Gespräch des Tages

Kapitalmarkt - Basel III und Mittelstandsfinanzierung

Werden Eigenkapitalausstattung und Liquidität der Banken nach Basel III robust genug sein, um einem neuen Fast-Kollaps des Weltfinanzsystems vorzubeugen, dessen Schrecken von Ende 2008 noch jedermann in den Knochen sitzt? Diese Frage stand seitdem und steht weiterhin mit Recht im Vordergrund. Und auch die Konferenz der Bankeninitiative True Sale International/TSI zum Thema Basel III bei der KfW in Frankfurt befasste sich Mitte Februar primär mit den Auswirkungen dieses neuen Regelwerkes auf die Banken.

Also die Passivseite der Bankbilanzen regelt Basel III, nicht die Risikostruktur der Aktivseite. Das war Basel II. Allerdings wird der Prozess der Umsetzung von Basel III über erhöhte Liquiditätsanforderungen auch auf die Aktivseite und die Produkteigenschaften des zukünftigen Aktivgeschäftes direkte Auswirkungen haben, insbesondere im Kreditgeschäft, also bei der Finanzierung der Realwirtschaft. Hiervon ist vorerst noch nicht viel zu bemerken, da sich der überraschend und erfreulich starke Wiederaufschwung der deutschen Wirtschaft noch immer unterhalb des Kapazitätsniveaus der westlichen Volkswirtschaften von vor der durch die Finanzkrise ausgelösten Rezession bewegt. Erst bei auch im zweiten Halbjahr 2011 anhaltendem Wachstum wird daher eine stärkere Zunahme der Finanzierungsnachfrage der gewerblichen Wirtschaft zu erwarten sein, die dann auf eine veränderte Konstellation bei den Banken treffen wird. Dabei werden Unternehmen, die groß genug sind, um sich direkt über den Kapitalmarkt zu finanzieren, weniger betroffen sein. Erheblich dagegen der deutsche Mittelstand, der vielfach nicht über diesen direkten Zugang zum Kapitalmarkt verfügt und daher im internationalen Vergleich besonders stark von der Kreditvergabebereitschaft der Banken abhängt: Das Kreditangebot wird schrumpfen und kurzfristiger sein, von den Laufzeiten wie von der Zinsbindung her.

Dieser Trend wird durch das Anlageverhalten der Versicherungswirtschaft verstärkt, die in der Vergangenheit die Hälfte ihrer Kapitalanlagen in Banktiteln hielt, also substanzielle Bedeutung für die Refinanzierung der Banken hat. Da ab 2013 für den Fall künftiger Staatsüberschuldungs- wie Bankenkrisen nicht mehr der automatische rundum Bail-Out zulasten der Steuerzahler praktiziert werden soll, sondern auch von den Gläubigern ein Beitrag bei Restrukturierungen erwartet wird, kürzen schon jetzt Versicherer und Pensionskassen ihre Bestände an unbesicherten Bankschuldverschreibungen. Das können die Banken in gewissem Umfang durch Emission von besicherten Wertpapieren wie Pfandbriefen kompensieren - solange der Vorrat an besicherungsfähigen Aktiva noch reicht - oder auch durch Platzierung von Aktien, von deutlich höher rentierlichem Hybridkapital oder sogenannten CoCos (bedingten Wandelanleihen). Aber die traditionelle Wholesale-Refinanzierung durch "Senior Unsubordinated"-Bankpapiere scheint gefährdet.

Also werden sich die Banken um Privatkundeneinlagen als Refinanzierungssubstitut noch stärker als schon bisher prügeln. Und um Compliance mit Basel III zu schaffen, werden die Banken auf anhaltend niedrige Zentralbankzinsen angewiesen sein, um Gewinne aus riskantem Handels- und Kurzfristgeschäft zu thesaurieren, ehe sie sich fristenkongruentes Mittelstandskreditgeschäft erst wieder leisten können. Da das eine gute Weile dauern wird, dürfte sich die vorsätzliche Torpedierung der Verbriefung auch von Mittelstandskrediten durch Selbstbehaltauflagen im Placement und unvollständige Entlastung der Bankbilanz bei den Liquidity Ratios schnell als äußerst schädlich erweisen. Die Behinderung der Verbriefung trifft den Mittelstand und erschwert den Banken Regelkonformität mit Basel III. Michael Altenburg, Luzern

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