Volumen von jeweils mindestens zehn Millionen Euro investieren. Die Anlagen sollen diversifiziert sein, wobei ein Einzelwert nicht mehr als zehn Prozent des Fondskapitals ausmachen darf. Einzelne Investitionen können bis zu 20 Prozent des Fondsvermögens betragen, solange deren Summe 40 Prozent des Fondskapitals nicht übersteigt. Damit wird die Zusammenstellung eines ELTIFs zu einer echten Herausforderung. Denn verschiedene Großinvestitionen müssen in einen ELTIF gepresst werden. Ein ELTIF benötigt damit mindestens acht Investitionsobjekte mit nahezu identischer Laufzeit.

Komplizierte Zulassung: Die Fonds sollen als Alternative Investmentfonds (AIFs) im Sinne der AIFM-Richtlinie gelten. Sie dürfen nur durch lizenzierte Manager von AIFs verwaltet werden. Der Fonds benötigt eine besondere Zulassung als ELTIF. Zusätzlich zur Zulassung als AIF-Manager benötigt auch die Fondsgesellschaft eine weitere Zulassung als ELTIF-Manager. Es sind also vier Zulassungen erforderlich, um einen ELTIF aufzulegen.

Insgesamt ist das Produkt überbürokratisiert. Wenn die Kommission Kapital für Infrastruktur heben möchte, sollte sie Investoren und Produktanbietern entgegenkommen und einen attraktiven Rahmen schaffen statt die Hürden hochzusetzen.

KAGB: Chancen für das institutionelle Geschäft

Wie schmal der Grat ist zwischen guter Regulierung und Kollateralschaden, zeigt das Beispiel des Kapitalanlagegesetzbuches (KAGB). Mit dem am 22. Juli 2013 in Kraft getretenen Regelwerk hat der deutsche Gesetzgeber die europäische AIFM-Richtlinie umgesetzt. Auf dem Weg hätte das BMF die Produktregulierung des Spezialfonds beinahe abgeschafft. Der von institutionellen Anlegern geschätzte Rechtsrahmen für dieses Geschäftsmodell hätte sich damit aufgelöst. Es wäre das letzte Kapitel der deutschen Erfolgsgeschichte Spezialfonds geworden. Doch die regulatorischen Störfeuer sind Vergangenheit. Das nun geltende KAGB ist im Großen und Ganzen gelungen. Zunächst bedeutet es zwar mehr Bürokratie. Aber es bietet auch Chancen für das institutionelle Fondsgeschäft.

Insbesondere für kleine und mittlere Fondsgesellschaften ist der zusätzliche Verwaltungsaufwand eine große Hürde. Neue Zulassungsverfahren, erweiterte Berichtspflichten, die erforderlichen Änderungen von Anlagebedingungen und Vertriebsanzeigen lösen eine regelrechte Papierflut aus. Offene und geschlossene Spezialfonds gelten nach dem Gesetz als AIF. Initiatoren geschlossener Fonds müssen erstmalig gesetzliche Vorgaben erfüllen, die für offene Fonds bereits seit Langem gelten. Essenziell ist, dass auch geschlossene Fonds nun eine Depotbank (Verwahrstelle) benötigen. Zudem müssen sie ein Risikomanagement vorweisen, inklusive unabhängigem Risikocontrolling, Stresstests und der Überwachung von Liquiditätsrisiken. Insbesondere bei den geschlossenen Fonds wird nicht jeder Anbieter die organisatorischen und finanziellen Anforderungen an eine KVG erfüllen können oder wollen. Einige werden die Administration an Service-Gesellschaften auslagern.

Dadurch entstehen neue Geschäftschancen für Master-KVGs. Diese sind bereits in den vergangenen Jahren dynamisch gewachsen und profitieren schon länger vom steigenden Interesse an Service-Lösungen, zum Beispiel für Immobilienfonds. Dieser Trend wird sich mit den höheren Ansprüchen des KAGB verstärken. Dabei kann die Master-KVG sowohl die Rolle des reinen Administrationsdienstleisters als auch die des AIF-Managers übernehmen. Derzeit wird noch fast die Hälfte (43 Prozent) der Spezialfondsbestände von der Gesellschaft, die den Fonds aufgelegt hat, auch selbst gemanagt. Bei weiteren 20 Prozent treffen Asset Manager, die zum Konzernkreis der KVG gehören, die Anlageentscheidung. Lediglich 37 Prozent der Spezialfondsbestände werden von Gesellschaften außerhalb des Konzernkreises gemanagt. Es besteht also noch Potenzial für Master-KVGs, die auch das AIF-Management übernehmen möchten.

Pension-Pooling auf Eis

Weiteres großes Neugeschäftspotenzial für das institutionelle Geschäft hält das KAGB mit dem Vehikel für das Pension-Pooling in Deutschland bereit. Damit können international tätige Konzerne die Gelder zur Deckung der Pensionszusagen der jeweiligen deutschen oder ausländischen Konzerneinheiten gegenüber ihren Mitarbeitern ohne steuerliche Nachteile zentral in einem deutschen Vehikel verwalten. Deutschland beseitigt damit einen Standortnachteil gegenüber Ländern wie Luxemburg, Irland oder den Niederlanden (Abbildung 3).

Allerdings ist das Pension-Pooling auf das steuerliche Begleitgesetz zum KAGB, das AIFM-Steueranpassungsgesetz, angewiesen. Dieses hängt aber derzeit im Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat fest, der erst wieder kurz vor der Bundestagswahl zusammen kommen wird. Deshalb besteht derzeit die paradoxe und unhaltbare Situation, dass das Pension-Pooling laut KAGB zwar zulässig ist, de facto aber mangels steuerlicher Rechtssicherheit noch nicht umgesetzt werden kann. Da ein gemeinsamer politischer Wille besteht, die steuerlichen Begleitregelungen zur Umsetzung der AIFM-Richtlinie in das KAGB auf den Weg zu bringen, dürfte jedoch einer Verabschiedung des AIFM-Steueranpassungsgesetzes noch in dieser Legislaturperiode nichts im Wege stehen.

Angesichts der Bedeutung institutioneller Anlagen für die Altersvorsorge breiter Schichten, darf die Politik das regulatorische Korsett für professionelle Portfolios nicht zu eng schnüren. Beispielsweise sollte sie Investitionen in alternative Anlagen wie beispielsweise Infrastrukturinvestitionen mit praxisgerechten Regeln fördern. Die Anbieter wiederum können die Chancen nutzen, die sich aus neuen Vorschriften ergeben. Sofern dies gelingt, wird das institutionelle Geschäft weiter wachsen.

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