Persönliches

Klaus-Friedrich Otto 70!

1. Pflege die (intimen) Beziehungen zu Deiner langjährigen Chefsekretärin. Niemand vermag die unglaublichen Schwächen der neuen Führungsriege detaillierter und hämischer zu schildern, als die ehemalige erste Hand, sodass Dein Bedarf an fortgesetzter Genugtuung voll inhaltlich befriedigt werden kann. 2. Wenn Dein ältlicher Körper nach einem Adrenalinschub verlangt, lies den Wirtschaftsteil der FAZ. Es ist schier unglaublich, wie viele Fehler Deine Nachfolger machen. Wirklich unfassbar ist, wie schlecht die Journaille heutzutage recherchiert. 3. Lass Dich in jeden erreichbaren Aufsichtsrat wählen - ausgenommen den Deines bisherigen Unternehmens. Denn es ist eine Illusion, dass Du als Aufsichtsratsvorsitzender all das, was Du als Vorstandsvorsitzender schon nicht (mehr) geschafft hast, nun gegen den Willen Deiner Nachfolger durchsetzt. 4. Besuche jede Beerdigung oder gleichwertige Empfänge. Es ist immer befriedigend, schon in der Trauerhalle festzustellen, wen man schon alles überlebt hat. Auf diese schlichte Weise gelingt es, allein schon das eigene Älterwerden als eine wichtige Lebensleistung an sich zu schätzen. 5. Lerne Klagen ohne zu leiden. Wer auf die Konventionsfrage, wie es denn so ginge, sofort das Gesicht verzieht und antwortet "Schlecht! ", kann unerwünschte Einladungen direkt absagen, finanziellen Verpflichtungen gänzlich entgehen - und braucht niemals mehr den Wein selbst aus dem Keller zu holen. 6. Bewahre den gewöhnlichen Abstand zur ehelichen oder sonstigen Gefährtin. Wenn Du zum dreizehnten Mal im Supermarkt die Einkaufstasche aufgehalten hast, wirst Du merken, dass Du jede Kommandogewalt verlierst. Deshalb: Geh' bitte mindestens zweimal wöchentlich morgens im Anzug aus dem Haus mit der Bemerkung: "Ich weiß nicht, wann ich zurückkomme! ". 7.schließlich: Traue keinem Anlageberater, Steuerberater, Rechtsberater. Schließlich hast Du genau das ja selbst mal gelernt und auf höchster Ebene praktiziert. Und wenn das Vermögen, das sanft angehäufte, sich dann ohne jede Mühe dem Genusse angemessen auf die Jahre verteilen lässt, dann müssen doch eigentlich nur noch Masochisten wissen, wo der Dax steht.

Gemessen an diesen "Schlichten Geboten für Rentner", die Klaus-Friedrich Otto seinem "alten" Freund Hans-Michael Heitmüller zu dessen Abschied jüngst widmete ("Die Rollen eines Managers", Fritz Knapp Verlag, 2010), muss man heute im Spätsommer oder Frühherbst 2010 feststellen, dass diese auf echter Lebenserfahrung beruhen und er selbst sie offenbar ausgesprochen gut beherzigt hat. Denn ihm gelang der Übergang vom schaffenden Menschen zum niemals Zeit habenden Rentner so gut, wie es ihm nur die Wenigsten zugetraut hätten.

Kaum einer hat sich vorstellen können, dass der "Vollblutjournalist", der "Mann des Wortes, des geschriebenen und des gesprochenen", das "Multitalent mit einem hervorragendem Ruf", der "Meister des originellen Gedankens", der "Entertainer", der "Presse-Grandseigneur", der "coole Typ" all das (fast) gänzlich hinter sich lässt und in atemberaubender Geschwindigkeit zum Imker, Kleinbauern, Schrebergärtner, Schneeglöckchenzüchter, Hobby-Schreiner und-zimmermann sowie zum zahllosen Fischvater (oder-Opa) als Teichbesitzer und Aquarianer verkommt. Es ist K. O., wie ihn fast alle kennen und schätzen, so mühelos gelungen, weil er zum einen loslassen kann und weil zum zweiten und wichtigeren, dieses Leben neben der Arbeit immer schon eine wichtige Rolle gespielt hat, für das nur stets zu wenig Zeit da war. Daran hat sich als Rentner zwar nichts geändert, immer noch ist "keine Zeit, nur Stress", doch ist K. O. wenigstens in noch größerem Umfang selbstbestimmt, als das schon im aktiven Berufsleben der Fall war.

Sein Unternehmen, die "Verlagsgruppe Knapp/Richardi" lebt weiter, von seinen überforderten Nachfolgern natürlich fehlerhaft und mehr schlecht als recht geführt (s. oben). Dass auch mehr als fünf Jahre nach seinem selbstbestimmten Ausscheiden alles von ihm Geschaffene und so lange Gelenkte noch überlebt hat, liegt natürlich nur an den außerordentlichen guten und tiefen Wurzeln, die er dem Ganzen gegeben hat. Am 14. September 1940 in Kassel geboren und mit Hans Eichel und Edgar Meister die Schulbank drückend, verschlug es den Volkswirt Klaus Otto nach München. Erste Station seines Wirkens war die Börsen-Redaktion des Münchner Merkurs, was beruflich wie privat einiges nach sich zog. Lernte er hier doch seine Liesel kennen, damals für vwd an der Münchner Börse aktiv und mit dem Segen des Börsenpräsidenten geehelicht.

Die vor über sechzig Jahren von einem Bankier, einem Verleger und einem Volkswirt gegründete, von Klaus Otto fast dreißig Jahre lang mit Leben, Menschen, Geschichten und Bildern gefüllte "Zeitschrift für das gesamte Kreditwesen" ist immer noch eine der wenigen unabhängigen Bankpublikationen in Deutschland, Pflichtblatt der Frankfurter Wertpapierbörse und - wie die amtierende Redaktion hofft lesenswert für all diejenigen, denen das deutsche Kreditgewerbe am Herzen liegt. Nur werden die offensichtlich immer weniger. Klaus Otto rief quasi direkt mit seinem Eintritt in den Fritz Knapp Verlag unter dem Chefredakteur Volkmar Muthesius "bank und markt", gerne auch verspottet als "Bank ohne Markt" ins Leben, mit dem Ziel, wie es in der Nullnummer Ende 1972 hieß, "möglichst viele Bankaktivitäten auch unter Marketing-Gesichtspunkten zu beschreiben, zu analysieren und zu kritisieren". Banken haben Märkte, nicht immer die richtigen, aber das liest man dann in "bank und markt". Heute noch! "Der Langfristige Kredit" samt dem Richar-di-Verlag wurde von K. O. im Auftrag der damaligen Verleger Ende der siebziger Jahre erworben. Heute als "Immobilien & Finanzierung" werden im 61. Jahr seit Gründung des LAK durch Helmut Richardi immer noch 24-mal im Jahr alle Themen rund um Langfristkultur, die Immobilie als Asset, die Wohnungswirtschaft, die Spezialbanken oder immer wiederkehrenden Bewertungsfragen intensivst behandelt. "Cards Karten cartes": Erfunden von K. O. Ende der achtziger Jahre in der festen Überzeugung, dass das Kartengeschäft, der Zahlungsverkehr und die Bezahlsysteme mit all den verbundenen Rechtsfragen und Marktlagen einer eigenen Zeitschrift bedürfen. Er hatte - wie so oft - recht. Schließlich die Tagungen. Was waren das für Zeiten, als Jahr für Jahr mehr als vierhundert Banker in den Mozart-Saal der Alten Oper in Frankfurt strömten, um zwei Tage lang dem Moderator Klaus Otto und erlesenen Vortragenden zuzuhören? Schöne Zeiten, Zeiten auf die man gerne zurückblickt! 2011 findet das "bank und markt-Privatkundenforum" zum 32. Mal statt - nur nicht mehr in der Alten Oper. Der "Tag des Risikos" erreicht im Oktober die 27. Auflage, das Bankkartenforum seine 20. Immer noch im Programm die altehrwürdige "Kreditpolitische Tagung" jeden ersten Freitag im November und heuer zum 56. Mal stattfindend ebenso wie das frühere Juniorentreffen des Langfristigen Kredit aus Bad Kissingen. Klaus Otto hat unwiderruflich Werte geschaffen.

Nun bleibt noch zu fragen, was geworden wäre, wenn er den Rufen gefolgt wäre, den Platz am Schreibtisch in der Chefredaktion mit dem in einer Vorstandsetage vertauscht hätte? Das "Verlagsimperium Knapp/Richardi" würde es in der bekannten Form wohl nicht mehr geben. Ebenso sicher ist, das Klaus Otto mit seinem kritischen Verstand und seiner schnellen Auffassungsgabe, seinem Hang zum Hinterfragen und seiner ganzen Durchsetzungskraft sicherlich einen passablen Bankvorstand abgegeben hätte. Wäre er dabei auch glücklich geworden? Wohl eher nicht. Denn seine Unabhängigkeit geht ihm über alles. So stellte ein Besucher von K. O. vor vielen Jahren schon fest: "Ah, ich sehe, dies ist ein Redakteur mit einem Verlag außen rum! ". Wäre Klaus Otto also heute auch noch oder wieder Wirtschaftsjournalist? Der Neugier folgend sicherlich, wenn nur die Branche eine andere wäre. Banken mag er nicht mehr zweifelsfrei! Ad multos annos - wir gratulieren von Herzen! Philipp Otto

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